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sie nicht. Die wilden Völker, über die die Forschungsreisenden berichten, sind vielfach depravirt und weit entfernt von jener ursprünglichen Kraft und Fruchtbarkeit, welche die Germanen besaßen. Man kann bei wilden Völkern wohl fennen lernen, wie man sich unter primitiven Verhältnissen mit einfachen Werkzeugen und Mitteln behelfen kann, wohl aljo den äußeren Apparat der Cultur, nicht aber den inneren. Charakter eines primitiven Volkes. An sittlicher Kraft übertreffen die Germanen ohne Zweifel weit die Wilden der neuen Welt, und daher darf man nicht bei diesen erfragen, wie wohl das germanische Gemeinwesen einst aussah. Andererseits hat H. gerade eine sehr wichtige Erscheinung primitiver Cultur, die in verhältnißmäßiger Nähe noch heute besteht, übersehen. Ich meine den russischen Mir, die russische Markgenossenschaft, die bisher nicht mit Unrecht als Beispiel benutzt wurde, wie man sich die alte Markgenossenschaft zu denken habe. Diese russische Markgenossenschaft ist auch ein Beweis dafür, daß man dabei nicht nothwendig an eine Vereinigung freier Bauern denken muß, sie schließt die Hörigkeit der Bauern nicht aus. Man kann daher für die germanische Urzeit Markgenossenschaften annehmen, ohne genöthigt zu sein, immer an freie Bauern zu denken. Wenn H. für diese Urzeit den freien Bauern fast ganz verschwinden läßt, so kann man das anerkennen, ohne deshalb auch mit ihm die Markgenossenschaft verwerfen zu müssen. Die Theorie von der urgermanischen Markgenossenschaft fällt auch nicht damit, daß die rheinische Gehöfeschaft als ein Produkt späterer Zeiten nachgewiesen wird (S. 128).

Grupp.

V.

Edward von Steinle's Briefwechsel.1

Am 18. September 1886 ist Edward v. Steinle im Alter von 76 Jahren zu Frankfurt am Main aus dem Leben. geschieden. Elf Jahre nach seinem Hingang tritt nun sein Briefwechsel ans Licht und reiht sich würdig der schäzbaren Reihe von Briefsammlungen und Biographien an, welche seit den lezten Jahrzehnten über die Meister des neuen Aufschwungs der Kunst am Anfang des zu Ende neigenden Jahrhunderts veröffentlicht worden sind. Was Steinle dereinst (1876) von Führich gesagt, gilt von ihm selber: „Er hat zu den Marksteinen einer Zeit gehört, die bald nicht mehr sein wird". War Steinle der jüngste aus jener römischen Schaar, die einst mit so schönem Idealismus, mit der himmlischen Begeisterung der Jugend, der christlichen und vaterländischen Kunst neue Wege bahnten, so war er zugleich einer der vielseitigsten, der nicht bloß in großen religiösen Schöpfungen sich bethätigte, sondern mit gleicher Meisterschaft auch die profane Malerei beherrschte, im Geschichtsbilde wie im poetischen Genre, im Reiche des Märchens wie in Erfindungen eines anmuthig spielenden Humors Geist

1) Edward von Steinle's Briefwechsel mit seinen Freunden. Herausgegeben und durch ein Lebensbild eingeleitet von Alphons Maria von Steinle. In 2 Bänden. Freiburg, Herder. 1897. 540 und 516 S.

und Herz der Menschen erfreute, ohne je, bis ins Kleinste hinein, seinem Ideale untreu zu werden.

Echon zu Lebzeiten Steinle's hat Constant von Wurzbach ein biographisches Bild des Frankfurter Malers entworfen, worin in knappen Umrissen, aber mit diplomatischer Genauigkeit die erstaunliche Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit des Meisters dargelegt wurde.1) Der jezt durch die Sorgfalt und Pietät des Sohnes herausgegebene Briefwechsel Edward von Steinle's mit seinen Freunden eröffnet uns erst den Blick in das innere Leben, in den menschlichen und fünstlerischen Entwicklungsgang des Malers, und führt uns jo recht in das Verständniß seines Wollens und Wirkens ein

Die Ordnung der Briefe ist nicht die gewöhnliche, allgemein chronologische, vielmehr wird Steinle's Correspondenz mit jeder einzelnen Person für sich in geschlossener Abfolge zum Abdruck gebracht, beginnend mit dem Briefwechsel zwischen Vater und Sohn, an den sich nach einander die Correspondenz mit Joseph Tunner (nachmals Galleriedirektor in Graz), mit Johannes und Flora Veit in Rom, mit Friedrich Overbeck, mit Freiherrn Bethmann-Hollweg, mit J. Fr. H. Schlosser und Frau Sophie Schlosser, mit W. Molitor, Clemens Brentano, Frau Antonie BrentanoBirkenstock, Fräulein Emilie Linder, August Reichensperger und Freiherrn Adolf von Brenner anschließt.

Eingeleitet wird der mit 19 Lichtdrucken geschmückte und mit einem chronologischen Verzeichniß der Werke Steinle's ausgestattete Briefwechsel durch ein 166 Seiten umfassendes Lebensbild, das, wie der Herausgeber betont, wesentlich das Verständniß der publicirten Briefe vermitteln will. Wenn es somit auf erschöpfende Vollständigkeit verzichtet, gewinnt es dafür durch die Verlässigkeit der Angaben und Nach

1) Ein Madonnenmaler unserer Zeit. Wien, Verlag von Manz. 1879. Vgl. darüber Histor.-pol. Blätter Bd. 84, S. 602–608.

weise, die durch eine Reihe in die Biographie eingeflochtener Briefe bedeutender Zeitgenossen (wie Frhr. A. von Hübner, Abt van der Meulen, Oberbaurath von Rösner, Graf Schack, Bischof I. G. Stroßmayer, Frederick Leighton, Prälat Stülz, Arnold Otto Meyer) erhöht und durch interessante Züge bereichert und anziehend gemacht wird. Das Denkwürdigste aus dem Künstler- und Christenleben des herrlichen Mannes ist hier zusammengedrängt und in seinem Studiengang dargelegt, wie ihn schon in der Jugend eine glückliche Fügung in jene Richtung lenkte, die seiner Anlage wie seiner Gemüthsverfassung entsprach und der er unbeirrt durch ein langes Leben treu geblieben. Dabei fehlte es dem Aufstrebenden nicht an Hindernissen mannigfacher Art, aber wir sehen, wie mit der fortschreitenden Kunstübung auch sein Geist einen immer höheren Flug nimmt, wie der Maler, nachdem er in der Kapelle von Rheineck 1838 seine selbstständige Kraft erprobt, zur vollen Meisterschaft sich erschwingt in den großen monumentalen Schöpfungen, die ihm nach einander übertragen werden, als da zu nennen: die Fresken im Chor des Kölner Domes (1843-46), in der St. Aegydiuskirche zu Münster (1857-58), im Treppenhause des Museums zu Köln (1860-63), in der Marienkirche zu Aachen (1865), in der Kapelle zu Kleinheubach (1869–70), im Münster zu Straßburg (1876–79) und zulezt, am Ausgang seiner Tage (1885) im Frankfurter Kaiserdom, dessen Ausmalung nach seinen Entwürfen er noch großentheils erlebte und überwachen konnte. Diese Thätigkeit in monumentalen Aufgaben führte ihm die Bekanntschaft bedeutender und vor trefflicher Menschen zu; überall schloßen sich die Besten dem liebenswürdigen genialen Maler an. Neben diesen großen Bildercyklen ging aber eine staunenswerthe Menge kleinerer Arbeiten einher, Compositionen voll köstlicher Anmuth und frommer Innigkeit, Darstellungen aus dem Gebiet der Geschichte und Legende, liebliche Idyllen und Märchengestalten, Gelegenheits- und Gedenkblätter der sinnvollsten Art und

voll glücklicher Laune, in denen sich des Künstlers ganze Innerlichkeit mit einem Phantasiereichthum ohne gleichen erschließt. Es ist eine Summe von Arbeit, wie sie nur aus einer fast unerschöpflichen Erfindungskraft und der Fruchtbarkeit eines wohl angewendeten harmonischen Lebens sich erflären läßt.

Seiner Abstammung nach ist Steinle ein Schwabe: sein Vater Johannes Steinle war aus dem geistlichen Stifte Kempten nach Wien gewandert, wo er als geschickter Graveur sich Ruf und feste Lebensstellung errang, und eine fromme Oberösterreicherin zur Lebensgefährtin gewann. Hier kam Edward Steinle am 2. Juli 1810 zur Welt. Anfangs in der Schule Fügers, des Manieristen, gebildet, schloß er sich nach Kupelwiesers Heimkehr aus Rom an diesen an und wurde ein Altdeutscher". Ueber seine Anfänge geben eigenhändige Aufzeichnungen kurze, aber schäßbare Aufschlüsse. Die Steinle'sche Grazie" hat ihren Ursprung in seinen von Kupelwieser geleiteten Fiesolestudien, und darum ließ er später alle seine Schüler denselben Weg gehen.

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Zu weiterer Ausbildung ließ der Vater den kunst= begeisterten Sohn schon in seinem 18. Jahre nach Rom reijen, und damit von 1828 an nimmt der Brief= wechsel Steinle's mit dem Vater und den nächsten Freunden seinen Anfang. Die Briefe an den Vater, mit ihrer ehrlichen Sachlichkeit, zeigen den Sohn in herzgewinnendem Lichte. Sein findlich treues und offenes Verhältniß zum Vater ist das schönste, das man sich denken kann. In Rom wurde jeine Begegnung mit Overbeck entscheidend für den jungen Künstler. Overbeck war der erste Mensch, den er, ohne ihn zu kennen, bei seiner Ankunft ansprach. Und welches Glück ich hatte!" schreibt Steinle an den Vater -- „ich war kaum 11/2 Stunde in Rom, als ich auf der Gasse einen ganz schlichten Mann 'ansprach, ob er deutsch spreche und jene nicht kenne, an die ich Briefe mit hatte, und es entdeckte sich gleich, daß es Overbeck selbst war, welcher

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