Obrazy na stronie
PDF
ePub

in der Hand des Staates liegen. Hier ist Stoff für eine eigene Arbeit geboten, die große Schwierigkeiten bieten wird; es war wohl besser, wenn hier darauf verzichtet wurde, eine unvollständige Statistik zu liefern.

Die

- Das erste Ergebniß ist: die Vertretung der preußischen Katholiken in den höheren Staatsstellen steht zu ihrem procentualen Antheil an der Gesammtbevölkerung (nach der Zählung von 1890 17,671,000:31,026,000) in einem furchtbaren Mißverhältniß. Als Fortschritt mag anerkannt werden, daß von den zehn Ministern seit kurzer Zeit drei (Hohenlohe, Brefeld und Schönstedt) dem katholischen Befenntniß angehören, im Uebrigen sieht es in den Centralbehörden grausig aus. Nur einige Stichproben. beiden geheimen Cabinets für Militär- und Civil-Sachen (18 Personen) ausnahmslos protestantisch. Oberverwaltungsgericht 45 protestantisch, 3 katholisch. Unter dem Personal der drei Abtheilungen des Finanzministeriums (Minister, Unterstaatssekretäre, Direktoren, vortragende Räthe und Hilfsarbeiter, zusammen 35) ist das katholische Element durch einen ganzen Hilfsarbeiter vertreten; das Ministerium des Innern ist von oben bis unten protestantisch, seitdem der einzige katholische Hilfsarbeiter durch seine Ernennung zum Regierungspräsidenten ausgeschieden ist; im Kammergericht, dem obersten Gerichtshof Preußens, sind 4 Räthe katholisch, dagegen 60 Räthe, Präsident, die 13 Senatspräsidenten und die 4 Mitglieder der Oberstaatsanwaltschaft protestantisch. Tiese Ziffern sind nicht ausgewählt, sondern zufällig herausgegriffen; die übrigen sind ähnlich.

Etwas besser, aber noch immer herzlich schlecht ist das Bild der allgemeinen Staatsverwaltung, wenn man die einzelnen Provinzen berücksichtigt. Unter Verzicht auf Details sei auf die Zusammenstellung S. 67 verwiesen: Oberpräsidenten 11 protestantisch, 1 katholisch (durch die noch nicht fange erfolgte Ernennung des Fürsten Hagfeld für Schlesien); Regierungspräsidenten 31:3, Oberlandesgerichtspräsidenten

12:0, Landgerichtspräsidenten 80:12, Oberstaatsanwälte 13:1 (in Folge einer vor wenigen Wochen erfolgten Ernennung 12:2), Oberregierungsräthe 123:4, Landräthe 424:70.

An und für sich ist die Vergleichung der Bevölkerungsziffern der beiden Bekenntnisse mit ihrer Vertretung in den oberen Regionen der Staatsverwaltung noch nicht durchschlagend. Es ist ja ein unbestrittener Uebelstand, daß die katholische Bevölkerung an dem Besuch der höheren Lehranstalten und dem entsprechend an dem Candidatenangebot für die Staatsstellungen geringer betheiligt ist als die protestantische. Immerhin zeigt schon die oberflächlichste Betrachtung, daß auch unter voller Berücksichtigung dieses Umstandes das Mißverhältniß ein schreiendes bleibt. Man mag in Rechnung stellen, daß von den 70 katholischen Landräthen ein erheblicher Theil erst im Laufe der leßten 10-15 Jahre ernannt worden ist — früher haben die katholischen Assessoren es nicht leicht riskirt, zur Verwaltung überzugehen — aber auch dann ist es unmöglich auf einen Zufall zurückzuführen, daß von den Überregierungsrathposten den Katholiken nur 1/30 zufällt. Aehnlich steht es in der richterlichen Laufbahn. Sie wird naturgemäß, namentlich in früherer Zeit, bis in die achtziger Jahre hinein, von den katholischen Juristen bevorzugt, weil sie die Bürgschaft größerer Unabhängigkeit und geringerer Parteilichkeit bietet, und katholische Amts- und Landrichter gibt es zu Hunderten. Aber auf diesen bescheidenen Posten bleiben sie auch mit bescheidenen Ausnahmen hängen, und müssen zusehen, wie jüngere und oft nicht gerade hervorragend befähigte protestantische Collegen zum Direktorat und zur Präsidentschaft u. s. w. aufrücken oder ins Ministerium berufen werden. Eine Case, wenn auch keine vollständige, bildet in dieser Hinsicht noch die Rheinprovinz, welche in ihrer weit überwiegend katholischen Bevölkerung und in ihrem eigenen (französischen) Recht zwei Schußwehren gegen den Massenschub protestantischer Juristen aus den östlichen Provinzen bejaß. Aber ein Schritt in die

Nachbarprovinz Westfalen, diese Pflanzstätte hervor ragender Juristen katholischen Bekenntnisses, führt uns bereits in eine Steppe, die weiter nach Osten meist den Charakter einer trostlosen Wüste annimmt. Was soll man dazu sagen, daß an den sieben Landgerichten des westfälischen Oberlandesgerichts Hamm über 30 von stark 50 Landrichtern katholisch sind, aber von den sieben Präsidenten keiner, von den 14 Direktoren 2, von den 7 Ersten Staatsanwälten 1, daß beim Oberlandesgericht der Präsident und der Oberstaatswalt, von den 4 Senatspräsidenten 3, von den 25 Oberlandesgerichtsräthen 14 protestantisch sind? Soll man etwa annehmen, daß der Verstand der katholischen Juristen Westfalens bis zum Landrichter normal ist, nach oben aber abnimmt und schließlich ganz verschwindet?

[ocr errors]

Ein Centrumsorgan hat kürzlich und ein nationalliberales Blatt hat es ohne Beanstandung nachgedruckt die beiden Hauptergebnisse des Kapitels über die allgemeine Staatsverwaltung, wie folgt, formulirt: 1. Je höher die Stellungen, desto bescheidener die Zahl der katholischen Inhaber. 2. Der procentuale Antheil der Katholiken sinkt von Westen nach Osten, im allgemeinen entsprechend der fürzeren oder längeren Zeit, welche die verschiedenen Provinzen unter preußischem Scepter stehen. So ist es. Wo das System" noch kein Jahrhundert an der Arbeit ist, wie in der Rheinprovinz, hat die große katholische Bevölkerungsmehrheit ihre Stellung leidlich, wenn auch nicht vollauf befriedigend, behauptet; in der mehr gemischten Provinz Westfalen, die zum Theil schon längere Zeit protestantisch regiert wird, blickt man schon mit Neid über den Rhein hinüber; in Schlesien, das sich seit anderthalbhundert Jahren der Segnungen der preußischen Parität erfreut, zeigt das katholische Beamtenthum schon hippokratische Züge, in Westpreußen und Posen, wo noch die Nationalitätenfrage erschwerend und verschärfend hinzutritt, ist es fast todt. Friedrich II. wußte, was er that, als er 1741 in einem

[ocr errors]

geheimen Kabinetsbefehl bestimmte, „daß hinfüro die ersten regierenden Bürgermeister Stellen, desgleichen die Syndici und Kammerer in denen niederschlesischen Städten überhaupt nicht anders als mit Subjectis, welche der evangelischen Religion zugethan seind, besezet werden, die Katholischen hergegen sich mit dem zweiten Consulat und mit Rathsherrnbedienungen begnügen müssen". So der Eroberer Schlesiens auf communalem Gebiet; man wird keinen Beweis verlangen, daß er auf staatlichem Gebiet mindestens ebenso paritätisch verfuhr, und seine Staatsraison hat Schule gemacht.

Wie, das mag man in dem einleitenden Abschnitt „Zur Geschichte der Parität“ nachlesen, dem der erwähnte, „nicht publique", Erlaß entnommen ist. Solche Kabinetsstücke (im doppelten Sinn) sind natürlich selten wozu soll man das praktisch geübte System auch noch öffentlich anerkennen und sich so der Möglichkeit begeben, es amtlich abzuleugnen? Aber Thatsachen und unverdächtige Zeugnisse haben die gleiche Beweiskraft. Man lese (S. 4) die bitteren Klagen eines so „staatsfreundlichen“ Kirchenfürsten wie Erzbischof Ferdinand August von Köln, die schneidenden Säße, in denen 14 Jahre später Erzbischof Johannes v. Geissel die traurige Wirthschaft an den Pranger stellte, die auch nach Beilegung der Kölner Wirren fortdauerte, die einfach schmachvollen Vorgänge, die sich 1856 bei Aufstellung der Notabelnliste für die Auswahl der Mitglieder der rheinischen. Handelsgerichte abspielten, die Scandale aus der Zeit des Culturkampfes, die freilich hinter dem, was der culturkämpferische Abgeordnete Wehrenpfennig verlangte man hat diesen Toleranzapostel später als vortragenden Rath im Unterrichtsministerium untergebracht - noch weit zurückblieben. Fast muß man sich wundern, daß die preußischen Katholiken nicht alle Positionen geräumt haben und neuerdings, Dank der politischen Machtstellung des Centrums und einem gewissen Einlenken der leitenden Staatsmänner, wieder vorwärts fommen.

Auch die mit der Schulverwaltung sich beschäf= tigende Abtheilung enthält eine Fülle interessanter Thatsachen. Wie bezeichnend ist es beispielsweise (S. 68), daß bei einer langen Reihe von Kreisregierungen ein katholischer Schulrath nicht vorhanden ist, während der protestantische nirgends fehlt als in dem kleinen Hohenzollern, in dem es faum Protestanten gibt! Ausgiebig hat man die vorwiegend katholischen Landestheile mit „paritätischen“ höheren Lehranstalten versorgt, an denen die Protestanten nicht zu kurz kommen, während in überwiegend protestantischen neben den confessionell protestantischen die Simultan-Anstalten bevorzugt und katholische langsam simultanisirt werden. Wer die Uebersicht in den einzelnen Provinzen, die merkwürdigen Ziffern über das Confessionsverhältniß der Direktoren an den Simultananstalten, über durchschnittliche Schülerzahl in den Klassen katholischer und protestantischer höherer Schulen. u. s. m. liest, der hat ohne Weiteres einen Theil der Erklärung, weshalb der Zudrang katholischer Candidaten für das höhere Schulamt so schwach ist. Aehnliche Betrachtungen kann man auf dem Gebiet der Volksschule machen: Für ein paar protestantische Kinder wird eine besondere Confessionsschule errichtet, so rasch wie möglich; katholische Gemeinden mit hunderten schulpflichtigen Kindern müssen sich ihre Schule, wenn sie dieselbe überhaupt bekommen, in jahrelangen hartnäckigen Kämpfen erstreiten. Ein Prachtstück in ihrer Art ist die Tabelle (S. 103), welche die Wirkungen des Schulaufsichtsgesetzes veranschaulicht. Unter den 1232 Kreisschulinspektoren wirken nur 261 im Hauptamt, davon die ungeheuere Mehrzahl in überwiegend katholischen Kreisen, während ein Dußend überwiegend protestantischer Regierungsbezirke vollständig mit ihnen verschont worden sind. Im Nebenamt wird die Kreisschulinspektion von 971 Personen versehen; davon sind protestantische Geistliche 837, katholische 81! Wahrlich, man bedarf nicht der ausdrücklichen Erklärung des damaligen Cultusministers Falk,

« PoprzedniaDalej »