Obrazy na stronie
PDF
ePub

der Mißachtung kirchlicher Censuren,1) der Anbahnung eines Concils beschuldigen, so fragte es sich gar sehr, ob ihn nicht seine Kläger und Richter selbst durch ihr Verschulden zu seinem Verhalten berechtigt hatten, jedenfalls durfte ihm die Möglichkeit der Vertheidigung nicht ganz abgeschnitten werden. Von Häresie konnte ernstlich nicht die Rede sein, wie die später von Paul IV. angestrengte scharfe Prüfung festgestellt hat 2) (cf. Perrens I, 394 sq.). Ob seiner Prophezeiungen war er gleichfalls nicht wohl zu belangen, denn vor ihm hatten schon viele Männer und Frauen dasselbe gethan, die nicht hingerichtet, sondern heilig gesprochen worden waren (vgl. sein Schreiben bei Quétif II, 179). Doch selbst angenommen, es seien alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe begründet gewesen, so waren dies noch keine todeswürdigen Verfehlungen. Hätte sich also der Papst lediglich oder auch nur hauptsächlich von kirchlichen Rücksichten leiten lassen, so hätte er zu einem Todesurtheil über Savonarola nicht kommen können und noch viel weniger zu einem solchen über dessen Genossen Silvester und Domenico! Wenn gleichwohl von Seiten des hl. Stuhles der Stab über den Prior schon gebrochen worden war, noch ehe die päpstlichen Richter nach Florenz abgingen, so geschah es, weil das politische Interesse des Ligahauptes die Vernichtung des Mannes forderte, von dem, so lange er athmete, die Gefahr eines neuen französischen Einfalles drohte. Desgleichen lag es im Interesse der dem Frate feindlichen Signorie und Partei, denselben aus der Welt zu

1) Ungehorsam gegen den hl. Stuhl ist noch kein Schisma; cf. Definitio contra injustam excommunicationem latam erga Fr. H. S. Ferr., per M. Paulinum Bernardinum Lucensem, O. Praed., Steph. Baluzii Miscellanea ed. J. D. Mansi, T. I p. 593.

2) Wie Picus Mirand., Vita ed. Quétif I, 106 berichtet, äußerte der berühmte Canonist Felinus Sandeus vielen Personen gegenüber, er und die ganze römische Rota hätten in Savonarola's Akten nichts Häretisches finden können.

Hiftor. polit. Blätter CXXI (1898).

50

schaffen, da sonst leicht ein Umschlag zu seinen Gunsten und zum Verderben seiner Gegner hätte eintreten können und um ihr Verfahren weiteren Kreisen gegenüber plausibler erscheinen zu lassen und sich gleichsam als im Stande der Nothwehr befindlich hinzustellen, sprengten sie aus, der Mönch habe eingestanden, er habe einen großen Theil seiner Gegner gelegentlich eines Vortrages im Palaste niedermezeln lassen wollen (Documenti Pisani, Arch. stor., ser. III, T. XIII p. 1 p. 189). Um sicher zu gehen, beschloß man beiderseits, die angesehensten Freunde des Priors gleichfalls zu opfern; konnte man doch nicht wissen, ob sie schließlich nicht die Erben seines Ansehens und Einflusses würden, und ein Mönchlein mehr oder weniger auf der Welt, was lag daran? (Aeußerung Romolino's, Burlamacchi, Vita p. 154; Villari II, 200). Die reiche Liste unglaublicher Schandthaten, die Girolamo's Henker nach der Hinrichtung an den Papst einsandten und worin von jahrelangem Sacramentsmißbrauch, Verlegung des Beichtsiegels und so schweren und furchtbaren Verbrechen die Rede ist, daß die Hand sie zu schreiben sich sträube (bei Meier, S. 389-91), beweist deutlicher als alles Andere, daß es ihnen an glaub würdigen mangelte. Später aber schob Alexander VI. die Schuld am Tode Savonarola's auf die Florentiner und soll erklärt haben, er wolle ihn gerne heilig sprechen (Pic. Mirand. 1. c p. 122)!

(Schluß folgt.)

LXVIII.

Französische Concurrenz.

Man hat seit einiger Zeit viel über „katholische Inferiorität“ gesprochen und geschrieben. Denjenigen, welche diese Minderwerthigkeit katholischer Leistungen annehmen zu müssen glauben, könnte das neueste Bibelwerk des berühmten katholischen Exegeten F. Vigouroux in Paris, von welchem vor kurzem die erste Lieferung erschien, 1) als ganz eklatanter Beweis für ihre Annahme dienen. Eben deßhalb erachten wir es aber als unsere Pflicht, gegen dieses Werk einen entschiedenen Protest zu erheben.

Es wäre ganz gewiß eine dankenswerthe Aufgabe, eine gute Tertausgabe der hl. Schrift zu veranstalten, welche katholischen Theologen und Exegeten, und überhaupt jedem. der sich für das tiefere Verständniß des Wortes Gottes interessirt, leicht und zuverlässig Aufschluß über den hl. Text und seine verschiedenen Gestaltungen geben könnte. Eine derartige Arbeit würde in der Gegenwart um so mehr Bedeutung haben, als seit den Tagen der großen Pariser Poly

1) La Sainte Bible Polyglotte. Par F. Vigouroux. Ancien Testament. Tome I. Le Pentateuque. Fascicule I. La Genèse. Paris, A. Roger et F. Chernoviz, 1898. - 89. 272 SS, 3 Karten. Preis: Fr. 2,00.

[ocr errors]

glotte (1629-1645) überhaupt keine mehrsprachige Bibelausgabe von fatholischer Seite erschienen ist, während bei den Protestanten daran kein Mangel herrscht.

Der Cursus Scripturae Sacrae der deutschen Jesuiten hatte deßhalb auch von Anfang an diese Aufgabe ins Auge gefaßt und eine sorgfältig bearbeitete Handpolyglotte vorbereitet, welche seit Jahren im Prospekt des Unternehmens angekündigt ist. Ihr Erscheinen wurde eben durch die vor zwei Jahren veröffentlichte Anzeige des Vigouroux’schen Werkes verzögert, das in derselben Druckerei von FirminDidot zu einem unbegreiflich niedrigen Preise - 8 starte Bände à 4 Mark hergestellt werden sollte.

In dem Prospekt dieser neuen Polyglotte wird als Ziel derselben bezeichnet: il importe qu'elle puisse amplement suffire à l'intelligence complète du texte sacré“. Mehr ließe sich ja nicht wünschen. Aber mit welchen Mitteln sucht der Herausgeber dieses Ziel zu erreichen? Damit sich unsere Gegner nicht darüber lustig machen und die katholische Wissenschaft darob verhöhnen, müssen wir, wenngleich mit schmerzlichem Bedauern, diese Mittel gebührend kennzeichnen.

1. Die Polyglotte bietet zunächst den hebräischen Urtext der hl. Schrift. Diese ganze Textkolonne ist aber nichts anderes, als der Abdruck des Clichés, das schon im Jahre 1847 für die erste Auflage der protestantischen Polyglotte von Stier und Theile gedient hat. Eine Bemerkung darüber wird nicht gemacht; hier brauchen wir keine beizufügen.

2. Es wird ferner der griechische Text der Septuaginta geboten, und zwar soll es nach der ausdrücklichen Versicherung des Prospektes und der einleitenden Bemerkungen (S. 5) die „édition vaticane" des Papstes Sixtus V. (1586/1587) sein. Aber auch diese Colonne ist nichts anderes, als der Cliché abdruck der alten protestantischen Polyglotte, ohne daß irgend welche Aufklärung darüber

gegeben wird. Man erhält also den Text dieser protestantischen Ausgabe als „editio sixtina", obwohl derselbe „in Band I und II, 1 wesentlich ein eklektischer, in den folgenden Theilen wesentlich der alexandrinische Text ist" (E. Nestle in Realencykl. f. pr. Th., 3. Aufl., III, 7), und obwohl in den Varianten dieser Ausgabe die Lesarten der wahren editio sixtina eigens verzeichnet sind.

3. Es werden ferner die verschiedenen Lesarten zum griechischen Text beigefügt. Aber auch diese sind wiederum einfach der alten Polyglotte entnommen. Sie beschränken sich auf zwei in den 46 ersten Kapiteln der Genesis auf eine einzige - näher bezeichnete Handschriften, zwei alte Ausgaben und „X“ ungenannte und unfontrollirbare manuscrits moins importants", genau so wie es bei der alten protestantischen Polyglotte der Fall ist. Auf neuere Veröffentlichungen, den codex sinaiticus (zu Gen. 23 und 24), die Arbeiten von Tischendorf, Nestle, Lagarde, Swete u. a. ist gar keine Rücksicht genommen. Ganz dieselben Zeichen, wie in der alten Polyglotte, find beibehalten, auch die sonst ganz ungewöhnlichen oder in einem anderen Sinne gebräuchlichen. Die Angaben selbst sind sehr 'inconsequent und ungenau gemacht; manche unwichtige, aber auch manche wichtige Lesarten sind ausgelassen, die schon im Anhang der alten Polyglotte zu finden

waren.

4. Unter den Varianten wird gleich vom ersten Kapitel bis zum letzten ohne jeden Unterschied der codex vaticanus mit dem Zeichen B angeführt (Gen. 1, 9; 8, 22; 9, 25 u. s. w., etwa 20 Mal bis Kap. 46), obwohl derselbe erst im 28. Verje des 46. Kapitels der Genesis beginnt. Daß dieses B nach der Meinung des Herausgebers überall wirklich den codex vaticanus bezeichnen soll, wird ausdrücklich in den einleitenden Bemerkungen (S. 5) und nochmals ganz extra in der Note zu Gen. 35, 21 (S. 184) gesagt; zum lleberfluß wird noch des öfteren durch B2 die Lesart der gedruckten Ausgabe des

« PoprzedniaDalej »