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schnell sich aus Juden und Heiden seine Bekenner sammelte, war nicht das Werk menschlicher Natur, Kraft und Thätigkeit, menschlicher Klugheit und Berechnung gewesen. Die Vorstellung der alten Kirche von einer wundervollen Verbreitung ihres Glaubens verdient daher an und für sich keinen Tadel und wird durch die ganze Geschichte gerechtfertigt. Es hat sich zwar zu allen Zeiten auch die ungeschichtliche Ansicht gezeigt, daß die Verbreitung des Christenthums auf einem Plane menschlicher Weisheit beruht habe, und noch neuerlich hat Herr Doctor Kestner in Jena in einem weitläuftigen Werk, Agape genannt, zu zeigen gesucht, daß dieselbe einem geheimen Bunde fast ganz politischer Art und mit menschlich und klüglich gewählten Mitteln thätig, zuzuschreiben sey. Diese Vorstellung, wenn sie auch nicht allen geschichtlichen Denkmalen widerspräche, aus denen fie nur mit Mühe und Kunst, muthmaßlich und argwöhnisch herauszuwittern ist, wenn man sie erst vorher hineingelegt hat, beruht lediglich in einem schon zur andern Natur gewordenen Zweifel an dem göttlichen Ursprung dieser Religion. Wer davon sich nicht überzeugt hat aus dem innersten Geist und Leben dieser Religion, für den mag allerdings eine Vorstellung dieser Art viel Blendendes und Einladendes haben, ein solcher denkt aber auch gar nicht mehr an die Verbreitung einer göttlich ge= stifteten Religion, sondern nur an eine irdische, menschliche Anstalt, die sich freilich auch lediglich nur menschlicher Mittel und Pläne zu ihrer Verbreitung und Erhaltung bedienen konnte. Ein starkes Gewicht legt deshalb mit Recht Origenes, um die Heiden von der Göttlichkeit der christlichen Lehre zu überzeugen, auf die Beweisung des Geistes und der Kraft. Der Geist aber offenbart sich besonders in den Weissagungen des Alten Testaments, welche so genau eingetroffen sind, die Kraft aber in den Wundern, Orig. contra Cels. I. I. p. 5. Justin. Apol. I. p. 61. Tert Apolog. c. 20. Origenes entwickelt zu diesem Behuf den Unterschied dämonischer Wunder von wahrhaft göttlichen. Die

christliche Kirche leugnete nämlich nicht, daß das böse Prinzip unter den Heiden zu allen Zeiten in Wundern thätig gewesen, daß durch die Dämonen dergleichen viel bewirkt worden seyen, wohl aber, daß damit die Wunder der christlichen Religion in Vergleich zu stellen seyen. Wahre Wunder, sagt Origenes, find solche, bei denen man wichtige Gründe anführen kann, warum sie geschehen sind und aus denen wirklich der Menschheit Heil und Vortheil zuflicßt. Auch Reinheit der Sitten ist das Kennzeichen eines wahren Wunderthäters. Nicht durch Magie hat Jesus seine Wunder vollbracht, denn wie sollte ein Magier wohl die Menschen lehren, so göttlich zu leben, wie er? Orig. contra Cels. I. III. p. 464. 356. 383. Origenes ist dennoch weit entfernt, auf Wunder an und für sich etwas zu bauen, sondern er stellt die Wunder der christlichen Religion in den ganz innern Zusammenhang mit ihrer Lehre und dem Leben Jesu, contra Cels. 1. IV. p. 167. ff., und die großen sittlichen Wirkungen des Christenthums stellt er den Wundern ganz zur Seite und gewissermaßen noch über sie, 1. II. p. 423. Die schnelle Verbreitung dieser Religion, lehrt er, durch ungelehrte und geringe Männer würde ganz unerklärlich seyn, wenn nicht zur Bestätigung derselben wahre und über alle Zweifel erhabene Wunder geschehen wären, 1. VIII. p. 776. Sämmtliche Kirchenlehrer dieser Zeit sind daher einig im Glauben an die fortdaurende Wunderkraft der christlichen Religion in der Kirche und sie thun dieses so, daß sie die christliche Religion in ihrer wesentlichen Einheit mit dem Geiste Christi begreifen, der in seiner Kirche zu seyn und zu wirken verheißen hat. Sie lehren alle, daß die Macht Gottes, aus der in Christo die Stiftung der Kirche hervorgegangen, fortwährend unter den Christen thätig sey, und dieser Glaube war den Christen dieser Zeit um so näher und nothwendiger, je mehr und je tiefer ihr eigenes Leben in das Schicksal der christlichen Religion verwickelt und von dieser durchdrungen war, Just. Dial. cum Tryph. p. 136. Jren. adv.

haeres. 1. II. c. 31. Tert. praescript. c. 15. Cyprianus de idol. can. p. 14. Origenes giebt dieses als den Hauptvorzug der Christen vor den Juden an, daß diese weder Propheten noch Wunder mehr hätten und also von Gott verlassen wären, contra Cels. 1. II. p. 392. l. I. p. 321. 361. Er spricht als Zeuge von manchen Wundern, die er erlebt habe, und er be ruft sich den Heiden gegenüber mit Zuversicht darauf, 1. II. p. 392. III. p. 461. Ueber die Fortdauer der Wundergaben der alten Kirche ist in neuerer Zeit viel gestritten worden. Die Sache ist aber an sich sehr einfach, wenn man einmal den Begriff des Wunders nur nicht gerade auf einzelne Thatsachen beschränkt, über deren Wahrheit Zweifel entstehen kann, ohne daß dennoch das Prinzip des Wunders geleugnet zu werden braucht, und wenn man nur andererseits das an sich schon bewunderungswürdige und wahrhaft wunderbare Leben in ihrem Glauben, die hohe Begeisterung der Christen für ihre Religion und die außerordentlichen geistlichen Erfahrungen in Anschlag bringt, welche sie zu machen mehr Gelegenheit hatten, als jede andere Zeit, wo der Besiz der christlichen Religion schon gesichert und mit solcher Ruhe und Gemächlichkeit im Genusse ihrer Segnungen auch die erste frische Begeisterung verschwunden war. Will man daher beurtheilen, in wiefern den Christen der ersten Jahrhunderte der Glaube an Wunder so gewöhnlich als nothwendig war, wie wir in den Schriften ihrer ausgezeichnetsten Lehrer finden, so muß man die Beurtheilung einer so frischen, aufs höchste gereizten und in beständiger Spannung und Begeiste= rung erhaltenen Zeit nicht aus den kühlen Prinzipien einer zur Gewohnheit gewordenen Nüchternheit anstellen und solche jener Zeit ganz fremde Ansichten nicht in dieselbe übertragen, sondern sich ganz in ihre Lage verseßen und in das Licht, in welchem sie das Ganze der christlichen Religion anzuschauen gewohnt wa ren. Augustinus stellt über diesen Gegenstand eine merkwürdige Ansicht auf. Gott wollte, sagt er, die Menschen allmählig vom

Sichtbaren zum Unsichtbaren führen. Deswegen geschahen Wunder, um diejenigen für die Wahrheit einzunehmen, welche fie selbst einzusehen nicht fähig waren. Durch jene Wunder ist bewirkt worden, daß jezt keine Wunder mehr nöthig sind. Denn da die katholische Lehre über den ganzen Erdkreis verbreitet und gegründet ist, durften auch die Wunder nicht fortdauern, damit nicht das Gemüth immer am Sichtbaren hängen bleibe und das Menschengeschlecht nicht durch Gewöhnung an das, durch dessen Neuheit es erwärmt wurde, kalt werden möchte, de utilit. cred. c. 16. de vera relig. c. 25. Jn den Retractationen berichtigt er diese Meinung dahin, daß er glaubt, Wunder geschähen allerdings noch immer, nur nicht mehr so große und von aller Art, I. I. c. 13. 14.

Zweiter Abschnitt.

Verhältniß der christlichen Kirche zu den geistigen Bewegungen auf ihrem eigenen Gebiet.

Schon in und mit den Bestimmungen des wahren Verhältnisses der christlichen Kirche zum Judenthum und Heidenthum hatte eine geistige Thätigkeit im Innern der christlichen Kirche begonnen, welche wie zum Prinzip so zum Resultat dieß hatte, daß sie selbst sich ihres Glaubens immer bestimmter bewußt wurde und daß die in ihm selbst liegenden Unterschiede immer mehr und bestimmter nun aus ihm hervorgingen. Es ist das Denken und Wissen, welches sich immer bestimmter aus dem Glauben entwickelte und entwickeln mußte, um so mehr, als es in dem Glauben selbst unmittelbar enthalten war. Dieß ist im Allgemeinen der Begriff der Gnosis, welcher schon der Vorstellung im 1. Brief an die Corinther 8, 1 ff. zu Grunde liegt. Von dem freiesten aller Apostel ist das Denken über die christliche Glaubenswahrheit ausgegangen. Der Unterschied von zvācis

und лioris, den man besonders bei den Alerandrinern findet, ist wesentlich kein anderer, als der der Religion und Theologie. Es ist der Glaube selbst, durch den man sich unaufhaltsam zum Wissen getrieben sah, diese christliche Frömmigkeit, womit man in alle, im Glauben noch verborgen liegende Unterschiede unerschrocken einging. Hierdurch kam die chriftliche Theologie, als Wissen, allerdings in den Unterschied vom Glauben: aber es ist einseitig und armselig, den Unterschied an sich als nothwendigen Gegensaz anzusehen. Noch weniger ist dieser Unterschied eine Erneuerung des Eroterischen und Esoterischen, der auf dem Gebiet der christlichen Kirche niemals hat Plaz greifen können: denn selbst die einzige Erscheinung, die daran erinnern könnte, daß man in den ersten Jahrhunderten den Katechumenen das Glaubensbekenntniß vorenthielt, bis sie zur Einweihung reif waren, ist etwas ganz anderes, als jener Unterschied, war nicht Vorenthalten des Wissens, sondern des Glaubens selbst nur in seinem Bekenntniß und stüfenweise Fortleitung zu diesem. Es ist daher nichts als Täuschung oder Fiction, wenn noch jezt dem Denken und Wissen die Absicht zugeschrieben wird, ein Esoterisches im Verhältniß zum Glauben, als einem Eroterischen, seyn zu wollen. Das Christenthum ist als offenbare Religion ebendieß, daß es alles, was bis dahin als Geheimniß bestand, der Welt bekannt und zum Gemeingut der Welt gemacht hat. Aber nicht alle haben den innern und äußern Beruf zur tiefern Erforschung der göttlichen Wahrheit und bedürfen daher auch, um fromm und rechtschaffen, um durch das Christenthum selig zu werden, der zu jener erforderlichen Bildung nicht, besonders durch die Philosophie: denn nur sie bildet das Denken; das unphilosophische ist das ungebildete Denken. Wie durch лioτis und vocis findet man in der alten Kirche den Unterschied von Religion und Theologie auch durch den der Psychiker und Pneumatiker ausgedrückt, ein Unterschied, der nicht blos in ethischer Beziehung genommen wird; jene sind, welche das Gemüth, das

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