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das Fortleben der Seele nach dem Tode zur Vorausseßung hat, so möchte man meinen, die spiritistischen Geistermanifestationen als neue Beweise für dieses Grunddogma des Christenthums, die Unsterblichkeit der Seele, verwerthen zu können.

Es könnte aber keine verhängnißvollere Täuschung geben, als vom Spiritismus irgendwelche Unterstüßung für Christenthum und Religion zu erhoffen. Die christliche Wissenschaft hat übrigens dieses Spiel von Anfang an durchschaut und dem Spiritismus die religiöse Maske abgerissen. Wenn er behauptet, ein geläutertes Christenthum zu bieten, so braucht man seine religiösen Ideen nur näher anzusehen, um zu erkennen, daß er die Lehre Christi nicht unterstützt, sondern vernichtet. Er gesteht selber zu, daß seine Religion dem bisherigen Kirchenglauben allerdings entgegengesezt sei. Soll also, so fragt D., „in diesem Gegensaß gegen das Christenthum, die höhere Stufe, die Läuterung der Religion bestehen, von welcher die Spiritisten so gerne reden?" Wir finden bei D. das wahre Verhältniß des Spiritismus zu den wichtigsten Glaubenssäßen des Christenthums dargestellt, und zwar nach spiritistischen Quellen, größtentheils mit den eigenen Worten jener Medien, die sich besonderer Offenbarungen rühmen, damit den Verfasser niemand beschuldigen fönne, als hätte er sich „einer Unredlichkeit schuldig gemacht oder durch Consequenzmacherei die spiritistischen Lehren entstellt und mißdeutet." Der Spiritismus leugnet faktisch gerade die Grundlagen des Christenthums, wie Trinität, Gottheit Christi, Kirche, Gnade, Gnadenmittel. Christus ist den Spiritisten nicht Gott, freilich auch kein gewöhnlicher Mensch, sondern ein infarnirter Geist. Er war das begabteste Medium seiner Zeit. Zugleich stellte er ein vollkommenes Muster fürs menschliche Handeln dar. Die Wunder, die er gewirkt haben soll, sind nichts anderes als spiritistische Phänomene, wie sie ähnlich in den spiritistischen Sigungen alltäglich vorkommen. Es kann der christlichen Apologetik nicht

schwer werden, die „religiösen“ Sähe des Spiritismus zu widerlegen, und die Willkürlichkeiten und Widersprüche aufzuzeigen, die in den von den spiritistischen Geistern zu christlichen Schriftterten gegebenen Commentaren enthalten sind.

Nur über das spiritistische Wunder" sei noch ein Wort angefügt, weil es eine so hervorragende Rolle spielt. Mit dem Wunder scheint ja der spiritistische Aberglaube dem christlichen Glauben am nächsten zu kommen, während er sich gerade damit am gegensätzlichsten zu diesem verhält. Gegensäge berühren sich, gilt auch hier. Das ist auch begreiflich. Der Satan fann sich eben in einen Engel des Lichts verkleiden; und Scheinwunder sind eben deswegen möglich, weil es wahre Wunder gibt. Wenn nun die Spiritisten versuchen, die Aehnlichkeit der spiritistischen Erscheinungen mit den Wundern der Evangelien hervorzuheben, und die charakteristische Uebereinstimmung“ beider (Zöllner) zu erweisen, so ist es Sache der christlichen Apologetik, den Gegensat so markant aufzudecken, daß die Vergleichung als eine Blasphemie erscheinen muß. Vom christlichen Standpunkt ist zuzugeben, daß auch durch dämonische Kräfte einzelne wunderbare Wirkungen hervorgebracht werden können. Es ist auch unmöglich, alles, was von wunderbaren Dingen bei Heiden in alter und neuer Zeit berichtet wird, ins Reich der Mythen oder der Täuschungen zu verweisen. Es sind also klare Kennzeichen herauszustellen, durch die falsche Wunder von wahren unterschieden werden können.

Da ist zunächst freilich hinzuweisen auf die Größe der Wunder nach ihrer physischen Beschaffenheit. Das Christenthum hat „absolute" Wunder aufzuweisen, die nicht blos die Kraft eines Menschen, sondern die Kraft aller erschaffenen Wesen übersteigen. Die Auferweckung eines wirklich Todten kann nicht ohne Einwirkung eines überweltlichen Gottes erklärt werden. Auch in physischer Beziehung stehen somit den Scheinwundern des Spiritismus im Christenthum größere wahre Wunder gegenüber, wie es sich geziemt, daß das

Wahre auch der Erscheinung nach erhabener und mächtiger ist als das Falsche. Doch muß neben dieser physischen Bedingung ebenso stark die moralische betont werden.1) An die wahren Wunder muß die Forderung gestellt werden, daß sie der Idee Gottes würdig sind und der Ehre Gottes entsprechen. Die Wunder müssen zwar zur Bestätigung der Lehre dienen, aber man erkennt auch anderseits die wahren Wunder an der Lehre. Lehre und Wunder sind nicht zu trennen. Die Wunder dürfen nicht unterschätzt werden als Bestätigungsmittel der Sendung und der Lehre. Sie dürfen aber auch für sich allein nicht überschäßt werden. Denn sie vermögen nur gotteswürdigen Ideen eine Gewähr zu leisten. „Die Wunder des Spiritismus'," sagt P. Schanz, „sind Spektakelstücke, welche die menschliche Neugierde vielleicht befriedigen können, aber nach Ursprung und Zweck von der religiös sittlichen Idee weit entfernt sind. Wer sie für die biblischen Wunder, die nichtssagende spiritistische Lehre vom Jenseits für die christliche Hoffnung eintauscht, kann nicht durch Merkmale der Unterscheidung belehrt werden.“

Betreffs der religiösen Bedeutung des Spiritismus fommt D. zu dem Schlusse: „Der Spiritismus steht nicht blos im Gegensaß zu dem Christenthum, sondern er ist die Negation aller Religion überhaupt, der religiöse Nihilismus, er ist zuvor Rationalismus und moderne Aufklärung. Will man diese als Religion bezeichnen, dann ist sie die Religion der Freigeister und Freimaurer, die Religion des modernen Heidenthums“ (S. 198). Zudem wird von den Spiritisten selbst zugegeben, daß im Schoße ihrer Religion jede Schattirung von Glauben und Unglauben Platz hat. Mögen darum die Philosophen sich darüber streiten,2) ob der Spiritismus ein Gegengewicht schaffe gegen den Materialismus der Neuzeit, oder ob er selbst nur eine sublimere und schlimmere Art von Materialismus jei, in jedem Falle muß sich das Christenthum eine Unterstützung von dieser Seite verbitten.

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1) Vgl. P. Schanz, Apologie des Christenthums. 1. Aufl. II, 281 f. 2) Vgl. Wundt, „Ter Spiritismus, offener Brief" an Ultici S 30.

XL.

Der Entscheidungskampf zwischen Oesterreich und

"

Preußen 1866.

Zu ungeeigneter Zeit im Jubeljahr des Kaisers Franz Joseph läßt Friedjung den zweiten Band seines Werkes: Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 1859 bis 1866" erscheinen.1) Der erste Band hat in diesen Blättern) eine eingehende Würdigung erfahren, deren wesentliches Ergebniß durch den Inhalt des Schlußbandes vollauf bestätigt wird. Auch in dem neuen Bande zeigt sich überall das Bestreben des Verfassers, die Kriegsereignisse von 1866 chronologisch sicher zu stellen und in ihrem Zusammenhange zu erklären. Ob ihm das überall gelungen ist, mögen militärische Fachmänner entscheiden, welchen auch schließlich das Endurtheil über die Verschuldungen und Mißgriffe der Führer zusteht.

Unmittelbar nach dem Kriege wurde eine Militärjustizkommission mit der Untersuchung gegen die Generäle Benedek, Henifstein und Krismanič und andere Generale betraut; eine kaiserliche Verfügung vom 4. Dezember 1866 stellte indessen die gerichtliche Untersuchung ein; Graf Clam Gallas erhielt sogar ein kaiserliches Belobigungsschreiben. Aber Benedek wurde in der That ohne Durchführung einer ge

1) Stuttgart, Cotta 1898. SS. XVI, 606; mit 6 Karten. 2) Bd. 119, 853-878.

Hiftor. polit. Blätter CXXI. (1898.)

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richtlichen Untersuchung in einem officiellen Artikel der „Wiener Zeitung“ allein für die Niederlagen von 1866 verantwortlich gemacht. „Wir müssen das harte Wort wiederholen", — heißt es in der amtlichen Verlautbarung – „daß Feldzeugmeister von Benedek leider einer so großen Aufgabe nicht gewachsen war, daß in seinen Plänen und Dispositionen Mißgriffe stattgefunden haben, welche nach den Regeln der Kriegskunst nicht zu rechtfertigen sind, und die - an und für sich betrachtet - vom richterlichen Standpunkte sogar Anhaltspunkte zur Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens bieten konnten, wenn nicht die gewichtigsten Gründe für eine andere mildere Auffassung der Sache sprechen würden . . . Es gibt kein Gesetzbuch, das den Mangel höchster geistiger Begabung für straffällig erklärte, und nichts erübrigt wohl in ähnlichen Fällen, als die unerläßliche Sühne, die um so schwerer wiegt, je höher und ehrenvoller jener Wirkungskreis war". Als diese Sühne bezeichnet der Artikel „den Verlust des Vertrauens seines kaiserlichen Kriegsherrn, die Vernichtung seines militärischen Rufes vor Mit- und Nachwelt, die Erkenntniß des unermeßlichen Unglücks, das unter seiner Führung die Armee und durch deren Niederlage die ganze Monarchie getroffen hat"... Das war mehr als ein gerichtliches Verdikt Der unglückliche Feldherr nahm, da seine Versuche, sich vor dem Kaiser zu rechtfertigen, vergeblich waren, sein Schicksal resignirt hin, gab sogar dem Erzherzog Albrecht das Wort, zu schweigen; aber er zog den Soldatenrock aus und verbat sich auch jede militärische Ehre bei seinem Begräbniß. Die hocherregte öffentliche Meinung hatte ihr Opfer; die Geschichtsforschung begnügt sich aber mit solch' summarischer Justiz nicht sie will Licht und Schatten gleich und gerecht vertheilen und Schuld und Unglück genau erforschen. Das bleibt aber einer Zukunft vorbehalten, in welcher für den Forscher das Material vollständig vorliegt und politische und persönliche Rücksichten gänzlich entfallen.

Inmitten der Mißgriffe und Kopflosigkeiten der Führer

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