Obrazy na stronie
PDF
ePub

Da Dieterich fah, dafs Rodingeir todt war, mochte er nicht länger ruben: er rief feine Mannen auf fich zu waffnen und flieg hinab in die Strafse. Und deutsche Lieder fagen, nicht fei es einem blöden Manne behaglich gewesen, da Dieterich mit den Niflungen zufammengetroffen sei und fein Schwert Eckefachs fo habe erklingen lassen. Von beiden Seiten fielen nicht wenige: selbst Hogni wich vor Dieterich zurück. Auch Giselher, Gernot und Volkher waren da bei ihm in dem Saale. Dieterich drang kühn ein, Folkher wehrte ihm; doch auf den erften Hieb flog diefem das Haupt ab. Da kam Dieteriche Hogni entgegen und fie erhuben ihren Zweikampf. Hildebrand aber traf mit Gernote zufammen, dem er im Sturme ร einen folchen Streich verfezte, dafs er todt niederfank. Und da waren ihrer nur noch vier übrig: Dieterich und Hogni, Hildebrand und Giselher.

Endlich kann auch Attila von feinem Thurme zum Kampfplatze herbei. Hogni bat ihn dem jungen Gifelher Frieden zu geben, da er an Sigurds Tode unfchuldig fei. Gifelher felbft fagte, er fei damals erft fünf Winter alt gewefen und habe noch im Bette feiner Mutter geschlafen; doch wolle er nach dem Tode feiner Brüder nicht allein leben. Sofort drang er auf Hildebrand ein, dem er Hieb auf Hieb verfezte. Jedoch ergieng der Kampf, wie zu vermuthen war: Hildebrand gab Gifelher den Todesstreich.

Nun traten Dieterich und Hogni, vorher die innigsten Freunde, in Kampf: fie fochten heftig und fo lange, dafs fie beide fchon müde und verwundet waren. Da ward Dieterich fo zornig, dafs Feuer aus feinem Munde flog. Davon erglühete Hogni's Panzer fo fehr, dass er ihn verbrannte. Hogni bat um Frieden und bot feine Waffen dar. Dieterich rifs ihm aus Erbarmen den Panzer ab.

Jezt gieng Grimhilde hin, fafste da wo der Saal über Hogni war angezündet worden, einen Brand und stiess ihn ihrem Bruder Gernot in den Mund um zu sehen, ob er fchon todt wäre oder noch lebte: er war aber bereits todt. Eben fo that fie ihrem Bruder Gifelher; diefer lebte noch, starb aber von der Schwefter Mishandlung. Da Dieterich fah, was fie that, sprach er zu Attila: »fieh, wie der Teufel Grimhilde, dein Weib, >> ihre Brüder, die guten Helden, quält und wie mancher Mann ihretwegen >> fein Leben gelafsen hat. Gleicher Weife würde fie auch dich und mich >> zum Tode bringen, wenn fie es vermöchte.« Da fprach Attila: >> wahrlich >>fie ist ein Teufel. Erfchlag du fie.« Und Dieterich sprang auf Grimhilden los und hieb fie mitten enzwei.

Hogni liefs der König Dieterich heim tragen, und Herrat, des lezteren Verwandte, forgte für die Verbindung feiner Wunden. Tags darauf starb Hogni.

In dem Kampfe waren gefallen taufend Niflunge und viertaufend Hunen und Amelunge. Kein Streit war in den alten Sagen berühmter, als diefer. Hunenland aber war feitdem an edeln Männern verödet.

An diefe, dem deutschen Liede schon viel näher stehende Darstellung schliessen wir weiter den Inhalt des fpätern, weit beschränktern Sigfridsliedes an.

Sigfrid, der Sohn des Königes Sigmund von Niderland, wollte als Knabe Niemand unterthänig fein, verliefs feinen Vater und trat bei einem Schmide in Dienst. Aber zu stark zur Arbeit fchlug er das Eisen entzwei, den Ambofs in die Erde. Da er überdifs Meifter und Knechte mishandelte, fuchte ihn der Schmid wieder los zu werden und fchikte ihn zu einem Köhler in den Wald, damit ihn ein dort hausender Drache verzehren möchte. Sigfrid aber tödtete und verbrannte diefen: durch das Feuer fchmolz die Horndecke des Wurmes und flofs wie ein Bächlein dahin. Sigfrid ftiefs den Finger hinein, der dann bei der Erkaltung mit einer Horndecke üherzogen war. Da beftrich der junge Held feinen ganzen Leib, die Stelle zwischen den Schultern ausgenommen, mit der flüssigen Masse. Nun fafs zu Worms am Rheine ein König Namens Gibeche, Vater dreier Söhne und einer Tochter, Krimhilde. Diefe ward von einem Drachen entführt, der fie nach Verlaufe von fünf Jahren, wo er feine frühere Menfchengestalt wieder erhalten würde, zur Gattin nehmen wollte. Bis ins vierte Jahr hielt er so die Jungfrau auf dem Drachensteine gefangen.

Unterdes fandte Gibeche in alle Lande feine Boten aus um von der Tochter Kunde zu erhalten; doch vergebens. Da zog der ftolze Sigfrid mit Habichte und mit Hunden in den Wald auf die Jagd. Einer feiner Bracken findet die Spur des Drachen, Sigfrid eilt ihm nach und gelangt am vierten Tage zum Drachensteine. Dort trifft er auf den Zwergkönig Euglin, von dem er erfährt, dafs auf dem Felfen ein Drache mit der fchönen Krimhilde hause, zugleich aber vor dem Ungeheuer gewarnt wird. Sigfrid will von keiner Warnung hören, verfichert eidlich, er wolle und müfse die Jungfrau gewinnen und bittet Euglin um Beistand. Der aber betheuert ihm, all fein Streben fei umfonft: nur Gott könne helfen. Da erfasst ihn Sigfrid erzürnt und fchlägt den Zwergkönig fo heftig gegen eine Felswand, dafs die reiche Krone, welche er auf dem Haupte trug, in Stücke sprang. Da bat Euglin um Gnade und verhiefs feinen Beiftand, indem er Sigfride zugleich eröffnete, dafs der Riefe Kuperan, der den Schlüssel zum Drachenfteine führe, dort haufe. Sigfrid läfst fich zu ihm weifen und fordert von ihm die Jungfrau; allein der Riefe fährt ihn wüthend an und es erhebt fich ein gewaltiger Kampf. Kuperan ficht mit einer ungeheuern stählernen Stange; doch Sigfrid weicht dem Schlage gefchikt aus und verfezt feinem Gegner mehrere Wunden, fo dafs diefer forteilt und fich mit Panzer, Helm und Schwerte waffnet: fein Schild war fo grofs wie ein Stadelthor. Von neuem begann der Kampf; Sigfrid aber zerhieb nicht nur den gewaltigen Schild, fondern zerfchnitt auch den Panzer feines Gegners. Kuperan bat nun um fein Leben, was ihm Sigfrid auch unter der Bedingung gewährte, dafs er die Jungfrau gewinne. Indem aber beide zum Felfen giengen, verfezte Kuperan Sigfrid, der fich deffen nicht verfah, einen folchen Schlag,

dass er für todt niederstürzte. Euglin ward fein Retter, indem er die Nebelkappe über ihn warf und ihn fo dem Blicke des Riefen entrückte. Als fich Sigfrid wieder erholt hatte, rieth ihm Euglin abermals von feinem Vorhaben abzustehn; doch er warf die Kappe von fich, stürzte auf den Riefen ein und verfezte ihm acht tiefe Wunden, liefs ihm jedoch, da er mit feiner Hilfe die Jungfrau zu gewinnen hoffte, das Leben. Endlich gelangen fie an der Thüre des Drachensteines an und Kuperan schliefst auf. Die erftaunte Krimhilde heifst Sigfrid willkommen, erkundet sich nach den Ihren und gelobt ihm, da er Leib und Leben für fie einfetzen will, für immer Treue. Indeffen wird Sigfrid von dem Riefen erinnert, dafs da ein koftbares Schwert verborgen liege und dafs der Drache nur mit diefer Klinge zu besiegen fei. Eh sich aber Sigfrid deffen versieht, schlägt ihm Kuperan wieder eine so böse Wunde, dass er kaum zu stehn vermag. Ein neuer Kampf erhebt sich und Sigfrid wirft den Riefen, der diefes Mal vergebens um Gnade flehet, den Fels hinab, fo dafs er fich in Stücke zerfchlägt. Jezt war der Sieger, der nun bereits den vierten Tag weder etwas genofsen noch auch geruhet hatte, ganz ermattet. Euglin brachte ihm Speise und Trank zur Labung. Aber eh Sigfrid nur anbils, hörte er fchon den Drachen, der Feuer fprühend durch die Luft daher fuhr. Nun erhob fich ein Kampf, gegen den die frühern nur ein Spiel waren. Der Ungestüm ward fo heftig, dafs die Zwerge voll Furcht aus dem Berge flohen und dafs felbft Euglins Brüder den von ihrem Vater Nibeling gefammelten Schatz, den fie dort hüteten, in eine Höhle unter dem Drachenfteine fortschafften. In diefe Höhle floh auch Sigfrid, da er das Feuer des Drachen, wovon felbft der Fels erglühte, nicht ertragen konnte, und kühlte fich ab. Aber der Kampf begann von neuem: der Drache fuchte Sigfrid, dem er schon vorher mit feinen Krallen den Schild abgerissen hatte, in feinen Schwanz zu flechten; doch umfonft. Endlich begann die Horndecke des Drachen theils von feinem eigenen Feuer, theils von des Feindes Schlägen zu erweichen, Sigfrid hieb den Wurm in der Mitte entzwei und warf ihn den Fels hinab, fank aber zugleich bewuftlos nieder. Nachdem er sich wieder erholt und an Speife und Trank gelabt hatte, beurlaubte er sich bei Euglin und deffen Brüdern. Eh Sigfrid jedoch fortzog, verkündete ihm der Erftere, er werde Krimhilden nur bis ins achte Jahr befitzen, dann durch Mörderhand fallen, aber durch sein schönes Weib furchtbar gerächt werden. Nun zog Sigfrid fort, wandte jedoch wieder um und lud den Schatz, welchen er für des Drachen Eigentum hielt, auf fein Ross, schüttete ihn jedoch, da er ihn nur kurze Zeit befitzen follte, in den Rhein. Zu Worms ward eine glänzende Hochzeit, die über vierzehen Tage dauerte und zu der man alle Grofsen des Landes geladen hatte, unter Freude und Jubel gefeiert. Sigfrid war hoch geehrt und angesehen, so dass ihm seine Schwäger Günther, Hagene und Girnot gehäfsig wurden und feinen Tod befchlofsen. Hagene erstach ihn über einem Brunnen auf dem Otenwalde.

[ocr errors]

Mit diefem Sigfridsliede ftimmt das unter dem Namen der gehörnte Sigfrid bekannte Volksbuch im Wefentlichen überein, obfchon es nicht aus ihm genommen ist. Sigfrids Eltern heifsen hier Sighart und Adelgunde, Gibeche führt den Namen Gilbald, feine Söhne heissen Erenbert, Hagenwart und Walther, ihre Schwefter nennt fich Florigunde. Mit ihr zeugt Sigfrid einen Sohn Namens Leuhart, der bei feinem Grofsvater zum stattlichen Helden heranwächst und später mit dem Sultane von Babylon Krieg führt, manche Abenteuer und Gefahren besteht und die Tochter des Königes von Sizilien zum Weibe nimt. Bei Sigfrids Hochzeit ist auch Sighart zugegen. Nach der Ermordung feines Sohnes nimmt er feine Schwiegertochter zu fich und fucht die drei Brüder zur Rache mit Kriege heim. Der Mörder Hagenwart fällt durch eines Feiglings Hand, feine Brüder werden aus ihrem Lande vertrieben.

Nach Mittheilung diefer verschiedenen Fafsungen unferer Sage, in denen verbunden mit jenen manigfaltigen von W. Grimm gefammelten Zeugniffen, eine reiche Anzahl wechfelnder Abweichungen und Änderungen entgegen tritt, kehren wir noch einmal zu unferem Liede zurück. Dasfelbe scheidet fich offenbar in zwei Theile, deren erfter die Schickfale Sigfrids, der zweite Grimhildens Rache oder den Untergang der Burgunden darftellt, auf welche fich der bedeutfame Name der Nibelunge vererbte.

Da fich der zweite Theil in den Namen Dieterichs von Bern, Etzels, Gunthers u. f. w. offenbar an die Gefchichte anlehnt, fo lag es nahe, fich auch für die vorzüglichsten Gestalten und Begebenheiten des ersten Theiles nach gefchichtlichen Perfonen und Eräugniffen umzufehen; und fand fich in dem lateinisch gefchriebenen burgundifchen Gesetze unter Gibichs Söhnen Gundahari mit feinen Brüdern Godomar und Gislahari als fcheinbar

[ocr errors]

* Bekanntlich erlitt der burgundifche König Gundahari im Jahre 433 durch Attila eine grofse Niederlage. (Infofern alfo ift die nordifche Darstellung älter, als fie Gunther durch Attila untergehen läfst.) Im Jahre 538 aber gieng das burgundische Königshaus durch die Franken unter. Hrothilde nämlich, die durch ihren Oheim, den burgundifchen König Gundebalt, ihrer Eltern beraubt wird, vermählt fich mit dem Frankenkönige Hlodwig, den fie zum Kristentume bekehrt. Schon bei ihren Lebzeiten entstehn Kriege der Franken mit den Burgunden. Als aber nach Hlodwigs Tode Gundebalds Sohn Sigmund feinen Erftgeborenen Sigerich auf Anftiften der Stiefmutter im Schlafe ermorden liefs, rief die alte Königin, die in der lezten Zeit ihr Leben unter geiftlichen Übungen zugebracht hatte, ihren Sohn Hlodomer mit feinen Brüdern zur Rache auf. Der Krieg endete mit dem Untergange der burgundifchen Könige. Hrothilde felbst starb zu Turoni, nachdem ihr die einzige Tochter, gleichfalls Hrothilde genannt, Gemahlin des weftgothischen Königes Amalarich, bereits voran gegangen war. Beide Begebenheiten, die Niederlage der Burgunden durch Attila und ihr Untergang durch die Franken, müssen in der Sage mit einander verschmolzen fein und zwar fo, dafs in der nordifchen Sage Attila der Verderber ist, während in der deutfchen die gekränkte Hrothilde ihre Rache übt. Durch Hrothilde (Grimhilde) wäre zugleich der zweite Theil mit dem ersten verknüpft.

fchlagender Beweis für die Geschichtlichkeit derfelben Namen in der Sage, fo war es natürlich auch nach einem gefchichtlichen Sigfrid zu suchen. Diefen Weg der Forschung schlug aufser Zfchocke vor vielen Jahren auch schon K. Göttling ein, nach ihm am meisten Leichtlen; nicht minder ganz neuerdings Emil Rückert, welcher in Sigfrid den fränkischen König Sigbert findet.

Es gab aber zwei Frankenkönige, welche durch Namen und Schickfale auf den Sagenruhm des Nibelungenhelden Sigfrid Anfpruch haben konnten. Der ältere Sigbert, König von Ripuarien, dem fränkischen Uferlande des Rheines, hatte seinen Sitz zu Köln und war Nachbar und Zeitgenosse des herfchfüchtigen und gewaltthätigen Hlodwig, Königes der falifchen Franken. Diefer fuchte alle Häupter des Frankenvolkes um fich her zu stürzen, um fich und feinen Nachkommen die Alleinherfchaft zu fichern. Zu dem Ende fchlug er dem Sohne Sigberts, Hloderich, vor fich des alten schwachen und hinkenden Vaters zu entledigen und dann deffen Schätze mit einander zu theilen. Hloderich willigte ein, und als Sigbert über den Rhein gegangen war, um in dem unermesslichen buchenifchen Walde, wo sich später auch Karl der Grofse um der Jagd willen aufhielt, zu jagen, ward er in einem Zelte Mittagsruhe haltend von gedungenen Mördern erfchlagen. Dem Vatermörder ward jedoch bald durch feinen treulofen Rathgeber vergolten. Denn als er mit Hlodwigs Gefandten die väterlichen Schätze theilte und fich eben über eine tiefe mit Gold gefüllte Kifte hinabbeugte, spaltete ihm ein Diener Hlodwigs mit einer Streitaxt den Kopf. Hlodwig aber wufte fich bei den Rivuariern darüber zu rechtfertigen und vereinigte Riquarian mit feinem Königreiche (506-511).

Der andere Sigbert, Hlodwigs Enkel, Hlothars Sohn, erhielt bei der Theilung mit feinen Brüdern Australien, Guntram Burgund und Hilperich Neuftrien (561). Mit feinem Bruder Guntram und deffen Feldherrn Heune, auch Hummulus genannt, foll er einen grofsen Schatz in einem hohlen Berge gehoben haben. Unter dem Beiftande des Leztern rächte er die Niederlage, die fein Vater von den Sachfen und Thüringern erlitten hatte, und fchlug diefe und die mit ihnen verbündeten Dänen zwifchen der Logana (Lahn) und Bordaa (Wora). Nicht weniger glüklich kämpfte er gegen die wilden Horden der Avaren, welche damals das weftliche Europa bedroheten. Im Jahre 565 vermählte er fich mit Brünhilden, der schönen und klugen Tochter des weftgothischen Königes Athanarich, die ihm aus Spanien eine reiche Mitgift zubrachte. Auch fcheint es durch feine Vermittlung bewirkt worden zu fein, dafs fein Bruder Hilperich von Neustrien die Schwefter derfelben Geilafwintha ehlichte. Bald aber entstand Krieg zwischen beiden Brüdern über die Ländertheilung (573), und während desfelben liefs Hilperich feine rechtmässige Gemahlin umbringen und erhob fein aus niederem Stande gebürtiges Kebsweib, die reizende Fredegunde, auf den Thron. Diefe liefs, da ihr Gemahl im offenen Felde gegen den überall fiegreichen Sigbert nichts auszurichten vermochte, ihren Schwager,

Der Nibelange Not.

[ocr errors]

III

« PoprzedniaDalej »