Obrazy na stronie
PDF
ePub

gesundheitsschädliche Nahrungsmittel auf den Markt gebracht

werden.

Verträgt sich nun das moderne Schulmonopol einiger Staaten mit diesen Grundsägen? Durchaus nicht! Zunächst sei bemerkt, daß die meisten civilisirten Staaten der Neuzeit. das Schulmonopol nicht haben. Wir nennen beispielsweise England, Holland, Belgien, Dänemark und die Vereinigten Staaten von Nordamerika. In den meisten Ländern dagegen, an welche sich die Encyklika wendet, geht der Staat einerseits nicht weit genug, andererseits zu weit in der Beschränkung der Schulfreiheit.

Hinsichtlich der Pflege des Körpers soll also der Staat gesundheitsschädliche Nahrungsmittel nicht zulassen. Aehnlich verlangen die Grundsäße eines gesunden Naturrechts, daß der Staat geistiges Gift von den Schulen fernhält. Geistiges Gist aber ist (auch ganz abgesehen vom Christenthum) der Atheismus. Was nun thut der Staat? Er duldet nicht blos glaubenslose Lehrer, er selbst vielmehr stellt sie wiederholt an!

Andererseits geht der Staat mit seiner Einmischung in das Schulwesen viel zu weit, indem er z. B. Privatgymnasien oder Gymnasien der Bischöfe oder der katholischen Lehrorden entweder gänzlich ausschließt oder nur unter sehr drückenden Bedingungen zuläßt. Welche Gründe des öffentlichen Wohles berechtigen ihn hierzu? Hat er von jedem Privatmann, hat er von den Bischöfen oder den katholischen Orden atheistische, socialistische oder sonst destruktive Tendenzen zu befürchten, daß er zur Präventivmaßregel eines Schulmonopols greifen müßte? Gewiß nicht! Allzu nahe liegt vielmehr der Verdacht, daß der Staat mit seiner Monopolisirung der Schulen einseitig egoistische Interessen verfolgt, daß er namentlich eine freie Entwicklung katholischer Anschauungen zu hindern trachtet. Für die Erwachsenen kann er das nicht mehr, seit wir Preßfreiheit haben. Um so mehr möchte er es bei der Jugend erreichen, indem er die Schulfreiheit ausschließt.

Und doch ist die Beschränkung der Schulfreiheit in gewissem Sinne noch härter und unnatürlicher, als die Beschränkung der Preßfreiheit. Denn der Erwachsene kann sich eines seiner Confession feindlichen Einflusses noch eher erwehren, als der Knabe und der Jüngling. Daß aber die geistige Beeinflussung unserer katholischen Jugend vielfach eine dem Katholicismus feindliche ist, ließe sich durch mancherlei Beispiele erhärten. Es werden z. B. die Heroen des Katholicismus möglichst todtgeschwiegen, die des Protestantismus dagegen über Gebühr erhoben.') Wir Katholiken sind uns dieser heimlichen Protestantisirung oft kaum bewußt. Sprechen wir doch z. B. selbst mitunter von einer „Reformation“, indem wir die Glaubensrevolution des 16. Jahrhunderts damit bezeichnen wollen, welche doch nach katholischen Anschauungen eine Revolution war im stärksten Sinne des Wortes!

Zweitens: Wir nehmen indeß an, daß der Staat ein christlicher sein will, wozu er ja auch durch mancherlei Rechtstitel verpflichtet ist. Der preußische Staat 3. B. ist verfassungsmäßig ein paritätischer, so daß die Verfassung von ihm fordert, daß er die Evangelischen nach ihren Grundsägen, die Katholiken aber auch nach katholischen Grundsäzen behandelt. In dieser Voraussetzung ist jenes einseitig staatliche Schulmonopol nicht blos eine Vergewaltigung an den natürlichen Rechten der Eltern, sondern obendrein ein Eingriff in die Rechte der von Christus gestifteten Kirche.

[ocr errors]

Die Kirche ist vom Staate nach Gegenstand, Zweck und Wirksamkeit verschieden, und deshalb betrachtet die gemeinsame Ordnung aller christlichen Völker Staat und Kirche als zweierlei, wesentlich selbständige Gemeinschaften ;“

1) Vgl. z. B. L. v. Hammerstein, Das Preußische Schulmonopol (Freiburg, Herder 1893) S. 96-103 und an manchen andern Stellen.

so schreibt nicht etwa ein katholischer Mönch des Mittelalters, sondern ein protestantischer preußischer Jurist des 19. Jahrhunderts, v. Rönne!1) Ist aber die Kirche eine wesentlich selbständige, vom Staat verschiedene Gemeinschaft, so hat sie auch ihre selbständige Rechtssphäre, in welche der Staat ohne Rechtsverletzung nicht eingreifen darf. Es fragt sich jest: was gehört zu dieser selbständigen Rechtssphäre der Kirche? Offenbar die religiöse Belehrung, Erzichung und Leitung ihrer Angehörigen, also besonders der Religionsunterricht und die Fernhaltung von Gefahren für Glaube und Sitten. Hat doch Christus seine Kirche gesandt, alle Völker zu lehren, sie halten zu lehren alles, was er geboten (Matth. 28, 19. 20)!

Hiernach hat die Kirche das vom Staat unabhängige Recht, Schulen für den Religionsunterricht zu gründen. Dieses ist die positive Seite ihres Rechtes. Ihr Recht hat aber auch eine negative Seite, nämlich zu verhindern, daß die ihr angehörigen Kinder in Schulen gezwungen werden, welche Gefahr für den katholischen Glauben mit sich bringen. Derertige Schulen sind nun die Vischschulen und alle Schulen, an welchen Lehrer wirken, die mit der Kirche zerfallen sind. Sieht sich der Staat außer Stande, diesen berechtigten Anforderungen der Kirche zu genügen, so ist er doch wahrlich verpflichtet, der Kirche die Errichtung eigener Schulen zu gestatten; und das, auch ganz abgesehen von der natürlichen Rechtsfreiheit eines jeden, welche ebensowohl in Errichtung von Schulen sich bethätigen darf, wie in Anlegung von Fabriken oder anderen Unternehmungen. Dieser natürliche Rechtstitel wird bei der Kirche verstärkt durch den ausdrücklichen Auftrag, alle Völker zu lehren und zu erziehen, welchen Christus seiner Kirche mit auf den Weg gab. Die

1) v. Rönne, Das Staatsrecht der preußischen Monarchie. Leipzig 1882 Bb. II. S. 370.

Kirche besißt dieses Recht unabhängig von jeder staatlichen Genehmigung, und dasselbe darf ihr auch nicht indirekt illusorisch gemacht werden durch allerlei staatliche Vorkehrungen, wie durch das Berechtigungswesen, oder durch eine ungerechte Besteuerung, indem er die Eltern, welche ihre Kinder den Staatsschulen nicht anvertrauen, dennoch zum Unterhalt der= selben beitragen läßt.

Aber wie? Berechtigt denn nicht die Rücksicht auf Einheit des nationalen Denkens und Fühlens den Staat, das gesammte Schulwesen in die Hand zu nehmen? Wir antworten mit der Gegenfrage: Berechtigt nicht die Rücksicht auf Einheit des christlichen Denkens und Fühlens die Kirche, das ganze Schulwesen ihrer Jugend für sich zu beanspruchen? Wer hat denn ein stärkeres Recht auf geistige Einheit, dieser oder jener Staat, z. B. das Königreich Preußen, das Großherzogthum Baden u. s. w., oder die katholische Kirche? Wenn der Religionsunterricht, wenn die religiöse Erziehung das Herz aller Erziehung und alles Unterrichtes bildet; wenn Christus die Kirche gesandt hat, alle Völker zu lehren: dann muß doch wahrlich bei der Frage nach geistiger Einheit das Recht der Kirche jenes der weltlichen Macht und der Nationalität um ebenso weit überragen, als die ewigen Intereffen des Menschen den irdischen vorgehen. Eine unerhörte Vergewaltigung an den höchsten Gütern der Christen ist es somit, wenn der Staat durch sein Schulmonopol die Kirche vom Schulwesen, insbesondere von Errichtung eigener Schulen, ausschließt, oder die Zulassung derselben auf diesem Gebiete als vom freien Ermessen des Staates abhängig betrachtet. Obendrein wird der deutsche, der englische u. s. w. Nationalitätsgeist an katholischen englischen oder deutschen Schulen weit weniger leiden, als der katholische Geist der katholischen Jugend in Staatsschulen, deren höchste Leitung etwa einem kirchenfeindlichen, oder gar einem protestantischen Cultusminister untersteht. Denn ein katholischer Engländer 3. B. kann sehr wohl die ihm anvertraute Jugend zugleich

in katholischem und in englischem Geiste erziehen, ein protestantischer Cultusminister dagegen kann dem katholischen Schulwesen nicht einen wahrhaft katholischen Geist einhauchen, ohne mit seiner innersten Ueberzeugung bis zu einem gewissen Grade in Conflikt zu gerathen.

Dies Bedürfniß der Kirche nach eigenen Schulen wird in der Gegenwart immer dringender, und das aus zwei Gründen. Erstens die moderne Freizügigkeit bewirkt immer mehr die confessionelle Vermischung der Bevölkerung. Früher waren die Gymnasien in Köln, Münster, Trier, u. s. w. selbstverständlich fast nur von katholischen, ähnlich die Gymnasien in Berlin, Stettin, u. s. w. fast nur von protestantischen Schülern besucht. Jezt ist das nicht mehr der Fall; an den Gymnasien des Staates sizen Katholiken, Protestanten und Juden in bunter Mischung durcheinander; der Staat kann den confessionellen Charakter seiner Gymnasien nicht mehr aufrecht erhalten. Zweitens: was die Lehrfräfte angeht, so kann der Staat, welcher ja immer mehr der Religionslosigkeit entgegen steuert, ebenso wenig den confessionellen Charakter der Gymnasien wahren. Mag er auch noch einigermaßen sorgen können, daß die Lehrkräfte dieses oder jenes Gymnasiums äußerlich derselben Confession angehören: wie fann er sich vergewissern, daß sie im Herzen zum Credo ihrer Confession sich bekennen? Soll aber der christliche Glaube auch in den höheren Gesellschaftsklassen erhalten werden, so sind strengconfessionelle Gymnasien eine Nothwendigkeit. Die Kirche dagegen ist, z. B. vermöge ihrer Lehrorden, durchaus im Stande, solche zu bieten. Ihr also muß die freie Errichtung von Schulen, insbesondere von Gymnasien, gestattet werden.

Wir verhehlen uns nicht, wie zähe manche weltliche Regierung an ihrer Alleinherrschaft im Schulwesen festhält. Sie hat ohne Rechtstitel dasselbe vor einem Jahrhundert der Kirche entrissen und verwerthet es jezt vielfach gegen die Kirche und im Interesse des Protestantismus. Ein

Hiftor. polit. Blätter CXXI (1998).

3

« PoprzedniaDalej »