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deßhalb eine neue Ordensprovinz zu schaffen? und hätte er denn nicht auch anderswo weissagen und Schmähreden" halten können?

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Savonarola trat der neuen Provinz nicht bei. Er vertheidigte seine Haltung in einer Schußschrift (Apologeticum fratrum congregationis S. Marci, bei Quétif II, S. 74-98), deren Hauptgedanken dahin gehen: Der Beitritt zur tuscischrömischen Provinz würde für die Brüder von S. Marco keine Verbesserung, sondern eine Verschlimmerung ihrer Disciplin bedeuten, feine reformatio, sondern eine deformatio, da die Convente, in welche dieselben vertheilt werden sollten, cine noch lagere Regel beobachteten, als selbst die Lombarden. Seine Brüder müßten also von einer strengeren zu einer laxeren Lebensweise übertreten, was man ihnen nicht zumuthen könne; hiezu könne er niemals seine Hand bieten, aber auch die Brüder selbst würden eher aus dem Orden aus und in einen strengeren übertreten.

Mit seiner Weigerung, der neuen Congregation beizutreten, war Savonarola eo ipso der Excommunication verfallen, die denn am 13 Mai 1497 noch ausdrücklich über ihn verhängt wurde (Cum saepe a quamplurimis, Archivio stor. n. ser., XVIII 1 p. 17 sq.) Da er aber jenen Beitritt als unvereinbar mit seinem Gewissen erachtete, so konnte er auch den Bann nicht als giltig anerkennen, seßte also seine geistlichen Verrichtungen nachher wie vorher fort. Pastor schildert sein Verhalten in den düstersten Farben; aber die historische Gerechtigkeit heischt, daß auch das nicht verschwiegen werde, was zur Entlastung des Gemaßregelten dienen kann.

(Fortseßung folgt.)

Histor. polit. Blätter CXXI. (1898).

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LXII.

Die Ehrenrettung“ des Dionysius Areopagita.

"

1. Im dritten Heft des Katholik" 1898 hat Herr Domdecan Dr. Nirschl eine Reihe von Artikeln eröffnet zu dem Zweck, die Anklagen gegen die Ehrenhaftigkeit des Mystikers (Dionysius) zu entkräften," welche in Jungmanns1) und Stiglmayr s2) Ausführungen enthalten sind. Nirschl behauptet hiebei seinen früheren „vermittelnden Standpunkt“; er gibt die tausendjährige Tradition preis, wonach der Ver

1) Jos. Fessler, Institutiones patrologicae. Denuo rec. a Bern. Jungmann, Oenip. 1890. t. I p. 639-653. Warum hat Nirschl nicht lieber mit H. Koch („Der pseudepigraphische Charakter der dionysischen Schriften“, Theol. Qu.-Schr. 1895 S. 353-420) sich auseinandergesezt? Diese leßtgenannte Arbeit berücksichtigt eingehend die im Verlaufe von fünf weiteren Jahren gemachten Fortschritte in der Dionysiusfrage und handelt direkt und monographisch über alle Punkte, von denen bei Nirschl in den bisher erschienenen Artikeln die Rede ist.

2) Histor. Jahrbuch 1895, S. 253–273 und 721-748; IV. Jahresbericht des Gymnasiums an der Stella mat. in Feldkirch 1895 S. 1-96. Da Jungmann nicht mehr unter den Lebenden ist, so übernehme ich in Kürze auch seine Vertheidigung, zumal ich meine eigenen Vorausseßungen hiebei zu schüßen habe. Das Ende der Artikelreihe von Nirschl abzuwarten, schien mir deshalb nicht rathsam, weil sich dasselbe bei der ‚gemüthlichen Breite' des Verfassers länger hinziehen dürfte.

faffer der Areopagitischen Schriften mit dem in der Apostelgeschichte 17, 34 erwähnten Dionysius eine und dieselbe Person ist. Andrerseits will Nirschl von den neuesten Ergebnissen der Dionysiusforschung, die den Verfasser der genannten Schriften an die Wende des 5. zum 6. Jahrhundert sehen und ihm ein absichtliches Unterschieben der eigenen Werke unter den falschen Namen des Apostelschülers Dionysius zur Last legen, ebenso wenig etwas wissen. Der „einst so hochgefeierte Mystiker Dionysius, der bei den Kirchenvätern und bei den Theologen und Mystikern des Mittelalters die Bewunderung und das Ansehen eines erleuchteten Geistesmannes besaß", darf nicht als ein „unehrlicher Schriftsteller" gelten; er darf „weder ein Fälscher noch Pseudo-Dionysius genannt werden“.

2. Die Absicht, welche Nirschl verfolgt, ist ohne Zweifel eine edle und aus der reinsten Pietät gegen das kirchliche Alterthum entsprungen. Ganz dieselben Motive haben einst Hipler geleitet, als er 1861 seine Studien über „Dionysins der Areopagite“ veröffentlichte, welche die ,,vermittelnde" Theorie überhaupt erst begründeten. Unverdroffene Sorgfalt in Durchforschung des Materials, scharfsinnige Interpretationsversuche, gewandte Darstellung und jugendlich frische Wärme haben seinen vermeintlichen Resultaten mannigfache Zustimmung seitens der katholischen und protestantischen Forscher erworben. Aber allmählich erfaltete das Interesse für den glücklichen Fund". Einigen genügte eine derartige „Ehrenrettung" durchaus nicht, sie fanden, daß man mit einer solchen Auffassung dem außerordentlich hohen Ansehen, das dem „Areopagiten“ von Concilien und Päpsten, den späteren Kirchenvätern (Gregor der Große, Maximus Confessor, Johannes Damascenus), von sämmtlichen großen Lehrern der Scholastik und Mystik, von Dichtern (Dante) und Geschichtschreibern (Otto von Freising) gezollt wurde, nie und nimmer gerecht werden könne.

Was sollte der obscure Name eines Abtes von Rhinokolura, von dem man bisher nichts wußte, der den hl. Paulus nie gesehen und gehört hatte, weil ihn 300 Jahre davon trennten? Nur der Glaube des Mittelalters, daß die Schriften des Dionysius in den persönlichen Mittheilungen des Weltapostels ihre Quelle hätten, ließ sie so ungemein ehrwürdig erscheinen.1)

3. Auf der andern Seite erhoben sich immer stärkere Bedenken gegen die Argumente Hiplers. Der Widerspruch, den v. Funk unentwegt aufrecht erhalten hatte, wurde nunmehr besonders durch Gelzer, 2) Koch und den Verfasser dieser Zeilen so verstärkt, daß sich die namhaftesten Vertreter aus den Kreisen der Patrologen, Kirchenhistoriker. Philosophen und Philologen für das neue Ergebeniß so ziemlich definitiv entschieden. Schwer muß in die Wagschale fallen, daß Hipler selbst durch eingehende Prüfung meiner Arbeiten bestimmt wurde, seine frühere Ansicht aufzugeben. In einem freundlichen Briefe erklärte er mir mit edler Offenheit und Wahrheitsliebe, daß er auf seine frühere, in jugendlicher Kraft vollbrachte Arbeit immerhin zufrieden zurückblicke, weil er dadurch Anstoß zu neuer Forschung und allseitiger Erfassung des Gegenstandes gegeben habe. Von vornherein erscheint demnach Nirschls Stellung, der noch einmal postquam conclamatum est für die These in die Schranken tritt, bedenklich. Man muß sich sofort fragen: „Verlohnt es sich der Mühe, ,auf die Con

1) Vgl. C. M. Schneider, Areopagitica, Regensburg 1884; in neuester Zeit John Parker, Are the writings of Dionysius the Areopagite genuine? London 1897 und dessen Recensent Josef von Leonissa O. C. in der Linzer Quartalschrift 1898, G. 480-481 u. a.

2) Siehe die treffende Gharakteristik des Standes der Frage bis zum Jahre 1895 bei H. Noch, Theol. Qu.-Schr. 1895 ≈ 353–361.

troverse noch einmal zurückzukommen, um sie zu revidiren und einige neue Beweise beizufügen?" "

4. Bevor wir auf die Art dieser Revision eingehen, müssen wir kurz ihren meritorischen Charakter als „Ehrenrettung" ins Auge fassen. Nirschl beruft sich auf Jungmann, der den Dionysius einen „Fälscher und Betrüger“ nenne. Ich selbst habe diesen Ausdruck m. W. immer vermieden; bei anderen mag er sich wieder finden in mehr oder weniger abgeschwächter Form. Aber Nirschl scheint sich die Sache viel schlimmer vorzustellen, als sie nach Maßgabe der damaligen literarischen Verhältnisse zu betrachten ist. Die heftigen Ausfälle auf den „Betrüger und Lügner", wie sie bei Dalläus, Lequien, in unserem Jahrhundert bei Dr. Paulus (1835) vorkommen, sind jezt verstummt. Sie haben einer billigeren Beurtheilung Plaß gemacht, welche Akribie, Exaktheit und Autorrechte der modernen Schriftstellerei nicht mit den Zuständen jener alten Schriftstellerei und Bücherwelt zusammenwirft. Koch z. B. sagt mit Berufung auf Döllingers Akademische Vorträge" 1, 168: „In diesem Punkte nahm es das Alterthum nicht so genau"; er meint, die alten Schriftsteller hielten das Pseudepigraphon ebensowenig für Betrug, als wir das pseudonyme Schreiben.') Gelzer macht mit Recht darauf aufmerksam, daß in den neuplatonischen Kreisen, denen Dionysius sehr nahe stand, das Erborgen alter Namen allgemein üblich war.2) Es erscheint mithin die Voraussegung, auf der Nirschl seine „Ehrenrettung" aufbaut, als eitler Flugsand.

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5. Hiezu tritt aber noch ein Umstand, der die Sache des „Fälschers" in einem wesentlich andern Licht erscheinen läßt. Nach modernem Empfinden würden wir in diesem

1) Theologische Quartalschrift 1895, S. 414.

2) Wochenschrift für classische Philologie 1892, S. 128.

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