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gegenwärtigen Rathlosigkeit stüßen könnte. Bei der ganzen großartigen Feier ist, troßdem manchmal die Vorbereitungen zu wünschen übrig ließen, nie ein Exceß vorgekommen. Die Kaisertreue ist überall in der rührendsten Weise zum Ausdruc gekommen, und das treue Volk empfand nur darüber Schmerz, daß der Kaiser selbst weder im Juni noch im September Zeit finden konnte, persönlich in Tirol zu erscheinen. Gelegentlich der Feier in Bozen hatte ein Freimaurer sich das Wort entschlüpfen lassen: Der 1. Juni in Bozen hat uns gezeigt, daß wir 100 Jahre in Tirol umsonst gearbeitet haben“. Diese Worte bestätigen, was der Fürstbischof Gasser mit weitsehendem Blicke auf den kommenden Nationalitätenkampf und auf den Kampf der Confessionen und auf den Krieg des Proletariats vor 50 Jahren gesagt hat: „So deuten wir uns die gegen= wärtige Weltlage und es bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersegung, daß die Kirche bei dem bevorstehenden Kampfe im Vordertreffen stehen müsse. Denn nur sie kann die Wunden heilen, an denen die Kämpfenden ohne ihre Pflege verbluten müssen, und nur sie allein besißt das große Wort der Versöhnung, das uns einst, wenn es einmal in die offenen Gemüther der Völker dringt, den verlorenen Weltfrieden wiederbringen kann!"

Aus dem zukünftigen „Einst" in Gaffers ernstem Munde ist nun ein Jeßt" geworden. Sollte es daher nicht ein Trost sein für jene, die diesem friedelosen Jezt mit seinen Wirren Frieden zu verschaffen haben, wenn es am Schlusse dieses Gedenkbuches über die Herz-Jefufeier in Tirol heißt: „Darum kann es nicht Verwunderung erregen, wenn man in jener Bewegung (gegen Rom und Desterreich) auch kein Verständniß zeigt für den edlen Patriotismus des Tiroler Volkes und offen die nationale Idee oder die Nationalität vor die Liebe zum Vaterland und Herrscherhaus stellt. Wahrlich wir wüßten keinen größeren Gegensatz als zwischen jener neuen Bewegung, jenem großen entfachten Kampfe und der herrlichen Schilderung des Patriotismus (in Seeber's Spinges"):

schwing' dich auf, du rother Aar Tirols!

Zum Donaustrande lenke deinen Flug,
Zur hohen Fürstenburg, und sag' dem Kaiser:

Dich liebt Tirol; es hat für Dich geblutet."

Verhehlen wir uns auch nicht, daß jener Kampf der Nationalitäten zur Zertrümmerung Desterreichs führen muß, wenn die Leidenschaften nicht gezügelt werden. Wird ja dies auch schon als Ziel des Kampfes ausgegeben! Darf uns dieser Kampferschrecken? Nein, das Volk braucht nicht zu zittern, das seine Kraft und seinen Heldenmuth bewährt hat, daß man bewundernd sagen konnte:

„So viel vermag und Größeres ein Volk,

Das fest zu Gott und seinem Glauben steht“.

Möchten doch diese Worte in der hohen Fürstenburg am Donaustrande und im österreichischen Ministerrathe beherzigt werden! Die in diesem Gedenkbuche mitgetheilten Reden wiederholen in verschiedener Form diesen ernsten Gedanken; sie wett= eifern mit einander nur in edler und inniger Sprache. Alle Gutgesinnten aber in Oesterreich sollten die eminente Bedeutung dieses Tiroler Buches für die Gegenwart beherzigen. Fiat!

LXXXIV.

Zeitläufe.

Ueber die innere Lage Spaniens vor dem Kriege.

Den 12. Juni 1898.

Seit Jahren konnte man Umgang nehmen, sich mit der Lage Spaniens näher zu beschäftigen. Zu den schwebenden Weltfragen zählte dieses leyte Ueberbleibsel des europäischen Mittelalters längst nicht mehr. Insoferne war es, um mit Lord Salisbury zu reden, keine „lebendige Nation" mehr. Als am 25. November 1885 der König Alfons an der Schwindsucht starb, und seine jugendliche Gemahlin aus dem österreichischen Hause als Regentin für ihr Söhnlein hinterließ, fragte es sich nur, ob die bedauernswerthe, aber im Gegensaz

zu ihren Vorgängerinen im Frauen-Königthum hochachtungswerthe, Dame in der entschlichen Wirrniß der Parteien nicht der republikanischen Strömung werde weichen müssen. Jeht, in dem frevelhaften Kriege Nordamerika's und im Falle seines Sicges, würde Spanien vorübergehend zum lezten Male eine Weltfrage bedeuten, und vielleicht auch die Royalisten, die Vertreter der legitimen Monarchie, die der Weiberknecht Ferdinand VII. († im Jahre 1833) untergraben hat, zum Entscheidungskampfe gegen die Republikaner aufrufen.

Als vier Jahre nach dem Einzug des jungen Königs Alfons die Aufregung wieder in Siedhize gerathen war, schrieben diese Blätter: „Jeder Blick auf das spanische Elend ruft die Frage wach: wie fonnte ein so herrliches Land und so vornehm begabtes Volk aus einer Vergangenheit, deren Glanz kaum seines Gleichen in der Christenheit hat, so tief und so hülflos herunterkommen? Und die Antwort aller Gegner des katholischen Glaubens lautet furzweg: seht da die Folgen und Früchte des Katholicismus in Spanien was ist aus dieser katholischen Nation geworden?" 1) Be kanntlich war im Jahre 1871 nach der Entfernung der Königin Isabella, der Tochter des an dem Grundgesez der Dynastie rechtsbrüchigen Ferdinand VII., und nach kurzer Dauer einer spanischen Republik der savoyische Prinz Amadeo zum König von Spanien gewählt worden. Als er nach zwei Jahren diesem Glück den Rücken kehrte, da äußerte er sich über den Grund seines Rückzugs: die spanischen Parteien seien noch mehr als selbst in seiner italienischen Heimath zu zwei sich wildfremden Völkerschaften geworden. „Partcien

1) Histor.-politische Blätter: „Die ersten Siege der Freis maurerei in Spanien; zeitgemäße Lehren aus der Geschichte dieses Landes“. „Zeitläufe“. 1881. Band 87. S. 783 f. über die Schrift des Herrn Professors Dr. Heinrich Brück: „Die geheimen Gesellschaften in Spanien und ihre Stellung zu Kirche und Staat vor ihrem Eindringen in das Königreich bis zum Tode Ferdinands VII." Mainz, Kirchheim. 1881.

gibt es auch in Italien; aber wir haben doch hier einen Altar und einen Cultus, der uns zu vereinigen weiß, und der es verhindert, daß die Kämpfe um Parteiinteressen sich in brudermörderische Kämpfe verwandeln; ganz anderer Art sind die spanischen Fraktionen".1)

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Inzwischen sind allerdings die Verhältnisse zwischen Italien und Spanien sich ähnlicher geworden, und sind auch dort in dem Vierteljahrhundert die Parteien zu zwei sich wildfremden Völkerschaften“ geworden. Was mag der Herzog Amadeo jezt zu den Berichten über die Aufstände von Mailand bis Neapel sich denken? Nebenbei gesagt dauern die sogenannten Brod-Aufstände hier wie dort seit längerer Zeit fort, ähnlich wie ein Ei dem andern. Schon vor bald fünfzig Jahren berichtete ein bekannter deutscher Reisender in Spanien: er habe eine arme, arbeitsuchende Familie aus Valencia, dem herrlichen Königreich, getroffen und der arme Vater der Familie habe zu ihm gesprochen: Wohl ist's ein gesegnetes Land, Caballero, um so trauriger, in einem so schönen Lande verhungern zu müssen'. Das Königreich Valencia fann nämlich trog seines herrlichen Klima's, seines vortrefflichen Anbaues und des unermüdlichen Fleißes seiner Landleute, welche selbst die dürrsten Felsen, wenn ihnen Wasser zu Gebote steht, der Cultur zugänglich zu machen wissen, seine Bewohner nicht ernähren, theils wegen der verhältnißmäßig zu großen Bevölkerung, theils weil fast überall der Grund und Boden in den Händen Weniger ist (Latifundien)".2) So nunmehr auch in Italien.

Hatte der italienische Prinz wohl an den Jubel des französischen Jakobiners Jullian gedacht, der die spanischen Cortes von 1812 belobte, daß durch sie Spanien das „Bild von zwei Nationen darbiete, deren Eine ohne Wissen

1) Aus Italien s. Berliner „Germania“ vom 14. Juli. 1874. 2) M. Willkomm: Wanderungen durch die nordöstlichen und centralen Provinzen Spaniens". Leipzig, 1852. II, 145.

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der andern ein neues Loos vorbereite". Das war der Kampf des unverfälschten Volkscharakters im katholischen Glauben gegen die neue Nation, die vor Allem den Ruin der kathol ischen Kirche als ihre Lebensfrage betrieb. Die alte Nation hatte in heldenmüthigem Kampfe der französischen Invasion ein Ende gemacht, die neue ließ sich durch französische, englische und nordamerikanische Emissäre, voran die Judenlogen, ihren Geist einblasen. Es war die Freimaurerei, die sich in ihren verschiedenen Schattirungen „Liberalismus“ nannte. Schon nach zehn Jahren beschlossen die Cortes von Cadig das erste kirchenfeindliche Gesetz. Selbst der schwachköpfige Ferdinand erschrack vor dem neuen Geist; er versuchte es mit einem Verbot der Freimaurerei, mußte sich aber bald wieder zurückziehen. Damals zählte die Freimaurer-Gesellschaft schon über 40,000 Mitglieder. Sie verbreitete sich durch eigene Militärlogen" durch alle Regimenter Spaniens. Nach dem erzwungenen Rücktritt der Königin Isabella war sie allein gebietend. Was jezt daselbst sich als Republik aufspielt, stüßt sich auf die Einigung von 102 Logen für den Marschall Serrano".1)

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Als unter derselben provisorischen Regierung die Bahn zur freien religiösen Propaganda eröffnet wurde, äußerten die Londoner Times" das Bedenken: ob wohl Spanien im Stande seyn werde, nach so langer Dunkelheit so grelles Licht zu ertragen? Ueber dieses Licht äußerte sich ein unbefangener Berichterstatter: „Allerdings sind in Madrid und den übrigen Städten die Heiligenbilder an den Straßenecken, von welchen düstere Dellampen bei Nacht ein trübes Licht ausstrahlten, in raschem Verschwinden begriffen, und das Sakrament mit der gewöhnlichen Begleitung von Lichtern und Schelle zeigt sich seltener und seltener auf offener Straße; allein es fragt sich doch, ob die Spanier geneigt sind, den

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1) Nähere Angaben . Spaniens Logen und Juden" in dem „Märkischen Kirchenblatt" von 28. November 1874.

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