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Kirchen bauen (W 2, 169 f.). Und weil diese Werke unnatürlich sind, so rächt sich das Streben nach ihnen bitter, wie man an allen, die Gelübde ablegten, sehen kann, etwa an der unkeuschen Keuschheit (E 29, 17. 327; 10, 426). Das ist das eine, was L. immer wieder gegen das römische Lebensideal einwendet: es sind unnatürliche, blos gesetzliche Werke. Aber grade weil sie das sind, gelten sie als „verdienstlich". Darauf zielt der andere Einwand. Indem aber diese Werke hinfallen, ist es auch mit den Heiligen nichts. Was gut an ihnen war, wirkte Gott (W 1, 420), sie haben nicht, auch nur für sich, genug zu tun vermocht (ib. 606). Überlänge Werke (= supererogationis, E 14, 35) gibt es nicht.

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opera

3. Ebenso aber ist auch auf staatlichem Gebiet das Recht der natürlichen Ordnung als von Gott gewollt anzuerkennen. Das weltliche Recht und Schwert" besteht nach Gottes Ordnung (E 22, 63. 76), denn es ist nötig für die Welt (73). Daher soll auch der Christ mit gutem Gewissen ein staatliches Amt versehen (73. 80), sofern er grade so seinem Nächsten nützen kann (78) 1). Das gilt vor Allem auch vom christlichen Fürsten".- Dienst" ist sein Beruf (94 ff.). Aber ihrem Wesen nach hat es die staatliche Obrigkeit nur mit dem äußeren Wandel des Menschen zu tun (87). Hier ist sowol die Fürsorge für die Bildung und Erziehung (Schulen) als für die sozialen Verhältnisse miteingeschlossen. Aber das weltliche Regiment hat Gesetz, die sich nicht weiter strecken denn uber Leib und Gut und was äusserlich ist auf Erden. Denn uber die Seele kann und will Gott Niemand lassen regieren, denn sich selbs alleine. Darumb in den Sachen, die der Seelen Selikeit betreffen, soll nichts denn Gottis Wort gelehret und angenommen werden (23. 82. 83; 45, 115). Damit ist die Schranke der staatlichen Gewalt und das Recht der Gewissensfreiheit gewart 2). Vgl. Lezius, Gleichheit u. Ungleichheit. in den ,,Greifswalder Studien" 1895, S. 287 ff.

4. Perfectionis status est esse animosa fide, contemptorem mortis,

1) Das gilt auch vom Krieg: was ist Krieg anders denn Unrecht und Böses strafen? Warumb kriegt man, denn dass man Friede und Gehorsam haben will? (23, 249 vgl. 16, 195). Hieraus begreift sich auch Luthers Stellung zu den „räuberischen und mörderischen Bauern".

2) Aber über das „geschrieben Recht oder Juristen Räte" stellt L. das Naturrecht (vgl. S. 154 ff.): das oberst Recht und Meister alles Rechten bleibe die Vernunft (E 23, 95. 257). Solch frei Urtheil gibt die Liebe und natürlich Recht, dess alle Vernunft voll ist (ib. 104).

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vitae, gloriae et totius mundi, et fervente charitate omnium servum (W 8, 584). Glaube und Liebe resp. Werke sind der Inhalt des christlichen Lebens. Nu ist glawb und liebe das gantz wesen eynisz Christlichen menschen... Der glawb empfehet, die liebe gibt. Durch den glauben lest er yhm wol tun von gott, durch die liebe thut er wol den menschen (W 8, 355. 362. 366. 385 f. E 7, 159. 161; 8, 40. 71. 75; 9, 280 f. 137; 10, 20; 46, 254). Also bleibet der Glaube der Thüter und die Liebe bleibet die That (E 8, 63). Der Glaube bringet den Menschen zu Gott, die Liebe bringet ihn zu den Menschen, durch den Glauben lässt er ihm wohlthen von Gott, durch die Liebe thut er wohl den Menschen (E 14, 40). Aber all dies soll nicht durch Zwang oder Gesetz befohlen sein. Das Christenleben ist ein freies Leben, sofern das Gute innerlich von Gott gewirkt ist und mit Lust geschieht. Hier gelten daher keine Gebote. Das ist die libertas evangelica oder christiana oder fidei libertas 1). Das Gesetz gilt nur dem äußeren Menschen (s. sub 3), da ist es notwendig, zumal für den rohen Herrn Omnes (E 29, 140 f.). Herrlich sind diese Gedanken in dem Büchlein von der Freiheit eines Christenmenschen" ausgefürt. Durch den Glauben wird der Christ ein freier Herr aller Dinge. Im Glauben ergreift der Mensch Christum, die Gerechtigkeit des Bräutigams begabt auch die Braut, die Seele (E 27, 183); und wieder wird durch den Glauben die Seele aller Güte voll (181), sodaß sie keines Gesetzes noch Gebotes bedarf. Dadurch ist der Christ frei. Weil er mit innerer Herzenslust, da Christi Wort in seiner Seele wont, das Gute tut, so braucht er nicht die Forderungen des Gesetzes. Wird nun im Glauben Gott sein, so ist ihm damit die Gewißheit gegeben, daß alle Dinge zu seinem Besten dienen müssen (185), wie andererseits er das Recht hat, vor Gott für die anderen fürbittend zu treten. So ist der Christ König und Priester. Durch sein Künigreich ist er aller Ding mächtig, durch sein Priesterthum ist er Gottis mächtig (186). Nun muß aber der Christ auch seinen eigen Leib regiern und mit Menschen umbgehen. Dies erfordert Zucht und Übung des Leibes, damit er dem inneren Menschen gehorsam und

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1) z. B. W 1, 530. 647. 675; 2, 486; 8, 327. 330. 334. E 10, 425; 12, 363 f.; 29, 188 f. etc. Der Papst und die Rottengeister zerstören, nach L., diese Freiheit, jener durch Gebote, diese durch Verbote (29, 189). Praktisch formulirt L. gegen Carlstadt den Kanon, dass alles soll frei seyn was Gott nicht mit klaren Worten verbeut im N.T. (29, 188).

gleichförmig werde" (189) 1). Jetzt ist aber der Glaube das Innewerden der Woltaten Gottes. Daraus folgt der innere Antrieb zu tun was Gott gefällt, d. h. dem Nächsten zu dienen. Also fleusset aus dem Glauben die Lieb und Lust zu Gott, und aus der Lieb ein frei, willig, frohlich Leben dem Nächsten zu dienen umbsonst (196). Das sind die rechten guten Werke, wie sie frei aus dem Herzen hervorquellen und dem Nächsten Nutzen bringen. Denn wilchs Werk nit dahinaus gericht ist dem andern zu dienen. so ists nit ein gut christlich Werk (198). So ist der Christ freilich durch den Glauben ein freier Herr und durch die Liebe ein dienstbarer Knecht.

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Diese Gedanken sind für L. maßgebend geblieben. Der Glaube die Hinnahme Gottes und seiner Woltaten. Diese überwinden uns innerlich, sodaẞ auch durch den heil. Geist (E 19, 376) — die Hingabe an Gott in uns entsteht, als eine große heftige Liebe" zu Gott (E 14, 4). Diese Liebe stellt uns aber mit innerer Lust unter den Willen Gottes (E 7, 161). Und so erwächst aus der Liebe zu Gott die Liebe zu dem Nächsten (W 8, 386. E 14, 34. 46; 28, 207; 9, 284). Sonach wird die Liebe definirt als der Wille Gutes zu tun: Liebe ist nichts denn eytel woll thun und nutz seyn allen menschen, feynden und freunden (W 8, 362). Diligere autem est ex animo alteri velle bonum (W 2, 604) 2). So ist denn alle Liebe Dienst und das ganze Christenleben ein Dienst für Gott an den Brüdern (W 2, 148; 8, 360 f. 367). Wir wissen, daß wir um der anderen willen geschaffen (E 8, 263) und Werkzeuge in Christi Hand (12, 365) sind. Solcher Dienst kann aber nur durch wirklich gute, nicht die selbstgewälten römischen Werke geschehen, wie wir jene aus den zehn Geboten kennen lernen (E 9, 287; 10, 411 f.; 11, 318; 13, 159). Das sind die Werke, die sich in den natürlichen Formen des Lebens bewegen. Hier soll man den Mitmenschen Liebe, Demut, Geduld, Sanftmuth erzeigen (E 9, 287. 289 f.). Und zwar soll man das tun in seinem besonderen Beruf: in seinem Beruf Gott dienen und ihm danken, dass er ihn in seinem Stande auch zu seinem Werkzeuge brauche (9, 290). Dabei ist die sittliche Gleichheit aller Berufe, auch der geringsten.

1) Diese Gedanken rufen einen völligen Wandel des Begriffes der Askese hervor; sie ist nicht Selbstpeinigung oder verdienstliches Werk. sondern die Disciplinirung und Übung der natürlichen Kräfte, welche sie zu geeigneten Mitteln der Realisirung des christlich Guten macht, 8. meinen Art. Askese PRE. II. 138 f.

2) Zu dieser Definition vgl. S. 90.

Beruf, Reich Gottes.

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feststehende Voraussetzung (z. B. E 7, 228; 10, 233 ff.; 8, 259 f; 16, 137; 17, 258; 18, 85; 19, 337. 352 f.; 30, 367; 48, 273). In den Formen des natürlichen Lebens und Berufes Gott dienen durch die demütige Liebesarbeit an den Brüdern das ist die Aufgabe des Christenlebens. Die Kraft zu solchem Dienst quillt aber aus dem Glauben oder aus Gott.

Das ist aber auch der Weg zur Realisirung des Reiches Gottes. Zwei Seiten faßt dieser Begriff bei L. in sich. Es ist einerseits die Herrschaft, die Christus ausübt, indem er durch das Wort Glauben und Leben erzeugt und Sündenvergebung verleiht (E 14, 181 f. s. oben S. 251; 21, 115; 14, 238 f. 240. 251; 18, 234; 39, 34 f.; 15, 21 f.; 12. 2 f.; 51, 181). Es ist andererseits das Herrschaftsgebiet Christi oder die Menschen, sofern sie al ihr Tun und Können in den Dienst Gottes stellen (W 2, 97). Daher ist die Fülle aller Tugenden in dem Reich vereinigt: das gottis reych sey nith anders den frum, tzuchtig, reyn, milt, sanfft, gutig und aller tugent und gnaden roll sein, also das goth das sein in uns habe und er allein in uns sey, lebe und regire. Dis solt man am hochsten und ersten begeren (W 2, 98). Indem Christus seine Herrschaft an uns ausübt, werden und wachsen wir heran zu Gliedern des Reiches 1).

Das ist es um die rechte evangelische Vollkommenheit im Sinne Luthers. Aber nicht als ein Fertigsein ist sie zu denken, sondern als ein stetiges Streben. Das gilt vom Glauben, der sich unter allerhand Anfechtungen erhält, daß er der vorsuchte und erfarne glaube werde (W 8, 378. E 14, 52). Das ist vom ganzen Umfange des inneren Lebens zu sagen: es ist und bleibt auf Erden nur ein Anheben und Zunehmen, wilchs wird in jener Welt vollnbracht (E 27, 188). Dieses Lebensideal überwindet die uralte dem Hellenismus entstammende Neigung zur Weltflucht. Es ermöglicht auf Grund des innigsten religiösen Lebens eine Betätigung in den Formen des natürlichen Daseins und Berufes. 5. Die Erkenntnis der Selbständigkeit und Berechtigung des natürlichen Lebens bedingt, daß Luther die sozialen und staatlichen Dinge nach den ihnen immanenten Maßstäben geregelt sehen will.

1) Die Bedeutung

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Herrschaft" hat das Reich bei L. wie im NT. sehr oft (z. B. E 18, 233; 15, 21: 29, 295); wie die Schrift denkt er das Reich stets in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Herrn (z. B. W 2, 95). Es ist der Erfolg des Werkes Christi in der Welt. In diesem Sinn ist es ein rein religiöser Begriff; indem aber Menschen mit Aufbietung aller Kräfte seine Verwirklichung erstreben, ist es auch das höchste ethische Ideal.

Zwischen den Bauern und den Herren handelt es sich nach seiner Ansicht um rein weltliche Dinge (E 24, 283. 277 f.). Das Evangelium tritt weder für den Kommunismus ein (ib. 291), noch hebt es die Leibeigenschaft auf (281). Die Bauern mögen noch so sehr im

,, an

an dem großartigen

den Adel",

oder

Recht sein, so erheben sie ihre Rechtsansprüche doch nicht auf den christlichen Namen hin (273). Die soziale Frage der Zeit war demnach für L. keine kirchliche, sondern eine natürliche und staatliche Frage). Doch ist damit keineswegs gesagt, daß die Kirche mit dieser Frage und ihrer Lösung nichts zu schaffen habe. Wie wenig das Luthers Meinung entspricht 2), sieht man Reformprogramm, in der Schrift an seinem energischen Eingreifen in soziale Probleme, wie den „Zinskauf“, ,,Kaufhandlung und Wucher". Wie aber jene Schrift nicht an die Kirche, sondern an den Adel gerichtet ist, so hat L. auch für seine Person eine Lösung der technischen Probleme abgelehnt"). Die Kirche weist hin auf die Schäden, sie fordert Abhilfe und gibt Rat und Geist dazu 1), aber dem Staat bezw. der Gesellschaft steht die Ausfürung zu. Das ist in Kürze L. Stellung in diesen Fragen. Vgl. Schmoller, Zur Gesch. d. nat.-ök. Ansichten in d. Ref.zt in Ztschr. f. d. ges. Staatswiss. 1860, 461 ff. Erhardt, Die nat.-ök. Ansichten d. Ref. in Stud. u. Krit. 1880, 672 ff., auch Braasch, L. Stellg. z. Sozialism., 1897. W. Köhler, Die Quellen z. L. Schrift an den Adel, 1895.

§ 69. Wort und Sakrament.

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1. In den religiösen Vorgängen, die wir in § 67 geschildert haben, findet eine persönliche Einwirkung Gottes auf das Menschen

1) Die Bauern wollten „eine christliche Rotte oder Vereinigung“, „,christliche Brüder" sein (24, 265. 290), hieraus ergab sich für sie die Anwendung des göttlichen Rechtes" (265) und der „evangelischen Freiheit" (270). Diese Titel hatten für sie den genuin mittelalterl. Sinn, s. oben S. 155 f. 166 ff.

2) Man muß auch hier den ganzen Luther" gelten lassen, das ist jedenfalls nicht „unlutherisch".

3) z. B. W 6, 6: es ist aber meynes wercks nit anzutzeygen, wo man funf, vier odder sechs auffs hundert geben soll. Ich las es bleyben bey dem urteyll der rechten, wo der grund szo gutt und reych ist, das man do sechs nemen muge.

4) Richtig Dilthey (Arch. f. Gesch. d. Philos. V, 366): „Im Namen des neuen christl. Geistes fordert L. eine Umgestaltung der deutschen Gesellschaft in ihren weltl. und kirchl. Ordnungen."

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