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traits, 1731. Auch in der Exegese und in der Kontroverse hat er nicht unbedeutendes geleistet. Er verfaßte mit Beausobre einen Kommentar des N. Testamentes, den Prof. Reuß den besten und berühmtesten" des 18. Jahrhunderts nennt: Le N. Testament de notre Seigneur J. C. traduit en françois sur l'original grec, avec des notes litérales pour éclairer le texte, Amst. 1718. Von ihm ist der erste Band, der die 5 vier Evangelien und eine umfangreiche Einleitung enthält. Noch eine Streitschrift ist zu erwähnen: Préservatif contre la réunion avec le Siège de Rome, ou Apologie de notre séparation d'avec ce Siège, contre le livre de Mlle de B. (eaumont) dame prosélyte de l'Eglise rom. et contre les autres controversistes anciens et modernes 1723, 4 Bde. Lenfant ist einer der Gründer der Bibl. germ., zu welcher er die Vorrede schrieb. C. Pfeuder.

Lentulus s. Christusbilder Bd IV S. 65, 32 ff.

Leo I, der Große, 440-461.

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Seine Schriften sind herausgegeben von Quesnel, 2 Bde, Paris 1675 und am besten von P. und H. Ballerini, 3 Bde, Venedig 1753-1757, deren Ausgabe auch Migne SL 54-56 abgedruckt hat; hier auch 54 S.59–114 aus Schöne- 15 mann, Bibl. hist. litt. patr. lat. II die Uebersicht über die Ausgaben und Handschriften. Von Griesbach (Opuscula I, Halle 1768) sind Loci communes theologici collecti e Leone M. ediert worden. Bei Hurter, S. patr. opusc. sel. finden sich 14. 25. 26 ausgewählte Predigten und Briefe Leos aus der Ausgabe der Ballerini abgedruckt; eine deutsche Ueberseßung aller Predigten und Briefe von Wilden und von Wenzlowsky in der Bibl. der Kirchenväter, eine 20 englische von Feltoe in den Nicene and Post-Nicene Fathers, Ser. II, 12, New-York 1896. Tie Briefe von und an Leo über die Osterberechnung hat Br. Krusch, Studien zur christlichmittelalterlichen Chronologie, Leipzig 1880, 247-278 vorzüglich herausgegeben. Zwei neue Briefe an Leo von Flavian und von Eusebius von Doryläum edierte D. A. Amelli, S. Leone M. e l'Oriente, Rom 1882, Montekass. 1890; dieselben Th. Mommsen, NA XI (1886), 25 361-368. Leos Briefe in der Avellana Collectio (Epist. imper. etc. CSEL 35) ed. Günther S. 117-124. Die Capitula sive auctoritates sedis apostolicae etc. sind unecht. Ebenso gehören Leo die Sdrift De vocatione gentium und die Epistola ad sacram virginem Demetriadem seu de humilitate tractatus nicht an. Das Sacramentarium Leonianum (neueste Ausgabe von Feltoe, Cambridge 1897) oder der Liber sacramentorum Romanae ecclesiae, 30 die früheste Sammlung der vom Priester allein zu sprechenden Meßgebete, ist von den Balle rini als eine Privatarbeit römischen Ursprungs noch dem 5. Jahrhundert zugewiesen worden; auch Probst, Die ältesten römischen Sakramentarien und Ördines erklärt, Münster 1892, S. 50 ff., verteidigt dies und, daß die Gebete u. ä. auf Leo zurückgehen; dagegen hat L. DuChesne. Origines du culte chrétien, Paris 1889, S. 132 ff. (2. A. 1898) die Entstehung des 35 Sakramentars erst in der Mitte des 6. Jahrh. gezeigt. Das Breviarium adv. Arianos ist wohl aus Leos Umgebung hervorgegangen. Ueber die Briefe zum eutychianischen Streit in Monac. 14540 berichtet R. v. Nostiz-Rienec in HIG 1897, 117 ff.; derselbe verteidigt die Echtheit der sog. Collectio Thessalonicensis, der Briefe über den päpstlichen Vikariat zu Thessalonich, in ZfTh 1897. Die Briefe Leos auch bei Mansi Bd V. VI.

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Die vorzüglichsten Quellen für die Geschichte Leos sind seine Briefe ihre Druckorte auch bei Jaffé I, 58-75 Nr. 398 ff. - und Predigten. Von den leßteren in der Ausgabe der Ballerini 116, darunter 20 unechte oder unverbürgte. Unecht sind die von Caillau edierten (MSL 56, 1131 ff.), und der Sermo de ascensione bei Liverani, Spicil. Liberianum, Florenz 1863, 121ff. Wertvoll sind auch die Konzilsakten. Dazu kommen noch einzelne Nachrichten in verschiedenen Chroniken. Die Vita im Liber pontificalis (ed. Mommsen MG Gesta Pont. Rom. I, 101 ff) ist ziemlich inhaltlos.

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Litteratur: Vgl. die Ausgaben; ferner Tillemont, Mémoires etc. Bd 15 S. 414-832, und die Werke im 1. Bd S. 237, 14 von Walch S. 104 ff.; Bower II, 129 ff.; Gregorovius I, 193 ff.; Reumont II, 24 f.; Langen II, 1 ff.; Hefele II, 302–564, besonders Bower, He- 50 fele und Langen; nur kurz H. Grisar, Gesch. Roms und der Päpste im MA, Freiburg 1898, S. 70 ff.; A. Arendt, Leo d. Gr. u. s. Zeit, Mainz 1825; E. Perthel, Papst Leos I. Leben und Lehren, Jena 1843; Fr. u. P. Böhringer, Die Väter des Papsttums: Leo I. u. Gregor I. Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Bd 12). Stuttgart 1879; Ph. Kuhn. Die Christologie Leos I. d. Gr. in systematischer Darstellung, Würzburg 1894; C. Gore in Dehr B III, 652 ff. 55 (sehr eingehend); Bardenhewer, Patrologie, Freiburg 1901, S. 460 ff. Ueber den Primat von Arles j. d. A. Bd II, 56.

Leo I. ist nach dem Papstbuch in Tuscien geboren; Quesnels Vermutung auf Rom als seine Heimat (wegen ep. 31, 4. Prosp., Chron. ad a. 439) ist unzureichend begründet; ganz unsicher ist auch die Annahme, er sei der von Augustin ep. 104 im J. 418 60 erwähnte Leo acoluthus, den der römische Presbyter Sixtus nach Karthago sendet. Aber schon an den Diakon Leo hat sich (um 431) Cyrill von Alexandrien gewandt, damit Rom

den Ansprüchen Juvenals von Jerusalem auf ein Patriarchat über Palästina entgegentrete (Leon. ep. 119, 4); falls nicht dieser Brief vielmehr Papst Cölestin gegolten hat (übri gens war Leo des Griechischen unfundig, ep. 130, 3. 113, 4). Eben damals hat ihm Johannes Caffianus seine durch ihn veranlaßte Schrift gegen Nestorius gewidmet (CSEL 5 17, 235 f.). Den Bemühungen Julians von Eklanum um kirchliche Reception soll er entgegengewirkt haben (j. Bd IX, S. 603, 57 f.). Nichts aber bekundet deutlicher das Vertrauen, das er genoß, als daß ihm bald darauf der Kaiser die Mission übertrug, zwischen Aëtius und Albinus, den beiden höchsten Beamten in Gallien, zu vermitteln. Während er noch als Diakon in Gallien weilte, starb Sixtus III. am 11. August 440, und 10 Leo ward einmütig vom Volk gewählt. Am 29. September empfing er mit Dank gegen Gott und seine Wähler die Weihe. Von ihm ist die Centralisation des Kirchenregiments in epochemachender Weise unternommen, und ihre Theorie zum erstenmal klar, bestimmt, beinahe abschließend aufgestellt worden.

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Nach allen Seiten entfaltet er binnen kurzem eine eifrige Thätigkeit. Der Häresie 15 begegnet er mit rücksichtsloser Energie. Im Erzbistum Aquileja waren Pelagianer wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen worden, ohne daß eine förmliche Verdammung ihres bisherigen Irrtums von ihnen verlangt worden war. Leo fand darin eine sträfliche Nachlässigkeit, schrieb einen drohenden Brief (ep. 1, wahrscheinlich aus dem Jahre 442) und verlangte die nachträgliche feierliche Leistung dieses Widerrufs vor einer Synode. 20 Auf der Flucht vor den Vandalen waren 439 auch Manichäer nach Rom gekommen und hatten hier heimlich eine Gemeinde begründet. Leo ward auf sie aufmerksam und schritt sofort gegen sie ein (um 443). Mit Bischöfen, Presbytern und Senatoren veranstaltete er ein Verhör mit den manichäischen Auserwählten beiderlei Geschlechts (vgl. seine Schilderung in serm. 16, 4 und ep. 15, 16), das die schlimmsten Resultate für diese Sekte 25 hatte. Die zahlreichen Bücher derselben wurden verbrannt. Die Ausrottung der Sekte selbst, wo sie noch bestehe, wurde beschlossen, die römische Gemeinde mit dem Wesen derselben bekannt gemacht, vor ihrem scheinheiligen Thun gewarnt und zur Aufspürung weiterer Mitglieder aufgefordert (serm. 9, 4. 16, 4 f. 24, 4. 34, 4 f. 42, 4 f. 76, 6). Ahnliche Befehle ergingen an die Bischöfe des übrigen Italiens (ep. 7). Auch Valentinian III., 30 durch Leo dazu bestimmt, erließ sein Edikt vom 19. Juni 445 (auch unter Leos Briefen, ep. 8).

Mit den Manichäern schienen Leo die Priscillianisten aufs engste verwandt zu sein. Bischof Turrubius von Astorga hatte bei seiner Rückkehr von dem Besuch zahlreicher rechtgläubiger Kirchen mit Staunen die Blüte des Priscillianismus in Spanien bemerkt und 85 seine spanischen Mitbischöfe über diese Sekte aufzuklären gesucht (hinter ep. 15 der Briefe Leos) und auch an Leo ein Exemplar gesandt. Leo ließ sich die Gelegenheit, in die spa= nische Kirche einzugreifen, nicht entgehen. In einem ausführlichen Schreiben (ep. 15, vom 21. Juli 447) schildert er diese verderbliche Sekte, gegen die wie die Väter, so auch schon weltliche Fürsten vorgegangen. Denn die Milde der Kirche etsi sacerdotali contenta 40 iudicio cruentas refugit ultiones, severis tamen christianorum principum constitutionibus adiuvatur, dum ad spiritale nonnumquam recurrunt remedium, qui timent corporale supplicium. Die feindliche Invasion habe die Handhabung dieser Geseze und die häufigeren Versammlungen der Bischöfe unmöglich gemacht. Dadurch habe sich jener verborgene Unglaube ausgebreitet und selbst Bischöfe ergriffen. In 45 17 Kapiteln stellt er darauf die Lehre der Priscillianiften, sie widerlegend, dar. Ein spanisches Generalkonzil solle auf Grund seines Briefes untersuchen, ob die Sekte Anhänger im Episkopat habe; er habe deshalb schon an die spanischen Mitbischöfe geschrieben. Die politische Lage Spaniens ließ es nur zu zwei Teilsynoden kommen, die eine wahrscheinlich zu Toledo 447, die andere eine Provinzialsynode der Galizier in muncipio Celensi. 50 Den Todesstoß hat der Priscillianismus dadurch nicht erhalten.

Mit Alexandrien hatte Leo zunächst eine Auseinandersetzung wegen der Berechnung des Osterfestes (vgl. dazu Krusch S. 98 ff. 129 ff. 245 ff.). Für das Jahr 444 sollte Ostern nach römischer Rechnung auf den 26. März, nach alexandrinischer auf den 23. April fallen; dabei galt in Rom als von Petrus überkommene Tradition, daß der Ostersonntag 55 den 21. April nicht überschreiten dürfe. Leo wandte sich an Cyrill von Alexandrien. Die Antwort Cyrills ist verloren; der Brief, welcher als seine Antwort beurteilt wird (so auch Langen nach den Ballerini), ist unecht, wie Krusch überzeugend bewiesen hat (S. 101 ff., der Brief hat u. a. Gennadius, De vir. ill. c. 7 benußt). Jedoch ist sicher, daß Cyrill nicht geneigt war nachzugeben, sondern durchaus für die alexandrinische Berechnung eintrat. 60 Wir wissen dies aus einem Brief des Bischofs Pascasinus von Lilybäum vom Jahre 443,

an den sich Leo nach dem von Cyrill erhaltenen Bescheid gewandt hatte. Da auch Pascasinus nach sorgfältiger Erwägung Cyrill zustimmte und darauf hinwies, daß wenigstens der Charfreitag des Jahres 444 noch auf den 21. April falle, fügte sich Leo (Prosper, Chron. a. 444) angesichts der in der Osterfrage dem alexandrinischen Bischof erteilten Beauftragung und acceptierte diese Begründung (ep. 121, 1 f.). Aber gegen den Bischof 5 Dioskur unterließ er nicht, die Autorität des römischen Stuhls sofort geltend zu machen. In einem,,väterlichen und brüderlichen" Brief (ep. 9 v. 21. Juni 445) erklärte er, daß die kirchliche Ordnung Alexandriens sich nach der Roms zu richten habe, da dem Apostel Petrus der Prinzipat unter den Aposteln übertragen und es unglaublich sei, daß dessen Schüler Markus, der Stifter jener Kirche, eine andere Tradition als sein Meister hinter- 10 lassen habe. Er erteilt daher Vorschriften (volumus) über die Zeit der Ordination und über Wiederholung des eucharistischen Opfers bei zu kleiner Kirche. Der Überbringer des Briefes werde über die römische Praxis unterrichten. Wie Alexandrien die Zumutung aufnahm, ist unbekannt.

Jedenfalls größeren Erfolg hatte Leos Eingreifen in Afrika. Nach dem Vandalen- 16 einfall war nur noch Mauretania Caesariensis dem Reich und damit dem nicänischen Bekenntnis erhalten geblieben. Diese Reste des orthodoxen Glaubens waren in ihrer Isoherung auf auswärtige Stüßen angewiesen, daher jezt Aussicht, mit mehr Erfolg als bisher die römische Suprematie über dies Kirchenwesen auszudehnen. Auf die Kunde von kirchlichen Mißständen hatte er einen Presbyter dorthin zu genauerer Nachforschung_gesandt. 20 Dieser berichtete, daß unwürdige, unreise oder längst abgesetzte Geistliche selbst zum Episkopat gelangt seien, daß man die kirchlichen Vorschriften über den Familienstand der Bischöfe umgangen, oder erst kürzlich Getaufte, noch ohne die niederen Weihen, gewählt habe. Weil mit der Sorge für die ganze Kirche betraut, sieht Leo sich genötigt mit scharfer Rüge einzuschreiten (ep. 12, v. 10. August, 445?). Jene Kirche und ihre Bischöfe verdienten ein 25 strenges Gericht, aber er will noch Milde walten lassen; diejenigen Bischöfe jedoch seien abzusehen, deren Verheiratung nicht den kirchlichen Forderungen entsprächen. Auch alle weiteren Anordnungen (Langen S. 17) giebt er in der Form des Befehls. Waren noch vor wenigen Jahren und Jahrzehnten in Afrika die Appellationen nach Rom streng verboten, so erhielt jezt der Appellant, Lupicinus, seine Stelle zurück. Sogar die Vorlegung 30 aller ferneren Beschlüsse der afrikanischen Kirche zur Bestätigung in Rom wurde jetzt kurzweg verlangt (über die verschiedene Gestalt dieses Briefes, in dessen kürzerem Tert die Appellation fehlt, vgl. die Ballerini I, 646 f. MSL 54, 639 ff.). Von einem Widerstand der Afrikaner gegen diese Vorschriften ist nichts bekannt.

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In einem Brief (ep. 4, v. 10. Dkt. 443) an die Bischöfe Campaniens, Picenums, 35 Tusciens und aller Provinzen" fordert er unbedingte Beobachtung seiner Vorschriften, wie aller derer, die seine Vorgänger erlassen. Scharf tadelt er (ep. 16, v. 21. Oft. 447) die Bischöfe Siziliens wegen ihrer Abweichung von der römischen Sitte im Tauftermin. Durch Entsendung von Abgeordneten zu der römischen Synode sollen sie die römische Disziplin fortan sorgfältiger beobachten lernen.

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Ihre Hoheitsrechte über Jllyrien zu wahren, war ein besonderes Anliegen der römischen Kirche. Innocenz I. hatte dem Metropoliten von Thessalonich den Vikariat über diese Provinz übertragen, namentlich um dadurch der stets wachsenden Ausdehnung der Gewalt des Patriarchen von Konstantinopel zu begegnen. Ein Widerspruch von seiten des Metropoliten war nicht erfolgt. Aber bald suchten die illyrischen Bischöfe einen Rückhalt 45 wie früher an Rom, so nun an Konstantinopel, und die Päpste hatten Mühe, jene Art der Verbindung mit Jllyrien durch Drohen und Ermahnen aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig mit dem Brief, der dem neuen Metropoliten von Thessalonich, Anastasius, den von ihm erbetenen Vikariat übertrug und Anordnungen über die Ordination der Bischöfe und Metropoliten traf (ep. 6, v. 12. Jan. 444), entwickelt Leo in einem Schreiben an die 50 illyrischen Bischöfe seine Grundsäße: Petrus habe zur Belohnung seines Glaubens den Brimat überkommen, die ganze Kirche sei auf ihn gegründet und ihm damit die Sorge für die ganze Kirche auferlegt. In wichtigen Fällen sei daher (ep. 5, 6. 6, 5) nach Rom zu berichten und der päpstliche Entscheid einzuholen; alle Fälle der Appellation bleiben dem Papst reserviert. Leo griff auch weiter in die Angelegenheiten Jllyriens ein; in ep. 13 55 (v. 6. Jan. 446) verbot er dem Metropoliten u. a. ohne Wahl des Klerus und des Volks jemand zum Bischof zu weihen. Ebenso hatte er bald Anlaß (ep. 14; im Jahr 446 ?) bem eigenmächtigen Verfahren des Anastasius gegen seine Bischöfe entgegenzutreten. Jedenfalls hätte er zu seinem Vorgehen erst die römische Entscheidung einholen müssen, denn er jei nur in partem vocatus sollicitudinis, non in plenitudinem potestatis (I, 686 60 Real-Encyklopädte für Theologie und Kirche. 3. A. XI. 24

ed. Bell.), besite also kein selbstständiges Recht. Zugleich nimmt hier Leo ebenso die Metropoliten wie die Bischöfe gegen diese in Schutz; bei Rom soll die schließliche Entscheidung bleiben, dies als die letzte Zufluchtsstätte aller sich darstellen. In dem römischen Bischof, dem Nachfolger des Apostelfürsten, gipfelt die Stufenfolge der Bischöfe, Metropo6 liten, Primaten; er hat die Obsorge für die ganze Kirche (ep. 14, 11). — Wie sich die Sache zu Leos Zeit weiter entwickelt hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls gelang es nicht das Vikariatsverhältnis zu einem bleibenden zu machen. Seit den letzten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts überwiegt wieder der Einfluß von Konstantinopel.

Nicht ohne ernstlichen Widerstand gelang es, die Autorität Roms über die gallische 10 Kirche zur Geltung zu bringen. Der Bischof Patroklus von Arles († 426) hatte vom römischen Bischof Zosimus die Zuerkennung eines Primats über die gallische Kirche erlangt, freilich in gewisser Abhängigkeit von Rom, da Trophimus von Rom aus die Kirche zu Arles gestiftet habe (f. Bd II S. 57, 28 ff.). Vorläufig gescheitert, waren die Primatsansprüche von seinem Nachfolger, Hilarius (f. d. A. Bd VIII S. 57, 19 ff.), 429-449, 15 wieder aufgenommen worden, und die Lage der gallischen Kirche wie namentlich die Per sönlichkeit des Hilarius versprachen jetzt Erfolg. Aber eine Appellation des Metropoliten Celidonius von Besançon veranlaßte Leo gegen Hilarius aufzutreten. Dieser kam selbst nach Rom, machte aber hier sein Recht geltend, ohne Leos Richterstellung anzuerkennen (Honoratus, Vita Hilar. 16 se ad officia, non ad causam venisse, praestandi 20 ordine non accusandi, quae sunt acta suggerere). Leo war darüber aufs äußerste entrüstet; Hilarius sei so stolz aufgetreten und habe Worte ausgestoßen, die kein Laie zu reden und kein Priester zu hören gewagt (ep. 10, 3. 7). Den Wachen Leos, die ihn umstellt hielten (Vita Hil. 17), entzog sich Hilarius durch die Flucht. Aber Leo restituierte durch eine römische Synode den Čelidonius und erhob eine Reihe von Beschuldigungen 25 gegen Hilarius. Die Hauptanklage bildete, daß er sich zum alleinigen Metropoliten über Gallien habe machen wollen und sich der Unterwerfung unter den Apostelfürsten entzogen habe (ep. 10, 2). Die Geschichte der gallischen Kirche sei Zeuge, daß auch Gallien stets unter dem Primat Roms gestanden habe. Hilarius selbst wurde auf sein Bistum beschränkt; auch dieses blieb ihm nur aus Gnaden". Die Rechte des Metropoliten in der 80 Provinz Vienne wurden ihm aberkannt, jedes Streben nach einem Primat streng untersagt, die Berufung einer gallischen Synode dem ältesten Bischof zugesprochen.

In dem seine ganze Regierung beherrschenden Gedanken der römischen Universalgewalt sich bedroht fühlend und doch selbst die Schwierigkeit empfindend, seine Ansprüche durchzusehen, wandte sich Leo aber auch an die Hilfe der Staatsgewalt. In der That 35 erwirkte er vom Kaiser Valentinian III. durch die Vermittelung des Aëtius das berühmte, offenbar von ihm selbst inspirierte, Gesetz vom 6. Juni 445 (Novell. Valent. III, tit. 16, 172. Mirbt, Quellen 3. Gesch. d. Papstt., S. 65 f.). Der Kaiser erteilte hier nicht nur dem Beschluß der römischen Synode, dessen Giltigkeit auch ohnedies feststehe, den Vollziehungsbefehl, sondern verfügte auch: Das Verdienst des Apostels Petrus, die Würde der 40 Stadt Rom und die Beschlüsse von Nicäa (die gefälschte Form des Kanons, Mirbt S. 43 A.) geben dem römischen Bischof den Primat über die Kirche: tunc enim demum ecclesiarum pax ubique servabitur, si rectorem suum agnoscat universitas. Ein Versuch, dem römischen Bischof sich zu widersetzen, solle daher künftig als Majestätsverbrechen angesehen werden, Verfügungen des Papstes als allgemeines Gefeß gelten (hoc 45.. pro lege sit, quidquid sanxit vel sanxerit apostolicae sedis auctoritas), dem Nichterscheinen eines vor das römische Bischofsgericht Geladenen zwangsweise Auslieferung durch den Provinzialstatthalter folgen. Ein Gefeß von weittragendster Bedeutung, auf das sich jedoch die Päpste nur ausnahmsweise berufen haben. Die Unterwerfung des Hilarius giebt sein Biograph deutlich zu erkennen (c. 17 in civitatem regressus.. totum se 50 ad placandum tunc animum s. Leonis inclinata humilitate convertit). Rom hatte gesiegt. Unter Ravennius, seit 449 des Hilarius Nachfolger, verteilte Leo wenigstens die Metropolitanrechte zwischen Arles und Vienne (ep. 66, v. 9. Mai 450), und das erstere behauptete auch ferner den Vorrang (f. o. Bd ÏÏ S. 58). In dem Streit Leos mit der orientalischen Kirche standen Synoden unter Ravennius ihm zur Seite.

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Eine sehr günstige Gelegenheit zur Erweiterung der Autorität Roms auch über die Kirche des Orients schien sich nämlich zu bieten durch die Erneuerung der christologischen Streitigkeiten in den Auseinanderseßungen über die Lehre des Eutyches (s. d. A. Bd VS. 635 ff.) Gleich in den ersten Anfängen des Kampfes wandte sich dieser an Leo (f. ebd. S. 639, 24 ffund Leos ep. 20, v. 1. Juni), zu ihm nahm er auch seine Zuflucht nach seiner Verur 60 teilung durch Flavian (unter Leos Briefen ep. 21) und unterwarf sich Leos Entscheidung

(Leo ep. 33, 2, v. 13. Juni 449); an jene verwies ihn auch die Antwort des Petrus Chrysologus von Ravenna, ep. 25 unter Leos Briefen). Aber auch Flavian schrieb an Leo (ep. 22) mit der Bitte, die Absetzung des Eutyches anzuerkennen, und übersandte die Akten der Synode (ep. 26). Daher trat nun Leo auf Flavians Seite (ep. 27, v. 21. Mai 449). Schon hatte er auch die Einladung zur ökumenischen Synode zu Ephesus erhalten 5 (ep. 31, 4) und war nun durch zahlreiche Briefe (ep. 28-38) eifrig darum bemüht, das gewünschte Resultat zu erreichen, besonders indem er alles für durch die (nach ep. 33, 1 vom Kaiser erbetene: hanc reverentiam divinis detulit institutis, ut.. auctoritatem apostolicae sedis adhiberet, tanquam ab ipso Petro cuperet declarari, quid in eius confessione laudatum sit) den Sinn des Petrusbekenntnisses deutende 10 Erklärung des römischen Stuhles bereits entschieden (ep. 33), ein Konzil als im Grunde überflüssig (ep. 37) hinstellte. Seinen Vertretern auf dieser Synode gab er seinen berühmten, nach Gennadius, De vir. ill. c. 88 (epistolae quoque papae Leonis adv. Eutychen de vera Christi incarnatione. . ab ipso dictatae dicuntur) von Prosper verfaßten, Lehrbrief an Flavian (ep. 28, v. 13. Juni 449) mit, auf den er auch die Sy- 15 node verwies (ep. 33, 2).

Dieser Brief wiederholt, zunächst im Anschluß an Augustin die Formeln der abendländischen Christologie (s. Bd IV S. 40 ff.), ohne in das durch die christologischen Verhandlungen des Drients gegebene Problem wirklich einzutreten und ein anschauliches und einheitliches Bild von Christi Person auch nur ernstlich anzustreben. Durch das Tauf- 20 symbol mit seinem Bekenntnis zu Christi Gottheit und Menschheit sei schon alles klargelegt, denn (c. 3) salva ... proprietate utriusque naturae et substantiae et in unam coëunte personam suscepta est a maiestate humilitas, a virtute infirmitas, ab aeternitate mortalitas et... natura inviolabilis naturae est unita passibili, ut... unus atque idem mediator Dei et hominum, homo Iesus Christus et mori 25 posset ex uno et mori non posset ex altero. in integra ergo veri hominis perfectaque natura verus natus est Deus, totus in suis, totus in nostris . . . humana augens, divina non minuens. Daher (c. 4) agit utraque forma cum alterius communione quod proprium est, verbo scilicet operante quod verbi est, et carne exequente quod carnis est; unum horum coruscat miraculis, 30 aliud succumbit iniuriis... unus enim idemque est . . . vere Dei filius et vere hominis filius. Leo sah in diesen Ausführungen das rechte Bekenntnis von dem Geheimnis der Menschwerdung mit voller Klarheit ausgesprochen (ep. 93, 2).

Zur Verlesung ist Leos Brief auf der Synode nicht gelangt (ep. 44, 1), auch war dort von dem Vorsiß seiner Legaten keine Rede, und ihre Proteste blieben unbeachtet (s. 35 Bd V S. 642, 52 ff.). Vom Konzil abgesezt, appellierten Flavian und Eusebius sofort nach Rom (Mommsen NA XI, 2, 1886, S. 361 ff.). Auch noch andere Hilferufe (z. B. von Theodoret ep. Leos 52 und MSG 83, 1311 ff. 1323 f. 1327, voll Bewunderung für den römischen Stuhl und Leos christologische Auseinandersetzung) ergingen dorthin, von wo allein noch wirksame Unterstüßung zu erhoffen war. Es hätte dieser Bitten nicht be- 40 durft. Handelte es sich doch um Leos eigene Sache und Autorität, obwohl erst viel später Dioskur den Bann über ihn verhängt hat (s. Bd V S. 645, 26 ff.). Leo begehrte vom Kaiser ein allgemeines Konzil in Italien (ep. 43, im Herbst 449). Zunächst verwarf er auf einer vorläufigen Synode zu Rom (Oktober 449) alle Beschlüsse des „latrocinium" (so zuerst Leo ep. 95, 2, v. 20. Juli 451). Überallhin sandte er Briefe. Auch Valen- 45 tinian III. veranlaßte er an Theodosius zu schreiben (ep. Leon. 55), damit ein Konzil in Italien unter Leo, dem die ieooovvη xarà лávτæv anvertraut sei, und an den Flavian mit Recht appelliert habe, die Sache nochmals vornehme. Ohne sich auf eine Kritik der dogmatischen Beschlüsse von Ephesus einzulassen, forderte Leo die Verurteilung des Eutyches als eines Manichäers und Doketen. Die Augusta Pulcheria wußte er zu ge- 50 winnen (ep. 60). Gegen den neuen Patriarchen von Konstantinopel Anatolius, von der Partei des Dioskur, dessen Anerkennung der Kaiser verlangte, verhielt er sich zurückhaltend; derselbe jolle erst seine Orthodoxie bethätigen, auch Leos Lehrbrief acceptieren (ep. 69, v. 16. Juli 450.

Als mit dem Tode Theodosius' II. sich der plötzliche Wechsel vollzog (s. Bd V S. 644,23 ff.), 55 trat das neue Kaiserpaar mit Leo sofort in lebhafte Korrespondenz. Anatolius entsprach den päpstlichen Forderungen, und Leos Lehrbrief ward allerwärts anerkannt und gerühmt. Aber jest wünschte Leo kein Konzil mehr (ep. 82 ff.; vgl. u. a. Harnack, Dogmengesch. II, 365), zumal da es nicht in Italien gehalten werden sollte. Es wurde dennoch nach Nicäa berufen, dann nach Chalcedon verlegt, Leo konnte nur nach Möglichkeit vorsorgen, daß die 60

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