Obrazy na stronie
PDF
ePub

nage1, cazzagio2, il fodero 3, droit de cuissage oder jambage *, droit de cullage oder culagium 5, droit du seigneur, droit de prélibation, droit de marquette (marquettes, markette, markotte)", droit de défloration, seit dem neunzehnten Jahrhundert auch deflorement, oder derecho de prelibacion und andere mehr.

In der Bezeichnung einer Heirathsabgabe kann eine geschlechtliche Anspielung nicht auffallen, da sie durch die Natur der Ehe erklärt wird; daher bieten solche Bezeichnungen keinen Grund, an ein Herrenrecht der ersten Nacht zu denken. Und soweit die vorerwähnten Ausdrücke sich erst in der Neuzeit gebildet haben 10, kann aus ihrer Etymologie keine Folgerung für ältere Zeiten gezogen werden.

Ausdruck entweder aus dem Recht der Ehegatten oder aus jener Abgabe zu erklären (vgl. Möser Bd. 5 S. 158; Jacobson bei Weiske Bd. 3 S. 566, Anm. 316). Allein bisher ist meines Wissens noch keine Urkunde entdeckt, worin der eine oder der andere Sprachgebrauch zur Geltung gekommen ist. Einige Schriftsteller sprechen von einem jus primae noctis der Freunde oder Verwandten der Braut (Giraud-Teulon S. 68, 69); andere von einem jus primae noctis der Priester (Gubernatis, Liebrecht, Gerland, Post, Bastian, Kulischer). In vorliegender Untersuchung wird der Ausdruck jus primae noctis in dem heutzutage gebräuchlichen Sinn eines Herrenrechts der ersten Nacht gebraucht, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der modernen Behauptung, dass nicht bloss den weltlichen, sondern auch den geistlichen Herren ein solches Recht zugestanden habe.

[blocks in formation]
[ocr errors]

Merlin

6 Voltaire, Dict. phil. unter Cuissage und Déf. de mon oncle. (Rép. unter Markette) meint, jenes Recht habe ursprünglich prélibation geheissen, wie aus einer Urkunde vom Jahr 1507 hervorgehe; in Wahrheit jedoch kommt in dieser Urkunde (vgl. unten Kap. 18) das Wort prélibation nicht vor. In einer lateinischen Urkunde vom Jahr 1415, betr. die Vermählung der Prinzessin Eleonore von Portugal mit dem späteren Kaiser Friedrich III., steht das Wort praelibatio im Sinn einer Vorkost von Esswaaren: ,,An demselben Ort nahm sie mit ihren Angehörigen die Vorkost von Zucker und kleinen Fischen mit Brot; und sie kehrte spät zu dem Schiff zurück, wo die Hauptmahlzeit stattfand." Hist. despons. Frider. III. Imper. cum Eleon. Lusit. an. 1415, bei Carpentier und Ducange unter Praelibatio.

1 Ménage unter Marquette. Boutaric chap. 15. Renauldon liv. 5 chap. 10 S. 450. Voltaire, Dict. phil. unter Cuissage und Déf. de mon oncle. Grand Vocab. Bd. 17 S. 236 und S. 173. Diss. S. Claude Anh. S. 133, 134.

[blocks in formation]

10 Z. B. droit de prélibation und droit de défloration.

D. Geschichtliche Notorietät.

Kapitel 4. Man sagt theils wörtlich, theils dem Sinne nach: Für das bekannte Herrenrecht der ersten Nacht, dies in der Geschichte erhaltene „Denkmal tiefster menschlicher Erniedrigung und Schmach" 1, finden sich unumstössliche Beweise bei zahlreichen Schriftstellern, deren Werke zu den Hauptzierden der Neuzeit gehören, namentlich bei den französischen Juristen Merlin, Dalloz, Dupin, Laferrière, dem Historiker Henri Martin, den Verfassern der Encyklopädie, dem belgischen Juristen Laurent, dem englischen Juristen Blackstone, dem Italiener Angelo de Gubernatis, den spanischen Rechtshistorikern Marichalar-Manrique, den deutschen Gelehrten Jakob Grimm, Weinhold, Osenbrüggen, Bachofen, Georg Ludwig von Maurer, Felix Liebrecht, Adolph Bastian und bei vielen anderen berühmten Gelehrten. Solchen Auctoritäten gegenüber ist nicht zu leugnen, dass jenes Recht bestanden hat. Im Streit, der hierüber zwischen dem Univers und dem Siècle stattfand, krönte der Sieg die edlen Anstrengungen des tapfern Siècle 2. Das Unternehmen Veuillot's, die viele Jahrhunderte lang allgemein angenommene Meinung 3 zu erschüttern, war ein Tendenzwerk und ist durch die Werke von Jules Delpit, Lagrèze und Labessade zertrümmert. Seine Beweisführung ist von der Art, dass sich damit auch darthun liesse, die römische Curie habe sich nie das Recht, Andersgläubige zu verbrennen, beigelegt. Delpit konnte im Jahr 1873 seinen Sieg über Veuillot förmlich constatiren. Es ist leichter zu beweisen, Chlodwig, oder Pipin, oder Ludwig der Heilige hätten nie gelebt, als den Nachweis zu liefern, dass jenes Recht nicht bestanden habe. Je mehr Archivalien ans Licht treten, desto deutlicher zeigt es sich, dass Veuillot eine Sache vertheidigt, die durch und durch faul ist." 7 Die Beweise für dies Recht sind unerschütterlich und fest wie die höchsten Berge; es ist klar und einfach wie ein Naturgesetz, offenbar wie ein verkündetes Gesetz, augenscheinlich wie der Tag oder ein Gesetz der Mathematik. Obgleich einige Enthusiasten der Gegenwart, die das Feudalsystem für weit vorzüglicher als den modernen Liberalismus halten 8,

[ocr errors]

1 Kolb 1842, S. 498.

4 Delpit 1857 und 1873.

7 Buchmann S. 36, 37.

2 Labessade S. 190.

5 Buchmann S. 37.

3 Vallein S. 227.
6 Delpit 1857.

8 Luis Cutchet bei Marichalar Bd. 6 S. 498.

und romantische Schönfalschfärber des Mittelalters das jus primae noctis vertuschen oder ganz leugnen möchten 1, so ist doch für einen ehrlichen Mann (homme de bonne foi) nicht der Schatten eines Zweifels möglich; jeder Versuch, den Glauben an jenes Recht zu erschüttern, muss der Lächerlichkeit verfallen 2. Könnte von den vielen Beweisen aus allen Ländern, die in neuerer Zeit gesammelt sind, der eine oder andere in Frage gestellt werden, so würde dies doch auf die überwältigende Masse der Beweise keinen erheblichen Einfluss ausüben. Daher ist es z. B. nicht nöthig, die in Frage gestellte Aechtheit eines unter den Beweisen angeführten Urtheils vom Jahr 1302 genau zu untersuchen oder in die Natur des Prozesses, den der Bischof von Amiens vor dem Parlament zu Paris verlor, kritisch einzudringen. Schon bevor die gründlichen Untersuchungen von Lagrèze erschienen, die den Streit für Frankreich erledigten 3, war jenes Recht eine Thatsache geschichtlicher Notorietät 4.

3

Eine solche Beweisführung ist unzulässig. Es kann Niemandem zugemuthet werden, die Lehren moderner Schriftsteller ohne Prüfung als wahr anzunehmen, als ob sie Glaubensartikel wären. Daher bedarf es einer Untersuchung über die Beweise, auf die sich ihre Meinung stützt. Ergiebt sich hierbei, dass eine als Beweismittel angerufene Urkunde gefälscht, und eine andere missverstanden ist, so mindert sich dadurch nicht nur die Zahl der aufgezählten Beweise, sondern zugleich die Zuverlässigkeit des ganzen Verzeichnisses. Das Axiom einer geschichtlichen Notorietät ist nicht geeignet, den Beweis zu ersetzen.

Wer ernstlich behaupten will, dass einmal das Herrenrecht der ersten Nacht gegolten habe, wird über folgende Fragen Rechenschaft geben müssen. Wann und wo ist es entstanden? Wie hat es sich von einem Lande auf das andere ausgedehnt? Wann und wie ist es untergegangen? Wo und wann hat es gegolten? In welchem Umfang ist es zur Ausübung gekommen? Wie erklärt sich die Entstehung und Geltung? Ueber alle diese Fragen sind die verschiedensten Meinungen verbreitet, die zum grossen Theil miteinander unvereinbar sind.

Bezüglich der Frage nach der Zeit der Entstehung und Gel

1 Scherr 1876 S. 237.

2 Labessade S. 61, 82, 106, 179, 180.

3 Augsb. Allg. Ztg. v. 18. April 1868, S. 1662.

4 Martin 4. Aufl. Bd. 5 S. 569: „un fait de notoriété historique“. Vgl. Bonnemère Bd. 1 S. 62; Delpit S. 123; Labessade S. 51; Liebrecht 1874 S. 138 und 1879 S. 416 („bekanntermassen“).

Schmidt, Jus primae noctis.

2

tung lassen sich die Meinungen nach den Hauptperioden der Weltgeschichte gruppiren, dergestalt, dass wieder in jeder Gruppe die Meinungen auseinandergehen, etwa folgendermassen.

a) Es ist ein uraltes Recht, eine Sitte alter Völker 1. Die Zeit der Entstehung lässt sich nicht feststellen 2. Oder:

b) Es stammt aus heidnischer Zeit und wurde durch das Christenthum verdrängt (abgelöst), sobald dasselbe zur Herrschaft gelangte 3. Oder: Es wurde um die Zeit des Kaisers Augustus durch einen schottischen König eingeführt und im elften Jahrhundert abgeschafft 4. Oder: Die ersten Spuren finden sich in der römischen Kaisergeschichte, und zwar bei Kaiser Maximin 5. Oder: Es war ein Recht persischer Satrapen, ohne jedoch von ihnen erfunden zu sein ". Oder:

c) Es ist erst im Mittelalter entstanden. Es galt im elften, zwölften und dreizehnten Jahrhundert, jedenfalls im dreizehnten Jahrhundert 9. Es bestand noch später und wurde erst im sechzehnten Jahrhundert beseitigt 10. Es ist längst abgeschafft 11. Oder:

d) Es hat in der Neuzeit bestanden, insbesondere im siebenzehnten 12 und achtzehnten 13 Jahrhundert. Es scheint noch heutzutage zu gelten 14.

1 Grimm, R.-A. S. 380 („Sitte alter Völker"). Post S. 38 (,,dieses uralte Recht"). Liebrecht 1869 S. 810 und 1879 S. 423.

2 Augsb. Allg. Ztg., Beil. v. 18. April 1868, S. 1662.

3 AA. SS. 30. Aprilis, de S. Foranno, Bd. 3 S. 822. Brodeau tit. 1 art. 37 n. 11 S. 273. Keysler § 64 S. 485. S. 129. v. d. Schelling Bd. 1 S. 148.

4 Hector Boëthius, Buchanan, Lesly. 5 Kolb 1842, S. 495.

Westphal § 12 S. 37-40. Estor § 94
Harenberg diss. 8 § 16 S. 1173.

6 Helfferich S. 418, 419.

7 Voltaire, Dict. phil. unter Cuissage und Défense de mon oncle. Merlin, Rép. unter Culage. Roquefort unter Culaige. Bibl. hist. Bd. 12 S. 232. Peuchet-Chanlaire unter Montauban, S. 23, 24. Saint-Fargeau S. 629. Kolb 1843, Bd. 2 S. 72, 73. Scherr 1858, S. 211. Marichalar Bd. 6 S. 67. Buchmann S. 36. v. Hellwald S. 451, 494. Deutscher Merkur vom 17. April 1880, S. 124.

8 Dulaure, Montauban S. 27, 28 und Adel S. 241, 242.

9 Merlin, Rép. unter Markette. Dict. Acad. Suppl. (1836) unter Markette. Kolb 1842 S. 496 (,,besonders im dreizehnten Jahrhundert“).

10 Collin de Plancy Bd. 1 S. 165, 166. Labessade S. 77, 78, 108.

11 Encycl. 1. Ausg. unter Droits abusifs.

Dict. de Trevoux unter Cullage.

12 Augsb. Allg. Ztg., Beil. v. 18. April 1868, S. 1662.

13 Westphal § 12 S. 38. Renauldon liv. 5 ch. 10 S. 450. Welsch S. 1, 2. Chr. Meyer S. 371.

14 Collin de Plancy Bd. 1 S. 166. v. Spix Bd. 3 S. 1182. Th. Waitz Bd. 5

Die zur dritten Gruppe gehörigen Schriftsteller sind ferner verschiedener Meinung über die Frage, in welchem Umfang die Feudalherren jenes Recht ausgeübt haben sollen. Man behauptet, einige Feudal herren hätten es in Anspruch genommen 1; oder unendlich viele 2, oder die meisten 3.

Auf die Frage, wo jenes Recht zuerst aufgekommen sei, geben die meisten Schriftsteller keine Antwort. Doch sagen Einige, in Schottland. Scherr vermuthet, jenes Recht sei „ursprünglich ein keltisches gewesen“ 5.

Bezüglich der Frage, wie jenes Recht sich verbreitet habe, wird behauptet, dass der König Evenus dies Recht zuerst in Schottland einführte, von wo es nach England, Deutschland, Piemont und anderen Theilen der Christenheit überging" 6. Oder: Wahrscheinlich gelangte es aus Frankreich über England nach Schottland. Die Mauren sollen es nach Spanien gebracht haben. Es ist ein uraltes Recht, das „schon in ältester Zeit fast in allen Welttheilen und Ländern" bestand, „einst fast überall existirte und geübt wurde" und sich „aus urältester Zeit erhalten" hat", so dass es keines speciellen Nachweises bedarf, wie es aus einem Lande zum andern gelangt ist.

Ueber die Frage, in welchen Ländern jenes Recht gegolten habe, finden sich folgende Behauptungen. Es galt bei den nördlichen Völkern Europas 10, in mehreren romanischen Ländern 11, bei den späteren Römern 12, in Italien 13, in Schottland 14, in Eng

S. 111, 112. Bastian S. 179, 180. Post S. 37. Gubernatis, Usi S. 198. Kulischer S. 229.

1 Encycl. (1. Ausg.) unter Droits abusifs. Grand Vocab. unter Culage. Peuchet-Chanlaire unter Montauban, S. 23, 24.

2 Dulaure, Montauban S. 27, 28, únd Adel S. 241, 242.

3 Saint-Fargeau S. 629.

4 Sugenheim 1861, S. 103.

5 Scherr 1865, S. 131.

6 Merlin, Rép. unter Markette, Bd. 8 v. 1813, S. 107.

7 Craig lib. 2 diegesis 3 n. 31. Vgl. hiergegen Barthélemy S. 96.

8 Pujades Bd. 4 S. 332, 333. Vgl. Lagrèze 1867, S. 421; Helfferich S. 410.

9 Liebrecht 1869 S. 810, ebenso 1874 S. 138, 139 und 1879 S. 416-418, 423. 10 Fischer S. 93-96.

11 Augsb. Allg. Ztg. v. 18. April 1868, S. 1662.

12 Weinhold S. 194.

13 Ducange, Boucher d'Argis, Voltaire, Dulaure, Roquefort, Collin de Plancy, Fellens, Michelet, Delpit, Labessade, L. Favre bei La Curne, Kolb, Marichalar, Liebrecht, Gubernatis.

14 Ducange, Bayle, Encycl., Voltaire, Dulaure, Blackstone, Stephen, Merlin, Roquefort, Delpit, Labessade, Gubernatis, Dümge, Kolb, Sugenheim, Scherr 1865, Bastian, Liebrecht.

« PoprzedniaDalej »