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wurde, die Zurückschraubung der jungen Geister in ein Zeitalter, das 6-700 Jahre hinter uns liegt, eine Zurückschraubung ins geistesarme, finstere Mittelalter. Aber das kann den Urhebern des Kriegsrufes nur erwünscht sein, da müssen sie ja mit dem Katholicismus ein leichtes Spiel haben.

Einen fünften Angriffspunkt bilden die gemischten Ehen. und die Umtaufen. Die katholische Kirche verlangt die katholische Erziehung der Kinder. Das gebietet ihr der Selbsterhaltungstrieb. Und wenn wir einen vernünftigen Grund haben, an der richtigen Spendung der Taufe durch gewisse protestantische Prediger zu zweifeln, so taufen wir bedingungsweise; die gläubigen Protestanten sollen uns dankbar sein, daß wir feststehen auf dem christlichen Taufboden. Es sollen endlich

6. zarte reformirte Pensionstöchter" in Menzingen katholisch geworden sein. Aber das ist doch kaum ein Grund, einen Kreuzzug zu predigen gegen die Katholiken. Thatsache ist, daß innerhalb zehn Jahren im Canton Zürich mindestens 1000 Katholiken protestantisch geworden, während umgekehrt die Conversionen zum Katholicismus kaum 100 betragen. Die protestantische Synode fühlte selbst, daß das keine genügenden Beweise seien. Die „Züricher Post“ kennzeichnete die Situation richtig, wenn sie schrieb: „Wer den Krieg erklären will, muß den Gegner ins Unrecht sehen! Diesen fundamentalen Sah übersahen die Alarmrufer. Tarum beschloß die Synode, sich zunächst genügendes Material zu verschaffen, durch das sich eine Kriegserklärung begründen läßt!"

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Merkwürdig! Kaum einen Monat später wurde in demselben Zürich, von dem der Kriegsruf ausgegangen, Pflüger, ein ausgesprochener Socialdemokrat, zum Pfarrer ge= wählt, so daß die protestantische Freitagszeitung" ausrief: Ist es nicht ein blutiger Hohn, wenn unsere ehrenwerthe Kirchensynode aufruft zum Kampfe gegen Rom', anderseits aber diese nämliche Landeskirche einen socialistischen Agitator als Seelsorger', als Pfarrer', von den Socialisten ihr aufgedrängt, in ihr Ministerium aufnehmen muß? Kann es eine wirksamere Unterstützung geben für die römische Propaganda als eine solche scandalöse Pfarrerwahl? Ta müssen ja alle, welche noch etwas von geistlicher Nahrung in der Kirche suchen

und sich nicht mit socialistischen und politischen Vorträgen abspeisen lassen wollen, aus der Kirche getrieben werden; sie werden sich verlaufen und in der Heilsarmee, in den Sekten, bei den Römisch-Katholischen suchen, was sie in unserer armen, niedergetretenen Landeskirche nicht mehr finden.“

Nachdem einmal der Glaubenskrieg angefacht war, stöberte man alles aus, um Angriffe der Katholiken auf die Protestanten. zu finden. Da entdeckte denn ein Reformpastor in Altstätten (Canton St. Gallen), daß der dortige katholische Pfarrer Wezel ein Büchlein, Das Vaterhaus" geschrieben. 1) Darin wird nachgewiesen, daß die katholische Kirche allein die wahre Kirche ist, daß all' die stets wiederholten Verläumdungen und Entstellungen der katholischen Lehre nur der Bosheit entsprungen, und daß vor allem der Saß nicht richtig ist, als ob die protestantischen Länder in Bezug auf Wohlstand und Sittlichkeit hoch über den katholischen stehen. In einem radikalen Blättchen wurden einige abgerissene Säße aus Wezels Schrift veröffentlicht und dann in der ganzen Schweiz ein unerhörter Sturm gegen den "armen" Pfarrer Weßel heraufbeschworen. Im ganzen Büchlein Vaterhaus" ist kein Wort, das einen ruhig denkenden Andersgläubigen verlegen könnte; im Gegentheil", so schrieb das Basler Volksblatt, „ist das Ganze von einem so lieblich anmuthenden Hauche des Wohlwollens, der Güte, der väterlichen Hirtenliebe durchweht, daß seine Lesung mit wahrer Zauberkraft anzieht und jeden erhebt, der nach Wahrheit dürstet. Wer es liest, dem wird bald klar, wer vor den Strafrichter gehört, der Mann, der mit den Waffen unbesiegbarer Wissenschaft ausgerüstet, und mit dem Talente

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1) Hr. Franz Xaver Wezel, Dekan in Altstätten, in jüngster Zeit zum Domkapitular in St. Gallen ernannt, zählt zu den besten Volksschriftstellern der Gegenwart. Seine zahlreichen und vielgelesenen kleinen Schriften, alle klar und praktisch, alle anregend und belehrend, manche darunter wahre Perlen volksthümlicher Literatur, sind nicht blos in der Schweiz, sondern auch in Deutsch= land bestens bekannt und nach Verdienst geschäßt.

A. d. Red.

edler volksthümlicher Schreibekunst begabt, für die Wahrheit in die Schranken tritt, oder der widerwärtige Schwarm jener Reformpastoren, die allsogleich ein Mordsgezetter erheben und den Schriftsteller, dem sie wissenschaftlich nicht beikommen können, mit dem dummdreisten Getöse ihrer Zornausbrüche und Drohungen überbelfern".

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Neun Wochen später erschien eine Gegenschrift von einem evangelischen Geistlichen“: „Unser Hausrecht im Baterhaus". Dekan Wezel blieb die Rückantwort nicht schuldig. Schon drei Tage darauf gab er das Schriftchen heraus: „Das Vaterhaus und seine Gegner", das alle katholischen Blätter eine vernichtende Abfuhr des protestantischen Elaborates nannten. Erst gibt Wezel eine Zusammenstellung der neuerdings vorgebrachten crassesten Entstellungen der katholischen Lehren, welche dieser „Ritter von der traurigen Gestalt" auftischt; dann weist er ihm nach, daß sein Haus auf Sand gebaut sei“, nämlich auf ein Christenthum aus Phrasen, ohne ein positives Glaubensfundament, und schließlich zeigt er ihm noch, wie stumpf und rostig seine Waffen seien, mit denen er der Kirche beikommen möchte. Das Basler Volksblatt sagt in Nr. 9: „In prägnanter Kürze, drastisch packender Darstellung, ohne irgendwie den guten Ton zu verlegen, gibt uns der Angegriffene eine gleichsam plastisch aufgeführte Apologie der katholischen Kirche und es wäre sehr zu wünschen, daß dieses Schriftchen von den Gegnern der Kirche gelesen würde. Viel könnten sie daraus lernen, vor allem aber gegen die eine wahre Kirche vorurtheilsfreier werden". Auch andere Blätter und verschiedene Volksversammlungen sprachen dem Herrn Pfarrer Wezel ihre Sympathien

Die Pius Annalen, erstes Heft 1898, S. 3 schrieben: Ins gleiche Gebiet hinein schlägt auch die Heße gegen unsern hochangesehenen Volksschriftsteller, Dekan und Domkapitular Wezel in Altstätten. Ihm sei an dieser Stelle im Namen des schweizerischen Piusvereines die vollste Sympathie und Ergebenheit entgegengebracht".

Die Protestanten aber fahren fort gegen die Katholiken zu heßen und zu schüren, d. h. nicht das protestantische Volk will den Religionskrieg, sondern die ungläubigen Reformprediger und socialistischen Pasteren, deren es in den verschie

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denen Cantonen ziemlich viele gibt. Im Canton St. Gallen haben sie ein sog. „Tefensiv Comité" gebildet, und in Zürich erscheint seit Neujahr eine neue Zeitung Der Protestant". Er nennt sich Organ für Wahrung und Pflege protestantischen Sinnes". Er will der katholischen Hezerei entgegentreten, welche immer anmaßender und offener auftritt, die Reformation in allen Formen verhöhnt, die Reformatoren und Protestanten der ewigen Seligkeit verlustig erklärt, den Staatsgedanken, die Wissenschaft und den Protestantismus bekämpft, die Priester im jesuitischen Geiste erzieht, die gemischten Ehen beunruhigt, aus kaum Geborenen und Sterbenden Proselyten macht und überall Haß und Unfrieden säet. Das Blatt will wachen und warnen, aber das Organ will auch dazu beitragen, das protestantische Glaubensleben selbst nach innen zu vertiefen und zu befruchten". Zu lezterem ist höchste Zeit. Denn die Zahl der Christus gläubigen Protestanten nimmt von Tag zu Tag ab. „Die protestantische Kirche als solche hat kein Bekenntniß mehr; sie ist eine Anstalt der Forschung und des Gedankenaustausches auf religiösem Gebiet und eine Anstalt für die Pflege der Moral und der Wohlthätigkeit": schrieb der protestantische Bote von Uster" im November vorigen Jahres.

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XLIV.

Piat über die menschliche Persönlichkeit."

Der Grund, weshalb wir vorliegende Schrift über „die menschliche Person", welche in der Bibliothèque de Philosophie Contemporaine um es gleich zu gestehen — fast wie ein weißer Rabe erscheint, hier mit wenigen Worten erwähnen möchten, ist ein allgemeiner, culturhistorischer.

Erstens möchten wir unserer Freude Ausdruck verleihen, daß die Direktion der „Bibliothèque de Philosophie Contemporaine" neben hervorragenden Vertretern des Positivismus in England, Deutschland, Italien und Frankreich, neben Herbert Spencer, Stuart Mill, Bain, Lombroso u. A. dem audiatur et altera pars Rechnung trägt und einmal auch einen Aristoteliker der Gegenwart zum Worte kommen läßt. Zweitens aber ist es ja gar kein Geheimniß, welch' ungeheure Wichtigkeit für die moderne Gesellschaft der Begriff der menschlichen Persönlichkeit hat, mit welchem die Begriffe der Freiheit, der Selbstverantwortlichkeit, des Gewissens, der Pflicht, des Rechtes und der Unsterblichkeit, des menschlichen Ich, stehen und fallen. Wem ist es aber unbekannt, daß, seitdem der Cartesianismus den Begriff der Person mit dem des Selbstbewußtseins ver wechselt und somit verrückt hat, die neuere Philosophie sich in dieser Beziehung in fortlaufenden Serpentinen von dem einen Extrem des Spiritualismus und Dualismus in das andere des Materialismus und Monismus bewegt, und daß der moderne

1) La Personne humaine par L'Abbé Piat, Professeur à l'institut catholique de Paris etc. Paris, Ancienne Librairie Felix Alcan Editeur. Paris 1897.

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