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die übernatürliche Offenbarung erstrecke, sei ganz unhaltbar und ermangle durchaus der biblischen und patristischen Begründung1. Obschon das thatsächliche Verhältniß einer bestimmten Schrift zum Offenbarungsinhalt, dieses dogmatische Factum, nicht selber Gegenstand einer übernatürlichen Offenbarung sei, so erstrecke sich dennoch die kirchliche Unfehlbarkeit unter Umständen auch auf Fälle dieser Art, weil soust der Zweck, um deßwillen die Unfehlbarkeit durch Christus der Kirche verheißen ist, die Reinerhaltung des Glaubens nämlich, unerreicht bliebe. Um einzusehen, daß das Urtheil der Kirche über eine dogmatische Thatsache oder einen andern nicht selber göttlich geoffenbarten Gegenstand unfehlbar sein könne, bedenke man, daß ihre Unfehlbarkeit nicht nothwendig aus der Offenbarung selber entspringt, es genügt hiezu auch ein besonderer Beistand des hl. Geistes 2.

Nach der Lehre mancher Theologen gehören indessen die dogmatischen Thatsachen wenigstens mittelbar zum Offen

1 So erklärt unter Andern die theologische Facultät von Douay: Qu'on ne nous oppose pas aussi le défaut de la révélation divine à l'égard des faits doctrinaux. Est-ce que Jésus Christ n'a promis à son Eglise l'assistance du St-Esprit qu'à l'égard des choses révélées ? (Du Plessis collect. judic. t. III. pag. 427.)

2 Gegen das jansenistische Argument: Christus non promisit infallibilitatem Ecclesiae, nisi in rebus fidei, atqui factum dogmaticum non est fidei, ergo, bemerkt Billuart: Prima responsio negat majorem, quae omnino gratis et absque ullo scripturae aut traditionis testimonio asseritur, quin potius contrarium constat ex probationibus conclusionis. Est enim necessaria haec infallibilitas in factis dogmaticis, etiamsi non sint fidei nc revelata, ut portae inferi non praevaleant adversus Ecclesiam, ut Ecclesia permaneat columna et firmamentum veritatis, ut depositum fidei custodiat, bene pascat oves et omnium fidelium saluti provideat; Christus autem non deficit in necessariis suae Ecclesiae, cui promisit adesse omnibus diebus usque ad consummationem saeculi et eam docere omnem veritatem. Haec itaque infallibilitas juxta praesentem responsionem non ex revelatione sed ex speciali assistentia Spiritus sancti habetur (De regul. fidei dissert. 3. a. 7. §. 3).

barungsinhalt; denn nach der kirchlichen Verurtheilung einer bestimmten Lehre ist der Satz, daß diese Lehre verwerflich sei (diese dogmatische Thatsache), in der allgemeinen Offenbarungswahrheit mitenthalten, daß jede von der Kirche verworfene Lehre wirklich verwerflich sei. Die kirchliche Verurtheilung einer bestimmten Lehre bewirkt sohin, daß auch dieser einzelne Fall, diese dogmatische Thatsache, in der Offenbarungslehre von der kirchlichen Unfehlbarkeit, in diesem unmittelbaren Gegenstand der göttlichen Offenbarung mitinbegriffen sei. Diese Wirkung findet in allen Fällen statt, wo die Kirche eine nicht ausdrücklich und unmittelbar in dieser Fassung geoffenbarte Lehre dennoch für göttlich geoffenbart erklärt. Die kirchliche Erklärung bewirkt in diesen Fällen, um mit Billuart zu reden, gleichsam eine Ausdehnung und Ergänzung der göttlichen Offenbarung (Ecclesiae declaratio est locutionis et revelationis divinae quaedam extensio et complementum).

Durch diese Auffassung wird der früher bewiesene Lehrsaß, daß eine dogmatische Definition keine bloße Bezeugung des allgemein Geglaubten sei, in ein neues Licht gestellt; im Geiste derselben Auffassung, wozu sich auch Lugo bekennt 1, erklärt Suarez, eine kirchliche Lehrentscheidung habe für uns, wegen des ihr zugesicherten unfehlbaren Beistandes des hl. Geistes, die nämliche Wirksamkeit wie eine förmliche Offenbarung 2, und nach dem Urtheil des Melchior Canus gehört auch eine aus der Offenbarung bloß gefolgerte und nicht ausdrücklich darin enthaltene Wahrheit ebenso gut zum Glaubensinhalt, wie wenn sie unmittelbar durch Gott ge=

1 De fide disp. 1. sect. 13. §. 1. Nro. 272: Non nego enim, intercedere novam revelationem mediatam Dei, quae compleat motivum formale fidei.

2 De incarnat. p. 2. disp. 3. sect. 6. Nro. 4: Ecclesiae definitio vim habet cujusdam revelationis respectu nostri propter infallibilem Spiritus sancti assistentiam.

Schäzler Unfehlbarkeit.

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offenbart wäre 1. Mittelst einer kirchlichen Lehrentscheidung, sagt Suarez, bezeugt Gott selber die Wahrheit der durch die Kirche definirten Lehre, und sein Zeugniß hat das gleiche Gewicht, sei es nun, daß es Gott unmittelbar durch sich selbst oder mittelbar durch die Kirche ablege 2. Auch Lugo schreibt der kirchlichen Lehrentscheidung die Wirkung zu, daß eine in der göttlichen Offenbarung nicht ausdrücklich, sondern bloß implicite enthaltene Wahrheit von nun an (auf Grund der kirchlichen Erklärung darüber) zu ihrem ausdrücklichen Inhalt gehöre 3. Hiezu aber empfängt die Kirche keine neue Offenbarung, sondern wie Johannes a St. Thoma, der Sache auf den Grund gehend, bemerkbar macht, der hl. Geist läßt bloß auf den Inhalt der ein für alle Mal in sich abgeschlossenen Offenbarung ein neues Licht fallen, damit dadurch der Zusammenhang ihrer einzelnen Punkte deutlicher hervortrete und der Kirche klarer zum Bewußtsein komme; diese stüßt sich daher bei ihren Glaubensentscheidungen, auch wenn ihr Gegenstand nicht unmittelbar oder ausdrücklich in der Offenbarung enthalten ist, immer auf das Zeugniß des Hl. Geistes und nicht etwa auf die Ergebnisse der theologischen Wissenschaft, welche dazu bloß die nothwendigen Vorarbeiten liefert 4.

Bei dieser Auffassung der Sache sieht man deutlich ein, inwiefern die einer kirchlichen Lehrentscheidung schuldige Unter

1 De loc. theol. lib. XII. cap. 6.

2 De fide disp. 3. sect. 11. Nro. 11.

3 De fide disp. 1. sect. 13. §. 1. Nro. 274: Accedente Ecclesiae definitione incipit apparere explicite, quomodo hoc objectum non solum in causa, sed in se ipso et formaliter contineretur in revelatione praeterita.

4 Curs. theol. t. I. disp. 2. a. 4: Ecclesia non definit per discursum nec solum ex eo, quod sibi sic videtur ex vi sui discursus, sed quia sic visum est Spiritui s., qui illam veritatem primo dixit et postea manifestavit, sic ibi contineri, non per novam revelationem, sed per novam manifestationem revelationis antea factae, ad quod habet Ecclesia assistentiam infallibilem Spiritus s.

werfung auch dann, wenn ihr Gegenstand nicht selber unmittelbar und ausdrücklich geoffenbart ist, ein Act des Glaubens sei, ein Glaubensgehorsam (obsequium fidei). Dieses nämlich ist die Unterwerfung unter den Ausspruch der kirchlichen Lehrautorität aus dem Grunde, weil dabei die definirte Wahrheit um des göttlichen Zeugnisses willen angenommen wird, und die kirchliche Definition bewirkt gerade dieses, daß das göttliche Zeugniß darüber, welches bislang noch nicht allgemein anerkannt war, sich für das Bewußtsein Aller klar und deutlich herausstellt; oder wie Suarez sagt, die Kirche wendet dabei eine in der Offenbarung ausgesprochene allgemeine Wahrheit auf einen einzelnen Fall an, und eben darum kommt die kirchliche Definition einer in der Offenbarung nicht unmittelbar enthaltenen Lehre einer ausdrücklichen Offenbarung derselben gleich 1; die Offenbarung wird dadurch gewissermaßen ergänzt, und so vermag die Kirche, obschon sie niemals einen neuen Glauben predigt, sondern durch ihre Definitionen bloß den ursprünglichen Offenbarungsinhalt allmählich mehr entwickelt und deutlicher vorlegt, dennoch dadurch zu bewirken, daß etwas unmittelbar und ausdrücklich Gegenstand des Glaubens werde, was bisher auf diese Weise (explicite) noch nicht geglaubt wor= den ist 2.

Uebrigens wird die Unterwerfung, welche man einer kirchlichen Entscheidung über eine dogmatische Thatsache schuldet, auch von denen, welche nicht einräumen, daß die dogmatische Thatsache vermöge der kirchlichen Entscheidung wenigstens mittelbar zum Offenbarungsinhalt gehöre, als ein Glaubensgehorsam bezeichnet. Bei dieser Zustimmung,

1 De fide disp. 2. sect. 6. Nro. 18: Ecclesiae definitio propter assistentiam Spiritus s. vim habet revelationis seu infallibiliter applicat revelationem universalem ad particulare objectum.

2 Ibid. disp. 3. sect. 11. Nro. 11: Aequivalet revelationi vel consummat illam ut sic dicam.

welche man eine fides ecclesiastica nennt, unterwirft sich der Gläubige der kirchlichen Entscheidung nicht wie bei der fides divina unmittelbar auf das göttliche Zeugniß hin, sondern um der Autorität der Kirche willen, welcher der Beistand des Hl. Geistes zugesichert ist.

§. 5. Die Unfehlbarkeit der Kirche in Sachen der Moral.

Daß der Papst in Sachen der Moral unfehlbar sei, folgt mit innerer Nothwendigkeit aus seiner Unfehlbarkeit in Glaubenssachen. Die Lehren der Moral, worüber der Papst in die Lage kommen kann, eine die ganze Kirche verpflichtende Entscheidung zu erlassen, sind entweder selber Glaubenspunkte oder sie hängen wenigstens mit dem Glaubensinhalt so innig zusammen, daß durch eine irrthümliche kirchliche Entscheidung darüber die Reinheit des Glaubens gefährdet würde.

Ein Irrthum des Papstes in einer lehramtlichen Entscheidung über Punkte der Moral widerstreitet der Heiligkeit der Kirche; denn die Kirche würde dadurch der Gefahr ausgesetzt, etwas Sündhaftes für erlaubt zu halten. Die irrthumsfreie Erkenntniß der sittlichen Wahrheiten ist zum Seelenheil ebenso nothwendig wie die Bekanntschaft mit den Glaubenswahrheiten, und bekanntlich ist der Papst mit der Gabe der Unfehlbarkeit gerade zu dem Zwecke ausgerüstet, damit er ein rechter Hirte und Lehrer aller Christen sei, sie über Alles, was zum Seelenheil nothwendig ist, ohne Frrthum unterweisend. Gehört also zu diesem Hirten- und Lehramt des Papstes unzweifelhaft die Auslegung des Sittengesetzes; so erstreckt sich auch darauf die päpstliche Unfehlbarkeit.

Dennoch bildet nicht jede päpstliche Entscheidung noth= wendig immer einen Glaubenssaz. Wurde doch weiter oben der Beweis dafür erbracht, daß die kirchliche Unfehlbarkeit weiter reicht, als das Gebiet der im engern Sinn so ge

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