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prüfen der Citate und durch seine Zusammenstellungen manche Fehler seiner Vorgänger verbessert, zeigt sich aber nicht selten unfähig, die ihm vorliegenden Urkunden richtig zu erklären. In dem Text und in den Anmerkungen finden sich häufige Widersprüche. 3. B., in den Anmerkungen werden fleischliche Vergehen Marias als sicher angenommen, im Text (S. 128) heißt es, die Vertraulichkeit Marias mit Riccio gab Darnley vielleicht Anlaß zur Eifersucht. Darnley und sein Vater Lennox trugen sich mit dem Plan, Maria zu entthronen; Darnley benahm sich feig und anmaßend und überwarf sich mit den Räthen der Krone, und doch wird Maria getadelt, weil sie Darnley nicht entgegenkam und sich in scharfen Ausdrücken gegen ihn erging.

Ueber das Verhältniß der Königin zu Bothwell hat Fl. neues Material beigebracht, aber die Streitfrage keineswegs gelöst. Maria glaubte, das läßt sich kaum bestreiten, in dem energischen und furchtlosen Bothwell den Mann gefunden zu haben, dessen sie gegenüber den unruhigen und unzuverlässigen Großen bedurfte, und nach dem tragischen Tod Darnley's meinte sie seiner am allerwenigsten entbehren zu können. Auch nach Allem, was Fl. gegen die Königin vorgebracht hat, läßt sich diese Ansicht vertheidigen, und es ist durchaus nicht nöthig. eine blinde Leidenschaft anzunehmen, die Maria die Warnungen ihrer Freunde mißachten ließ. Das muß jedoch zugegeben werden, daß der Presbyterianer John Craig und die meisten katholischen Lords und Bischöfe, welche gegen die Ehe mit Bothwell waren, weit correkter gehandelt haben als Lesley, Bischof von Roß, und Erzbischof Hamilton, die die Ehe guthießen und als Zeugen beim Ehecontrakt fungirten. Die Nachrichten von Zeitgenossen über das Verhalten Marias zu Bothwell find voll von Widersprüchen. Nach einigen vergoß Maria beständig Thränen, beklagte ihr Schicksal und mußte sich allerlei Unbilden gefallen lassen; nach anderen wollte sie von Bothwell sich nicht trennen und schrieb noch von Edinburgh aus einen zärtlichen Brief an denselben, nachdem Bothwell sie verlassen hatte. Fl. entscheidet sich das eine Mal für die eine, das andere Mal für die andere Meinung, je nachdem ihm dadurch die Gelegenheit geboten wird, Maria anzugreifen. Für

das Betragen des schottischen Adels, die Roheit eines Nuthven, eines Lindsay, Murrah hat er kein Wort des Tadels. Akte der Loyalität und Aufopferung seitens der Anhänger Marias werden auf die allerschlimmsten Beweggründe zurückgeführt; weil Fl. fürchtet, seine Leser möchten einer Frau, die solches Mitleid und solche Begeisterung in anderen wecken kann, irgend welche gute Eigenschaft zuschreiben. Ihre Anhänglichkeit an den katholischen Glauben wird sogar bezweifelt, obgleich sie 1566, als sie sich dem Tode nahe glaubte, also äußerte: „O barmherziger Schöpfer, ich bekenne, daß ich die mir verliehenen Gaben nicht in der Weise, wie es sich gebührte, zu deiner Ehre und deiner Glorie gebraucht und dem Volke, über das ich gesetzt worden bin, nicht immer mit dem guten Beispiele vorangeleuchtet habe; vielmehr in Folge meiner natürlichen Schwäche mich hinreißen ließ und öfters deine göttliche Güte beleidigt habe; aber ich bin nie vom Glauben abgewichen und habe in dem katholischen Glauben, in dem ich erzogen wurde, beständig verharrt“ (S. 265). Hätte die schottische Königin freiwillig und mit Vorbedacht die Ermordung Darnley's gewünscht, um Bothwell zu heirathen, dann hätte sie (Klugheit und Umsicht hat ihr ja niemand abgesprochen) einen Plan entworfen, der sie nicht bloßgestellt hätte. Auch Bothwell würde faum so unbesonnen sich benommen haben, wenn er der Beistimmung Marias sicher gewesen wäre. Warum sollte Maria eine Aussöhnung mit Darnley gesucht haben, da sie auch ohne das ihn hätte aus dem Wege schaffen können Fl. hat trotz aller seiner Bemühungen die schottischen Prediger und den schottischen Adel nicht reinzuwaschen vermocht; Adel und Prediger haben sich der allerschlechtesten Mittel bedient, um ihre Königin ihres Thrones und ihres guten Rufes zu berauben; in ganz Schottland hat sich nicht eine Hand erhoben, um die Königin gegen einen Unhold wie Bothwell zu beschüßen. A. Zimmermann S. J.

LXXIX.

Zur Philosophie des Schöneu.

Joseph Müller, der durch seine Bücher über Jean Paul sich bereits als geistreicher Aesthetiker erwiesen, hat nun auch mit einer gediegenen „Philosophie des Schönen“1) die katholische Literatur bereichert. Es ist ein inhaltschweres Buch, in blendender Diktion geschrieben. Der Verfasser hat eine Menge prächtiger Gedanken in sein Werk gelegt. Dabei ist er Meister des Stils; die Klarheit des Denkens wird bei ihm von selbst zur Schönheit der Form.

Wir haben zwar keinen Mangel an Aesthetiken. Der Verfasser deutet selber in seiner Vorrede an, daß er es sich wohl überlegt habe, wenn er nach Vischer, Deutinger, Köstlin, Fechner, v. Hartmann, Kirchmann eine neue Aesthetik unternommen habe. Wenn man diese zum Theil pantheistisch und atheistisch schillernden Werke gelesen hat, so berührt der gut christliche Standpunkt Müllers wohlthuend. Wie die meisten Aesthetiker faßt auch Müller das Schöne als eine Verbindung von Form und Inhalt und variirt immer wieder den Gedanken, daß Idee und Form zusammengehört. Er legt dabei Nachdruck auf die Form, wie schon die Definitionen zeigen, die er als Kapitelüberschriften wählt: das Schöne ist 1. Form, 2. wahre Form, 3. wahrheitsgerechte Darstellung einer Idee. Welchen Nachdruck M. auf die Form legt, beweist der Ausdruck: „die Darstellung ist so gut wie alles" (S. 83). Damit stimmt freilich nicht der Say S. 123: der Gedanke ist's, der in der Aesthetik alles macht“. Diese Nichtübereinstimmung ist freilich nur eine scheinbare und erklärt sich aus dem jeweiligen Gegen= sag gegen eine bloße Gehaltsästhetik und eine bloße Formästhetif.

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1) Erschienen bei Kirchheim in Mainz, 1897. (5 M.)

Idee und Form gehören also auch nach M. zusammen, nur hätte die Idee weiter entwickelt und gesagt werden sollen, was man unter ihr verstehe1).

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In dem Kapitel, das vom Schönen als wahrer Form handelt, geht M. mit Uhde scharf in's Gericht. Er bringt nicht ohne Grund die Verirrungen in der Kunst mit Verirrungen in der Wissenschaft (Strauß) und Literatur (Zola) in Beziehung. In diesem Zusammenhang wird auch Jbsen, der nordische Sonderling, wegen seiner abnormen theilweise unmöglichen Figuren" getadelt. Ebenso werden Bellamys sonderbare Phantastereien wie sein Buch „Dr. Heidenhoffs Kur" gebührend gegeißelt. Das macht Müllers Philosophie des Schönen interessant gegenüber den älteren Aesthetiken, daß er auf die modernen und modernsten Verhältnisse in seinem Buche eingeht.

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Als Kunstfehler in den Grundprincipien bezeichnet. Müller 1) die Fehler gegen die Wahrheit, 2) gegen die Bildhaftigkeit. Im Interesse der Wahrheit seien auch Nuditäten zu verwerfen. Die Nacktheit sei beim Menschen unnatürlich. Bildung, welche die Kleidung gewoben, sei auch Natur. Zudem sei die Kleidung Echo der Gestalt" und Selbstcharakteristik des Volksgenius. Die Griechen habe ein richtiger, feiner Sinn geleitet: Kinder, Jünglinge, Heroen, Ringer, wo die Körperlichkeit, das freie Spiel der Muskeln das Interessante sein sollte, haben sie nackt dargestellt auch die Aphrodite, sofern der sinnliche Liebreiz das Hauptmoment sei. Vom Standpunkt der Wahrheit aus allein kann man demnach die Nuditäten nicht verwerfen.2) In einer Aesthetik hat man die Berechtigung derselben vor allem von der Frage abhängig zu machen, ob bei Darstellungen des Nackten ein uninteressirtes Wohlgefallen möglich sei. P. Sorensen S. J. stellte in der wissenschaftlichen Beilage der Germania die Frage: Kann die Malerei den Körper nackend so darstellen, daß wir seine reine Schönheit genießen können ohne störenden Reiz niederer Lust?" und verneinte sie. Er schreibt mit Recht, die Frage würde sich anders lösen

1) Vgl. die Bemerkungen im 119. Band S. 383 dieser Blätter. 2) Vgl. die Ausführungen im Band 119, S. 386,

lassen, arbeiteten die Künstler nur für Aesthetiker und abgehärtete Männer. Man muß diese Frage offenbar individuell behandeln. Es kommt hier auf die subjektive Beschaffenheit des Beschauers an; aber auch auf das Kunstobjekt bezw. die Art der Darstellung kommt es an, ob der Künstler auf Sinnenkißel ausgegangen ist, etwa der Maler das Inkarnat in verführerische Beleuchtung gestellt hat, oder ob die Nacktheit feusch aufgefaßt, einem ernsten Inhalt oder einer anziehenden geistigen Idee untergeordnet ist. Da freilich die meisten Menschen und Galleriebesucher weder Aesthetiker noch überhaupt kühle Naturen sind, so bleibt die Darstellung von Nuditäten in der Hauptsache etwas Verwerfliches vom ethischen wie ästhetischen Standpunkt aus.

Im Kapitel über die subjektive Auffassung des Schönen hält M. die Bezeichnung „interesselose Auffassung“, in welche Kant und Schopenhauer den subjektiven Kunstgenuß seßten, für eine unglückliche. Es ist allerdings damit nur das negative Moment (Fernhalten des Interesses der niederen Sinne) ausgedrückt. Merkwürdigerweise bringt M. den Ausdruck „uninteressirtes Wohlgefallen" nirgends, der neben dem negativen Moment auch das positive wenigstens andeutet und der bei Aesthetikern und Kunstkritikern nicht mit Unrecht gebräuchlich ist. Sachlich stimmt M. mit diesen Aesthetikern überein, wie er den subjektiven Kunstgenuß in dem Hineindenken, dem Vertiefen in den dargestellten Vorgang, in der ungetrübten Hingabe des Sinnes und Geistes an denselben, in der Harmonisirung des Menschen findet.

Als mit der Fundamentalforderung der Wahrheit nicht im Widerspruch stehend wird das Wunderbare dargethan und ihm ein Plaz in der Kunst angewiesen.1) Tadelnd bemerkt M. mit Recht, daß sich in der Literatur eine Art wissen= schaftlicher Magie herangebildet habe. In Gerhard Hauptmanns Hannele" arte das Phantasiespiel in's Flache und Abgeschmackte aus.

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Zu den glänzendsten Partien des Buches gehört das, was Müller über das Verhältniß des Wahren und

1) Ueber diese Frage hat sich Emilie Ringseis in den Histor.-polit. Blättern Bd. 114, . 260 verbreitet. A. d. R.

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