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Die Satisfaktionslehre bei Bonaventura u. Thomas.

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geht ordo, perfectio und virtus auf die Glieder über (q. 8 a. 1. 3. 4) 1), andererseits kommt das meritum des Hauptes den Gliedern zu gute (q. 48 a. 1. q. 49 a. 1), sofern diese zum Haupt gehören wollen. Membra autem oportet capiti conformari (qu. 49 a. 3 ad 3). Dieser große Gedanke stellt fest, daß Christus der neue Mensch ist, der das Ferment und das Prinzip der neuen Menschheit ist. b) Somit ist das Erlösungswerk zunächst unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, daß Christus durch sein Lehren, Handeln und Leiden der Lehrer und das Beispiel der Menschheit wurde. Das gilt von seiner Beschneidung (q. 37 a. 1), Taufe (q. 39 a. 1), Versuchung (q. 41 a. 1. 3), seiner Lehrtätigkeit: conversando cum hominibus. ., manifestarit omnibus suam divinitatem praedicando et miracula faciendo et innocenter et iuste inter homines conversando (q. 40 a. 1 ad 1)), seinen Wundern (q. 44 a. 3). Es kann nun weder überraschen noch als Verstoß erscheinen daß Th. diesen Gedanken auch auf das Leiden Christi anwendet: per hoc homo cognoscit, quantum deus hominem diligat et per hoc provocatur ad eum diligendum, in quo perfectio humanae salutis consistit, und: per hoc dedit nobis exemplum obedientiae, humilitatis, constantiae, iustitiae et ceterarum virtutum (q. 46 a. 3. q. 47 a. 4 ad 2). Die caritas, zu der wir so gelangen, dient (nach Luc. 7, 47) auch zur Vergebung der Sünden (q. 49 a. 1). Auch die Auferstehung, die Himmelfart, das Sitzen zur Rechten dienen diesem Zweck der Belehrung und Anregung, letzteres besonders indem der Erhöhte exinde divina dona hominibus mitteret (q. 53 a. 1. 3. q. 57 a. 6). Dies ist die erste Gedankenreihe. Das Haupt der Gemeinde offenbart den Seinen Gott, lehrt sie, regt sie zum Guten an und schenkt ihnen seine Gaben. c) Zum Anderen handelt es sich um die Satisfaktion. Die absolute Notwendigkeit derselben bestreitet Thomas. Da Gott niemand über sich hat und er selbst supremum et commune bonum totius universi ist, konnte er auch one Satisfaktion die Sünde vergeben (q. 46 a. 2 ad 3). Aber der Weg der Satisfaktion brachte am besten seine Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zum Ausdruck, daher wälte er ihn (ib. a. 1 ad 3). Hierdurch ist die juristische Betrachtung Anselms verlassen. Und das bestätigt sich durch die

q.

55 a.

1) So auch die Sakramente, quae habent virtutem ex passione Christi (q. 49 a. 1 ad 4).

2) Vgl. q. 42 a. 2 die verständnisvolle Erörterung der Frage, warum Christus nicht Schriftsteller wurde.

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Ansicht des Thom., daß wegen der Größe der Liebe und des Wertes des Lebens Christi: passio Christi non solum sufficiens sed etiam superabundans satisfactio fuit (q. 48 a. 2 u. 4). Die Notwendigkeit und die Äquivalenz der Satisfaktion ist hiedurch aufgehoben. Die Satisfaktion besteht im Leiden Christi. Er hat alle Leiden secundum genus (q. 46 a. 5) und den dolor maximus (ib. a. 6) getragen. Nun aber kommt das Leiden Christi nicht unter dinglichem, sondern unter persönlich ethischem Gesichtspunkt in Betracht. Es war eine Tat des Gehorsams und der Liebe: passus est ex caritate et obedientia (q. 47 a. 2), indem Gott inspiravit ei voluntatem patiendi ́pro nobis infundendo ei caritatem (ib. a. 3). Sein Tod war ein Opfer auch nur, sofern er eine freiwillige Tat war (q. 47 a. 2 ad 2. a. 4 ad 2. q. 48 a. 3). Wenn nun der Begriff des meritum das Schema für die ethische Betätigung des Menschen im MA. bildet, so ist es nur consequent, wenn Thomas die Passion auch diesem Gesichtspunkt unterstellt: per suam passionem non solum sibi sed etiam omnibus membris suis meruit salutem (q. 48 a. 1), denn die passio ist nur verdienstlich secundum quod eam aliquis voluntarie sustinet (ib. ad 1). Das satisfaktorische Leiden Christi ist das Prinzip unseres Heils. Aber die Abzweckung desselben auf die Rechtfertigung und Gnadenmitteilung hat Th. nicht anschaulich gemacht. Wie nun die Anregung Christi auch in der Erhöhung fortdauert, so ist seine repraesentatio ex natura humana im Himmel: quaedam interpellatio pro nobis (q. 57 a. 6). d) Der Erfolg des Erlösungswerkes befaßt nach Th. folgende Stücke in sich: 1) die Vergebung der Sünden und zwar durch die in uns erzeugte Liebe (s. sub a), sowie durch die redemtio (cf. q. 48 a. 4), indem die Kirche computatur quasi una persona cum suo capite (q. 49 a. 1); das gilt nicht nur von der Erbsünde, sondern auch den Tatsünden (ib. a. 5). 2) Die Befreiung von der Sünde befreit auch vom Teufel (a. 2). 3) Die Befreiung von der Strafe der Sünde (a. 3). 4) Das Opfer Christi hat die Wirkung quod propter hoc bonum in natura humana inventum deus placatus est super omni offensa generis humani (a. 4). 5) Die Eröffnung der Himmelstür vermöge der Befreiung von den Sünden (a. 5). Diese echt scholastische Zerreißung des Stoffes hindert an der deutlichen Erkenntnis der Absicht des Th. Wir werden aber in seinem Sinn handeln, wenn wir diese Gesichtspunkte reduciren: Christus das Haupt der Kirche ist kraft dieser seiner Stellung Erlöser, 1) sofern er uns Gott offenbart und uns durch

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Liebe überwältigt und zum Guten anregt und dadurch uns befähigt, Sündenvergebung zu erwerben, 2) sofern er durch sein Leiden Gott versönt und ihm Genugtuung leistet und uns dadurch Heil und Straflosigkeit erwirkt, 3) sofern er durch dieses wie jenes uns der Gewalt des Teufels entnimmt und die Himmelstür eröffnet. In dieser klassischen Darstellung sind die Gesichtspunkte Anselms freilich in gebrochener Weise und Abälards mit einander combinirt 1). Sie stellt das positive Resultat der Verhandlungen über die Erlösung dar.

§ 56. Die Lehren vom Urstand und von der Sünde.
Vgl. Schwane, DG. d. mittl. Zeit S. 334 ff.

1. Die Lehre vom Urstand steht im engsten Zusammenhang sowol mit der Sündenlehre als dem Verständnis der ethischen Ideale. Daher ist sie hier zu besprechen. Ihre eigentümliche scholast. Gestaltung erhält sie durch Alexander v. Hales, dessen Gedanken von Bonaventura, Albert und Thomas fortgefürt bezw. modificirt werden. Die Haupteigentümlichkeit besteht darin, daß bei dem ersten Menschen der anerschaffene Zustand streng unterschieden wird von der hinzugefügten Ausrüstung durch die Gnade (Thom. in Sent. II d. 20 q. 2 a. 3). a) Der erschaffene natürliche ethische Habitus des Menschen wird als iustitia originalis bezeichnet. Dieselbe bezeichnet die Harmonie der Kräfte und das Fehlen einer jene hemmenden Concupiscenz (Bonav. in Sent. II d. 19 a. 3 q. 1. Thom. a. a. O.)2). b) Hiezu ✓

1) Diese Darstellung weicht von der üblichen ab. Der aufmerksame Leser wird gern den Versuch machen, die beiden leitenden Gedankenreihen auf eine zu reduciren. Etwa so: indem Christus Mensch wurde, eröffnete er durch sein Leben der Menschheit die Gemeinschaft mit Gott und bewärte er in seinem Leiden, daß die ihm folgende Menschheit trotz aller Leiden der Welt bei Gott bleibt. und hierdurch wurde er der Grund der Sündenvergebung, sofern Gott die ihm anhangenden anfangenden Menschen ansieht im Licht seiner Vollendung und um seiner Garantie willen sie anders beurteilt als vordem. Ansätze hiezu finde ich bei Thomas z. B. q. 49 a. 3 ad 3: quod satisfactio Christi habet effectum in nobis inquantum incorporamur ei und ib. a. 4: quod propter hoc bonum in natura humana inventum (d. h. Christi Werk) deus placatus est . . . quantum ad eos qui Christo passo coniunguntur. Nicht daß in Christo, sondern daß durch ihn in der Menschheit dieses Gute ist, bewirkt die Versönung Gottes. Doch hat Th. dies nicht deutlich gelehrt.

2) Unter den natürlichen ethischen Kräften sei bes. hervorgehoben die synderesis oder synteresis. Nach Alex., der den Begriff zuerst eingehend erörtert. bezeichnet die s. den habituellen Trieb zum Guten, welcher der Seeberg, Dogmengeschichte II.

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kommt das donum superadditum der Gnade. Und zwar zunächst die besonderen gratiae gratis datae, wie etwa die Mitteilung von Erkenntnissen, der Contemplation, der Unsterblichkeit des Leibes. Besonders wurde Adam, als dem Anfänger der Menschheit das Maß der Erkenntnis zu Teil, ut statim posset alios instruere et gubernare (Thom. Summ. I q. 94 a. 3). Es war eine scientia illuminans intellectum ad cognoscendum seipsum et deum suum et mundum istum (Bon. Brevil. 2, 11) 1). c) Doch die Hauptsache ist ein Anderes, die Gabe der gratia gratum faciens. Dieses supernaturale compiementum (Alex. II q. 96 m. 1. Bon. in Sent. II d. 29 a. 1 q. 1) besteht wesentlich in einer Einwonung Gottes oder der eingegossenen caritas habilitans affectum ad diligendum deum (Bon. II d. 29 a. 1 q. 1. Brevil. 2, 11). Diese den Menschen heiligende Gnade ist ein universalis habitus informans et subiectum et potentias omnes et opera, per quam deus inhabitans in sanctis omnibus influit vim merendi vitam aeternam (Alb. Summ. II tr. 16 q. 98 m. 4). Seinen Ort hat dieser

menschlichen Natur irrtumsfrei und unverlierbar einwont und zwar sowol in

der Vernunft wie im Willen (II q. 76 m. 1. 2. 3). Änlich Bonavent. II d. 39 a. 2 q. 1 ff., s. auch Heinrich Quodl. I, q. 18. Dagegen hat sie nach Thom. ihren Sitz ausschließlich in der Vernunft: habitus naturalis primorum principiorum operabilium quae sunt naturalia principia iuris naturalis. Quod rectitudinem immutabilem habet... cuius officium est remurmurare malo et inclinare ad bonum (quaest. disp. de synder, a. 1. 2, opp. VIII, 836. 838, cf. Alb. de homin. tr. 1 q. 69 a. 1). Es faßt aber die conscientia die Akte in sich, welche im einzelnen Fall zur Tat antreiben oder von ihr abhalten oder das Getane beurteilen, beides nach Maßgabe der in der synd. enthaltenen Prinzipien (quaest. de consc. a. 1 ib. p. 840). Nach Duns ist die synt. der im Intellekt vorhandene habitus principiorum qui semper est rectus, dagegen ist die consc. der habitus proprius conclusionis practicae. Enthält erstere also die Prinzipien des ethischen Handelns, so wendet diese jene Prinzipien im gegebenen Fall auf das Handeln an (Sent. II d. 39 q. 2, 4). Der Begriff ovvτhonous geht zurück auf Hieronymus (opp. ed. Vallarsi V, 10) und wird von ihm durch scintilla conscientiae wiedergegeben. Nitzsch (Jarbb. f. prot. Theol. 1879, 500 ff.) macht warscheinlich, daß bei Hier. ursprünglich einfach ovvɛidnous gestanden hat, E. Klostermann fand hiefür die handschriftl. Bestätigung (Theol. Littztg. 1896, 637). Vgl. Appel, Die Lehre d. Scholastiker v. d. synt. 1891 u. Ztschr. f. KG. XIII, 535 ff. Siebeck, Gesch. d. Psychol. I, 2 S. 445 ff. Seeberg, Gewissen u. Gewissensbildg., 1896, S. 69f.

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1) Diese grat. gratis d. wird nach Thom. gegeben ut ad iustificationem alterius cooperetur, die gr. grat. fac.: per quam ipse homo deo coniungitur (I. II q. 111 a. 1). Erstere ist also eine gewisse charismatische Begabung. S. quaest. de grat. a. 5 p. 988. Quodlibeta XII a. 26 ad 1.

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habitus der Gnade in essentia animae, nicht in den einzelnen Kräften (Thom. I. II q. 110 a. 4). Nach den einen ist diese Gnade dem Menschen nicht im Moment der Schöpfung mitgeteilt, sondern zeitlich später; so habe sie sich der Mensch durch ein meritum congrui verdienen können und sollen (Alex, Summ. II q. 96 m. 1 Bonav. Sent. II d. 29 a. 2 q. 2. Alb. ib. tr. 14 q. 90 m. 1), nach den anderen ist sie dem Menschen zeitlich zugleich mit der iustitia originalis in der Schöpfung gegeben worden (Thom. in Sent. II d. 29 q. 1 a. 2). Fragt man nach dem Motiv dieser neuen Lehre, so ist dasselbe nicht in der Absicht den Abstand des Natur- und des Sündenzustandes zu verringern zu suchen. Das war mit eine Folge, nicht aber der Grund. Eine gewisse augustinische Stimmung bildet das Motiv. Ein Ziel kann nur erreicht werden vermöge ihm proportionirter Kräfte. Vita autem aeterna est finis excedens proportionem naturae humanae. Deshalb wird/ dem Menschen die übernatürliche jenem Zweck angepaßte virtus der Gnade verliehen. Das sittliche Leben aber wird nach dem Begriff des meritum verstanden. Da diese Verdienste vor Gott gelten sollen, müssen sie von ihm gewirkt sein (s. Thom. I. II q. 109 a. 5 u. 6. Bonav. in Sent. III d. 29 a. 1 q. 1. Alb. II tr. 16 q. 98 m. 4). So bedarf der Mensch der bewegenden Kraft der Gnade vor wie nach dem Fall (Thom. ib. a. 2).

2. Schon Anselm hat die augustin. Auffassung der Sünde als eines Nichtseins reproducirt. Das Böse ist eine absentia boni (dial. de casu diabol. 11). Die Erbsünde bestimmte er als factam per inobedientiam Adae iustitiae debitae nuditatem, per quam omnes filii sunt irae (de conceptu virginal. 27). Der Lombarde erblickte in der Erbsünde einen fomes peccati und languor naturae, ihr Wesen besteht in der Concupiscenz (II d. 30 F.G.). Erst die großen Scholastiker haben die Frage eingehend und zwar in wesentlicher Übereinstimmung behandelt. Auch hier ist Alexander maßgebend geworden, und Thomas hat die abschließenden Formeln geprägt. a) Alex. stellt die Erbsünde unter den doppelten Gesichtspunkt der culpa und poena. Nach jener Seite ist sie carentia debitae iustitiae, nach dieser concupiscentia (II q. 122 m. 2 a. 1). Diese carentia nun befaßt in sich sowol den Verlust der Gnade als der natürlichen ursprünglichen Gerechtigkeit oder Ordnung der Natur, indem die Natur durch die Sünde schwer verwundet ist. Naturalia in nobis et in primo homine... infirmata sunt et vulnerata et deteriorata (Bonav. in Sent. II d. 24 p. 1 a. 1 q. 2). Demnach definirt Thomas: peccatum originale materialiter quidem

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