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versehrt durchschreiten würden, wie aus dem von den beiden Theilen am 30. März 1498 abgefaßten Vertrage erhellt (bei Meier S. 382 f.; Archiv. stor. VIII, 173 sq.). Wir meinen nun, derjenige Theil werde die Schwierigkeiten gemacht haben, der zu verbrennen fürchtete, nicht aber derjenige, der seiner Sache gewiß war. Schon 1497 war zwischen Savonarola's Freund Domenico da Pescia und dem Minoriten Francesco di Puglia zu Prato ein Gottesurtheil vereinbart worden, dem sich der Franciskaner durch schleunige Abreise entzog (Burlamacchi, Vita 1. c. p. 118). Daher hatte Savonarola nicht Unrecht, wenn er meinte, es werde überhaupt nicht zur Probe kommen, sondern die Franciskaner würden auf Mittel sinnen, um dieselbe zu vereiteln (Aussage in den Prozeßakten, Villari II, Doc. p. CCLXXVI); gelinge ihnen dies nicht und finde das Gottesgericht statt, dann werde der Sieg auf seiner Seite sein, weßhalb er das Volk am Morgen des 7 April ermahnte, nach dem Ordale Gott mit einem Te Deum und dem Versprechen ernstlicher Lebensbesserung zu danken (Pred. in Exod., Venet. 1540 f. 275-79). Zu dieser Zuversicht hatte ohne Zweifel der Umstand beigetragen, daß ihm sein Vertrauter, P. Silvestro, von einem Gesichte Mittheilung gemacht hatte, wornach P. Domenico in rothem Meßgewand mit der hl. Hostie in der Hand durch das Feuer gehen werde, worauf das Te Deum gesungen werde (Aussage Silvestro's im Proceß, Villari II, Doc. p. CCCXXXI). P. Domenico selbst betheuert in seinen ächten, durchaus glaubwürdigen Proceßakten, er sei überzeugt gewesen, daß er nicht verbrannt sein würde, selbst wenn er ohne das Allerheiligste in die Flammen gegangen wäre (Villari II Doc. p. CCCXII). Nun behauptet zwar Pastor (S. 407), die Schwierigkeiten seien lediglich von den Dominikanern herbeibeigeführt worden, der Franciskaner wäre ohne alles weitere in das Feuer zu gehen bereit gewesen, und schon Somenzi in seinem Berichte an den Herzog von Mailand (Archivio storico XVIII, 2 p. 31 sqq.), desgleichen der venetianische

Botschafter (Sanuto, Diar. I col. 931), die Chronik des Minoriten Dionys Pulinari (Archiv. stor. 3 ser. t. XIII p. 1 p. 374 sq.), die Signorie (Schreiben an die Gesandten Pepi und Bonsi, 8. April 1498, Arch. stor. VIII, 175-177) messen die Schuld an der Vereitelung des Gottesurtheils dem Frate zu. Dagegen berichtet der damals nicht mehr zu Savonarola's Anhängern zählende Augenzeuge Landucci (Diario p. 169), die Franciskaner hätten verlangt, P. Domenico solle die Kleider wechseln, was dieser that; poi gli missono un' altra cosa, che non v'andassi col Corpo di Cristo per modo ch'e Frati di San Francesco si vide che volevano farne fuora. Nach Scipio Ammirato (Istorie Fiorentine, Firenze 1641, lib. 27 p. 246), der sich hiefür auf „Cambi, il quale in que tempi vivera" beruft, waren es gleichfalls die Franciskaner, die bedacht waren perche cotale esecuzione fusse impedita. Nicht minder versichert Nardi, ebenfalls Augenzeuge, die Franciskaner seien es gewesen, die die Schwierigkeiten erhoben (Istorie 1. c. p. 147. 149); und daß der Minorit keineswegs ohne weiteres in's Feuer zu gehen bereit war, gesteht sogar der Savonarola sehr ungünstig gesinnte Franciskaner Dionys Pulinari zu (1. c.). Sehr bezeichnend ist endlich doch der Beschluß der Signorie, im Hinblick auf das beneficium grande quod per medium Fratrum Observantiae S. Francisci sub die septimo praesentis mensis aprilis recepit nostra civitas, denselben an diesem Tage 25 Jahre hindurch je 10 Scudi zu verabfolgen (bei Perrens I, 513 f.; Pulinari 1. c. p. 375); die Florentiner dürften denn doch gewußt haben, wofür sie ihr Geld ausgaben! Demnach ist das Mißlingen der Feuerprobe doch nicht Savonarola's Schuld gewesen; ja verschiedene Umstände weisen darauf hin, daß, wie schon Meier (Savon. S. 157), Schwab (Bonner Lit.-Bl. 1869 Sp. 907) hervorgehoben haben, die ganze Sache ein zwischen Savonarola's Feinden von vorneherein abgekartetes

Spiel war, um den verhaßten Frate zu stürzen, was Guicciardini bestätigt: essendo la cosa... sollecitata da alcuni cittadini che desideravano, che la città si liberasse da tanta molestia (L'historia d'Italia, Firenze 1561. 1. 3 p. 260).

Als Sovonarola schmachbedeckt am Galgen endete, da schien seine Sache rettungslos verloren und seine Feinde jubelten. Und doch ist er als Sieger gestorben und zwar für die erhabenste Sache, für die man sterben kann, für die Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden! Ihm gehörte die Zukunft. Und er der Kirche. Mochte er auch unter dem schweren Drucke ungünstiger Verhältnisse in seinen wohlgemeinten Bestrebungen verkannt, ja als Rebell wider die von ihm so heiß geliebte Kirche gebrandmarkt und verabscheut werden, er hat ihr doch den besten Dienst gethan. Er hat zu einer Zeit, da sie durch einen Borja auf's tiefste entwürdigt und geschändet war, als lebendiger Beweis ihrer Unverwüstbarkeit und Heiligkeit, gleichsam ihr verkörpertes Gewissen, der allgemeinen sittlichen Entrüstung elementaren Ausdruck geliehen. War es ihm nicht gegönnt, das Morgenroth jener Zeit zu schauen, die den süßesten Traum seiner Seele bildete, jener Zeit, da die Kirche, gereinigt von den Schlacken, die sich im Laufe der Jahrhunderte angehängt, in ihrer bräutlichen Schönheit wieder erstrahlte und ihre alterprobte, wundersame Macht über die Herzen wieder entfaltete, so hat er diese Zeit seherischen Blickes vorausverkündet und mitangebahnt. Und so kann die Kirche die 400. Wiederkehr des Todestages Savonarola's, als eines Bahnbrechers der Reformation im wahren Sinne des Wortes, mit Freuden begehen, wenngleich zu bedauern bleibt, daß er, der mit seinen glänzenden Geistesgaben und seinem verzehrenden Seeleneifer unter anderen Umständen Großartiges hätte wirken können, nicht zu glücklicherer Stunde geboren ward. Wahrlich, auch von ihm gilt, was die Nachwelt Hadrian VI. auf das Grabmal schrieb: Proh dolor, quantum refert, in quae tempora vel optimi cuiusque virtus incidat!

Dillingen a. D.

Dr. Joj. Schniper.

LXXIV.

Johann Jakob Moser.

Ein Beispiel protestantischer Toleranz.

Im Schwäbischen Merkur, dem württembergischen Beamtenblatt, stand vor einiger Zeit folgendes interessante Selbstbekenntniß: „Wenn der Franzose immer fragt: Où est la femme? so fragt der Schwabe: Wo ist der Vetter? Diese Frage erklärt sich leicht aus der Vergangenheit unseres Landes. Wie eng verknüpft die alten regierenden Familien in den Reichsstädten waren, wie die städtischen Aemter nahezu das Erbgut einzelner Familien waren, ist nicht ganz unbekannt. Auch im Herzogthum Württemberg war der Einfluß des Verwandtschaftshimmels oder einer fest zusammenhaltenden Beamtenhierarchie nicht gering. Aufstrebende begabte homines novi wurden rechtzeitig in eine Familie durch Hymen eingepflanzt. Die Abgeschlossenheit des alten Herzogthums aber half dazu, daß nicht bald neues Blut hereinkam. Erst seit der Erschließung von Neuwürttemberg durch die Eisenbahnen und die Gründung von neuen Gymnasien in Neuwürttemberg ist der Zusah neuwürttembergischer Elemente in unserem Beamtenstand spürbarer geworden. Noch bis tief in die Mitte unseres Jahrhunderts herab war der Beamtenstand fast durchaus altwürttembergisch. Und wenn man den alten Beamtenstand in seinen verwandtschaftlichen Zusammenhängen graphisch darstellen könnte, wir würden

staunen, wie zahlreich die Verbindungslinien waren, und manches rasche Steigen würde uns in ein ungeahntes Licht treten. Alle diese historisch gewordenen Verhältnisse muß man ins Auge fassen, wenn man das eingefleischte Mißtrauen des Schwaben gegen alles, was nach Vetterleswesen aussieht, gerecht beurtheilen will. Daß ein derartiges Mißtrauen, so unbegründet es sein mag, dem Schwaben noch in den Knochen sigt, das beweist das Sprichwort, das man oft zu hören bekommt, sobald von einem in irgend einem Verwaltungszweig rasch Emporgekommenen die Rede ist: Der muß auch einen Vetter im Consistorium haben“.

Zu diesem württembergischen Beamtenhimmel gehört auch die weitverzweigte Familie der Moser. Zwei Träger dieses Namens erhielten eine weit über Württemberg hinausragende Bedeutung: Johann Jakob und sein Sohn Karl Friedrich Moser. Johann Jakob Moser hat sich große Verdienste um das deutsche Staatsrecht erworben und wurde namentlich berühmt als Opfer der Fürstenwillkür.1) Er war ein streng orthodoxer Protestant. In seiner Jugend zwar war er wie er sagt ziemlich religionslos. Den ersten Anstoß zu seiner Sinnesänderung gab der einfache Titel eines Buches: „Der Ungläubige ohne Entschuldigung“ von einem italienischen Jesuiten, das er in der Bibliothek des Reichsvicekanzlers, des Grafen von Schönborn in Wien sah. Dieser Titel reizte ihn zum Nachdenken. In Wien war er Hilfsarbeiter des Grafen von Nostig, eines Reichshofrathes. Hier hatte er Gelegenheit, Confessionsstudien zu machen. Obwohl man ihm, wie er sagt, allerlei Anerbietungen machte, hatte

1) Vergl. über ihn: „Lebensgeschichte Moser's von ihm selbst ge= schrieben“, 3 Bände, Frankfurt 1777; A. Schmid, das Leben I. J. Moser's aus seiner Selbstbiographie, den Archiven und Familienpapieren dargestellt, Stuttgart 1868; Oskar Wächter, Joh. Jakob Moser. Stuttgart, Gotta 1885.

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