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weil der Rath zu Genf den Servetum, der nicht abstehen wollte von seiner Keßerei, hat richten lassen. Da ist viel Disputirens darüber gefallen, und haben etliche_weltlicher Obrigkeit so viel nicht einräumen wollen, auf daß Tyrannen nicht dergleichen Gewalt gegen uns Evangelischen, die sie auch für Kezer halten, brauchen dürfen. Aber was recht ist, das muß man des Mißbrauchs halber nicht unterwegs lassen. Darum sagen wir noch, weil Obrigkeit ein Beschüßer ist der ersten und andern Tafel der zehn Gebote, so soll sie auch vornehmlich das, was zur göttlichen Ehre dienstlich, befördern, und was derselben hinderlich, verhüten und abschaffen Nun sind aber falsche Lehrer, Zauberer, Gotteslästerer dem Namen Gottes zuwider und heißt das Geseß Gottes solche Leute aus dem Wege zu räumen; so gibt es sich ja von selbst, daß Obrigkeit nicht allein Macht, sondern auch Befehl hat, über reiner Lehre zu halten und gottloses Wesen und diejenigen, die es treiben, aus dem Wege zu räumen".1)

Ein anderer Hofprediger des Kurfürsten August, Nikolaus Selnekker, lehrt ausdrücklich, daß man in Heidelberg recht gethan habe, den Kezer Sylvanus zum Tode zu verurtheilen. 2)

1) Der Hundert und Erste Psalm: Vom Stande und Ampt der Weltlichen Obrigkeit. Geprediget durch M. Philippum Wagner, Churf. sächsischen Hofprediger. Dresden 1579. Bl. 05 f. 2) N. Selnecceri Paedagogia Christiana. Francof. 1577 I, 186 f. Selnekker behandelt hier die Frage: An Senatus Genevensis recte fecerit interficiens Servetum haereticum? Er bejaht dieselbe, auf verschiedene Gründe sich stüßend, und schließt mit folgenden Worten ,,Si haeretici manifeste convicti, cum admonentur et edocentur, obtemperare noluerint, recte facit magistratus, si eos e medio tollat. Si enim tollendi sunt qui corporibus nocent, multo magis tollendi sunt, qui salutem animarum corrumpunt. Habet ergo magistratus potestatem tollendi falsos doctores vel conibendos, si sunt dociles et si flecti possunt. Et sic recte fecit Senatus Genevensis, quod sustulerit Servetum, qui edoceri et flecti non potuit. Et sic

"

Von Heidelberg aus hatte man auch nach Genf geschrieben, um zu hören, wie man dort die Angelegenheit beurtheile. Nach einer Vermuthung" von Wundt „traten die Genfer und schweizerischen Theologen durch die, bei Gelegenheit der Todesstrafe Servets von einigen Menschenfreunden angestellte genauere Untersuchung der wichtigen Frage, ob Irrende mit dem Tode zu strafen seien, vielleicht vorsichtiger, vielleicht weiser gemacht, auf die Seite der kurpfälzischen Rechtsgelehrten." 1) Diese Vermuthung ist unzutreffend. Am 6. Februar 1571 schrieb der Genfer Theologe Theodor Beza, der ein Jahr vorher die Gewissensfreiheit ein „teuflisches Dogma" genannt hatte, 2) an einen Heidelberger Freund in Bezug auf Neuser und Sylvanus: Sollten auch diese Gotteslästerer ihren Irrthum von Herzen bereuen und widerrufen, so seien sie dennoch zum Tode zu verurtheilen. 3)

Dieser Ansicht war auch Kurfürst Friedrich der Fromme". Eigenhändig schrieb er das Todesurtheil über Sylvanus

Valentinus Gentilis recte supplicio affectus est, et Heydelbergae Sylvanus, et alibi alii similes a piis magistratibus etiam corporali castigatione cohibiti sunt, ne virus suum spargerent et Ecclesias et scholas inficere suo veneno possent."

1) Wundt 130.

2) Beza an Andreas Dudith, 18. Juni 1570: „Jactabimusne libertatem conscientiis permittendam esse? Minime, ut haec quidem libertas intelligitur, id est, ut quo quisque modo volet Deum colat. Est enim hoc mere diabolicum dogma, sinendum esse unumquemque ut si volet pereat." Beza, Epistolarum theologicarum liber unus. Genevac 1573 S. 21 3) Beza, Epp. theol. 216 .:,,Si vere resipiscant, quod sane velim, quid illis fuerit accommodatius eo supplicio que cavebitur ne, ut isti factitare solent qui non ignorantia, sed sola improbitate et obdurata malitia in tantis rebus ultro peccant, mox ad vomitum redeant vel se ipsis deteriores evadant ?"

nieder, die sonderbaren Worte beifügend: „Er glaube, er habe auch den heil. Geist, welcher in dieser Sache ein Meister und Lehrer der Wahrheit sei.") Am 23. Dezember 1572 wurde der unglückliche Prediger, dem sein Abfall von der katholischen Kirche wenig Segen gebracht hatte, auf dem Markte zu Heidelberg enthauptet.

Dr. N. Paulus.

XXVI.

Das philosophische Studium zu Salzburg am Vorabend der Aufklärungsperiode.

Rudolf Eucken hat jüngst in einem Aufsage „Zur älteren Geschichte der Universität Jena" (Beilage 3. Allgem. Zeitung 1897 Nr. 238) einen nicht uninteressanten Beitrag zur Geschichte der Reaktion der neueren Philosophie. deren Entwicklung sich bekanntlich lange Zeit völlig unabhängig von der Schule und außerhalb derselben vollzog, auf die Schule, speziell auf die philofophische Fakultät der Universität Jena geliefert. Eucken zeigt, daß Jena im vorigen Jahrhundert noch eine durchaus conservative Universität“

„Bewegungen zu Gunsten der modernen Ideen erscheinen nicht sowohl im Professorencollegium als bei den Privatdocenten, und gegen sie richtet sich dann die vereinte

1) Dies berichtet ein Zeitgenosse, der piälzische Geschichtschreiber Heinrich Alting bei Mieg 209: „Sua manu sententiam conscripsit, cui hoc epiphonema subiunxerat, putare se quod et ipse Spiritum sanctum habeat, hac in parte magistrum et doctorem veritatis."

Autorität der fürstlichen Erhalter und jenes Collegiums; durchgängig wird gegenüber den Neuerungen, von denen man nur Schaden erwartet, auf die bewährten' Principien verwiesen“. Den älteren Akten der Universität sei kein Recht befannt, seine wissenschaftliche Ueberzeugung frei vorzutragen; sie wissen nichts von dem, was heute Lehrfreiheit heiße. Vielmehr haben über das, was zu lehren und zu lernen sei, ebenso bestimmte Vorschriften bestanden, wie über äußere Einrichtungen. Erst im Jahre 1756 tauche an der Universität der Begriff einer libertas cogitandi auf.

Dabei hatte der erste Zusammenstoß mit der modernen Denfart an der Universität bereits im Jahre 1679 stattgefunden, wo ein fürstlicher Visitationsreceß die Befürchtung ausspricht, es könnten durch die lectio Grotiana eines Privatdocenten der juristischen Fakultät die jungen und unerfahrenen Leute auf den sogenannten Naturalismum geführt werden. Mehrere Jahre später erst (1696) beschäftigt sich ein Visitationsdekret mit der cartesianischen Philosophie und zwar in ablehnender Weise. Es wird hier eingeschärft, „daß man in Philosophia auf die Fontes Aristotelicos die Jugend beständig weise und dieselbe den Auditoribus zuförderst gründlich beibringe und inculcire, nicht aber durch Herfürziehen und Emporhebung anderer Principiorum als Cartesii und dergleichen, zumahl andern zum Verdruß und aus aemulation die bewährten Aristotelica deprimiren solle". Und noch ein Menschenalter später (1732 u. 1733) wird die Wolff'sche Philosophie, welche damals ihren Siegeslauf ' durch die Schulen Deutschlands antrat, mit Energie in amtlichen Rescripten bekämpft.

Ein ganz ähnliches Bild, wie diese protestantische Universität Norddeutschlands weisen auch die katholischen Univers sitäten und höheren Schulen Süddeutschlands auf, nur daß sich vielleicht hier die Entwicklung um einige Jahre verzögert. Ich werde an einem anderen Orte eine eingehendere Darstellung dieser Entwicklung zu geben versuchen. Hier soll

nur auf das Beispiel der Universität Salzburg verwiesen werden.

Die Universität Salzburg wurde als solche im Jahre 1620 von dem Erzbischof Paris Graf Lodron ins Leben gerufen. Sie besaß eine theologische, philosophische und juristische Fakultät. Nur vorübergehend wurde an ihr auch Medicin gelehrt. Die Lehrstühle der Theologie und Philosophie hatten ausschließlich die Benediktiner einer Anzahl schwäbischer, bayerischer und österreichischer Klöster inne. Ein kurz nach der Gründung der Universität gemachter Versuch, den Benediktinerorden von ganz Deutschland für die Universität zu interessiren und nicht zuletzt in ihreu Interesse eine große deutsche Benediktinercongregation zu bilden, war erfolglos geblieben.

Die Universität unterschied sich in manchen Einrichtungen von ihren älteren und jüngeren deutschen Schwestern. Namentlich litt sie von Anfang an an einem Gebrechen, das ihre Wirksamkeit und Bedeutung ganz erheblich beeinträchtigte. Sie besaß nämlich keinen eigentlichen Professorenstand. Wohl fanden sich die befähigtsten Männer aus den verbündeten Klöstern in Salzburg zusammen, aber sie lehrten meist nur ein paar Jahre und fehrten alsdann oft in einem Zeitpunkte, wo sie noch mit den Anfangsschwierigkeiten der Lehrthätigkeit zu ringen hatten, bereits wieder in ihre Mutterflöster zurück. Nur wenige von den Ordensprofefforen gehörten dem Universitätsverbande eine längere Reihe von Jahren an. Bei dieser kurzathmigen Lehrthätigkeit konnte es vielfach nicht möglich sein, eine Disciplin in ihrer Tiefe und Weite zu ermessen, da gebrach es den einzelnen Lehrern an dem Glanze des autoritativen Anschcns, welchen nur die fortgesezte erfolgreiche Arbeit vieler Jahre verleiht, da fehlte der ganzen Schule jene Zugkraft, welche sich für die Universitäten stets an den bleibenden Bestand eines Kreises angesehener Lehrkräfte knüpft.

Die Professoren der philosophischen und theologischen

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