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Gordon-Aufstandes in London 1780 befürchtete, wir lernen den Mannesmuth des achtundvierzigjährigen Wiseman kennen, sowie die Entstehung seiner berühmten Berufung an das englische Volk". Die Analyse der lezteren ist nach Aufzeichnungen des Dr. Whitty geschrieben, welcher damals Wiseman's Generalvifar war, nachmals Dompropst wurde und dann, der Welt entsagend, in die Gesellschaft Jesu trat. Die lezten Kapitel des ersten Bandes, welche uns Wiseman auf der Höhe seines Ruhmes zeigen, wie er die aufgethürmten Wogen des englischen Volksfanatismus mit der Ruhe eines Apostels besänftigt, sind von dramatischer Lebendigkeit. Er“ (Wiseman), schrieb Newman. damals an Sir George Bowyer, ist für die Welt gemacht und steigt empor, so oft Gelegenheit dazu geboten wird. Wie hoch ich seine Gaben auch schäßen mochte, eine solche Entfaltung von geistiger Kraft, von Urtheil und energischer Ausdauer wie in den verflossenen beiden Monaten habe ich nicht erwartet." Mit vieler Mühe hat Ward eine Menge bemerkenswerther Züge der Tagesliteratur, insbesondere auch der humoristischen, entlehnt. Vollständig zur Mittheilung gelangen die von Haß und Ungerechtigkeit stroßenden Artikel der „Times" gegen Wiseman. Durch eine kleine List des Generalvikars Whitty wurde die „Times" gegen ihren Willen gezwungen, des Cardinals weltberühmte Berufung an das englische Volk" am Tage ihres Erscheinens, wie vier andere leitende Journale Londons, und zwar sofort, ganz und unverkürzt, was der Redakteur anfangs ablehnte, in ihre Spalten aufzunehmen. Einer schärferen Buße hat das Weltblatt sich selten unterziehen müssen. Der Absatz der Berufung an das englische Volk" überstieg alle Erwartungen. Allein die „Times" hat am ersten Tage 50,000 Exemplare ihres Blattes verkauft.

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Der zweite Band ist den übrigen fünfzehn Jahren im Leben des Cardinals (1850)—65) gewidmet. Ausbau des Hauses so lautete die Aufgabe, deren Lösung Wiseman zu übernehmen berufen war. Auch Wisemans Episkopat hat sich dornenvoll gestaltet. Aus dem Schooß seiner Amtsgenossen erfuhr er manchmal heftigen Widerstand, was Berufungen nach Rom und langwierige Verhandlungen zur Folge hatte. Aus den Briefen, welche der Cardinal aus der Hauptstadt der

christlichen Welt, wo er seine Sache vertrat, geschrieben, erfährt man die schmerzlichen Gefühle, welche Erörterungen solcher Art, die sich auf Mein und Dein bezogen, seinem idealen Sinne bereitet haben. Das soll nicht geleugnet werden, daß Wiseman bei seinen blendenden Anlagen, seinem glühenden Seeleneifer und seiner fruchtbaren schriftstellerischen Thätigkeit kein Geschäftsmann im strengen Sinne des Wortes war. In Geld: sachen war er ein Kind und ohne einen seiner heftigsten Gegner in späteren Tagen, den Domherrn Msgr. Searle, wäre er ein verlorener Mann gewesen. In vielen Fragen erhielt Wiseman vor den römischen Congregationen Recht. Die Rechte dagegen, welche er als Metropolit über die in anderen Diöcesen gelegenen Colleges beanspruchte, hat Rom nicht anerkannt. Herden Schmerz bereitete dem Cardinal der vom Geistlichen Boyle bei dem weltlichen Gericht gegen ihn angestrengte Proceß, der zwar in letzter Instanz günstig verlief, aber in der zweiten dem Cardinal eine Buße von tausend Pfund Sterling eintrug. Der Proceß hatte übrigens auch eine gute Wirkung. Boyle hatte im Ami de la religion einen sehr zweifelhaften Vertheidiger gefunden, welcher durch eine Reihe gehässiger Artikel den Cardinal seines guten Namens beraubte und die Sympathien der französischen Katholiken für die Lage der englischen Glaubensbrüder abzuschwächen drohte. Wiseman's meisterhafte Entgegnung hat Ward unverkürzt mitgetheilt.

Ueber Wiseman's 3erwürfniß mit seinem Coadjutor Msgr. Errington, sowie über die Rolle, welche Manning, der Stellvertreter des Cardinals in dieser heikeln Angelegenheit, in Rom gespielt hat, gewährt der zweite Band beachtenswerthe Aufschlüsse Zunächst erscheint im Anhang der in italienischer Sprache geführte Briefwechsel zwischen Wiseman und Errington (beide waren Schüler des englischen Collegs in Rom). Die Darstellung im Text aber beruht auf den authentischen Mittheilungen von zwei Augenzeugen, als welche erscheinen der Weihbischof Msgr. Patterson und der Domherr Morris. In feinster Maßhaltung hat Ward der Beurtheilung Manning's durch. E. Purcell im zweiten Bande seiner Manning-Biographie den Boden entzogen. Cs ist eine feierliche Ehrenrettung Manning's. Manning steht heute da, nicht als ehrgeiziger

Streber, welcher seine Bemühungen darauf richtet, den Msgr. Errington aus seiner Stelle zu drängen, mit dem elend verhüllten Plane: Ote-toi que je m'y mette. Er glänzt vielmehr als der treue Diener Wiseman's, seine Befehle sorgsam ausführend, seine Person schüßend und stüßend. Aus nicht wenigen Briefen Wiseman's tönt uns die Klage völliger Vereinsamung entgegen mit einer Kraft, welche im Herzen des Lesers ein elegisches Gefühl erzeugt. Aber gerade in dieser kritischen Zeit hat Manning mit Mannesmuth unentwegt beim Cardinal Wiseman ausgeharrt. Seine völlige Selbstlosigkeit wird ihm nach der Darstellung von Ward hoffentlich Niemand mehr streitig zu machen den Muth haben.

Es erregt unsere höchste Bewunderung, daß der hochbegabte Cardinal sich durch die häuslichen Zwiste in seinem idealen Schwunge nicht hemmen ließ. Meisterhaft hat Ward auch im zweiten Bande Wiseman's Thätigkeit als Schriftsteller und öffentlicher Redner gezeichnet. Kanzelredner und Homiletiker werden reichen Genuß aus der Parallele zwischen Wiseman und Manning als Redner schöpfen. Daß der in syrischen und arabischen Handschriften vergrabene Wiseman sich zum Redner ausbildete, verdankt er dem Papste Leo XII., von dessen Seeleneiser bis heute die Erinnerung im römischen Volke fich lebendig erhalten hat. Der Papst bemerkte dem jungen Wiseman, er wünsche Predigten für die in Rom lebenden Engländer. Daß die Ausarbeitung und Vorbereitung zur Abhaltung der Predigten dem talentvollen Manne viele Mühe gekostet, ersieht man aus mehr denn einer Stelle. Aber im Jahre 1836 war er zum Meister geworden und hielt als solcher in London die berühmten Predigten über die vornehmsten Lehren der Kirche. Im Jahre 1839 fonnte er seiner Mutter aus England melden, daß er in sechs Wochen neunzig Mal gepredigt habe. Mitten unter den Schrecknissen der Volksbewegung von 1850 sehen wir ihn mit majestätischer Ruhe das Predigtamt ausüben. Seine sogenannten Lectures, welche regelmäßig vor mehr als tausend Zuhörern stattfanden, und interessante Fragen, namentlich auf dem Gebiete der Kunst, betrafen, dauerten regelmäßig zwei Stunden. Auf diesem Wege hat der Cardinal die zeitweilig verlorene Gunst des eng

lischen Volks in erhöhtem Maße wiedergewonnen. Die Umstände, unter welchen einzelne dieser öffentlichen Vorträge statt= fanden, hat Ward mit tiefem Verständniß und unter Verwendung jängst verschollener Literatur in ergreifender Weise gezeichnet. Der Eindruck derselben auf die Zuhörer, welche regelmäßig nicht zum geringsten Theil aus Protestanten bestanden, spottet aller Beschreibung. Selbstlosester Eifer für Christus und seine heilige Kirche, verbunden mit einer ausgezeichneten theologischen, wie klassisch-formalen Bildung waren die Vorzüge, welche dem Cardinal so herrliche Erfolge gesichert haben.

Ein angesehener Philosoph, wie Ward, versteht sich auch auf die Geheimnisse des Seelenlebens und die Richtung des Charakters seines Helden. Deßhalb wünsche ich das fein gezeichnete Charakterbild zu betonen, welches er in einem ausgedehnten und doch nicht ermüdenden Kapitel (II 151–206) uns schildert. Die seltenen Eigenschaften des Herzens, welche den Cardinal zierten, lernen wir hier kennen, schauen aber auch seine Schwächen, die zu vertuschen Ward auch keine Minute lang versucht ist. Für Deutschland kommt dann weiter in Betracht Wiseman's Stellung zu. denjenigen philo sophischen, theologischen und staatsrechtlichen Fragen, welche seit den fünfziger Jahren nach und nach eine Trennung jener Männer herbeiführten, welche, wie Montalembert in Frankreich und Töllinger in Deutschland, früher Hand in Hand mit Wiseman gegangen waren. Döllingers Auffassung des Kirchenstaats sowie des Verhältnisses zwischen Theologie und Philosophie, Autorität der Kirche und Freiheit der Wissenschaft, hat Wiseman sofort abgelehnt. Den Bestrebungen Acton's in England trat er entgegen. Daß er Montalembert's Rede auf der Katholikenversammlung in Mecheln dem hl. Stuhl denuncirt habe, bezeichnet er in einem Briefe vom 15. März 1864 als ein aller Begründung entbehrendes Gerücht. Aber nicht minder wahr ist, daß er Montalembert's Liberalismus in seiner ganzen Unhaltbarkeit und Gefährlichkeit erkannte.

Es will mich bedünken, daß Ward den Einfluß Manning's auf Wiseman in seinen lezten Jahren (1860-1865) überschäßt habe. Daß Wiseman in Manning einen überaus geistvollen, willensstarken und treuergebenen Priester schäßte, ist bei auch

nur oberflächlicher Lektüre des zweiten Bandes klar. Dağ aber Manning namentlich in der Frage des Besuches der protestantischen Langeshochschulen Oxford und Cambridge durch katholische Studenten auf Wiseman eingewirkt und der lettere seine frühere Stellung zu dieser Frage verändert habe, vermag. ich nicht zu erkennen. Die heutige Auffassung seitens des englischen Episkopats ist abweichend von der damaligen Praxis, indem seit einigen Jahren in Oxford und Cambridge katholische Jünglinge unter der Aufsicht katholischer Ordenslcute, Jesuiten und Benediktiner, ihre Studien betreiben. Vor fünfzig Jahren lag die Sache anders. Einer der bedeutendsten Vertreter der liberalen anglikanischen Theologie, Marc Pattison vom LincolnColleg, hat damals öffentlich den katholischen Bischöfen wegen des genannten Verbotes Recht gegeben mit dem Bemerken, die geistige Atmosphäre in Oxford müsse im studirenden Jüngling die katholische Weltanschauung zerstören.

Wenn ich mir eine Ausstellung am zweiten Band erlauben darf, dann bezicht sich dieselbe auf die Angaben über den Ausbau der Erzdiöcese Westminster. Der Begründung und Vermehrung der charitativen Anstalten, der Erweiterung des Schulwesens, endlich des von Newdegate und Genossen entfachten Sturmes gegen die Frauenklöster hätte eine eingehendere Betrachtung gewidmet werden sollen. Doch auch so ist dieses Wiseman-Leben nach Inhalt und Form eine klassische Leistung. Sie besißt eine wahrhaft katholische, allgemeine Bedeutung. Sie enthüllt uns das innerste Wesen eines der hervorragendsten Kirchenfürsten unserer Zeit, welcher die englischen Katholiken wieder ebenbürtig ihren anglikanischen Mitbürgern gemacht und ein Feuer religiösen Lebens angefacht, dessen Funken bis zu den Grenzen des Erdballs geflogen sind. Leben des großen Cardinals ist die vollkommenste Verkörperung seiner berühmten Devise: Omnia pro Christo.

Das inhaltsvolle

Aachen.

Alfons Bellesheim

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