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Von den Albanesern hatte sich um das Jahr 1230 die Sekte des Johann de Lugio, Paterinischen Bischofs zu Bergamo, abgesondert. Dieser lehrte, dass die guten sowohl als die bösen Geschöpfe gleich ewig mit den beiden Schöpfern seien, und hier nur eine Priorität der Ursache, wie bei der Sonne und den Strahlen stattfinde, daher auch diese niedere Welt, wie sie keinen Anfang gehabt, so kein Ende haben werde. Die Geschöpfe des guten Gottes sind aber nicht allein durch diesen hervorgebracht und daher auch nicht vollkommen gut; auch der Böse hat seinen Antheil daran, er hat durch seinen Widerstand die Absicht des guten Gottes gehemmt und den Geschöpfen desselben die Möglichkeit des Sündigens eingepflanzt. Diese Labilität hatte auch Christus, sie wurde aber bei ihm nicht zur That. Alle übrigen Geschöpfe des guten Gottes aber haben, durch Täuschung verleitet, wirklich in der höhern Welt gesündigt und sind deshalb mit Zurücklassung ihrer entseelten himmlischen Leiber in diese niedere Welt herabgestossen worden, wo sie von einem Körper in den andern wandern, zuletzt aber alle von jeglicher Schuld und Strafe frei werden. Aber das Bemerkenswertheste in dem Lehrbegriffe dieser Partei ist dies, dass sie, theils um die Widersprüche, in welche die ganze oder theilweise Verwerfung des A. T. verwickelte, zu vermeiden, theils auch, um den Gegensatz des Satanischen Reiches der Materie und des ihr innewohnenden Bösen gegen die höhere Weltordnung recht rein zu erhalten, zwar die ganze heilige Schrift annahm, aber den gesammten historischen Inhalt derselben, Christus zum Theil mitbegriffen, in jene höhere Welt verlegte: dort lebten und sündigten die Patriarchen und Propheten;

a. a. O. gedruckten Florentiner Inquisitions-Protokolle. Die Pateriner zu Florenz waren Bagnoleser; einer von ihnen, Andreas Ugolini, erklärte p. 156: Christus sei nur gekommen, die vom Himmel herabgestiegenen Brüder zu erretten, aber auch diese würden nur selig, wenn sie Busse thäten.

dort gab der gute Gott das mosaische Gesetz und wurden die Opfer für die Sünden des Volkes dargebracht, dort wirkte Christus seine Wunder, dort litt und erstand er. 1)

Zwölftes Kapitel.

Die Lehre der Katharer.

3. Gemeinschaftliche Lehre.

Ein Hauptpunkt in dem Systeme aller Katharer war die Verwerfung der Ehe. 2) Gleich den Körpern selbst, so ist insbesondere die Unterscheidung der Geschlechtstheile und die Vermischung der Geschlechter ein Werk des bösen Gottes oder des Satan und daher verdammlich; darum hat Christus schon das Anschauen eines Weibes mit Begierde, was doch jeder Ehemann thut, für Sünde erklärt; 3) darum sagt er, dass man um seinetwillen auch die Gattin verlassen solle, um dann hundertfältigen Lohn zu empfangen, dass jener, der ein Weib genommen, nicht zum Gastmahle des Herrn habe kommen können, und dass er gekommen sei, die Schwiegertochter wider ihre Schwiegermutter zu trennen, d. h. der Ehe ein Ende zu machen. 1) Denn nur den freiwilligen Eunuchen gehöre nach seinem Ausspruche das Himmelreich, und wenn er hinzugesetzt: „Nicht alle fassen dieses Wort", 5), so habe er eben unter denen, die es nicht fassen, die Pharisäer, die Ungläubigen überhaupt verstanden, während seine Jünger aus seinen Worten den richtigen Schluss gezogen, dass es nicht gut sei zu heirathen.) Wie sehr Christus diese absolute Unverträglichkeit der ehelichen Verbindung mit

1) Rainer p. 1769-1773.

2) Doc. 18. 21. 23. 25. 28. 40. 156. 227. 229. 234. 239. 323. 375. 3) Doc. p. 56.

4) Matth. 5, 28; 19, 9; Luc. 14, 20; Matth. 10, 35. Doc. p. 281.

5) Matth. 19, 11.

6) Doc. p. 91.

der Berufung zum Himmelreiche einschärfte, das zeigt sich auch in jenem Ausspruche, wo er die Kinder dieser Welt, welche heirathen und verheirathet werden, denen entgegensetzt, welche, jener Welt würdig befunden, weder heirathen noch verheirathet werden. 1) Daher wird denn auch fleischliche Zeugung und Geburt, als etwas Gott Fremdes und Widerwärtiges, mit der Geburt aus Gott in Gegensatz gebracht. 2) Die Worte Christi: „Wer seine Frau entlässt, es sei denn um der Unzucht willen, der bricht die Ehe", ") erklärten sie: „es sei denn, um die Unzucht (worunter sie jede eheliche Beiwohnung verstanden) mit ihr zu meiden." Nach einer andern Erklärung sollte Christus sich den Meinungen der Pharisäer, mit denen er über Ehe und Ehescheidung sprach, accommodirt haben.

Die Erklärung der Katholiken, dass Christus nur das begehrliche Anschauen eines fremden Weibes für Ehebruch erklärt habe, liessen sie durchaus nicht gelten; der Herr habe ganz allgemein von jedem Weibe geredet und demnach allerdings auch das Begehren der eigenen Gattin als einen Act der Unzucht bezeichnet. 1)

Dieselbe Lehre, so behaupteten die Katharer, trägt Paulus vor: wenn er sagt, es sei dem Manne gut, ein Weib nicht zu berühren, so ist offenbar die Berührung irgend eines Weibes, auch der Gattin, etwas Böses, und wenn er will, dass alle seien wie er, 5) so schliesst er niemanden von der Pflicht aus, sich gleich ihm der Ehe zu enthalten. Darum sollen, seinem Ausspruche zufolge, die Männer ihre Frauen lieben, wie Christus seine Kirche liebt, ) d. h. ohne alle Beimischung von Sinnlichkeit, mit brüderlicher Liebe, und können, wie Johannes in der

1) Luk. 20, 34. Moneta p. 326. Doc. p. 91.

2) Joh. 1, 12.

3) Matth. 19, 9.

4) Doc. p. 56.

3) 1. Kor. 7, 1. 7. Doc. p. 281.

6) Eph. 5, 25. Doc. p. 281.

Apokalypse (14, 4) erklärt, nur jene, welche die Virginität bewahrt haben, Christus überallhin nachfolgen. Paulus sagt ferner, der Verheirathete sei getheilt und sorge nur für das Weltliche und wie er der Frau gefalle; ein Glied der wahren Kirche aber darf nicht getheilt sein, und wer für das Weltliche sorgt, der hat die Liebe Gottes nicht. Darum verlangt er auch, dass die, welche Frauen haben, sich so verhalten sollen, als ob sie keine hätten, 1) und überhaupt sind alle seine Ermahnungen zur Keuschheit, seine Drohungen, dass, wer im Fleische säe, vom Fleische ernten werde, 2) eben so viele Verbote der Ehe, in welcher es keine Keuschheit, sondern nur Unzucht und Unreinigkeit gibt, weshalb auch das allgemeine Verbot: Du sollst nicht Unzucht treiben, eben so gut gegen den Ehestand, als gegen eine aussereheliche Verbindung gerichtet ist. Wäre die Ehe etwas Gutes, so müsste auch die Frucht derselben gut sein; nun aber sind, nach dem Ausspruche des Apostels, alle Kinder, weil aus der Sünde geboren, Söhne des Zornes, 3) folglich muss auch die Ehe, als der Baum, der diese bösen Früchte trägt, vom Bösen sein. Wären die in der Ehe Lebenden Kinder Gottes, so müssten sie vielmehr auch wieder Kinder Gottes zeugen.4) In dem apokryphischen Evangelium Johannis werden demnach Christus die Worte beigelegt: „Die Schüler des Johannes freien und lassen sich freien, die meinigen aber sind wie die Engel im Himmel." 5) Die Schwierigkeit,

1) 1. Kor. 7, 33. 29.

2) Gal. 6, 8.

3) Eph. 2, 3.

*) Bonacursius bei Mansi p. 582. 583.

Alanus adv. haeret. et

Wald. ed. Masson p. 145. Disput. inter Cath. et Pater. p. 1712. Steph. de Borbone bei d'Argentré, Collectio I, p. 552. Moneta p. 325–329. Vor dem Glaubensgerichte befragt, erklärten die Katharer immer, dass die Ehe nicht von Gott eingesetzt, dass sie ein Stand der Sünde sei und dass niemand, der in der Ehe lebe, selig werden könne. Liber inquis. Tolosan. bei Limborch, Hist. inquis. p. 37. 92.

5) Doc. p. 91.

die für sie in den Worten Pauli lag: „Der Unzucht wegen lebe jeglicher mit seinem Weibe," 1) begegneten sie auf verschiedene Weise: Die Dualisten sagten, der Apostel rede da von der geistigen Ehe und verstehe unter der Gattin die Kirche, ausserhalb welcher nur geistige Unzucht getrieben werde. 2) Zur Bestätigung dieser Deutung führten sie an, dass der Apostel von einem Bischofe verlange, er solle Eines Weibes Mann sein; dies, meinten sie, könne nicht von fleischlicher Ehe verstanden werden, da Bischöfe nicht heiratheten, also sei unter der Einen Gattin des Bischofs seine Kirche gemeint. 3) Ebenso behaupteten sie, in der Stelle, wo Paulus von Irrlehrern redet, welche die Ehe verdammten und Enthaltung von Speisen geböten, 4) meine er die „Römischen", welche den Menschen die geistige Ehe, nämlich den Eintritt in die wahre Kirche (der Katharer), und den Genuss geistiger Speise, d. h. das Anhören der Lehre der Katharer untersagten Demnach behaupteten sie auch, die Aufforderung zur Erfüllung der ehelichen Pflicht 5) gelte von der geistigen Verpflichtung der Vorsteher gegen ihre Kirchen und dieser gegen jene; in den Worten von dem gläubigen Weibe und dem ungläubigen Manne) beziehe sich das fidelis und infidelis nicht auf den Glauben, sondern auf die Treue und sei unter dem vir infidelis ein Vorsteher gemeint, der seine Kirche nicht mit der gehörigen Treue und Sorgfalt verwalte; durch den Ausspruch Christi: „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht scheiden, "") werde die Trennung eines Prälaten von der ihm anvertrauten Kirche untersagt, und von diesem heisse es dann auch, dass er

1) 1. Kor. 7, 2.

2) Doc. p. 54. 55.

3) 1. Tim. 3, 2. Doc. p. 57.

4) 1. Tim. 4, 3.

5) 1. Kor. 7, 3.

6) 1. Kor. 7, 13.
7) Matth. 19, 6.

Dollinger, Geschichte der Sekten,

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