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zehnte arbeitete Gerhard an der Neubelebung des Mönchthums durch Wort und Beispiel mit der Kraft eines von seiner Sache überzeugten Mannes. Humbert, Lantbert, Einhold, Johannes von Gorze 2c. traten in seine Fußstapfen und suchten der Vewegung auch anderswo zum Siege zu verhelfen. H. betont den Unterschied der lothringischen Reformbewegung von der cluniacensischen. „Die leßtere war ebenfalls Rückkehr zur Benediktinerregel, aber war so weit davon entfernt, die asketischen Anforderungen zu steigern, daß man über die durch Benedikt von Aniane eingeführten Milderungen nicht wieder auf die ursprüngliche Regel zurück ging. Denn den Leitern der Bewegung, geistig hoch stehenden Männern, lag es nicht an dem Mehr oder weniger der Askese, sondern an der Durchführung von Ordnung und Maß in den Klöstern. Die Lothringer dagegen priesen die Regel, weil sie in ihr das Grundgesetz des asketischen Lebens gegenüber der Ungebundenheit der Canoniker erblickten, und überboten zugleich ihre Forderungen durch ihr Leben“ (355). „Daß die Mönche von Gorze einen ähnlichen Einfluß auf andere Klöster gewannen wie Gerhard von Brogne in Niederlothringen, verdankten sie eigentlich nicht sich selbst, sondern Adalbero, Bischof von Mez. Dadurch erhielt die Bewegung in Oberlothringen vollends einen anderen Charakter als die cluniacensische" (357).

Auch andere Bischöfe, wie Richar von Lüttich, waren für die Reform der Klöster thätig. Es wurden selbstverständlich nicht nur die alten Klöster reformirt, sondern auch neue ge=. gründet. Die neue Bewegung schuf auch eine Literatur, welche den Reformideen Geltung zu verschaffen suchte. Die Klosterreform war zunächst eine provinziale Bewegung. Aber ihre Wellen schlugen frühzeitig nach dem übrigen Deutschland hinüber. Brun von Köln, Friedrich von Mainz erhielten Anregung von den Lothringern. Auch im südlichen Teutschland war ein neues Kloster entstanden, in dem die streng asketische Gesinnung eine neue Heimat fand: Maria Einsiedeln In dem Mönche Wolfgang gewann das Kloster eine ungewöhnliche Kraft; als er zu lehren begann, strömten Schüler aus den benachbarten Klöstern ihm zu, sie trugen den Einfluß Einsiedelns da und dorthin. Als Wolfgang später zum Bischof

von Regensburg ernannt wurde, da geschahen auch Schritte zur Wiederaufrichtung der Klöster in Bayern. Die Reform der Klöster ließ sich verhältnißmäßig so leicht bewerkstelligen, weil sie durch die Bischöfe und den Kaiser unterstützt wurde. Die Hilfe der Bischöfe und die Sympathie der Großen konnte den Mangel eines überlegenen Geistes und Organisators nicht erseßen, denn niemand controlirte die Ausführung; jedenfalls hat die Bewegung die religiöse Wiederbelebung und Entwicklung mächtig gefördert.

Auf die Geschichte der deutschen Missionsarbeit einzugehen, ist hier nicht der Ort. Die deutschen Missionäre hatten in ihrem Befehrungswerk Schwierigkeiten ganz eigener Art zu überwinden, sie stießen bei Wenden, Böhmen, Ungarn auf die die Abneigung und den Haß, den die Besiegten der erobernden Nation entgegenbringen. Man wird wohl in der Abtrennung der Missionsgebiete von der Reichskirche mit Recht eine Consolidirung der deutschen Kirche erblicken. Ein stetiger Fortschritt ist nicht zu verkennen, auch braucht die ottonische Periode. einen Vergleich mit der karolingischen nicht zu scheuen. Manche Einrichtungen, welche Karl der Große ins Leben gerufen, waren verfrüht und hatten keine lebensfähigen Keime: gerade bei Karl blieb die Ausführung, wie es nicht anders sein konnte, vielfach hinter dem ursprünglichen Plane zurück.

Wir kommen nun zum zweiten Theil des dritten Bandes. Der große Kampf des Papstthums gegen die weltliche Gewalt der Kaiser und gegen ihre Uebergriffe hat von jeher scharfen Tadel seitens der protestantischen Geschichtschreibung erfahren. Während Luther und seine Nachfolger in den Kaisern Vorkämpfer für Recht und Freiheit erkannten und in ihren Gegnern, den Päpsten und ihren Anhängern, nur verworfene Menschen erblickten, haben Giesebrecht, Meyer von Knonau, Hauck und andere sich bemüht, Licht und Schatten gleichmäßig zu vertheilen, so jedoch, daß sie aus ihrer Sympathie für die Kaiser und ihrer Apathie gegen die Päpste, wie Leo IX., Gregor VII. und andere kein Hehl machen. Hauck weiß recht. wohl, daß der augenblickliche Erfolg große Unternehmungen, ideale Bestrebungen nicht immer begleitet, daß die heilsamsten Reformen nicht immer sofort Früchte tragen, gleichwohl kennt

er für das Thun der Bavite vielfach keinen anderen Maßitab, und berichtet mit Shadenfreude, daß die weltlichen Herrscher troß der Geiezgebung der Kirche geistliche Aemter verkauften, die Kapitel vergewaltigten, den Papit nöthigten, schlechte Bischöfe zuzulassen. Ber wie Haud die Klosterreformen eines Benedikt von Aniane und anderer so sehr zu würdigen versteht und die in die Kirche eingestlichenen Mißbräuche so scharf rügt, sollte, so erwartet men, die Reformbestrebungen der Päpste gutheißen.

Es ist männiglich bekannt, daß Hildebrand der Hauptrathgeber der deutigen Papite, die Seele der Reformpartei war, die ohne seine Energie und Standhaftigkeit sicher nicht so wunderbare Fortitritte gemacht hätte; gleichwohl behauptet Hand, Gregor VII. habe statt der Reform der Kirche Freiheit der Kirche auf seine Fahne geichrieben. Hat irgend ein Reformer, so fragen wir mit Recht (Luther in einem gewissen Stadium seiner Entwicklung bildet eine Ausnahme;, nicht die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche als die Grundbedingung einer gedeisten Entwicklung betrachtet? Wenn der geistliche Stand unfrei ist, als eine Art geistlicher Polizei fungirt, dann ist eine Reform undenkbar. H hat uns mit nichten bewiesen, daß die Halsitarrigkeit des Papites einen Compromig, einen modus vivendi unmöglich gemacht habe. Es war ganz besenders Heinrich IV, der sich hinwegjeßte über die Rechte der Kirche. Bavit Gregors Kampf gegen den Naier war volltommen gerettfertigt. Haud gibt das an anderer Stelle selbit zu, wenn er fagt: „Tas Uebergewicht des Kaiserthums über das Papstikum schien geffert. Aber diese Macht zerbrach im Augenblick, da der Urheber Heirich III) arb. Tenn der Erbe des Raiferthums war su strach, ie aufrecht zu erhalten: er war ein unmündiges Kind. Tas Pepithum aber war zu starf, um sch freiwillig einer fremden Leitung unterzueidnen" 1.8791. . bätte ich wchl rittiger alio ausgedruckt: Das Beritthum wollte h eines angestammten Rettes nitt bes geben und einem Nind eder seinen verkommenen Berathern die Befugniß überlassen, Unpardige zu hohen geit.:ten Aemtern zu befördern H. Daritellung kennt nur ein Centrum, dea Nenig, der Parit gilt iq night wehr als ein Bishof von

Worms, der keine höhere Aufgabe hat, als alles das gut zu heißen, was der Kaiser vorschreibt. Ob die andern Nationen Europa's einen Papst, der sich zum gefügigen Werkzeug des Kaisers erniedrigte, anerkennen und als gemeinsamen Vater ehren würden, diese Frage legt sich H. nicht vor.

Daß Hauck, der sich einem Mirbt und andern protestantischen Theologen so überlegen zeigt, der in vielen Punkten eine erstaunliche Kenntniß der mittelalterlichen Verhältnisse an den Tag legt, in Principienfragen sich so große Blößen gibt, ist wirklich sonderbar. Der Grundsay: Macht ist Recht, das, was keinen augenblicklichen Erfolg hat, darf nach den Regeln der Klugheit überhaupt nicht unternommen werden, verleitet ihn zu den ungerechtesten Urtheilen. Während die Charakteristik Leo's IX. ein Kabinetsstück ist, muß die Charakteristik Gregors als eine Carikatur betrachtet werden. Wir können aus derselben nur einige Säße anführen. In Gregors Abschiedsworten: Geliebt habe ich die Gerechtigkeit und gehaßt das Unrecht, darum sterbe ich im Elend, sieht H. das Bekenntniß der Niederlage und verkennt somit den christlichen Geist, der die Martyrer als Sieger verherrlicht. Es gibt ja politische Niederlagen, die in Wahrheit große Siege sind. Gerade im Reiche der Geister führt die scheinbare Niederlage zu glänzenden Siegen. Man kann, sagt H. weiter unten, Gregor nicht nach der Stärke seines Wollens und nach der Consequenz und Kühnheit seines Denkens allein bemessen. Nur der ist wahrhaft groß, bei dem Gedanke und Wille ihr Maß erhalten durch das Gefühl für das, was möglich ist, und durch das Streben nach dem, was frommt. Gregor gehört zu den Männern, bei denen die Energie des Charakters täuscht über die Größe des Talentes". Wie wenige der Männer, die wir zu den Großen zählen, haben Dauerndes geschaffen! Ein Alexander, ein Cromwell konnten troß allen Talentes die Anarchie, die nach ihrem Tode eintrat, nicht verhindern; die Nachkommen Karls des Großen besaßen nicht die Kraft, die von ihrem Vorgänger überkommene Gewalt zu behaupten, und doch wird niemand deßhalb behaupten, daß Karl das Unmögliche angestrebt habe.

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Bei Gregor VII. liegen die Verhältnisse ganz anders. In Folge einer bei geistigen Bewegungen so plöglichen und

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unberechenbaren Reaktion wurde der Kaiser vom Glücke emporgehoben, während der Papst niedergedrückt wurde. Aber es war doch nur eine Welle, die bald vorüber ging, und die Reformpartei wohl demüthigen, aber nicht dauernd schwächen. fonnte. Die große Reformbewegung hatte weder ihren Anfang unter dem Pontifikate Gregors begonnen, noch unter demselben ihren Höhepunkt erreicht, die Kritik H.s ist schon darum nicht zutreffend. Gregors Pontifikat war eine Reihe von Niederlagen, nichts von dem, was er erstrebte, weder die Unterwerfung des Episkopates, noch die Beseitigung der fürstlichen Macht in der Kirche, noch die Unterordnung der weltlichen Gewalt unter die geistliche hat er erreicht. Hier überall waren seine Absichten im Jahre 1085 von ihrer Verwirklichung weiter entfernt, als im Jahre 1073" (S. 833). H. Angaben stimmen durchaus nicht zu dieser Schilderung, denn die Gregorianer waren in Deutschland gegen das Jahr 1085 weit einflußreicher und zahlreicher als im Jahre 1073, selbst seine Gegner unter dem deutschen Episkopat durften es nicht wagen, in ähnlicher Weise wie früher den kirchlichen Grundsäßen entgegenzuhandeln. Die Hirschauer Mönche und die Besten unter den Bischöfen und dem Klerus standen auf Seite Gregors. Heinrich IV. verfügte freilich über größere weltliche Mittel, galt aber als der moralisch Besiegte. Hätte Gregor nicht den Reformideen in Deutschland und anderswo die Wege gebahnt, so hätten die Päpste Urban und Calixtus in dem großen Streit nicht den Sieg davongetragen.

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Die Reform und Läuterung des Klerus und Volkes, welche Gregor mit Feuereifer angestrebt hatte, wird von H. gleichfalls bemängelt und der Ungeduld und Leidenschaftlichkeit beigemessen, welche die zweite Stufe beschreiten wollte, ehe die erste erreicht war". Wenn, wie H. ja selbst zugibt, Gregor auf dem von seinen Vorgängern betretenen Weg weiterschritt und den Kampf gegen den Kaiser nur aufnahm, weil derselbe sich der Simonie schuldig machte, dann ist H.s Vorwurf ganz unbegründet. Sollte der Papst abwarten, bis Heinrich IV. von selbst einlenkte und die Rechte der Kirche respektirte? Dann hätte er offenbar dem Kaiser die Mittel zur Vergewaltigung der Kirche gegeben. Gegenüber der treulosen Politik

Histor. polit. Blätter CXXI. (1898).

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