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Schülern des Sergius, und Thomas von den Kynochoriten, unter Anführung eines der Astaten, überfallen und ermordet; worauf die ersteren nach Melitene in dem saracenischen Theile von Armenien sich wandten und von dem dortigen Emir das Städtchen Argaum zur Wohnung erhielten. Hierher zog auch Sergius, der erst im J. 835 von einem gewissen Tzanio aus Nikopolis erschlagen wurde.

Da die Paulicianer von ihrem sicheren Zufluchtsorte aus räuberische Einfälle in das byzantinische Gebiet machten, zugleich aber eine grosse Menge ihrer Anhänger zerstreut in den östlichen Provinzen Kleinasiens wohnte, so beschloss die Kaiserin Theodora, den letzteren nur die Wahl zwischen Bekehrung und dem Tode zu lassen. Die Commissäre, welche desshalb in jene Provinzen gesandt wurden, vollzogen ihren Auftrag mit so grosser Härte und Grausamkeit, dass nach der übereinstimmenden Angabe der griechischen Geschichtschreiber damals an hunderttausend Personen durch verschiedene Todesarten hingerichtet wurden. Da stellte sich der Paulicianer Karbeas, Protomandator (erster Adjutant) bei dem Oberfeldherrn des östlichen Heeres, dessen Vater unter den Getödteten war, an die Spitze von fünftausend Glaubensgenossen, suchte und fand Aufnahme bei den Saracenen, denen die erbitterten, rachedürstenden Sektirer als Bundesgenossen gegen die Griechen willkommen waren, und konnte, da ihm immer mehrere derselben Partei aus den griechischen Provinzen zuströmten, bald zwei neue Städte, Tephrika und Amara, gründen. Doch waren die Moslemen zu einer Zeit, wo die dualistischen Sekten der Zendiks und der Anhänger des Babek Khorremi ebenso gefahrvoll für das Kalifat, als allgemein verabscheut waren, und der moslemische Feldherr Ischak 60000 solcher Dualisten (im J. 859) zusammenhauen liess, gewiss weit entfernt, den Paulicianern unbedingte Religionsfreiheit zu gewähren; vielmehr mussten diese äusserlich die muhammedanischen

Religionsgebräuche mitmachen, und diess war auch ein Grund, warum Karbeas seinen Sitz in Tephrika nahm, wo er und die Seinigen in grösserer Entfernung und minder abhängig von den Moslemen lebten. Von da aus führte er einen Verheerungskrieg gegen die benachbarten griechischen Kastelle und Ortschaften, schleppte viele Gefangene fort, verkaufte die, welche sich ihm nicht unterwerfen wollten, als Sklaven an die Saracenen und vergrösserte noch seine Macht und seinen Anhang, indem er in Tephrika verfolgten Verbrechern, zahlungsunfähigen und ähnlichen Leuten eine Zufluchtstätte eröffnete.

Unter seinem Schwiegersohn und Nachfolger, dem klugen und tapfern Chrysocheres, dehnten die Paulicianer ihre Streifzüge bis nach Nicäa und Nikomedia aus, überfielen im J. 867 Ephesus, plünderten dort die reiche Kirche des heiligen Johannes und gebrauchten sie als Pferdestall. Damals wurde Petrus von Sicilien von dem Kaiser Basilius nach Tephrika gesandt, um über die Auslösung von Gefangenen zu unterhandeln; hier erfuhr er, dass die Paulicianer im Begriffe standen, durch die Absendung von Glaubensboten ihre Lehren auch unter den Bulgaren zu verbreiten.1) Ihre Macht war damals so gross, dass Chrysocheres auf die Friedenseröffnungen von Seiten des Kaisers trotzig erwiderte, wenn Basilius Frieden haben wolle, so müsse er dem Orient entsagen und sich mit dem, was er jenseits des Bosporus besitze, begnügen, sonst werde er ihn aus seinem ganzen Reiche vertreiben. Doch dieser Übermuth wurde bald gebrochen; auf dem Rückzuge aus Kappadocien wurde das mit Beute beladene

1) Petrus Siculus verfasste nach seiner Rückkehr die 'Totopia περὶ τῆς κενῆς καὶ ματαίας αἱρέσεως τῶν Μανιχαίων, τῶν καὶ ΠανLixiavar Reyouévwv (zuerst herausgegeben von Rader, Ingolstadt 1604, dann von Gieseler, Göttingen 1846; Appendix 1849). Diese Schrift und des Photius vier Bücher contra Manichaeos (bei Wolfius, Anecdota graeca, Hamb. 1721, T. I. II u. bei Gallandius, Biblioth. T. XIII) sind die Hauptquellen für die Geschichte der Paulicianer.

Heer der Paulicianer im J. 872 überfallen, Chrysocheres auf der Flucht getödtet und hierauf Tephrika zerstört. Die Macht der Paulicianer, vor welcher in den letzten 25 Jahren Asien bis zum Bosporus gezittert hatte, erhob sich nicht wieder.

Doch die Sekte erhielt sich; um das J. 969 versetzte der Kaiser Johannes Tzimisces, durch die Vorstellungen des Patriarchen Theodor von Antiochia bestimmt, eine grosse Anzahl von Paulicianern nach Philippopolis in Thracien, wo sie zugleich die Gränzen des Reichs beschützen sollten. Hier scheinen sie sich im Laufe eines Jahrhunderts bedeutend vermehrt zu haben. Als der Kaiser Alexius im J. 1084 sich im Kriege gegen den in Thracien eingefallenen Normannenfürsten Guiscard ihrer Hülfe bedienen wollte, verliess eine Anzahl derselben treulos sein Heer; diese liess er nachher gefangen nehmen und gewährte ihnen die Freiheit nur unter der Bedingung, dass sie sich taufen liessen. Später im J. 1116 widmete er sich, gemeinschaftlich mit seinem Schwiegersohne, dem Cäsar Bryennius, mit Eustathius, Erzbischof von Nicäa in Thracien, und dem Bischofe von Philippopolis, der Bekehrung dieser Sektirer mit glücklichem Erfolge; ganze Tage disputirte er mit ihnen, und brachte es dahin, dass nach und nach gegen elftausend sich taufen liessen; diese wurden dann in einer neuen, Philippopolis gegenüber erbauten Stadt Alexiopolis oder Neokastron angesiedelt. Aber ein grosser Theil der Sekte beharrte bei der alten Lehre.

Zweites Kapitel.

Die Lehre der Paulicianer.

Die dürftigen Nachrichten, welche Photius und Petrus von Sicilien über den Lehrbegriff der Paulicianer

mittheilen, gestatten nur einige Hauptpunkte derselben mit Sicherheit aufzufassen; mehrere Mittelglieder fehlen, welche durch Vermuthungen oder von anderen ähnlichen Sekten hergenommene Analogien ausfüllen zu wollen allzu gewagt sein würde.

Die Grundlehre des Paulicianischen Systems war ein schroffer und absoluter Dualismus. Der gute Gott, der himmlische Vater ist nur Schöpfer und Herr einer höhern Welt, des obern Jerusalem (nach Gal. 4, 26) oder des künftigen Reiches, und hat daher in dieser niedern Welt keine Gewalt. Diese hat der böse Gott hervorgebracht, der „Gott dieser Welt", wie ihn Paulus (2. Kor. 4, 4) nennt, welcher als ihr Schöpfer sie auch beherrscht. Wenn sie sagten, dieser böse Demiurg sei aus der Finsterniss und dem Feuer geworden, so nahmen sie wohl, gleich ältern Gnostikern, eine von Ewigkeit existirende, das Böse als Keim in sich beschliessende Hyle an, aus der sich dann dieses Böse als selbstbewusste Persönlichkeit entwickelte. Wenn ferner, nach der Angabe des Photius, ein Theil der Paulicianer auch den Himmel und was darin ist für ein Erzeugniss des Bösen erklärte, so war damit der niedere, zur sichtbaren Welt gehörige Himmel gemeint, der allerdings als Theil der satanischen Schöpfung nur das böse Princip zum Urheber haben konnte. Die Paulicianer erkannten übrigens wohl, dass dieser Dualismus die grosse Kluft sei, die sie von den Katholiken scheide. Was ist es denn, sagten sie, was uns von den Römern trennt? diess, dass wir in dem Weltschöpfer einen andern, von dem Herrn des Himmels verschiedenen Gott erkennen; dass, während ihr an diesen Weltschöpfer glaubt, wir dagegen an den glauben, von welchem der Herr (Joh. 5, 37) sagt: „Ihr habt weder seine Stimme gehört noch sein Antlitz geschaut.")

Wie die ganze sinnliche Welt, so ist auch der

1) Petrus Siculus p. 16.

menschliche Leib ein Erzeugniss des bösen Gottes, mit welchem die von dem guten geschaffene Seele unter dessen Zulassung verbunden worden ist. So ist die Seele in dem Kerker des ihr ganz fremdartigen, feindlichen und einer andern Schöpfung angehörigen Leibes eingeschlossen, und das Günstigste, was ihr widerfahren könnte, wäre, recht bald aus demselben entlassen zu werden, das Schlimmste aber, wenn sie nach der Befreiung wieder an diesen ihren Feind gefesselt würde.1) Denn der Leib ist für den Menschen Sitz und Quelle des Bösen, und was ihm, wie die Speise, Kraft und Nahrung gewährt, das ist Aussaat der Sünde.2)

In einem Sendschreiben des Sergius fand sich die von Petrus und von Photius aufbewahrte Äusserung: „Die erste Hurerei, welche uns von Adam anklebt, ist eine Wohlthat; die zweite aber ist eine grössere Hurerei, von welcher auch der Apostel (1. Kor. 6, 18) sagt: Wer hurt, sündigt gegen seinen eignen Leib.' Wir sind der Leib Christi, und wenn jemand abfällt von der Überlieferung des Leibes Christi, d. h. von der meinigen, so sündigt er, indem er zu falschen Lehrern übergeht und der gesunden Lehre widerstrebt." Hienach scheinen die Paulicianer, gleich den Manichäern, den Bogomilen und den abendländischen Katharern, unter der verbotenen Frucht, von der die Menschen genossen, die geschlechtliche Verbindung verstanden zu haben, und da sie jenes Verbot nur dem Demiurgos zuschreiben konnten, so mochte ihnen die Übertretung desselben als ein Act der Emancipation von der tyrannischen Herrschaft des Satan, folglich als eine Wohlthat gelten. Aber in den Worten des Sergius scheint noch der Gedanke zu liegen, dass auch die fortgesetzte Ausübung jener durch Adam zuerst eingeführten Unzucht etwas Gutes und Wohlthätiges sei,

1) Photius adv. Man. II, 270–271.

2) πονηρίας γεώργιον. Photius II, 160. Dollinger, Geschichte der Sekten,

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