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immer kommen, finden sie Gesinnungsgenossen, die ihnen Beifall klatschen, darunter auch k. und k. Beamte, Lehrer an Volks- und Mittelschulen. Kein Wunder! wird doch seit langem von nicht wenigen Professoren an staatlichen Hochschulen eine Gesinnung gezüchtet, die zu nichts anderem, als unpatriotischem Treiben führen kann. Hierin hat die Langmuth oder vielmehr die feige Nachsicht der höheren Behörden viel gesündigt. Heute sieht man das ein, aber es scheint fast zu spät zu sein. Draußen im Reich, besonders in Preußen wird man sich schwerlich eine Vorstellung von der Energielosigkeit und erbarmungswürdigen Gutmüthigkeit der Behörden gegenüber diesem Treiben machen können. Und so erzeugt die Straflosigkeit eine immer stärkere Dreistigkeit, und so führen die frechsten Patrone das große Wort und geriren sich als die Herren der Situation.

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Unter solchen Umständen können den österreichischen Patrioten die schon beginnenden Festlichkeiten zu Ehren unseres Kaisers nicht freudig stimmen. Die Heilo-Deutschen' von der Farbe Schönerers lehnen es ab, sich daran zu betheiligen; das ist wenigstens ehrlich. Die gleiche Ehrlichkeit wäre aber auch dem verschämten Anhange dieser Leute zu wünschen. Denn nichts widert übler an, als die Heuchelei einer Anhänglichkeit an die Dynastie, die man erträgt, weil und so lange man muß, für die man aber kein Gefühl der Verehrung und Trene übrig hat. So weit ist es gekommen. in den Ländern, die sich durch dynastischen Sinn überall Sympathien erworben haben, daß eine rührige und freche Partei ungescheut den Wunsch des Anfalls der deutschen Kronländer an das Deutsche Reich aussprechen darf, ohne vom Volke in einstimmigem Proteste zurückgewiesen und zum Verstummen gebracht zu werden. In dieser landesverrätherischen Gesinnung wird die Jugend erzogen und angeleitet, und wenn erst die Studenten, die in Strikes und Krawallen geübt sind, zu einer politischen Stellung gelangen werden, dann wird man ernten, was man in unbegreiflicher und verblen

deter Langmuth Jahrzehnte hindurch säen ließ; man wird wieder einmal vor einem,3 u spät' stehen.

Das ist keine Schwarzseherei, das sind Befürchtungen, die sich jedem ernst denkenden Politiker aufdrängen, wenn er die Vorgänge im Parlamente und im Lande betrachtet. Nicht die Badeni'sche Politik ist daran schuld; denn jene Gesinnungen und Bestrebungen waren längst vorhanden; vielleicht ist's sogar ein Glück, daß die heutigen Wirren die Anschonungen und die letzten Ziele dieser anti österreichischen Partei unverhüllt hervortreten ließen und der Regierung den ganzen Ernst der Gefahren zeigen, vor welchen das Reich und die Dynastie stehen.

Fast noch schlimmer als die Regierung wird von den Parteien, welche das Deutschthum' in Erbpacht haben wollen, die katholische Kirche behandelt Der Klerifal= ismus' wird als Hauptfeind behandelt. Das ist ein,Schlager', der seltsamer Weise in Desterreich noch immer verfängt, troz dem er bis zum Eckel wiedergekaut wurde und wird. Thatsächlich weiß Niemand zu definiren, was das eigentlich ist. Aber dem Volfe, das sich leider zum Theil noch nicht von den liberalen" Phrasen zu emancipiren verstanden hat, wird weiß Gott das Unmöglichste von schwarzen Plänen des Klerus vorgeredet, der in Wahrheit froh ist, wenn ihm die meist liberal" gesinnte Bureaukratie Luft und Licht zum Leben und Arbeiten läßt. Mit Hilfe der frechen jüdischen Presse denuncirt man den Klerus tagtäglich als Feind der Deutschen und droht mit Abfall des Volkes von der Kirche, falls der Klerus nicht die wahnwißige und unchristliche Politik der Heilobrüder unterstüßt. Daß der Klerus und die katholische Kirche niemals eine Politik fördern und dulden können, welche die elementarsten Lehren und Forderungen der christlichen Gerechtigkeit und Liebe verleugnet, daran denken selbst die gescheuteren Köpfe unter jenen Fanatikern nicht. Darum ergeht man sich in unglaublich rohen Schmähungen gegen den Klerus, ähnlich wie in den Tagen als die

jüdische Presse und deren Nachbeter in den Wonnen des Schul- und Kirchenkampfes schwelgten.

Diese Verrohung der Polemik im Parlamente und in der Presse gehört zu den traurigen Errungenschaften der jüngsten Zeit. Man hat völlig verlernt, die Meinung eines Anderen zu achten und sich in den Gedankengang des Gegners zu versetzen. Darum besteht die ganze politische Diskussion mit vereinzelten Ausnahmefällen aus der Wiederholung alter Behauptungen und aus öden Schimpfereien. auf die politischen Gegner. Das Niveau der politischen Redner ist fast durchweg erbarmenswerth niedrig. Ein Publicist, der mitten in der Bewegung steht und die Leute kennt, zeichnet die Führer der Deutschen in Böhmen, die Rufer im Streite, in folgendem Bilde:1)

„Und hatte der Kampf, der mit der Obstruktion geführt wurde, vielleicht Männer, Führer des Volkes gezeugt? Keine Spur. Aermlicher stand das deutsche Volk in dieser Beziehung nie vor einer objektiven Kritik. Was gehörte in diesen Tagen auch dazu, um berühmt zu werden? Muth, wirklicher politischer Muth, der es wagt, in besserer Erkenntniß der Dinge

1) Desterreichisches Jahrbuch 1897. Von Julius Pagelt. Wien 1898. Graz, Szelinski. (SS. VII. 182.) Das Jahrbuch bietet einen Ueberblick über die parlamentarischen und sonstigen politischen Ereignisse des Jahres 1897 in Oesterreich Es ist keine bloße Registirung der Thatsachen und Aktenstücke, wie andere Ge-schichtskalender sie bieten, sondern eine pragmatische Darstellung der Ereignisse. Dadurch wird das Jahrbuch, wie der Verfasser selbst zugesteht (S. VII), allerdings zu einer Parteischrift. Der Verfasser ist von Geburt Deutsch - Böhme und Redakteur des „Deutschen Volksblattes" in Wien und gehört daher dem antisemitischen und deutschthümelnden Flügel der christlich-socialen Partei an. Die Gesinnung dieser Partei tritt uns auch mit einigen Nuancen in dem, Jahrbuch entgegen. Den Schlußz des flott geschriebenen Buches bilden die Verzeichnisse der Reichsrathsabgeordneten und der Ministerien seit 1848. Der Ministerien waren Ende 1897 neunzehn, heute amtirt das zwanzigste.

Tausenden entgegenzutreten? Gedanken? Nein, die Keckheit eines Abenteurers, der Alles wagt, weil er nichts zu verlieren hat, eine gute Lunge und ein eiserner Sinn, das machte in der Zeit der Obstruktion schon einen Führer aus. Ein Mann, wie der Abgeordnete Funke, der es in seiner schönsten Zeit im besten Falle zum Redner auf einem Feuerwehr- oder Sängerfeste gebracht hatte, avancirte zum Führer der deutschen Fortschrittspartei, ein Parlamentarier von einer Bedeutungslosigkeit, wie der Abgeordnete Groß, unterhandelte Namens der Deutschen mit der Rechten, und ein Mann der plattesten Phrase, wie der Abgeordnete Wolf, wurde das "geistige" Haupt der Obstruktion. Das ist die Galerie der bedeutendsten Männer in den Sudetenländern, auf die das Volk vertrauend schaut; Führer, daß Gott erbarm', die fleischgewordene Decadence".

Unter der Führung so charakterisirter Leute und der Schönerer und Iro wird der erbitterte, die Verwaltung hemmende und das Wohl des Volkes schwer gefährdende Kampf geführt. Und die Parteien, welche sich in feiger Furcht unter die Diktatur dieser Führer gebeugt haben, gewinnen immer noch nicht den Muth, das lästige und mit Schamgefühl empfundene Joch abzuschütteln! Auch heute noch wird jede Regung vernünftiger Politik unter der Linken mit schonungslosem Lärm über „Verrath am deutschen Volke unterdrückt.

Die heutige Situation würde aber ein Einlenken in verständige Bahnen und in zielversprechende Wege erleichtern. Denn Graf Badeni, diese bête noire der Deutschnationalen, ist dem parlamentarischen Ansturm und den Straßendemonstrationen gewichen. Sein Nachfolger Gautsch versuchte vergeblich einen Ausgleich der nationalen Gegensätze herbeizuführen. Die Aufhebung der Badeni’schen Verordnungen und die Ersehung derselben durch neue, zu Gunsten der Deutschen gemilderte, die nur Provisorien bis zum Erlasse eines Sprachengesetzes sein sollten, befriedigten aber die Deutschen nicht und machten die Czechen nur mißtrauisch. Und so überließ

denn der Minister Gautsch die Aufgabe, für welche seine bureaukratische Routine nicht ausreichte, nach vier Monaten. dem Grafen Thun, von dessen Gewandtheit und Einsicht man Vieles erwartet. In den Erklärungen, welche er am 27. April im Reichsrath gab, desavouirt er die Badeni'sche Sprachenpolitik und übernimmt die Vertretung für die Gautsch'schen Verordnungen. „Die Sprachenverordnungen vom 5. April 1897 sind aufgehoben worden. Sie entsprachen den thatsächlichen Verhältnissen des Landes nicht. Auch ich halte fest an dem Princip des vollen gleichen Rechtes, die Formel aber, in welcher dieses damals eingeführt werden sollte, mußte lebhaften Einwendungen begegnen. Die gegenwärtig geltende Verordnung hat das Bestreben, sich den thatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Doch auch diese kann aufgehoben werden, sobald bessere Geseze geschaffen sind, ja vielleicht sogar schon unter gegenseitigem Einverständnisse, wenn eine Einigung über gewisse Hauptprin= cipien im Ausschusse erzielt sein wird". So Graf . Thun am 27. April. Wenn die führenden deutschen Politiker auch nur eine kleine Dosis diplomatischen Geschickes befäßen, würden sie mit Genugthuung von der Erklärung Kenntniß genommen und ihre volle Bereitwilligkeit zur gemeinsamen Arbeit im Ausschuß erklärt haben. Statt dessen hörte man die alten Tiraden, die langweilig gewordene Forderung der schleunigen Aufhebung auch der Gautsch'schen Verordnung und den gewohnten widerlichen Schlag des deutsch- volklichen Tamtams. Allerdings beschicken die linken Parteien den Ausschuß, wenn sie aber nicht sehr viel Wasser in ihren Entrüstungswein gießen, wird die vom Grafen Thun optimistisch erhoffte Verständigung nicht so rasch gefunden werden.

Die Opposition hat zwischenzeitig an Kraft eher zuals abgenommen. Die Erfolge machen sie übermüthiger denn je; Graf Badeni wurde gestürzt, seine Verordnungen sind aufgehoben; der „Verräther“ Gautsch mußte ebenfalls gehen; jein Nachfolger Graf Thun streckt die Hand weit entgegen —

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