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erlangt hatte, wurden die bisherigen Oberappellationsgerichte aufgehoben und ein aus vier Senaten bestehendes Collegium gebildet, dessen vierter Senat aber im Jahre 1782 als eigenes Geheimes Obertribunal abgesondert 732). Die Competenz desselben war anfangs eine durch das Object, die summa revisibilis u. s. w. beschränkte, wurde aber spåter erweitert, um eine einheitliche Praxis zu vermitteln. Nach der Ver: ordnung vom 14. December 1833 §. 26 ist dem Geheimen Ober: tribunal die Entscheidung in der Revisionsinstanz und über die Nichtig: keitsbeschwerde ausschließlich beigelegt 733), auch wurde dasselbe durch das Geseß über das Verfahren in den bei dem Kammergerichte und dem Criminalgerichte zu Berlin zu führenden Untersuchungen vom 17. Juli 1846 §. 87 fly. das Revisionsgericht in Criminalsachen 734). Nach der gegenwärtigen Einrichtung ist das Obertribunal 735) die alleinige dritte und legte Instanz für die oben bezeichneten Landestheile. Hiernach erkennt das Obertribunal in Civil- und Straffachen auf das Rechtsmittel der Revision und Nichtigkeitsbeschwerde, auf Beschwerden über gerichtliche Verfügungen in processualischen Angelegenheiten in Civil: und Straffachen in lehter Instanz 736); es bestimmt das competente Gericht im Falle des Streites unter mehreren Appellationsgerichten oder mehreren Kreis- und Stadtgerichten in verschiedenen Appellationsgerichtsdistricten, desgleichen wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand für mehrere Beklagte zu bestellen ist oder im Falle der Perhorrescenz ein anderes Appellationsgericht eintritt 737).

Das Obertribunal ist das competente Disciplinargericht für seine eigenen Mitglieder, die Präsidenten und Directoren der Appellationsgerichte, für den Präsidenten des Revisionscollegiums für Landescultur: fachen, die Mitglieder des Generalauditoriats, auch zweite und lehte Instanz in Disciplinarsachen wider richterliche Beamte bei der Berufung gegen Urtheile des Appellationsgerichtes, sowie wider Mitglieder der Generalcommiffionen und landwirthschaftlichen Regierungsabtheilungen

732) S. Starke a. a. D. Bd. I, S. 145 flg.

733) Geseßsammlung S. 302. Verb. Cabinetsordre vom 29. August 1835 (Gefeßsammlung S. 197).

734) Gesebsammlung 283 flg.

735) Das Prädicat „Geheim“ ist nach der Verordnung vom 2. Januar 1849 §. 27 fortgefallen, in Folge des öffentlichen Verfahrens.

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736) Verordnung vom 2. Januar 1849 §. 35, worin zugleich bestimmt ist, daß in nicht processualischen Angelegenheiten nur das Appellationsgericht für die Kreis und Stadtgerichte alleinige Beschwerde-Instanz ist, solche Beschwerden welche die Disciplin, den Geschäftsbetrieb oder Verzögerungen betreffen (Verordnung vom 21. Juli 1846 §. 37, Geseksammlung S. 301) schließlich durch den Justizminister zu erledigen sind. Verb. Gesetz vom 26. April 1851 Art. XIII (Gefeßsammlung S. 186), Verordnung vom 3. Mai 1852 Art. XI—XVII (Geseß= sammlung S. 209).

737) Gesez vom 26. April 1851 Art. V (Geseßsammlung S. 183), vom 7. Mai 1851 §. 21 (daselbst S. 218).

gegen Urtheile des Revisionscollegiums, und wider Auditeure gegen Urtheile des Generalauditoriats 738), ferner auf Berufungen gegen Entscheidungen des Ehrenrathes der Rechtsanwalte und Notare 739). Vermöge besonderer Verträge ist das Obertribunal zum obersten Gerichtshofe für einige auswärtige Staaten angenommen, nåmlich für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont in Strafsachen (Vertrag vom 1. Februar 1851)740), für das Herzogthum Anhalt-Bernburg in Straffachen und Disciplinarsachen der Richter (Vertrag vom 22. Februar 1851)741).

Das Obertribunal zerfällt in fünf Senate, welche in wichtigeren Angelegenheiten das Plenum bilden. Vor dasselbe gehören alle Sachen, die für das ganze Collegium ein Interesse haben, insbesondre alle die Legislation betreffenden Gegenstände; die Fälle, in welchen die Majorität eines Senates beschließt, bisher befolgte Rechtsgrundsäge, Auslegungen oder Anwendungen geseßlicher Bestimmungen zu verlassen, worüber dann eine Entscheidung sowohl in der Sache, als hinsichtlich des Principes ergeht 742); Disciplinaruntersuchungen gegen richterliche Beamte. Den Vorsig im Plenum und in einem der Senate hat der erste Präsident 743). Jeder Senat hat seinen Präses und eine erforderliche Zahl von Obertribunalråthen, deren wenigstens fieben zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung, mit Einschluß des Vorsigenden, nothwendig sind 744). Vor den ersten Senat gehören die Streitigkeiten über das Personen-, Staats-, Kirchen-, Erbrecht, Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen und die Civilsachen der hohenzollern'schen Fürstenthümer; der zweite und dritte Senat erkennt über Sachenrecht, der vierte Obligationenrecht, der fünfte Strafrecht.

Als dritte Instanz für die Rheinprovinz (s. weiterhin), aber auch zugleich für den Justizsenat in Ehrenbreitstein erkennt der rheinische Revisions- und Cassations hof. Im Verhältnisse zum Justizsenate nimmt derselbe eine ganz gleiche Stellung wie das Obertribunal ein 745).

738) Gesek vom 7. Mai 1851 §. 18, 36 flg., 65 flg.

739) Geseź vom 21. Juli 1852 §. 74 (Geseßsammlung S. 481).

740) Gesegsammlung S. 18.

741) Gefeßsammlung S. 25.

742) S. Verordnung vom 1. August 1836 (Geseßsammlung S. 218), Verz ordnung vom 21. Juli 1846 §. 25 (Geseßsammlung S. 297). Vgl. die Präju dicien des Geheimen Obertribunals, seit ihrer Einführung im Jahre 1832 bis zum Schluffe des Jahres 1848, Berlin 1849 8. Erläuterungen des preußischen Rechtes. Eine Zusammenstellung von Staats- und Plenarbeschlüssen des Geh. Obertribunals, nach Ordnung der Gesezbücher, Leipzig 1848 8.

743) Ueber seine Stellung s. m. Aug. Gerichtsordnung Th. III, Tit. II. Verordnung vom 7. Februar 1817 §. 1, 2 (Gefeßsammlung S. 61). Geset vom 7. Mai 1851 §. 13, 66, 71 (Geseßsammlung S. 220, 232, 233).

744) Verordnung vom 21. Juli 1846 §. 24 (Gesetsammlung S. 297) Verordnung vom 3. Januar 1849 §. 145 (Geseßsammlung S. 40). 745) S. die Citate Unm. 735 flg. Vgl. unten.

Die Verfassungsurkunde vom 5. December 1848 Art. 91 sowie die revidirte Verf. Art. 92 bestimmt: es soll in Preußen nur Ein oberster Gerichtshof bestehen; dazu fügt die Verfassungsurkunde in Art. 116 die Festsehung die noch bestehenden beiden obersten Gerichtshöfe sollen zu einem einzigen vereinigt werden. Das Gesez vom 17. März 1852746), betreffend die Vereinigung der beiden obersten Gerichtshöfe, hat bereits die nöthigen Bestimmungen getroffen, deren Ausführung vorbereitet wird. In den Competenzverhältnissen wird eine Veränderung dadurch nicht herbeigeführt.

2) Die Gerichtsverfaffung in der Rhein pro v in z 747).

Die westrheinische Gerichtsverfassung unterscheidet sich von der der übrigen Provinzen durch eine strengere Scheidung der administrativen und rechtsprechenden Justiz und eine abweichende Organisation der Be hörden.

a) Die Friedensgerichte.

Die Friedensgerichte bestehen aus einem einzelnen Richter (Friedensrichter) und Gerichtsschreiber und erkennen in Civilsachen über alle blos persönliche und Mobiliarklagen, ohne Appellation, bis zum Werthe von 20, und mit Vorbehalt der Appellation bis zum Werthe von 100 Thirn; ferner, ohne Appellation bis zum Werthe von 20 Thlen., und mit Vorbehalt der Appellation ohne Beschränkung des Werthes, über schleunig an Ort und Stelle zu erledigende Sachen, insbesondre über Klagen wegen Schäden an Feldern u. s. w., Grenzverrückungen, Ausbesserungen der Häuser und Pachthöfe, Entschädigungen der Pächter und Miether, Verhältnisse der Herrschaft und des Gefindes, Verbalinjurien, Thatlichkeiten, wegen deren die Parteien keine Criminalklage erhoben haben u. a. m. 748). Uls Vergleichsbehörden haben die Friedensgerichte in den ihre Competenz übersteigenden Sachen die Sühne zu versuchen; auch fungiren sie bei einigen nicht streitigen Angelegenheiten, besonders solchen, welche Familienverhältnisse betreffen, wie Emancipationen, Adoptionen, Vormundschaften u. a. Unter ihrer Mitwirkung erfolgen manche Executionen. In Strafsachen entscheiden sie als Po= lizeigerichte über Frevel (Uebertretungen) 749). Zur Vertretung des

746) Geschsammlung S. 73.

747) Starke a. a. O. Bd. I, S. 200 flg.

Verord

748) Gesek vom 16.-24. August 1790 Tit. III. Art. 9, 10 nung vom 7. Juni 1821, 1. August 1822, 12. Januar 1825 (Lottner's Sammlung Bd. II, Nr. 419, 500, 674). Gesch vom 11. Mai 1843 (Geseßsammlung S. 181).

749) Art. XIV, XV des Einführungsgesehes zum Strafgeseßbuch vom 14. April 1851 u. §. 1 des Strafgesegbuches (Geseßsammlung S. 97, 101). Gesch vom 2. Juni 1852 §. 24 (Gesegsammlung S. 310) u. a.

Friedensrichters werden in jedem Bezirke ein oder zwei ErgänzungsFriedensrichter bestellt aus den am meisten dazu qualificirten Einwohnern, jedoch mit beschränkten Befugnissen 750).

b) Die Landgerichte.

Aus den im Jahre 1800 angeordneten Tribunalen der Gemeindebezirke sind die Landgerichte hervorgegangen, deren es neun giebt. Jedes Landgericht zerfällt in mehrere Abtheilungen (Kammern), nach dem Umfange der Geschäfte 751). An der Spiße des ganzen Gerichtes steht des Landgerichtspräsident, unter dessen Vorsig Generalversammlungen des Plenums gehalten werden, in welchen die Dienstordnung und Dienstverwaltung Gegenstand der Berathung bildet.

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Außerdem hat jede Kammer ihren besonderen Pråsidenten (Ka mmerpräsident) der Landgerichtspräsident ist der Vorsitzende der ersten Kammer —–—– und wenigstens zwei, für die Appellation in Zuchtpolizeisachen vier Beisiger (Landgerichtsråthe und -- Assessoren). Das Landgericht bildet für die Civilsachen, welche in erster Instanz vom Friedensgerichte beurtheilt sind, die Appellationsinstanz, insofern sie nicht an besondere Behörden gewiesen sind; auch sind ihm einige. nicht streitige Angelegenheiten übertragen, wie die Berichtigung der Personenstandsregister,-Abwesenheitserklärungen, Bestellungen und Curatoren für vacante Nachlassenschaften u. a. m. In Straffachen fungiren beim Landgerichte Untersuchungsrichter zur Voruntersuchung, die Rathskammer, welche darüber Beschluß faßt, die Zuchtpolizeikammer (correctionelles Gericht), als zweite Instanz für Frevel, als erste Instanz für Vergehen, worauf die Berufung an die Zuchtpolizei-Appellationskammer des Landgerichtes geht. Ueber Verbrechen urtheilen beim Landgerichte die Schwurgerichte (Assisen). Das Landgericht ist auch Disciplinargericht erster Instanz für die Notare, Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher seines Sprengels, sowie für die Advocaten und Anwalte, wenn deren Zahl zur Bildung eines eigenen Disciplinarrathes nicht hinreicht 752).

c) Der Appellationsgerichtshof in Cöln.

Der Appellationsgerichtshof in Cöln 753) besteht aus vier Senaten, welche unter dem Vorsige des ersten Präsiden:

750) Gesek vom 20. März 1801 (29. Vent. an. IX), 18. Mai 1802 (18. Floreal an. X), 7. Mai 1804 (16. Vent. an. XII). Ministerialrescript vom 15. November 1822 (Lottner a. a. O. Bò. II, Nr. 518).

751) Verordnung vom 18. Februar 1842 und 6. April 1846, in der Geseßsammlung für 1842 S. 86, für 1846 S. 156.

752) Verordnung vom 25. April 1822. Cabinetsordre vom 21. Juli 1826. Verordnung vom 7. Juni 1844 §. 13 (Geseßsammlung S. 178). Geseß vom 21. Juli 1852 §. 65, 67 (Geseßsammlung S. 479).

753) Cabinetsordre vom 19. November 1818. 1819 (Lottner, Sammlung Bd. I, Nr. 320).

Verordnung vom 21. Juni

ten über wichtige Gegenstände Plenarversammlungen halten. Jeder | Senat hålt unter der Leitung eines Senatspräsidenten besondere Versammlungen. An der Spitze des ersten Senates steht der erste Präsident. In wichtigen Fällen, namentlich Personenstandesfragen, Syndikatsklagen u. a. vereint sich der erste Senat mit einem anderen zu einer sogenannten feierlichen Sißung. Die drei Civilsenate bilden die zweite Instanz für die Landgerichte, Handelsgerichte, Rheinzollgerichte und das Universitätsgericht in Bonn, der vierte, Anklage: senat erkennt über die Beschlüsse der Rathskammern oder Landgerichte und bildet zugleich die zweite Instanz für die Rathskammern, rücksichtlich der gegen dieselben erhobenen Einsprüche. Der Uppellationsgerichtshof ist auch Disciplinargericht in erster Instanz über seine eigenen Mitglieder, mit Ausnahme der Präsidenten, und der Richter seines Sprengels, sowie in zweiter Instanz über die Erkenntnisse in Displinarfachen seitens der Landgerichte und des Disciplinarrathes der Advocaten. d) Der Revisions- und Cassationshof für die Rheinprovinz

in Berlin.

Nach der Occupation der Rheinlande wurde im Jahre 1814 statt des Pariser Cassationshofes ein Cassationshof in Düsseldorf und ein Revisionshof in Coblenz eingerichtet, beide wurden jedoch durch den am 21. Juni 1819 angeordneten Revisions- und Cassationshof in Berlin erfeht. Derselbe besteht aus einem Präsidenten und acht Geheimen Oberrevisionsråthen, von denen sechs nebst dem Präsidenten ju einer Entscheidung erforderlich find. Der Revisions- und Cassationshof erkennt über alle Cassationsgesuche, wodurch in lezter Instanz gesprochene Civil- und Straferkenntnisse wegen unrichtiger Anwendung des Gefeßes oder wegen Verlegung wesentlicher Formen des Verfahrens angefochten werden, es sei dies im Interesse der Parteien oder des Gesezes. Außer: dem entscheidet diese Behörde über Revisionsgesuche, über Competenz: conflicte zwischen Gerichten, welche einander nicht untergeordnet sind; fie hat ferner die Bestimmung wegen Verweisung einer Untersuchung an ein anderes als das ordentliche Gericht, die Entscheidung über die Anstellung von Syndikatsklagen gegen den Appellationsgerichtshof, einzelne Senate deffelben, wie gegen einen Assisenhof u. a.; auch bildet sie das Disciplinargericht in erster und einziger Instanz über ihre eigenen Mitglieder, den Präsidenten des Appellationsgerichtshofes zu Côln und den Director des Justizsenates in Ehrenbreitstein.

Durch die bevorstehende Vereinigung des Revisions- und Cassationshofes mit dem Obertribunal (f. Anm. 746) wird jener die Be deutung eines besonderen (rheinischen) Senates des lehteren erhalten, aus einem Präsidenten und Vice-Präsidenten und acht Obertribunal: råthen bestehen und in den Eivil- und Disciplinarsachen gegen nicht richterliche Justizbeamte aus dem Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Côln die Gerichtsbarkeit üben, welche das rheinische Recht dem

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