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Interesse. Um ein vollständiges Bild des bäuerlichen Lebens im 13. Jahrhundert in Bayern und Desterreich zu geben, halte ich die Prüfung und Ergänzung der Angaben der Dichter durch die Aussagen der gesammten gleichzeitigen Schriftsteller und insbesondere auch der Urkunden für unvermeidlich Möge Raginger sich dieser allerdings großen Mühe unterziehen; gerade er ist bei seinen volkswirthschaftlichen Kenntnissen der Mann, um einer solchen Arbeit gerecht zu werden.

Mit Ausnahme dieses an sich höchst anziehenden Aufsaßes bewegen sich die der bayerischen Geschichte dienenden Arbeiten in der zweiten Abtheilung theils völlig auf kirchengeschichtlichem Gebiete, theils auf der Grenze zwischen diesem und dem der Brofangeschichte. All diese Arbeiten verdienen volle Anerkennung; sie zeugen wiederum für ausgedehntes und gründliches Wissen ihres Verfassers. In ihnen bewährt sich Razinger als Meister scharfsinniger Kritik und Combinationsgabe.

Hier ist nicht der Ort, auf den Inhalt dieser Arbeiten im Einzelnen einzugehen; ich kann nur dringend die Leser einladen, dieselben selbst zu lesen; sie werden dabei finden, wie Razinger sogar spröden Stoff in genießbare Form zu gießen verstanden. hat. Insbesondere möchte ich hinweisen auf Raßingers Erörterung über den Sturz Thassilo's, den er mit dem Gegensage zwischen der canonischen, von den Bischöfen vertretenen, und der germanischen von Thafsilo festgehaltenen Auffassung über das Eigenthum an den Kirchen verbindet, auf seine völlig überzeugende Darstellung über die Zeit (8. Jahrhundert) und das Wirken des hl. Rupert, die hierarchische Stellung und die Thätigkeit des hl. Valentin und die christlichen Zustände in Bayern in der Römer- und in der ersten Baiuwarenzeit. Schließlich sei noch erwähnt, daß ein Orts-, Personen- und Sachregister die Venüßung des Buches wesentlich erleichtert.

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Die Forschungen zur bayerischen Geschichte sind, das ist das Gesammtergebniß meiner Prüfung derselben, von hohem Werthe für die bagerische Kirchengeschichte in erster Reihe, sie bereichern aber auch die staatliche und volkswirthschaftliche Geschichte unseres Landes. Mögen sie verdiente Verbreitung finden! F. L. Baumann.

Hiftor.-polit. Blätter CXXI. (1898).

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XXXI.

Historische Miscelle.

Der Thorner Tumult 1724.1)

Vorliegende Streitschrift ist ein Muster einer ruhigen und sachlichen Darlegung des wahren Thatbestandes. Jacobi hat sich in zwei Schriften „Das Thorner Blutgericht“ und „Neuere Forschungen über das Thorner Blutgericht", den Schein eines unparteiischen Richters gegeben, in der That aber Advokatenkünfte der allerschlimmsten Art angewandt, um seine Clienten, die Protestanten, rein zu waschen und seine Gegner, die Katholiken, anzuschwärzen. Am schlimmsten fahren dabei die Jesuiten. Dieselben begingen in Jacobi's Augen das große Unrecht, den Fortschritten der Protestanten in Thorn ein Ziel zu sehen und die Katholiken zu stärken. Der protestantische Magistrat nahm jede Gelegenheit wahr, die Jesuiten zu schädigen. Infolge der feindlichen Stimmung der protestantischen Bevölkerung kam es zu Streitigkeiten zwischen den katholischen Studenten und den Städtern. Diese nahmen am 16. Juli 1724 einen ernsten Charakter an und führten zuerst zu einem Sturm auf die Schule, in der die Studenten versammelt waren, und nach einiger Zeit auf das Colleg selbst. Die Thür wurde erbrochen, die Möbel zerschlagen, man konnte mit Mühe die heiligen Hostien wegschaffen. Wären nicht die Kronsoldaten den Jesuiten zu Hilfe gekommen, dann hätte die protestantische Rotte wohl an die Patres selbst Hand angelegt. Rösner, der erste Bürgermeister, wohnte in der Nähe des Collegs, that aber nichts, um dem Tumult Einhalt zu gebieten, ja er hatte die Bürgermiliz entweder selbst entfernt, oder ließ zu, daß sie abzog und

1) Aus Anlaß zweier Schriften von Fr. Jacobi dargestellt von St. Rujot (83 S.) Thorn, Zabloci.

Statt die

die Jesuiten der Wuth des Pöbels preisgab. Schuldigen zur Strafe zu ziehen, suchte er die Angelegenheit zu vertuschen und weigerte sich, die Zeugen zu verhören, welche die Angeklagten hätten überführen können. Ebenso leugnete er, daß heilige Gegenstände verunehrt oder verbrannt worden. seien Rösner hatte es nur sich selbst zuzuschreiben, daß er als Urheber des Tumultes galt.

In dem Proceß, den die Katholiken gegen die Theilnehmer und die Begünstiger des Tumultes anstrengten, wurden die beiden Bürgermeister, Rösner und Zernecke, außerdem zwölf andere schuldig befunden. Von letteren wurden acht hingerichtet, die übrigen begnadigt. Auch die zwei Bürgermeister wären straffrei ausgegangen, wenn die Jesuiten, wie es der Nuntius wünschte, die Eidesleistung verweigert hätten. Die Jesuiten hatten bei dieser Angelegenheit keineswegs freie Hand, mußten vielmehr auf die Stimmung der Katholiken und des hohen Adels Rücksicht nehmen, durften auch keineswegs die Hand zur Annullirung des Urtheils der königlichen Commissäre bieten. Eine Verweigerung der Eidesleistung hätte nicht nur die Freisprechung der zwei Bürgermeister nach sich gezogen, sondern auch das Umstoßen und die Caffirung der zu Gunsten der Katholiken Thorns erlassenen Anordnungen. Die Marienfirche, welche den Bernhardinern zugesprochen worden war, wäre in diesem Falle den Protestanten verblieben. Die Jesuiten gewannen durch die Eidesleistung durchaus nichts; daß sie nach dem Blute Rösners dürsteten, wird schon durch die Thatsache widerlegt, daß sie Fürbitte für ihn einlegten. Jacobi freilich behauptet das Gegentheil und bezichtigt die Jesuiten des Fanatismus und gemeiner Gewinnsucht. Zernecke (der Bürgermeister, dessen Begnadigung die Jesuiten erwirkten), so liest man bei Jacobi, wartete den Verlauf des wider ihn schwebenden Processes nicht ab, sondern gab sein Haus, dessen ungünstige Lage inmitten der Besitzungen der Jesuiten die Hauptursache (!) feines Unglücks gewesen war, den Jesuiten preis und siedelte nach Danzig über." Faktisch kam Zernecke's Haus in den Besiz von Sauer und wurde erst später von den Jesuiten gekauft. Daß Zernecke die Jesuiten bestochen, davon wissen die Quellen nichts; daß die Stadt ihretwegen schwer besteuert worden, ist

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gleichfalls aus der Luft gegriffen. Die Jesuiten nahmen von der ihnen von den Richtern zugesprochenen Entschädigungssumme nur einen kleinen Theil und gaben das Beispiel einer seltenen Uneigennüßigkeit. Jacobi macht es den Jesuiten sogar zum Vorwurf, daß sie sich von der Stadt die Zinsen für eine der Bürgerschaft vorgeschossene Geldsumme zahlen ließen.

Jacobi hat sich in seinen beiden Schriften wohl auf die in polnischer Sprache geschriebene Arbeit Kujots, namentlich auf seine Aktensammlung bezogen, die im Jahresbericht des Posener Vereins der Freunde der Wissenschaften 1894/95 erschienen ist, hat aber dieselbe nicht ausgenüßt und Raum für eine neue Bearbeitung gelassen.

Auf dem mit großer Umsicht gesammelten und gesichteten Quellenmaterial ruht die Darstellung K.s, die von der Jacobi's in wesentlichen Punkten abweicht, der vielfach die gröbsten Fehler begeht. Nach ihm haben die Commissäre außer dem Vorsißenden hohe Summen sich bezahlen lassen, nach den Akten verzichteten elf der Commissäre auf jede Competenz. Allen von K. angeführten Urkunden zum Troß behauptet Jacobi, der König habe die Bürgermeister retten wollen, sei aber machtlos gewesen, dagegen hätten die Jesuiten ¦jederzeit das Leben Rösners retten können. Auf die von K. und anderen entwickelten Gründe ist er gar nicht eingegangen. Jacobi ist farbenblind, er kann in den Katholiken und den Jesuiten nur Fanatiker, verlogene, selbstsüchtige Menschen sehen und weist alle Entlastungszeugen zurück. Da die Herren vom Protestantenverein sich vielfach auf diese Tendenzschrift des evangelischen Pfarrers von Thorn berufen, um die Katholiken und die Polen herabzuwürdigen, so wäre es höchst zweckmäßig, die vorliegende Broschüre unter dem Volke zu verbreiten. Sie empfiehlt sich auch deshalb, weil sie die Fehler der protestantischen Geschichtsbaumeister bloslegt. In einem Punkte muß ich von K. abweichen. Aus dem Briefe des Rektors des Jesuitencollegs in Thorn geht deutlich hervor, daß derselbe den Brief des Nuntius vor der Eidesleistung erhalten hat, daß er aber, durch die Drohungen und das Geschrei des Adels bedrängt, nicht nachgeben durfte. K. sezt dies als zweifelhaft hin.

A. Zimmermann.

XXXII.

Ludwig Brüel.

Von Rhena n u s.

(Schluß.)

II.

Nach Brüels Dienstaustritt im Jahre 1868 bot sich für die Theilnahme an öffentlicher Wirksamkeit als nächster und natürlicher Anschluß an seinen bisherigen Beruf die synodale Thätigkeit, an der er schon auf der Vorsynode, welche 1863 die neue Kirchenvorstands- und Synodalverordnung zu be rathen gehabt hatte, als königlich ernanntes Mitglied und thatsächlich als Commissar des Cultusministeriums Theil ge= nommen hatte. Die erste ordentliche Landessynode trat 1869 zusammen; Brüel hat dieser wie den späteren Landessynoden als gewähltes Mitglied angehört, mit großem Interesse und nicht ohne Einfluß an den Synodalverhandlungen sich betheiligt; regelmäßig wurde er von den Landessynoden in deren ständigen Ausschuß und von lezterem zu seinem Vorsigenden gewählt.

In einen völlig neuen Wirkungskreis führte ihn sodann das ungesucht ihm zugekommene Amt eines Bürgervorstehers seiner Vaterstadt Hannover, welches er seit dem Jahre 1870 inne gehabt hat, viele Jahre als „Bürgerworthalter" (Stadtverordneten Vorsteher). Nicht lange nach dem Eintritt in das Bürgervorsteher-Collegium wurde Brüel dann auch als Abgeordneter in das preußische Abgeordnetenhaus be

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