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naturam

Die Christologie von Chemnitz.

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gewissen Grade willentlich auf den Gebrauch und die Offenbarung ihrer Herrlichkeitsfülle verzichtete, um dann im Erhöhungsstande die Fülle göttlicher Herrlichkeit wieder in Aktion zu setzen. Aber freilich von Anfang des menschlichen Daseins an, besaß Jesus doch die Gesamtheit der göttlichen Eigenschaften oder das göttliche Wesen, das Verzichten ist also zugleich ein Verbergen. Die menschliche Natur besaß also die plenitudo divinitatis, aber_illam non semper exeruit et usurpavit (p. 57). Das ist der Sinn der Exinanition: usurpationem et ostensionem divinae suae gloriae et potentiae in carne et per carnem occultavit, retraxit et quiescere fecit (p. 353). Ja Ch. sagt: radios inhabitantis plenitudinis deitatis quasi continuit et retraxit, ut non tantum foras non elucerent, sed ut inde in assumtam etiam non statim plene et perfecte deducerentur, sed ... sensim et paulatim, sodaß ein Wachstum möglich wurde (p. 553). Wie nun in dem Niedrigkeitsstande der Gebrauch der göttlichen Herrlichkeit beschränkt war, so soll in der Erhöhung die plenaria et manifesta eius maiestatis possessio et usurpatio wieder eintreten (p. 58. 295. 346). — Alle diese Gedanken fassen sich zusammen in der Darstellung der communi- ' catio idiomatum. Drei Arten derselben sie sind für die luth. Dogmatik wichtig geworden unterscheidet Ch.: 1) jede der beiden Naturen. gibt ihre Eigenschaften der einen Person (p. 161 f.), 2) das Wirken der beiden Naturen ist immer ein Zusammenwirken, die Person wirkt das Heil secundum utramque naturam. Filius dei non volebat peragere in una natura sola, sed in utraque, cum utraque et per utramque (p. 162), 3) die menschliche Natur ist, da sie an sich nicht alle Erlösungswirkungen ausüben kann, durchleuchtet vom göttlichen Licht, sie ist Träger und Organ der Logoswirkungen (p. 163 f.) 1).

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Indem diese Darstellung nicht nur mit ruhenden Substanzen rechnet, sondern die Gottheit und Menschheit unter den Gesichtspunkt des Wirkens stellt, ist es ihr gelungen wichtige Impulse Luthers zu bewaren 2). Vgl. Thomasius, Christol. II, 383 ff. H. Schultz, Gottheit Chr. 223 ff.

Aber auch die Württemberger haben allmählich den Stand der Erniedrigung specifischer als bisher zu fassen gelernt. Christus hat

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1) Die spätere Dogmatik unterschied das genus idiomaticum, maiestaticum und apotelesmaticum, s. Schmid, Dogmatik d. luth. Kirche S. 226 ff. 2) Allerdings aber ist die Concentrirung des göttlichen und menschlichen Lebens unter den Gesichtspunkt des Willens doch weniger energisch, als man erwarten könnte, s. dagegen Luther oben S. 237.

als Kind „nicht alles gewußt, nicht alles gesehen, nicht alles gehöret, nicht alles getan, obwol die Kraft Gottes, darein er durch die persönliche Vereinigung gesetzt, unendlich und unumschrieben ist". So ist auch der Todeszustand zu vergleichen mit einem schlafenden Menschen. Wie im Schlaf die Vereinigung von Leib und Seele fortdauert, one daß doch der Mensch etwas hört, sieht oder tut, so ist auch die Seele Christi in dem Todeszustand gewesen, unbeschadet der Vereinigung mit der Gottheit (der Württemb. Theologen Bek. v. der Majestät des Menschen Christi, 1565, S. 37 ff.). Vgl. Thomasius, Christol. II, 365 ff. 1).

9. Ein Streit um die Prädestination

entbrannte im

J. 1561 in Straßburg zwischen Hieronymus Zanchi und Joh. Marbach, nachdem schon 1560 Heßhusen die calvinische Prädestinationslehre angegriffen hatte. Der Beginn des Streites war der, daß der Lutheraner Marbach wünschte, daß sein calvinischer Kollege Zanchi die Gewißheit der Erwälung nicht a priori auf den ewigen Ratschluß Gottes, sondern auf den im Wort offenbaren Gotteswillen stützen möge. Erst später wurde von Marbach die Lehre, daß Gott den Erwälten nur einmal Glauben gebe, und daß diese ihn vermöge des donum perseverantiae nicht verlieren können, angegriffen (s. Löscher, Hist. motuum III, 30). Ein Ausgleich wurde 1563 durch eine Vergleichsformel angebant (s. Löscher II, 286 ff.). Nach dieser erlangt Gnade, wer immer an Christum glaubt; die Verheißungen sind allgemein, an sie halte sich daher jeder. Woher die Berufung nicht in allen den Glauben bewirke, warum also Gott nicht allen den Glauben schenke, ist ein Geheimnis. Wir sollen darüber nicht grübeln, sondern uns an den in Christo offenbaren Gnadenwillen Gottes halten. Diese Bestimmungen lagen auf der Linie der lutherischen Entwicklung. Vgl. Schweizer, Die prot. Centraldogmen I, 418 ff.

§ 78. Die Concordienformel.

Frank, Die Theolog. der C. F. 4 Tle., 1858 ff. Thomasius, Das Bek. der ev.luth. Kirche in der Consequenz s. Princips, 1848 u. DG. II, 425 ff. Heppe, Gesch. d. deutsch Prot. Bd. III, 1857. Heppe, Die Entstehg. u. Fortbildg. d. Luthertums u. die kirchl. Bek.-schriften desselben v. 1548–1576,

1) Hier sei noch der Streit über die Höllenfart erwänt, den Joh. Aepinus verursachte (seit 1549). Nach ihm handelt 1 Ptr. 3, 18 nicht von einer Predigt nach der Hinabfart der Seele Christi in den Hades, sondern

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1863. G. Wolf, Zur Gesch. der deutschen Protestanten 1555-59, 1888. K. Müller, Die Symbole des Luthertums in Preuß. Jarbb. Bd. 63, 129 ff. Möller-Kawerau, KG. III, 265 ff.

1. Der schlimme Grundsatz, daß religiöse Differenzen auch das politische Zusammengehen ausschließen, verlieh den verlieh den erbitterten Streitigkeiten, deren wir gedacht haben, ein doppeltes Gewicht. Als daher auf dem Wormser Religionsgespräch v. 1557 die Gnesiolutheraner den Philippisten das Recht sich zur C.A. zu bekennen absprachen, wodurch dieselben auch vom Augsburger Religionsfrieden v. 1555 ausgeschlossen worden wären, sahen die protestantischen Fürsten sich veranlaßt die überhand nehmenden theologischen Kämpfe möglichst zu beschränken. Die Gereiztheit und der Kultus der Formel erinnerte an die schlimmsten Zeiten der dogmatischen Kämpfe auf byzantinischem Boden. Wie dort, so versuchte man auch hier dadurch den Frieden herzustellen, dass man entweder den Streit verbot oder Eintrachtsformeln zu seiner Beilegung schmiedete. Die Bewegung ging freilich von den Theologen aus, aber die Leitung derselben und die Fixirung bestimmter Gedanken zum rechtsgiltigen Dogma haben auch jetzt die Fürsten in die Hand genommen, politische Erwägungen haben die Bewegung der Gedanken mitbestimmt. Der erste Versuch den Frieden wiederherzustellen, wurde durch den Frankfurter Rece B 1558 gemacht (s. C. R. IX, 489 ff). Als eine christliche gottselige Obrigkeit, denen der Schutz und Aufpflanzung der göttlichen erkannten Wahrheit ernstlich auferlegt und befohlen 1), stellen die Fürsten hier fest, daß sie der „reinen waren Lehre" stets zustimmen würden, wie sie in der Schrift und auch in den dreyen Haupt-Symbolis und also der Augsburgischen Confession sammt derselben Apologia enthalten sei (494). Im Einzelnen wird dann ausgefürt, daß die Gerechtigkeit in ,,Vergebung der Sünden und imputata iustitia" besteht (495); daß

von einer Verkündigung, die Christus als Gott vor seiner Menschwerdung ausgefürt. Die Höllenfart Christi dagegen ist, als ein Teil des von ihm geleisteten Gesamtgehorsams, als der letzte Akt der Erniedrigung aufzufassen. Die Seele Christi fur, wärend sein Leib im Grabe lag, hinab in den Hades. Der hiebei bewärte Gehorsam Christi hat allerdings die Hölle zerstört, das war aber nicht eine Machtbetätigung des Erhöhten. Vgl. Frank, Theol. d. CF. III, 398 ff. 434 ff.

1) p. 492. Das ist der Begriff der „christlichen Obrigkeit" (p. 495), wie er daran ist umzuschlagen in den Begriff der weltlichen „kirchlichen Obrigkeit".

der neue Gehorsam und gute Werke zwar zur Bezeugung des Glaubens nötig seien, niemand aber sein Vertrauen auf sie setzen solle (498); daß Christus im Abendmal wahrhaftig, lebendig, wesentlich und gegenwärtig sey, oder das Brot ist die Gemeinschaft mit dem Leib Christi (499 f.) 1). Die mittelmäßigen Ceremonien" sollen möglichst dem Wort Gottes gemäß gestaltet werden, die lokalen Verschiedenheiten in denselben aber seien one Zank zu dulden (501). Hinsichtlich „streitiger Opinionen“ soll man sich „sittiglich und gütiglich" von den Gelehrten unterweisen V lassen, wozu die Consistorien und Superintendenten bereit wären. Keine „Schrift oder Libell in Religionssachen" soll gedruckt werden, welches zuvor durch die verordneten Befehlshaber nicht besichtiget und der waren Bekenntnis unseres Glaubens gemäß befunden“ sei (502). Diese Urkunde sie ist lehrreich für den Geist des sich herausbildenden Staatskirchentums hatte keinen Erfolg. Das strenge Luthertum stellte ihr 1559 die Weimarische Confutatio entgegen, die den Philippismus kräftig verdammte. Auf dem Fürstentag zu Naumburg 1561 erhob sich zum ersten Mal der Streit über die C. A. invariata und variata 2). Man kam zu keinem Resultat. Hemmend griffen jetzt vor allem die Abendmalsstreitigkeiten ein (S. 354). Die Autorität Luthers stand hier zu deutlich gegen Melanchthon. So lange man sich zu einer Verwerfung der melanchthonischen Abendmalslehre nicht verstehen wollte, war an Versönung nicht zu denken. Dagegen ist es gelungen eine gewisse Einheit der Lehre in den einzelnen Landeskirchen herzustellen durch die Einfürung von Corpora doctrinae. Das erste derselben das sog. Corpus Philippicum oder Misnicum war ein Privatunternehmen des Buchhändlers Vögelein in Leipzig, der 1560, bald nach Mel. Tod, eine Sammlung seiner Lehrschriften edirte, das außer den drei alten Symbolen die C.A. Apol. (in der Ausg. 1542), die Conf. Saxonica, die Loci (Ausg. 1556), das Examen ordinandorum sowie die Responsiones ad impios articul. Bavaric. inquisitionis enthielt. Diese Zusammenstellung wurde nicht nur in Kursachsen eingefürt,

1) Hier wie im Vorhergehenden ist die melanchthonische Grundlage zu spüren, vgl. C. R. IX, 407. 409 f.

2) Man unterschrieb die Ausgabe v. 1531, von den Ausg. v. 1540 und 1542 heißt es, daß sie „obgemeldte Confession etwas stattlicher und ausfürlicher wiederholt, auch aus Grund heil. Schrift erklärt und gewart“, sie ist die „verbesserte Confession" d. h. also eine Auslegung und Ausfürung der Invariata.

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sondern fand auch anderwärts Anklang1). Im Gegensatz zu ihr entstand alsbald eine Anzal streng luther. Corpora doctrinae. Meist standen in diesen außer den drei alten Symbolen, der C. A. und der Apol. nur lutherische Schriften, wie die beiden Katechismen, die Schmalk. Art., kleinere Schriften und auch Auszüge aus Streitschriften 2).

2. Damit war für die einzelnen Landeskirchen eine feste Lehre gewonnen. Der Gedanke legte sich jetzt noch näher als früher, die verschiedenen Kirchen durch ein gemeinsames Bekenntnis zu vereinigen. Die Bemühungen, die Jakob Andreae seit 1569 an das Concordienwerk wandte, sind zunächst gescheitert (über ihn s. Johannsen in Ztschr. f. hist. Theol. 1853, 344 ff.). Aber die Zeit wurde diesen Bemühungen immer günstiger. An die Stelle der alten Fürer der Gnesiolutheraner trat ein Geschlecht, das den alten Streitpunkten ferner stand und sie daher nüchterner beurteilte. In der dogmatischen Gesamtanschauung sowie in vielen Einzelheiten stand man auf dem Boden der melanchthonischen Dogmatik. Aber die einzige reformatorische Autorität war Luther, so hatte es ja Mel. selbst gelehrt. Wo Melanchthon gegen Luther offenkundig verstieß, da hielt man sich an diesen. Das specifische Luthertum dieser Kreise bestand also eigentlich nur in der Abendmalslehre samt der Communicatio idiomatum und in der Leugnung des Synergismus). Auf der anderen Seite war aber auch der specifische Philippismus im Aussterben begriffen. Es gab keine hervorragenden Fürer, die Mel. Werk hätten weiterfüren können. Zwei Seelen hat Mel. gehabt, die eine war orthodox lutherisch, die andere war humanistisch. Die Träger des humanistischen Erbes waren seit 1574 (vgl. S. 355) als Kryptocalvinisten gebrandmarkt und verdächtig, sie waren zugleich die Vertreter der melanchthonischen Lehrdifferenzen von Luther. Sie sind die CF. tat das Ihrige dazu - zum Teil zu Calvin übergegangen 1). Der eigentümliche Charakter

1) Z. B. in Hessen und Pommern.

2) So die Stadt Braunschweig 1563, Preußen 1567, BraunschweigWolfenbüttel 1569, ebenso das sog. Corpus Julium 1576, Herzogtum Sachsen 1570, Brandenburg 1572, Lüneburg 1576. Die Zusammenstellung des Concordienbuches von 1580 zuerst im Corp. von Braunschweig-Wolfenbüttel, das wie jenes von Chemnitz und Andreae verfaßt ist.

3) Aus dieser Entwicklung begreift es sich, daß der Begriff des Luthertums sich später immer mehr auf diese Lehrpunkte concentrirte.

4) Vgl. z. B. die Lebensgeschichte von Widebram, Pezel. Hyperius, Fink, Ursinus, dem jüngeren Cruciger.

Seeberg, Dogmengeschichte II.

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