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unmittelbare Bewußtseyn zum Standpunkt haben und im Glauben verbleiben, diese, welche von der Vorstellung zum Begriff fortschreiten. Es ist dieß alles der Unterschied von Religion und Theologie in ihrem innern Verhältniß zu einander, und man muß diese, die Theologie, überhaupt nicht wollen, wenn man den Unterschied nicht anerkennen will. Die rechtgläubigsten Kirchenlehrer haben sich zu solcher Gnosis bekannt. Man sagt wohl, die Philosophie würde nicht Zutritt gewonnen haben zum christlichen Glauben, wenn die ersten Kirchenlehrer nicht vorher schon sich mit der Philosophie abgegeben und vertraut gemacht hätten; man erklärt sich gern jene Nothwendigkeit aus dieser Zufälligkeit, welche als historische Erscheinung früher auch angeführt worden in Bezug auf die Apologeten in der griechischen Kirche. In Wahrheit aber muß man sagen, selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, würde sich das Wissen durch die innere Macht des Glaubens selbst aus diesem hervor gear beitet haben und würde geschehen seyn in irgend einer Weise, was jene Männer thaten bei ihrem Uebertritt zur christlichen Religion: die Absicht war, den christlichen Glauben und das Bekenntniß zu demselben vor ihrem denkenden Bewußtseyn zu rechtfertigen.

Mit diesem Uebergang der christlichen Religion in eine Theo- logie, oder diesem Hervorgang von dieser aus jener war nun allerdings dieß unvermeidlich verbunden, daß der christliche Glaube in alle Ungleichheiten des Denkens hineingezogen wurde, wie es im Fühlen und Phantasiren beginnnt und sich in der Reflerion und Speculation vollendet. Er war nun auch allen Einflüssen der Subjectivität, ja selbst der Individualität ausgeseßt, und wurde hierdurch ein mannigfaltiger. Selbst in der ersten ursprünglichen Kirche, selbst in der Mitte der Gläubigen, ja der Apostel selbst, finden wir den einen und selbigen christlichen Glauben schon vielfältig temperirt und mehr oder weniger eigenthümlich gestaltet. Der wahre Glaube kann subjectiv nur bestehen

im Elemente der Freiheit und bildet unzählige Stufen von der untersten bis zur höchsten. Dieß ging nun mit der Erscheinung einer Theologie im Innern der Kirche noch weit mehr ins Große. Es erhebt sich auch der Widerspruch, die Anfechtung und der Zweifel. Ohne solche innere und äußere Versuchungen kann die lebendige Prüfung, die Forschung und Untersuchung nur schwer, ja unmöglich gedeihen, und nach dem Zeugniß der Geschichte glänzte der wahre Glaube nie reiner und heller, und zeigte seine ganze Macht und Göttlichkeit niemals so sehr als in den Zeiten, in denen er von den verschiedensten Seiten angegriffen und die Kirche durch Streitigkeiten über den Glauben beunruhigt war. Der Kampf zwischen einer rechten und unrechten Lehre, zwischen Wahrheit und Irrthum zieht sich gleichfalls noch aus der ersten apostolischen Zeit herüber, und der freisinnigste aller Apostel sagt selbst: es müssen ja Secten seyn. Und noch viel später, als Celsus unter anderen in der herrschenden Uneinigkeit unter den Christen einen Grund gegen die Wahrheit ihres Glaubens fand, erklärte Origenes: Verschiedenheit der Meinungen sey unter Christen immer gewesen und bei allen wichtigen Dingen, z. B. der Philosophie, der Medizin, anzutreffen; die Uneinigkeit der Christen komme an sich aus einer rühmlichen Ursache her, nämlich aus der Begierde, ihren Glauben recht zu verstehen, und die Mehrheit der Secten sei nüßlich, den Prüfungsgeist zu üben, contra Celsum 1. III. p. 453. Der Unterschied, welcher in dieser Beziehung entscheidend war, blieb hier einzig der, ob die Abweichung die Substanz des Glaubens berührte und den öffentlichen Frieden der Kirche störte. Es konnte die christliche Kirche da gezwungen seyn, bestimmte Anstalten gegen das Einreißen verderblicher Abweichungen vom Glauben zu treffen. In einer unpartheiischen historischen Betrachtung wird man der Kirche dieß Recht so wenig absprechen, als die Verdienste und Anregungen zum Denken, welche von den Härefien ausgegangen sind, vergessen. Sie haben dies

negative, aber als solches nicht hoch genug anzuschlagende Verdienst gehabt, der christlichen Kirche die Veranlassung gegeben zu haben, sich ihres Glaubens erst wahrhaft und vollständig bewußt zu werden. Nur auf diesem Wege konnte der christliche Glaube in seiner Allgemeinheit und Unmittelbarkeit sich selbst bestimmen und durch seine Unterschiede hindurch gehend seine. Bestimmtheit erreichen. Dieß konnte nur mittelst der Negation geschehen, und sie hat ein so nothwendiges Verhältniß zur Affirmation, daß auch ohne den äußerlichen Streit die Wahrheit nur mittelst der Negation ihre Momente entwickeln, nur mittelst ihrer zu sich selbst kommen kann, als Aufhebung derselben; um sie aber aufheben zu können, muß sie sie voraussehen und vor sich haben, wenigstens in Gedanken, welches die Nothwendigkeit ist, daß, wie noch jezt, um ein Dogma in seiner innern Wahrheit zu entwickeln und zu erkennen, stets auch auf das, was diese nicht ist, was die Unwahrheit des Dogma ist, und somit stets auf die alten Anfechtungen desselben zurückzukommen ist, in denen sich der Widerspruch gegen das Dogma bereits ziemlich vollständig erschöpft hat. Mit einem Wort, was die Kirche in ihrem Recht als Härefie verwarf, war nur das einseitige Moment an ihrer (der Kirche) Wahrheit selbst, welches sie nicht in seiner Selbständigkeit und als wäre es die Totalität, bestehen lassen durfte. In diesem Licht ist nun 1. die häretische, 2. die kirchliche Gnosis und 3. die Kirche als katholische zu betrachten.

I. Die häretische Gnosis oder der Gnosticismus. Es wird 1. nöthig seyn, über die bisherige Behandlung dieses Gegenstandes einiges vorauszustellen, 2. den Begriff des Gnosticismus und 3. die wesentlichen Formen desselben zu entwickeln.

1. Die bisherige Ansicht und Behandlung war 1) die kirchlich überlieferte, der römisch-katholischen und protestantischen Kirche gemeinsame. Aus diesem Standpunkt erscheint der Gnosticismus als eine aus der Verderbtheit des Herzens,

aus der Verkehrtheit des Willens entsprungene Auflehnung gegen den christlichen Glauben, als das Bemühen, der christlichen Kirche einen andern, fremden Glauben aufzudringen und die Individualität der Meinung und Eigenthümlichkeit an die Stelle des universalen Christenthums zu sehen. Gnostiker sind in dieser Betrachtung Häretiker; sie verfechten ein dem Christenthum fremdes Prinzip und Interesse, nämlich das des Eigenwillens, und ihre Grundsäße gehen hervor aus dem Stolz und Hochmuth der verderbten menschlichen Natur. Die Kirche muß sich daher gegen sie in eine polemische Stellung seßen, sie verabscheuen, unterdrücken und auf alle Weise verfolgen. Dieß ist besonders die allgemeine Ansicht der römisch-katholischen Kirche von den Häretikern aller Art gewesen; sie hat sie auch durch die That und Gewalt in allen Zeiten niederzuhalten und auszurotten gesucht als die erklärten Feinde des christlichen Glaubens, und diese Ansicht hat sie auch auf eine Zeit, wo die Gewalt ihr noch nicht zu Gebote stand und sie selbst, als diese römische oder päpstliche noch nicht eristirte, in Bezug auf die Gnostiker zur Anwendung gebracht und so wenigstens zum theoretischen Prinzip der Beurtheilung erhoben.

2) Die historisch-syncretistische Ansicht. Schon bei manchem Historiker der römisch-katholischen Kirche, wie bei Massuet in seinen Dissertationen zum Jrenäus, viel mehr in der protestantischen Kirche, am meisten in der neuern Zeit, zeigt sich zwar nicht mehr jenes strengkirchliche Interesse, welches in den Gnostikern nur bittere und boshafte Feinde des christlichen Glaubens erblickt, welche nur die Absicht haben, die christliche Kirche zu Grunde zu richten; aber es wird das Denken und Thun derselben doch nur als ein schwärmerisches, fanatisches, als Aberwih, als Verkehrtheit des Denkens und Verstandes betrachtet, wo nicht gar als ein wahnsinniges und delirirendes. Was vorher also als die Schuld eines verderbten Herzens und Willens angesehen ward, galt nun in milderer Weise nur als Unverstand

und Schwärmerei, wo nicht und zugleich als absichtlicher Betrug. Die erstere Ansicht ist noch die von Mosheim, die andere die von Semler gewesen. Aber es war doch schon, wie bei Massuet, die Ableitung des Gnosticismus aus dem Platonismus, auch, wie von Mosheim, aus der alten orientalischen Philosophie versucht und hiermit die Untersuchung auf ein freieres Gebiet gekommen. Freier sind diese Untersuchungen zu nennen, weil sie unabhängig waren von den alten Vorurtheilen und Voraussetzungen einer boshaften Opposition gegen die christliche · Kirche, und diese Freiheit der historischen Bewegung ist als ein errungener Vortheil anzusehen. Sie vergönnie doch eine unbefangene Kritik der gnostischen Theorien, eine pragmatische Ver knüpfung derselben mit den ursprünglichen Quellen und die Auffassung eines Zusammenhanges nicht nur mit dem Platonismus und Orientalismus, sondern auch mit Philonismus und zoroastrischem Dualismus. Aber die Frage, welche Stellung der Gnosticismus habe zur Religionsphilosophie, zum christlichen Dogma, zur Wahrheit überhaupt, wurde stets umgangen; in dieser Beziehung haben vielmehr alle gnostischen Lehrsäße gleichen Werth, liegen mit demselben Recht atomistisch nebeneinander. und find Amalgamationen einer allgemeinen religiösen Denkart mit christlichen Ideen, somit syncretistisch; in dieser Beziehung blieb das Vorurtheil, daß der Gnosticismus ohne reellen Inhalt, nur eine phantastische Ausgeburt, nicht in seiner Art eine nothwendige Erscheinung und ohne allen Zusammenhang mit dem denkenden Bewußtseyn des Menschen sey. Der Gnosticismus blieb in aller bisherigen historischen Würdigung eine Zufälligkeit, die auch hätte fehlen können, ohne daß dadurch das Mindeste geändert worden wäre in dem geschichtlichen Leben der christlichen Kirche.

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3) Die religions-philosophische Betrachtung. Auf dieses Feld ist die Ansicht des Gnosticismus erst in der neueften Zeit durch Baur in Tübingen gekommen. (Die christliche

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