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Der Berliner Congreß hat diese Bestimmung bestätigt, und zwar noch mit einer besonderen Beziehung auf einen Freihafen zu Batum (Art. 59). Jezt ist Batum ein großer Kriegshafen und wimmelt das mare clausum von Kriegsschiffen Rußlands. Es ist wohl zu bemerken, daß auch der Sultan das Recht nicht hat, fremden Kriegsschiffen die Durchfahrt zu gewähren, seien es russische Schiffe aus dem Schwarzen Meer oder fremde aus dem Mittelmeer nach dem Bosporus. Dennoch sind in neuester Zeit solche Fälle vorgekommen,1) und jüngste Berichte besagen, daß nicht einmal mehr die Täuschung für nothwendig gehalten wird, mit oder ohne Erlaubniß des Sultans mit Soldaten und Kanonen beladene Schiffe der russischen Freiwilligen Flotte" unter der Handelsflagge passiren zu lassen

Offenbar handelt es sich um die Umstoßung einer sehr wesentlichen europäischen Vertragsbestimmung, die dem Sultan aufgedrungen wird. Freilich konnte damals auch Rußland selbst nicht daran denken, daß es dereinst den kürzesten Weg aus dem Schwarzen Meere nach Ostasien und durch einen Suezkanal für seine Erwerbungen in China unbedingt nothwendig brauchen werde. Bismarck hat aus seiner Anschauung nie ein Hehl gemacht, daß die Dardanellen die Thüre Rußlands seien, zu der es den Schlüssel brauche, aber nicht nur um sie zu öffnen, sondern auch, um sie für die Andern zu schließen. Das ist es, was Rußland will. Was wird nun England dazu sagen? Vor mehreren Jahren hat ein bekannter englischer Admiral zu der Frage geäußert: „Die Erlangung der freien Durchfuhr durch die Dardanellen auch für seine Kriegsschiffe ist ja stets Rußlands Bestreben gewesen. Wenn es dieses Ziel erreicht hat, so wird es weiter gehen und auf die eine oder andere Weise eine Anzahl Mittelmeer-Stationen erwerben. Und wo bleibt das Aequi

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1) Histor.polit. Blätter". 1893. Band 112. S. 607 ff: „Die Meerengen-Frage in Sicht".

valent für unsere guten Dienste? Ich weiß auf der ganzen Gotteswelt nichts, was Rußland uns geben würde, soferne es irgendwie darauf Gewicht legt".) Heute läge die Antwort nahe ungestörte Ruhe in Aegypten und einstweilige Bändigung des in's Kraut geschossenen Hochmuths des Islam bis nach Indien hinein unter der russischen Fuchtel.

Als vor anderthalb Jahren Frankreich die Einsetzung einer internationalen von den Mächten beschickten Schuldencommission in Constantinopel anstrebte, da wurde dem Herrn Minister in Paris zu verstehen gegeben: „Rußland wolle nicht theilen, sondern es behalte die Verfügung über den Orient sich selbst vor". Das vielgenannte Petersburger Ministerialblatt bemerkt dazu: „Die orientalische Frage ist eine innere Angelegenheit Rußlands; es gebe nur ein einziges Mittel, um den Wirren in der Türkei ein Ende zu machen, und das sei ein Abkommen des kranken Mannes mit einem mächtigen und wohlwollenden Manne".2) Das wäre der „Depositar", zu dem erhoben zu werden Czar Nikolaus 1. vor bald fünfzig Jahren von England verlangte. Es wäre freilich das Gegentheil des alten Ideals des ehemaligen Großdeutschthums. Denn um die Zukunft des Deutschthums im ganzen Often wäre es dann geschehen. Aber wo ist jetzt überhaupt dieses Deutschthum? Der Eine Theil fährt auf den Handel nach China, der andere muß sich von Czechen und Magyaren abraufen lassen. Der alte Czechenführer Dr. Rieger in Prag hat Gott gedankt, noch erleben zu können, daß es nun ein Ende habe mit der „Allianz der West- oder katholischen Slaven gegen Rußland", und die panslavistische Idee siegreich sei.) Lux ex oriente: gilt nichts mehr für uns.

1) Londoner Correspondenz der Münchener „Allgem. Zeitung" vom 30. November 1894.

2) Wiener Correspondenz der Münchener „A11g. Zeitung“ vom

23. November 1896.

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3) Aus Petersburg 1. Münchener „Allg. Zeitung“ vom 4. Febr. d. I.

XLIII.

Aus der Schweiz.

Der protestantische Kriegsruf in der Schweiz.

Nachdem wieder mehr Ruhe eingetreten, lohnt es sich der Mühe, auf die vergangenen Monate zurückzublicken und den Kriegsruf der Protestanten gegen die Katholiken etwas näher ins Auge zu fassen. Im Oktober v. Is. fanden in Zürich die Verhandlungen der protestantischen Kirchen synode statt. Sie standen unter dem Zeichen: gegen Nom, gegen den Ultramontanismus, gegen den im Canton Zürich mächtig aufstrebenden Katholicismus! Schon die der Synode vorangehende Predigt von Pfarrer Schönholzer bildete die richtige Einleitung. Der Prediger will nicht eine eigentliche Synodalbetrachtung geben, seine Predigt soll ein lange zurückgehaltener Aufschrei des protestantischen Gewissens gegen unerhörte römische Angriffe" sein.

Er beginnt seine Ausführungen mit der Erinnerung an die Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas, spricht von den Schmähungen gegen Luther, Zwingli, den Freimaurerbund. Ueber die Taxilliteratur, fährt der Redner fort, legte der ht. Vater zu Rom segnend seine Hand, und die Feier des Canisius benüßte der Papst, um seine Verläumdungen und lügenhaften Entstellungen gegen den Protestantismus zu schleudern. In Deutschland erhob sich zuerst Protest. Man fand das Maß der Frechheit so voll, daß es Pflicht des Gewissens sei, sich zu erheben. Neben lauten Aeußerungen der katholischen Kirche geht die stille Arbeit jesuitischer Erziehungskunst einher. Sind einmal die Früchte dieser, der öffentlichen Controlle entzogenen

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Priestererziehung im Geiste Thomas von Aquins reif, so wird gegen jenen Zustand das, was wir heute Culturkampf nennen, ein wahres Kinderspiel sein. An dieser Pulvertonne, die in wenig Jahrzehnten explodiren wird, gehen achtlos vorbei die krämerhafte Diplomatie und Politik unserer Staaten, geht achtlos vorbei ein großer Theil der Presse. Der Protestantismus schläft. Eine gewaltige Hydra hat sich um seine einst so regsamen Glieder geschlungen: es ist die Schlange der Indifferenz, mächtiger noch als Rom und seine treueste Verbündete gegen uns. Vor uns haben wir die geschlossene Phalanx der römischen. Hierarchie, in deren Mitte den Beichtstuhl und die Presse, in den Flanken das Vereinsleben, die Töchterinstitute, Secundarschulen, Mittelschulen, Universitäten - alles katholisch! Ueber die ganze Welt dehnt sich ein großes, seinmaschiges Netz rosfinirte List und plumper Einbruch, der bis zum Seelenraub schreitet, vermögen, das wird gethan, um Proselyten aus der protestantischen Kirche zu werben, und es ist kaum mehr auszuhalten, so angriffig geht diese Kirche gegen uns vor. Zweihundert Millionen Menschen unter einer solchen Leitung, was soll daraus werden ?"

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„Man mag" fährt der Redner fort, nachdem er den Unterschied zwischen Protestantismus und Katholicismus kurz crörtert über die verschiedenen Richtungen der protestantischen Kirche lächeln, wie man will, wir haben doch eine feste und solide Grundlage, auf der wir stehen. Dies Kleinod fassen wir in die Worte ein: Gotteskindschaft, Heiligungstrieb, Brudergefühl. Die Glaubensmacht, die in diesem Kleinod liegt, wird allmählig auch manche Katholiken umfassen. Wir wollen ausschauen auf das römisch-katholische Volk und mit der Macht des protestantischen Glaubens auch dieses Volk allmählig zu überzeugen und zu umfassen suchen.“ (Zürcher Post.")

In der Synode flammte in der Nachmittagssigung die Culturkampfstimmung erst recht auf. Bei Anlaß der Abnahme des Jahresberichtes des Kirchenrathes pro 1896 lagen folgende Commissionsanträge vor:

I. Der Kirchenrath wird eingeladen, von sämmtlichen Pjarrämtern im nächsten Visitationsbericht genaue Auskunft zu verlangen über den Stand und Erfolg der römisch-katholischen

Propaganda in den einzelnen Gemeinden. Die Synode wird das Ergebniß dieser Berichte nach deren Zusammenstellung durch den Kirchenrath in der darauf folgenden Sigung entgegennehmen.

II. Die Kirchensynode möge beschließen:

1. Die Kirchensynode wendet sich an das reformirte Volk des Cantons Zürich in einer Ansprache, worin auf die Gefahren der gegenwärtigen römisch-katholischen Propaganda im Canton Zürich aufmerksam gemacht und insbesondere auf die Bedeutung der römisch-katholischen Praxis in Bezug auf Taufe und ge= mischte Ehen hingewiesen wird.

2. Diese Ansprache ist durch das Bureau der Synode abzufassen und von demselben auf einen ihm geeignet scheinenden Sonntag den sämmtlichen Pfarrämtern zuzustellen mit der Aufforderung, dieselbe durch Vorlesen von den Kanzeln während des Vormittags-Gottesdienstes zur Kenntniß der reformirten Glaubensgenossen zu bringen. Der Erlaß ist überdies den Gemeinde und Bezirkskirchenpflegern, den Mitgliedern der Kirchensynode und auch aktiven Angehörigen des züricherischen Ministeriums, sowie der Presse zuzustellen.

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Die Anträge begründete namens der Commission Pfarrer Meili in Wiedikon, weiland Redakteur der seither eingegangenen antikatholischen Zeitstimmen". Die confessionellen Zustände in Zürich, sagte die Begründung, seien andere geworden als vor zwei und drei Jahrzehnten, wo unter dem Pfarrer Kälin ein Jdyll in Zürich bestand. Daran, daß dieses Idyll nicht mehr bestehe, seien unsere wackern Altkatholiken nicht schuld, welche es vielmehr verdienten, daß wir ihnen etwas mehr den Rücken deckten, denn meines Erachtens verfechten die Altkatholiken unsere Sache." Der Redner ging hierauf auf die Gründe über, welche die Commission zu ihren Anträgen veranlaßten. Es sind namentlich zwei Punkte: die Vornahme von Umtaufen und die Anschauungen der katholischen Geistlichen über die gemischten Ehen. Die Kirche habe früher jede Taufe als richtig anerkannt, welche im Hinblick auf die allgemeine Kirche vorgenommen worden sei. Trete aber jezt in Zürich ein Protestant zur katholischen Kirche über, so werde er neuerdings getauft. Im Pensionat im Welschland und in

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