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ein bewirkender Einfluß des Papstes auf das Glaubensleben der Kirche ganz undenkbar, es sei denn der Papst in den Handlungen, wodurch er darauf einwirkt, wesentlich unfehlbar. Weil er aber dieses als Haupt der Kirche ist, so ist im Papste der zum Wesen der Kirche gehörende unfehlbare Wahrheitsbesig in Gemäßheit des Verhältnisses verwirklicht, in welchem der Papst selber zur Kirche steht. Der Papst aber ist nicht allein unmittelbar durch göttliche Einsetzung das Haupt der Kirche, sondern auch diese besißt die ihr wesentlichen Eigenschaften, ihre Unfehlbarkeit also, nicht anders als in Abhängigkeit von Petrus, ihrem Felsengrunde. Demgemäß ist der Papst als Nachfolger Petri nicht nur überhaupt dieser Unfehlbarkeit mittheilhaftig, sondern auch für sich allein ihr unmittelbarer Inhaber.

Darin liegt keine Beeinträchtigung der den Bischöfen zustehenden Lehrgewalt, welche auf ihre Weise ebenfalls ein wesentliches Moment bei der Unfehlbarkeit der Kirche bildet. Diese aber und sohin die Unfehlbarkeit der Bischöfe selber vermag sich nicht unabhängig von der päpstlichen Unfehlbarkeit, sondern allein unter ihrem Einfluß, geschichtlich zu bethätigen. Indessen ebenso wenig, als die Unfehlbarkeit der Kirche unabhängig vom Papste besteht, ist seine Unfehlbarkeit getrennt von jener der Kirche. In ihr äußert sich vielmehr die Unfehlbarkeit der Kirche selber, welche dadurch zum Vollzug kommt. Dabei aber ist der Papst kein bloßes Vollzugsorgan der kirchlichen Unfehlbarkeit, nicht der bloße Vollstrecker der kirchlichen Urtheile, sondern aus sich selber und für sich allein selbstständig und endgültig richtend, dies aber so, daß seine Urtheile zugleich die der Kirche selber sind.

Man hat behauptet, damit der Papst in seinen Lehrentscheidungen als Haupt der Kirche unfehlbar sei, müsse er sich dabei auf das Bewußtsein der Einzelkirchen stüßen. Diese Auffassung verkennt den wahren Sachverhalt. Wie kann die Gültigkeit der päpstlichen Lehraussprüche von ihrer Uebereinstimmung mit dem Glauben der Einzelkirchen abhängen,

wenn sich dieser Glaube der Einzelkirchen selber gerade in den päpstlichen Lehraussprüchen wesentlich kund gibt und unabhängig davon gar nicht denkbar ist? So will es aber die wesentliche Verfassung der Kirche. Nur so nämlich ist der in seinen Nachfolgern fortlebende Petrus der Verheißung Christi gemäß fortwährend der Felsengrund der Kirche. Aus diesen wenigen Bemerkungen ist ersichtlich, daß der richtige Begriff von der päpstlichen Unfehlbarkeit aus dem Wesen der Kirche selber geschöpft werden muß. Die Sachgemäßheit dieser Methode wird durch die folgenden Erwägungen noch deutlicher.

Der Begriff der Unfehlbarkeit bedeutet nicht bloß das Abhandensein der Gefahr des Frrthums, sondern auch die Vollmacht und das Vermögen ein Urtheil zu fällen (die passive und active Unfehlbarkeit). Die Unfehlbarkeit in jenem Sinne eignet der Gesammtkirche unmittelbar als solcher. Sie ist der Gefahr entrückt, in einen Glaubensirrthum zu verfallen. Wodurch aber ist sie dieses? Daß die in Schrift und Tradition niedergelegte Offenbarung Gottes ohne ein sichtbares, mit ihrer Auslegung durch Gott betrautes Lehramt ihren Zweck nicht erreichen würde, ist nach katholischer Anschauung ganz unzweifelhaft. Die Sichtbarkeit der wahren Kirche bedingt nothwendig ein sichtbares Lehramt. Seine selbstständige und unabhängige Ausübung kann aber nur Einem zukommen, weil sonst die Einheit der Kirche gefährdet würde, und dieser Eine im Gebrauche seiner Lehrgewalt unabhängige Inhaber derselben ist kein anderer, als das sichtbare Haupt der Kirche. Diese ist also dadurch unfehlbar, daß ihr sichtbares Haupt, welchem allein das Recht zusteht, endgültig über Glaubenspunkte zu urtheilen und die Gesammtkirche zur Annahme seiner Urtheile zu verpflichten, vermöge eines besondern göttlichen Beistandes dabei nicht irren kann. In diesem Sinn lehrt das vaticanische Concil, der Nachfolger Petri sei der Inhaber der durch Christus der Kirche verliehenen activen Unfehlbarkeit, dies heißt der Voll

macht und des Vermögens, der göttlichen Offenbarung gemäß die Glaubens und Sittenlehre für die Gesammtkirche festzustellen, und auch nach der Lehre des vaticanischen Concils ist der Papst für sich allein der unmittelbare Inhaber jener Vollmacht, denn seine Glaubensurtheile haben aus sich selber und unabhängig von der Zustimmung der Kirche endgültige Kraft.

Das ist für Manche eine harte Rede, und bekanntlich hat man diese Ansicht von der Verfassung der Kirche, um sie dadurch wirksamer in Verruf zu bringen, Absolutismus genannt. Daß die Fülle der kirchlichen Gewalt einer einzigen Person, dem Papste, durch Gott verliehen sei, diese Lehre mag allerdings mit den heute herrschenden politischen Anschauungen schlecht übereinstimmen, allein gegen das Dogma folgt daraus nichts, es sei denn, daß man die Kirche und ihre Verfassung auf dieselbe Linie mit dem Staate stelle. Dann allein ist es zulässig, an die Verfassung der Kirche denselben Maßstab anzulegen, wonach man gewohnt ist, die Güte einer Staatsverfassung zu beurtheilen. Dabei aber wird das eigentliche Wesen der Kirche vollständig verkannt. Wie die Kirche einer höhern Ordnung als der Staat angehört, so will auch ihre Verfassung nach andern Grundsätzen beurtheilt sein. Die Kirche ist eine göttliche Stiftung, und das Gut, welches dadurch verwirklicht werden soll, übersteigt die natürliche Kraft des Menschen. Daher darf das Ideal der kirchlichen Verfassung nirgend anders gesucht werden, als in dem Willen ihres göttlichen Stifters, der allein es zu verwirklichen im Stande und dabei an kein anderes Gesetz, als das seiner eigenen Weisheit gebunden ist. Diese Auffassung der Kirche, welche man den übernatürlichen Standpunkt nennen kann, ist die allein sachgemäße.

Im Lichte dieses Standpunktes besehen werden die meisten der gegen das Unfehlbarkeitsdogma jüngst erhobenen Klagen unschwer in ihrer Nichtigkeit erkannt. Wenn man z. B. in

der dem Papst zugeschriebenen Vollgewalt der Kirchenregierung 1 einen Anspruch auf die Weltmonarchie erblickt, so heißt dies dem Papstthum einen Zweck unterschieben, welcher dem Wesen der Kirche vollständig fremd ist. Die Nichtigkeit ähnlicher Besorgnisse springt in die Augen, sowie man die Einsicht gewonnen hat, daß sich im Papstthum und seinen Vollmachten das innere Wesen der Kirche als geschichtliche Macht bethätige, daß sohin die päpstliche Unfehlbarkeit bloß eine Bethätigungsform dieses Wesens sei. Dann nämlich ist der Papst allein da unfehlbar, wo es die Kirche ist, und dann beruhen entweder die Gefahren, welche für die Staatsgewalt aus dem Unfehlbarkeitsdogma erwachsen sollen, auf bloßer Einbildung, oder man ist genöthiget, die Kirche selber für wesentlich staatsgefährlich zu erklären. Oder wäre etwa die dem Papste durch das vaticanische Concil zuerkannte Unabhängigkeit im Gebrauche seiner Lehrgewalt gleichbedeutend mit Schrankenlosigkeit? Auch der Papst ist dabei der ausdrücklichen Erklärung des Concils gemäß an die Grundverfassung gebunden, welche Christus, dessen Statthalter er ist, seiner Kirche gegeben hat. Dies Grundgesetz, das auch den Papst in seiner Amtsverwaltung bindet, ist die göttliche Offenbarung, und eben dazu, damit sein Verständniß derselben vor jedem Jrrthum bewahrt bleibe, ist ihm die Gabe der Unfehlbarkeit verliehen.

Wir glauben nicht zu viel zu sagen, wenn wir die Ansicht aussprechen, von der Erkenntniß, daß die päpstliche Unfehlbarkeit zum Wesen der Kirche gehöre, und von der richtigen Würdigung der Grundsäße, welche dabei in Betracht kommen, hänge die Wohlfahrt der Kirche in unserer Zeit vornehmlich ab. Auf zwei Dinge namentlich kommt es dabei an. Man muß die Kirche als eine sociale Macht begreifen, welche alle Gebiete des menschlichen Lebens zu heiligen berufen und daher ihrer Bestimmung gemäß wesentlich sichtbar ist und

1 Die plenitudo potestatis des Concils von Florenz.

der geschichtlichen Wirklichkeit angehört; allein auch ihrer geschichtlichen Erscheinungsform nach und in der Bethätigung ihres socialen Berufes ist die Kirche etwas Webernatürliches und will als solches begriffen sein. Die erstere Erkenntniß führt unschwer auf den Begriff der päpstlichen Unfehlbarkeit. Oder wäre die Kirche eine sociale Macht ohne eine sichtbare unfehlbare Lehrautorität? Und außerdem muß sich die Kirche, damit sie jenes sei, in der Möglichkeit befinden, von dieser Autorität alsogleich Gebrauch zu machen, sowie irgendwo das Bedürfniß fühlbar wird. Dies aber ist nur dann möglich, wenn der Papst selber, der Papst für sich allein der unmittelbare Inhaber jener Vollmacht ist. Nur dann also ist die Kirche eine sociale Macht. Vermöge ihres übernatürlichen Characters aber gehört die Kirche einer andern, höhern Ordnung an, als die Staatsgewalt, und obschon dieser unzweifelhaft ein Einfluß auf dieselben Gebiete zusteht, auf welchen die Kirche ihre Wirksamkeit entfaltet, so entziehen sich dennoch diese Gebiete gerade in dem Betrachte der Staatsgewalt, in welchem allein die Kirche beansprucht, ihre eigene Autorität auf sie auszudehnen, hiedurch also werden die übrigen gesellschaftlichen Mächte in ihrer rechtmäßigen Selbstständigkeit und Freiheit keineswegs verlegt.

Als eine wesentlich übernatürliche erstreckt sich die Autorität der Kirche ebensoweit, als die übernatürliche Ordnung reicht, und da das ganze menschliche Leben durch Gottes freien Gnadenrathschluß auf ein übernatürliches Ziel gerichtet ist, so ist der ganze Mensch mit allen seinen Fähigkeiten und in jedem Zweige ihrer Bethätigung, insoweit sie in einer Beziehung auf sein übernatürliches Endziel steht, der Autorität der Kirche unterworfen; allein derselbe Umstand, woraus die Berechtigung und Verpflichtung der Kirche erwächst, ihre Autorität auf das ganze menschliche Leben und alle Gebiete menschlicher Thätigkeit auszudehnen, ich meine der wesentlich übernatürliche Character ihres Berufes, ist eine Bürgschaft dafür, daß sie diesen Beruf ohne Collision mit der

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