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§. 21. Zur Verhandlung über wichtige Gemeindeangelegenheiten
tritt die Gemeinde, welche 500 Seelen und darunter zählt, mit
dem Presbyterium in allen ihren stimmfähigen Mitgliedern zu
einer vereinigten allgemeinen Gemeindeversammlung zusammen.
In grösseren Gemeinden sind jedoch zu diesem Zweck beson-
dere Gemeindevertreter zu wählen, die mit dem Pfarrer und
dem Presbyterium die grössere Gemeindevertretung bilden.
§. 30. Zum Wirkungskreise der grösseren Gemeinde-Vertretung
gehört:

6) die Herbeischaffung der zu den Gemeindebedürfnissen er-
forderlichen Mittel durch die Verwendung der Einkünfte,
Umlagen auf die Gemeindeglieder (Patent §. 10.) oder durch
Anlehen oder auch auf andere Art.

§. 40. Zum Wirkungskreise des Presbyteriums gehört die Leitung und Vertretung der Pfarrgemeinde, insbesondere

10) Verwaltung und Wahrung des Gemeindevermögens und Sorge für die ordnungsmässige Rechnungslegung.

Der oben angezogene §. 10. des kaiserl. Patents v. 8. April 1861 lautet:

Zum Vollzuge der in gesetzlicher Weise von evangelischen Gemeinden und kirchlichen Behörden getroffenen Verfügungen und gefällten Erkenntnisse, sowie zur Einbringung der den Dienern und Beamten der Kirche und Schule gebührenden Einkünfte und solcher Umlagen, welche zur Erhaltung evangelischer Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitsanstalten mit Genehmigung der Landesstelle auferlegt werden, kann der Schutz und der Beistand der weltlichen Behörden in Anspruch genommen werden. Die weltlichen Behörden haben im Falle der Verweigerung dieses Beistandes ihre Gründe dem Requirenten ohne Verzug schriftlich zuzustellen, wogegen demselben das Recht der Beschwerdeführung bei der höheren politischen Behörde . . zusteht.

Baden. Verfassung der vereinigten ev. protest. Kirche v. 5. Sept. 1861. §. 37. Dem Kirchengemeinderath steht, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, die Leitung und Vertretung der Kirchengemeinde insbesondere:

zu,

5) die Verwaltung, Verwendung und Wahrung des Kirchenvermögens der Gemeinde und die Mitaufsicht über das Pfründevermögen

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8) die Berufung und Leitung der Kirchengemeinde und der Kirchengemeindeversammlung.

10) die Vertretung der Gemeinde nach Aussen.

§. 22. Ohne Zustimmung der Kirchengemeindeversammlung können die Beschlüsse des Kirchengemeinderathes über folgende Gegenstände nicht zum Vollzug kommen:

1) über Veränderung im Bestand des Kircheneigenthums der Gemeinde.

5) über Umlagen zu kirchlichen Bedürfnissen auf die Kirchengemeindeglieder oder Anleihen.

Hannover. Gesetz über Kirchen- und Schulvorstände vom 14. Oct. 1848. §. 1. Jede evangelische und katholische Kirchengemeinde soll zu dem im §. 18. bezeichneten Zweck einen Kirchenvorstand haben.

§. 18. Der Kirchenvorstand vertritt die Kirchengemeinde in vermögensrechtlicher Beziehung und verwaltet das kirchliche Vermögen, einschliesslich der dazu gehörigen Armen- und Stiftungsmittel, sofern hiebei der Wille des Stifters, sowie des Pfarr-, Küsterei- etc. Vermögens, soweit hiebei das Recht des jeweiligen Inhabers nicht entgegensteht, beides unter oberer Leitung der zuständigen Vorgesetzten.

§. 19. Der Kirchenvorstand bedarf der vorgängigen Zustimmung der ihm Vorgesetzten, wenn

6) von den Gemeindegliedern eine nicht schon feststehende Leistung gefordert, oder der Beitragsfuss abgeändert werden soll.

Württemberg. K. Verordnung vom 25. Januar 1851.

§. 1. In jeder evangelischen Pfarrgemeinde wird aus ihren ordentlichen Geistlichen und den von ihr gewählten Kirchenältesten ein Pfarrgemeinderath (Presbyterium) gebildet, welcher auf dem Grunde der heil. Schrift und im Einverständnisse mit den ursprünglichen Bekenntnissen der deutschen Reformation, vornehmlich der Augsburger Confession, die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten der Pfarrgemeinde unter der Aufsicht der Decanate und des Oberkirchenraths besorgt.

§. 2. Zählt die Obliegenheiten des Pfarrgemeinderathes auf. N. 5 heisst es:

Vertretung der Pfarrgemeinde und ihrer Interessen; insbesondere auch bei Besetzung von geistlichen Aemtern. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Pfarrgemeinderäthe in den Vermögensangelegenheiten der Pfarrgemeinde vgl. §. 30. §. 30. Bis zu definitiver anderweiter Festsetzung bleiben die örtlichen Stiftungen, die rein kirchlichen wie die gemischten nach den Bestimmungen des Verwaltungs-Edicts unter der Obhut und Verwaltung des Stiftungsraths oder seines Ausschusses des Kirchen convents und unter der Aufsicht der denselben vorgesetzten Behörden.

VI.

Die theokratische Staatsgestaltung und ihr Ver hältniss zum Wesen der Kirche.

Von

Dr. C. B. Hundeshagen,

Grossherzoglich Badischem Geh. Kirchenrathe und ordentlichem Professor der Theologie in Heidelberg.

I.

Der Staat als sittlich-rechtliche Lebensgemeinschaft hat zu allen Zeiten und unter allen Völkern über der irdischen Ordnung der Dinge eine höhere geglaubt und ein maass gebendes Walten göttlicher Mächte als die Voraussetzung seines eignen Daseins und Bestandes anerkannt. Schon das Heidenthum wusste, dass es leichter sei, eine Stadt in die Luft zu bauen, als einen Staat ohne Religion zu gründen. So mangelhaft der religiöse Vorstellungskreis auch der vorgeschrittensten heidnischen Völker, so unentwickelt gerade die sittliche Seite ihrer Religionen war, so wurden doch die Götter als solche gedacht, welche Gerechtigkeit und Treue billigen und Missfallen haben an Unrecht und Verbrechen. Sie gelten als die Rächer der Blutschuld, des Meineids und ähnlicher Verbrechen, die Gesetze stehen unter ihrer Obhut und durch ihr Gebot sind löbliche Sitten und Gebräuche geheiligt. Mit einem Wort: gerade für die bür gerlichen Tugenden, für die das Gemeinwesen tragenden moralischen Kräfte, wird die Quelle, wie der Antrieb und Schutz in der religiösen Idee gefunden. Eben wegen dieser sich selbst bezeugenden, wie durch die Geschichte bezeugten realen Verknüpfung der sittlichen mit den religiösen Principien hat es niemals ein bürgerliches Gemeinwesen gegeben,

welches religiöser Voraussetzungen entbehrt, gegen die Pflege derselben sich schlechterdings gleichgültig verhalten hätte. Zu den geistigen Gemeingütern, denen nach vielen Kämpfen auch die Philosophie ihre Anerkennung nicht hat versagen können, gehört die Einsicht, dass die Religion, das Culturelement, welches sie vertritt, in allen Geschäften des Lebens die Grundlage der Gesundheit bildet, dass, wo Glaube und Treue, wo Gewissenhaftigkeit unter den Menschen fehlen, nichts gedeiht 1).

Unter Hinweisung auf diese thatsächlich allgemeine Anerkennung der über dem bürgerlichen Gemeinwesen in oberster Instanz waltenden Gottesmacht, könnte man versucht sein, dem Begriff der Theokratie eine weite Ausdehnung zu geben. Allein wenn man gleichwohl Staatsgestaltungen von theokratischer Anlage von andern unterschieden hat, welche diesen Charakter nicht an sich tragen, so hat diese Unterscheidung guten Grund gehabt. Denn jener Charakter liegt nicht in der Beziehung des Staates auf die göttlichen Mächte an sich, sondern in der Art dieser Beziehung; ferner: in der Gewohnheit und Berechtigung, den Begriff der Theokratie der vollkommensten Erscheinung theokratischer Staatsgestaltung in der Geschichte, der israelitischen Theokratie, nachzuconstruiren.

Die weltgeschichtliche Bestimmung, welche dem Volke Israel zugewiesen war, hatte nicht etwa bloss zufällig die Einrichtung einer theokratischen Staatsform zur Begleitung. Zum Träger des Glaubens an den Einen wahren Gott, den Allmächtigen und Heiligen, und zur Vorbereitung einer von diesem Gesichtspunkt ausgehenden, zur Umfassung der Menschheit bestimmten Messianischen Heilsökonomie erwählt, war dem israelitischen Volke von Gott selbst eine im eminenten Sinn, ja so zu sagen ausschliessliche religiöse Mission zuertheilt worden. Unter den Verführungen zum Abfall von dieser Mission in Mitten der götzendienerischen Welt, in welche es sich gestellt sah, war es eine Nothwendig

1) Ritter die christliche Philosophie nach ihrem Begriff, ihren äussern Verhältnissen und ihrer Geschichte bis auf die neuesten Zeiten. Göttingen 1859. Bd. 2. S. 878.

keit, das Bewusstsein des religiösen Berufes in seiner Mitte von allen Seiten wach zu erhalten und gegen jedwede Beeinträchtigung sicherzustellen. Eine Staatsverfassung nach Analogie der übrigen Völker, beruhend auf jener nur beiläufigen Verbindung der Religion mit dem Staat, würde für jene providentielle Zweckbestimmung unzureichend gewesen sein. Eine Gesetzgebung sich entwickelnd auf den gleichen Grundlagen des natürlichen Lebens, wie bei jenen, würde es den letztern allzu nahe gebracht und eine Wechselbeziehung mit ihnen angebahnt haben, durch welche es in den gewöhnlichen Völkerverkehr verflochten und verstrickt, in die auch so nur schwer vermiedene Gefahr gebracht wor den wäre, seiner providentiellen Bestimmung uneingedenk, seiner Ehrenstellung als erwähltes Volk untreu zu werden. Sollte das erwählte Volk als ein Volk Gottes, als ein geheiligtes, priesterliches Volk den Zwecken der religiösen Weltpädagogie dienen und seinen Beruf realisiren, so musste es ein von der umgebenden heidnischen Welt unterschie denes sein, durch seine gesellschaftlichen Einrichtungen auf jedem Schritt an seine Ausnahmstellung erinnert und in derselben zusammengehalten werden. Seitdem daher durch die Mosaische Gesetzgebung die Stämme zu einer lebendigern geistigen und mit der Zeit auch zu einer mehr geschlossenen politischen Einheit zusammengefasst werden, geschieht dies unter energischer Voranstellung der theokratischen Idee. Gott und nur Er allein ist der König und Herrscher des Volkes; als Volk der Erwählung ist es nur Ihm unterthan; die Häupter und irdischen Könige, obwohl gesalbt durch die Diener Gottes, sind nur Dessen Stellvertreter und Beamte. Das Gesetz ist Gesetz Gottes selbst; seine bürgerlichen Bestandtheile sind mit den religiösen zu einer unzerreissbaren Einheit verschlungen, und ohne Trennung und Sonderung in Summe der Satzungen, wie in Art der Beobachtung für Alle gleich verpflichtend, für die Häupter nicht minder als für die Geringsten im Volk. Jedwede Verletzung ist Auflehnung gegen die Ehre und Majestät des theokratischen Königs; Duldung derselben macht nicht den Uebertreter allein, auch nicht allein die von Gott bestellten Wächter des Gesetzes, sondern das Volk in seiner Gesammt

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