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Thoth können aber nicht identificirt, untereinandergeworfen werden, womit denn gegeben ist, dass eine Tab. smar., die im Schlusssatze den Thoth bringt, nicht kosmologisch-Aegyptisch interpretirt werden kann. Die Aegypter, die also bei der ersten Redaction der Tab. smar. zwei Interpretationen für ihren Theil erhalten, erhalten bei der zweiten Redaction nur eine Interpretation, womit sie sich aber füglich begnügen können, da auch die Juden und Griechen nur eine Interpretation erhalten.

Der Titel der Tabula smaragdina.

Da die Tab. smar. sich selbst Philosophia totius mundi nennt, so wird sie auch wohl so heissen. Trotzdem dass sie aber so heisst, wird sie schwerlich so im gewöhnlichen Leben genannt worden sein. Ganz abgesehen davon, dass dieser Titel für das gewöhnliche Leben zu weitläufig ist, steht ihm auch noch das im Wege, dass er der Mysteriösität Eintrag thut, mit dem die Tab. smar. sich umgiebt, und die Alchemisten sie umgeben. Denn sobald man im gewöhnlichen Leben die Tab. smar. Philosophia totius mundi nennt, liegt der Inhalt der Schlussrubrik ziemlich klar zu Tage, und man ist in Bezug auf die Schlussrubrik aus der Mysteriösität, wenn auch nicht ganz, so doch zum guten Theile herausgetreten.

Für das gewöhnliche Leben hat daher höchst wahrscheinlich schon von vorn herein die Tab. smar. einen Besonder-Titel geführt. Der Titel Tabula smaragdina ist es nicht, denn der kommt erst viel später auf, wie wir das an betreffender Stelle kennen lernen werden. Weil von der Zeit an, wo die Tab. smar. eben Tabula smaragdina genannt wird, dieser Titel alle anderen nebenbei gehenden, wenigstens successiv, verdrängt, so bedienen wir für unseren Theil uns dieses Titels durchgängig, und nennen daher die Tab. smar. bereits da Tab. smar., wo dieser Titel den zu der betreffenden Zeit lebenden Alchemisten noch unbekannt war. Wir halten es für gut, für das wichtige Schriftstück durchgehends einen Titel zu wählen und beizubehalten, um keinen unnöthigen Titel-Verwirrungen in die Arme zu fallen. Deswegen sprechen wir von vorn herein von einer Tab. smar., und halten diese Bezeichung durchgehends bei, einerlei, ob in der Phase, in der wir uns gerade befinden, der Titel Tab. sm. bereits da war, oder nicht.

Für die erste Redaction der Tab. smar. fehlt jeder Anhaltspunct für einen Titel. Was die zweite Redaction betrifft, so wurde sie vielleicht Tabula Hermetica genannt. Unabweisbar für sie ist der Titel Tabula Aegyptiaca oder Aegyptia, doch liegt es nicht nahe, dass wir annehmen, die Alexandriner selbst hätten diesen Titel aufgebracht. Viel näher liegt es, anzunehmen, dieser Titel stamme von Ausser-Alexandrinischen Alchemisten, z. B. Griechen in Griechenland, Römern u. s. w. her. Der Titel Tabula Aegyptiaca wird deshalb wichtig, weil er zu dem Titel Tabula Khemica umgeschmolzen wurde, und dieser Titel es ist, dem das Wort „Chemie" entstammt. Aegypten heisst nämlich Khemi, und das fremdländische Khemicus macht sich mysteriöser als Aegyptiacus, daher tritt Tabula Khemica für Tabula Aegyptiaca ein.

Von diesem Ausdruck Tabula Khemica stammen die Ausdrücke Chemie und Alchemie. Beim letzteren Ausdrucke ist Al der vor Chemie gesetzte Arabische Artikel; das Al zeigt uns, dass „Alchemie" aus der Araberzeit stammt.

Die richtige Schreibeweise für Khemi ist eben Khemi, und nicht Kemi oder Chemie. Trotzdem drängen sich die unrichtigen Schreibeweisen in den Vordergrund. Das kommt daher, weil weder Griechen noch Römer den Consonanten Kh kennen. Indem nun Griechisch und Lateinisch geschrieben wurde, liess man einerseits das h hinter K fallen, andererseits hielt man das h bei und verwandelte das K in ein C, womit Lateinisch Ch und Griechisch X herauskommt. Auf diese Weise wurde Khemi zu Chemi und Kemi gräcisirt und latinisirt. An der Hand dieser Schreibeweisen kommt dann für Tabula Khemica heraus: Tabula Kemica oder Chemica. Statt nun Tabula Kemica oder Chemica zu übersetzen: Aegyptische Tafel, übersetzte man: philosophische Tafel. Dies weist darauf hin, dass die Tab. smar. auch Tabula philosophica genannt wurde, eine Bezeichung, welche sehr nahe liegt. Unkundige nun, die sich mit dem fremdnamigen Ausdrucke Kemicus oder Chemicus

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nicht zurecht zu finden wussten, calculirten: Tabula philosophica Tabula Chemica oder Kemica, also ist philosophicus Kemicus oder Chemicus. So wird kemisch oder chemisch philosophisch, das ist in unserem Sinne „alchemistisch". Aus dem Adjectiv Kemicus oder Chemicus wird dann in weiterer Folge das Substantiv Kemia oder Chemia philosophia, das ist in unserem Sinne Alchemie, gebildet. Die Schreibeweise Kemia hält sich sehr lange neben der Schreibeweise Chemia, und erst in der neueren Zeit ist die Schreibeweise Kemia durch die Schreibeweise Chemia verdrängt worden, zugleich aber auch dem Ausdruck Chemia der Sinn untergeschoben worden, den wir heut zu Tage mit „Chemie" verbinden. Im Sinne der Alten ist Kemia oder Chemia das, was wir „Alchemie" nennen.

So, nur so liegt der Sachverhalt mit dem Ausdruck Chemie und Alchemie. Alle anderen Ableitungen von Chemie und Alchemie sind von der Hand zu weisen. Es kommt Chemie resp Alchemie nicht her von xéw, ich giesse, schmelze; nicht von zuuds, welchem zu Liebo Einige Alchymia, Chymia, Alkymia schreiben; nicht von alxiuos stark; nicht vom Arabischen chama, er hat erhitzt, geschmolzen; nicht vom Arabischen Kimiao oder Kimia der Ofen; nicht von einem Aegyptischen Weisen Chimin, und was dergleichen Aufstellungen mehr sind.

Wirkliche Einigung Alexandrinischer Alchemisten an der Hand der Tabula smaragdina.

Es liegt auf der Hand, dass, indem Griechen und Juden derartig neben einander gingen, dass die einen der, die anderen jener Interpretation der Tab. sm. huldigten, dass das Hader setzte. Nachdem dieser Hader nun eine Zeit lang gedauert hatte, trat ein Mann auf, der also sprach: Wenn vor Zeiten der Autor der ersten Redaction der Tab. smar. uns das betreffende Schriftstück bot, so hatte er es damit auf Einigung und nicht auf Zwist abgesehen. Was ist aber eingetreten? Die Einigung wahrlich nicht. Von dem Umstand, dass zwei Parteien ein und dasselbe Schriftstück anerkennen, zu dem ihrigen machen, hat sich der erste Autor der Tab. smar. viel versprochen, indem er dachte, dass wenn dieser Umstand da wäre, dass dann der absolute Riss zwischen den Parteien aufhören würde, aufgehört hätte. Wie der offenbare Thatbestand aber, mit dem wir es jetzt zu thun haben, zeigt, war diese Idee keine richtige, ja am Ende hat gerade die Tab. smar. dazu bei. getragen, den Riss wo möglich noch grösser zu machen. Der Riss, der zwischen uns besteht, ist eine traurige Erscheinung. Da ist ein Häuflein Menschen, welches sich zum Endziel gesteckt hat, kranke Menschen gesund zu machen, und sich über das wahre Mittel dazu, das ist die Anwendung der Arcana am Krankenbette, einig ist. Statt dass sich nun dieses Häuflein Menschen einig die Hand reicht, knüpft der eine Theil von ihnen an die Arcana diese, der andere Theil jene Vorstellungen, welche mit dem eigentlichen Endzweck, kranke Menschen gesund zu machen, gar nichts zu thun haben, und weil nun diese Vorstellungen beim Einen so und beim Anderen so sind, deswegen bekämpfen sie sich und feinden sich an. Ist das nicht eine traurige Erscheinung? Ja, die Erscheinung ist um so trauriger, als wir das Mittel in der Hand haben, jeglichen Hader fortzuwischen. Wir haben die Tab. smar. als ein beiderseitiges Schriftstück. Wenn wir nun diesem gemeinsamen Schriftstück eine, beiden Parteien gemeinsame Interpretation geben, dann haben wir Einigung statt Zwist, wir haben uns durch Vermittelung der Tab. smar. die Bruderhand gereicht. Stosst das Gute nicht von euch, wo es doch so kindlich einfach zu eueren Füssen liegt. Wir haben die Tab. smar. Jede Partei lässt ihre Interpretation fallen, beide Parteien scharen sich um eine neue Interpretation, und die Sache ist fertig. Wie aber, werdet ihr sagen, eine neue Interpretation, woher sie nehmen? Ich werde euch eine solche geben. - Aber diese Interpretation muss doch etwas absolut Neues bringen, muss mit dem Alten absolut brechen, denn sonst ist der Zweck nur scheinbar erreicht, sonst werden sich Hinterthüren finden, durch welche der alte Parteihader unversehens wieder hinein schleicht. Ist ein solcher Neu- Standpunct aber nicht ein absolut perverser? Der Autor der Tab. smar. bietet uns diese mit den betreffenden Interpretationen. Nun sollen

-

wir herankommen und sagen, dies, dein Schriftstück unterliegt nicht deinen Interpretationen, es unterliegt einer neuen Interpretation, an die du nie gedacht hast. Ist das keine Perversität, so hervorstechend, wie man sich kaum eine grössere denken kann? Ist eine grössere Perversität denkbar, als die, sich auf die richtige Interpretation eines Schriftstückes steifen zu wollen, von der feststeht, dass der Autor, der es doch am besten wissen muss, nie an sie gedacht hat? Schon recht, antwortet unser Mann, ihr redet im Sinne des Autors der Tab. smar., und ich pflichte euch darin bei. Aber ist nicht die Hauptidee bei einer Tab. smar. die, dass an die Stelle des Zwistes die Einigung treten soll? Handeln wir nicht im wahren Sinne des Autors der Tab. smar., wenn wir uns einigen; muss diesem Haupt-Sinne nicht jeder Nebensinn mit Recht weichen? Und seht, wir haben ein Mittel in der Hand, in dieser Beziehung auch dem Scrupulosen gerecht zu werden. In Bezug auf die Tab. smar. dürfen wir uns auf keinen Allgemein-Standpunct stellen, wir haber es mit Besonder-Standpuncten zu thun. Der erste Autor entwirft die erste Redaction der Tab. smar., der zweite die zweite Redaction. Entwerfen wir nun eine dritte Redaction, so hört auch für den Scrupulosen jedes Bedenken auf. Sagt man dann, wie könnt ihr der Tab. smar. einen Sinn unterlegen, von dem es feststeht, dass der Autor nie an denselben gedacht hat, so antworten wir, wir haben es gar nicht mit dem Autor zu thun, auf den ihr lossteuert. Zuerst handelte es sich um die erste Redaction, welche ihre Interpretation hatte, dann um die zweite Redaction, welche ihre Interpretation hatte, und nun handelt es sich um die dritte Redaction, welche wieder ihre Interpretation hat. Aber willst du denn nun wirklich die Tab. sm., die Autorität erlangt hat, die sich unter den Alchemisten eingebürgert hat, umstossen, und mit einer neuen Redaction auftreten? Wer wird eine solche anerkennen ? O, sagt unser Mann, das geht schon, wenn es nur cum grano salis geschieht. Wir lassen die zweite Redaction, wie sie ist, und fügen nur einen kleinen Schlusssatz an. Das ist eine fast unbedeutende Neuerung dem alten Schriftstück gegenüber, welche aber den hohen Werth hat, uns denen gegenüber eine Waffe in die Hand zu geben, welche uns das Recht bestreiten wollen, der Tab. sm. einen Sinn unterzuschieben, an den der Autor der zweiten Redaction nie gedacht hat. Diesen Leuten gegenüber sagen wir dann einfach, was ihr an der Hand der zweiten Redaction der Tab. smar. einwerft, ist nicht stichhaltig, denn es handelt sich nicht um eine zweite, sondern um eine dritte Redaction. Die zweite Redaction nahm sich das Recht der ersten Redaction gegenüber selbstständig aufzutreten, nun, die dritte Redaction nimmt sich das Recht der zweiten Redaction gegenüber selbstständig aufzutreten, Sagen die dann, eine hübsche dritte Redaction das! Es handelt sich wörtlich um die zweite Redaction, an die ein kleines Schlusssätzchen angeflickt ist. Sagen die so → so sagen wir, gerade das, was ihr der dritten Redaction vorwerft, das ist ihr Lob, das ist ihre starke Seite. Sie trägt dem Texte der ihr vorangehenden Redaction mit der grössesten Pietät Rechenschaft. Drehen diese Leute aber den Spiess um, und sagen, ihr habt gar kein Recht, der Tab. smar. etwas anzuflicken. Die Tab. smar. ist ein Kanon, und deswegen muss sie bleiben, wie sie ist. Das bleibt sie aber nicht, wenn man etwas anflickt. Wenn Jeder sich das Recht nehmen wollte, etwas anzuflicken, wo sollte es dann am endlichen Ende mit der Tab. smar. hinaus? Sagen die so, nun, so ist das ein Einwurf, der nicht ohne Grund ist. Aber darnach hat man sich von vorn herein zu richten. Das neue Anflicksel an die Tab. smar., das wäre also eine achte Rubrik, ist so zu gestalten, dass es nicht zu sehr in den Inhalt der Tab. smar. einschneidet. Es muss aufgefasst werden können als ein harmloser Schlusssatz, als ein Allgemein-Urtheil, welches sich dem aufdrängt, der die Tab. smar. zu Ende gelesen hat. Es muss in dem Sinne interpretirt werden können, wie: Die Tab. smar. ist vollständig, fertig und dergl. Ein solches Urtheil steht ja Jedem frei, nun dann kann es auch hingeschrieben werden. Eine theilweise Deckung für seine achte Rubrik erhält der Autor der neuen Interpretation übrigens auch in den acht Rubriken der Aegyptischen Interpretation der zweiten Redaction der Tab. smar. Wir haben hierauf bereits bei jener Interpretation hingewiesen.

Der Zweck, den wir im Auge haben, sagt unser Mann, ist unabweisbar ein guter, ein der Alchemie würdiger. Wie nun aber einmal die Sachen liegen, lässt sich nicht mit Kolben dreinschlagen. Da es sich um eingewurzelte Anschauungen handelt, so muss das Neue in subtiler Weise geboten werden. Geschieht das aber, wird dem Rücksicht getragen, dass mit dem Texte der zweiten Redaction so schonend umgegangen wird, dass dieser Text bleibt, wie er ist, dass nur ein unbedeutender Schlusssatz angehängt wird, dass dieser Schlusssatz wieder unter einer harmlosen Form auftritt: nun, dann geschieht, was eben geschehen kann. Wer dann nicht folgen, wer dann nicht auf unsere Seite treten will, nun, der mag bleiben, wo er ist. Dem ist es nicht um Einigung, dem ist es um Partei-Hader zu thun. Dem könnten die Göter selbst die Einigung bieten, und er würde sie nicht annehmen. Ueber solche Leute aber hinweg sich nicht die Hand zu reichen, wäre Schwäche von unserer Seite, die wir als würdiges Ziel die Einigung, und nicht den Zwist, vor Augen haben.

Und der Mann findet Anklang. Es findet sich ein Häuflein gleichgesinnter Männer, denen es um Einigkeit zu thun ist. Sie scharen sich um eine neue Interpretation der Tab. smar. Diese ist die metaphysische Interpretation.

Allgemeines über die metaphysische Interpretation der Tabula smaragdina. Ob der Autor dieser Interpretation ein Jude oder ein Grieche ist, wissen wir nicht. In gewisser Beziehung ge hörte er weder der Jüdischen, noch der Griechischen, noch irgend einer Besonder Nationalität der Welt an: war ein Kosmopolit, ein Weltbürger.

er

Hinsichtlich eines neu einzuschlagenden Weges in Bezug auf die Interpretation der Tab. smar. sagt er, was g ht uns Kosmologie, Kosmogenese u. s, w. an? Wir halen es am Krankenbette mit den Arcanis zu thun und mit nichts anderem. Die Arcanologie ist also das Terrain, a....? dem wir uns zu bewegen haben, Alchemie nehmen wir als Arcanologie. Alle die Disciplinen, welche die Alchemie sonst ausser der Arcanologie barg, schieben wir bei Seite. Wir sind gezwungen, es zu thun. Denn dadurch eben war dem Zwiste Thür und Thor geöffnet, dass man so differente Dinge in den Bereich der Alchemie hineinschob. Wo das Hundertste und Tausendste in die Alchemie hineingeschoben wird, da ist es gar nicht anders möglich, als dass Differenzen entstehen. Wie ist es denn anders möglich, als dass über das Hundertste und Tausendste die verschiedenen Menschen auch verschiedene Ansichten haben? Ist es uns um wahre, dauernde Einigkeit zu thun, so sind wir damit nicht fertig, dass wir sagen, wir haben die gute Absicht uns zu einigen, wir wollen uns einigen, sondern es muss auch eine gesunde Basis vorliegen, auf der man sich dauernd einigen kann. Und diese gesunde Basis ist eben die, sich in der Alchemie mit nichts anderem zu befassen, als mit der Arcanologie. Halten wir das fest, halten wir uns als Alchemisten an nichts anderes, als an die Arcanologie, so können am Ende wohl auf dem Terrain, auf dem wir uns bewegen, verschiedene Anschauungen, verschiedene Auffassungen auftauchen, aber zum eigentlichen Riss in alter Weise kann es nicht mehr kommen. Wir haben um so mehr Grund, als Alchemisten, die sich an die Tab. smar. halten, exclusiv die Arcanologie in's Auge zu fassen, als im Grunde gerade dieser Standpunct es ist, auf den sich auch der Autor der ersten Redaction der Tab. smar. stellte. Halten wir uns also an der Hand der Tab. smar. exclusiv an die Arcanologie, so sind wir, was auch Opponenten dagegen sagen mögen, um so mehr auf dem rechten Wege, als wir die wahre Intention dessen, der der Vater der Tab. smar. ist, verfolgen, in seine Fussstapfen treten.

Nimmt man nun die zweite Redaction der Tab. smar. vor und fragt sich, wie soll man dieses Schriftstück rein weg arcanologisch ausbeuten, so ergiebt sich von vorn herein folgender Anhaltspunct.

Wenn es heisst: Quod est inferius est sicut id quod est superius. Et quod est superius, est, sicut id quod est inferius, so stehen im Griechischen Urtexte für inferius und superius die Worte zárw und avo. Und wenn es heisst: et recipit vim superiorum et inferiorum, so steht im Griechischen Urtext für superiorum tuv åvo und für

inferiorum τῶν κάτω. Im Lateinischen heisst άνω eigentlich nicht superius, sondern supra, zár heisst eigentlich nicht inferius, sondern infra. Strict müsste also die Lateinische Uebersetzung zu Anfange haben: Quod est infra est sicut id quod est supra. Et quod est supra, est, sicut id quod est infra. Dass so nicht übersetzt wird, liegt darin, dass man supra und infra nicht dekliniren kann, wogegen man im Griechischen άrw und zάto wohl dekliniren kann, nämlich dadurch, dass man den Artikel vorsetzt. Im Griechischen Text hat man zu Anfange das äro und záro für sich, und in der Stelle et recipit den Genitiv Plural des av und zár∞. Würde nun der Lateinische Uebersetzer zu Anfange das are und zάro durch supra und infra geben, so wäre kein Einklang da zwischen vw und záro und τῶν ἄνω und τῶν κάτω. Um nun dem aus dem Wege zu gehen, giebt er das av und zάro zu Anfange, statt mit supra und infra, mit superius und inferius; dann hat er, wie der Griechische Text, vorn das superius und inferius für sich als adverbielles Neutrum, und von diesem ist dann das superiorum und inferiorum der Genitiv Plural.

Da man nun im Griechischen Urtexte im Quod est inferius etc. ebenso, wie im et recipit vim superiorum et inferiorum, beidemal das vo und zάrw hat, da man dem entsprechend in der Lateinischen Uebersetzung beidemal das superius und inferius, resp. das supra und infra, hat, so liegt es nahe, dass man sagt, das ävw und κάτω zu Anfange ist dasselbe ἄνω und κάτω, was wir in der Stelle et reeipit haben.

Es ist nun in dem vo und zάtw des et recipit vim superiorum et inferiorum nach der Jüdischen Interpretation der zweiten Redaction der Tab. smar. der aufsteigende und absteigende Dampf des rothen Quecksilberoxyds und des Sulphur aurat. repräsentirt, der rothe Dampf und das Hydrothiongas. τὰ ἄνω und τὰ κάτω, pluraliter, ist also der rothe Dampf und das Hydrothiongas. Das legt nun den Abzug nahe, also ist to avo und zo záro, singulariter, nicht die Zwei des rothen Dampfes und des Hydrothiongases, sondern die Eins entweder des rothen Dampfes oder des Hydrothiongases. Wenn es sich nun aber um die Eins entweder des rothen Dampfes oder des Hydrothiongases handelt, man sich also entweder für den rothen Dampf oder für das Hydrothiongas zr entscheiden hat, so liegt es im alchemistischen Sinne am nächsten, dass man sich für den rothen Dampf entscheidet, da dieser einerseits durch seine hervorstechende Farbe besonders die Aufmerksamkeit auf sich zieht, und da es andererseits eine Reihe von Stoffen giebt, die, mit Säuren behandelt, Schwefelwasserstoff fahren lassen, dagegen nur einen Stoff, Quecksilber, der, mit Säure (Acid. nitricum) behandelt, rothen Dampf fahren lässt. Und das ist eben ein alchemistisches Motiv, dass man da, wo man zwischen Hydrothiongas und rothem Quecksilberdampf, wie hier, zu entscheiden hat, lieber sein Auge auf den letzteren als auf das erstere richtet.

Hält man nun diesen Gesichtspunct fest, so bezieht sich das av und zato zu Anfange der Tab. smar. auf den rothen Quecksilberdampf (Untersalpetersäure), und man hat darin, dass man im Allgemeinen hat, dass das Obere wie das Untere dazu dient, um die Wunder einer Sache zu Stande zu bringen, man hat darin: Das Obere, der aufsteigende rothe Dampf, dient wie das Untere, der absteigende rothe Dampf, dazu, um die Wunder der einen Sache, das ist des Hydrarg. oxyd. rubrum zu Stande zu bringen. Auf diese Weise hat man denn für eine Arcanologie den Ausgangspunct Hydrarg. oxyd. rubr., und von diesem Ausgangspuncte wird man dann in Bezug auf die Arcana überhaupt dahin gezogen, wohin der weitere Text der Tab. smar. den Zug richtet. Wie sich auf diese Weise die neue Interpretation speciell gestaltet, werden wir im folgenden Abschnitte kennen lernen.

Der neue Schlusssatz, den dię metaphysiche Interpretation der Tab. smar. erhält, und auf Grund dessen die zweite Redaction zur dritten wird, ist: Completum est quod dixi de operatione Solis.

Metaphysische oder erste Mercur-Interpretation der Tabula smaragdina. Ihr Gang ist in nuce ff.

Wir wissen bereits, dass res una = Hydr. oxyd. rubr.

Dies Hydr. oxyd. rubr. wird auf der einen Seite extendirt zu Quecksilber überhaupt, und auf der anderen Seite zu Gold. Hydr. oxyd. rubr. ist nur ein Theil des P. solaris. Es wird aber angenommen, dass man im Hydr. oxyd. rubr. den ganzen P. solaris hat, indem der Quecksilbertheil des Präparates dessen Antimontheil absorbirt. In einer Parallele hiermit werden nun auch die übrigen Arcana aufgefasst. Es werden vier Arcana angenommen: Acid. sulphur., Natron, Liquor hepatis, P. solaris. P. 80laris zerfällt also in die zwei Theile: Hydr. oxyd. rubr. und den Antimontheil. In analoger Weise lässt man auch die übrigen drei Arcana in zwei Theile zerfallen. Jeg lichen ersten Theil von diesen beiden Theilen fasst man nun, anlehnend an das Hydr. oxyd. rubr. des P. solaris, welches ja, wie wir vorhin gesehen, auch als Quecksilber überhaupt und als Gold aufgefasst wird, als Mercur oder als Gold. Demgemäss hat man bei allen vier Arcanis zwei Theile, von denen der erste Theil Mercur oder Gold. Wie man nun bei P. solaris annimmt, dass man das ganze Präparat hat, wenn man blos dessen einen Theil, Hydr. oxyd, rubr., das ist in erweiterter Auffas sung Mercur oder Gold, hat, so nimmt man auch bei den anderen drei Arcanen an, dass, wenn man blos den einen Theil von ihnen, das ist Mercur oder Gold, hat, dass man dann jedesmal das ganze Arcanum hat. Das kommt also darauf hinaus, dass jedes der vier Arcana im Grunde aus Mercur oder Gold und noch einem Theile besteht, dass man aber kurz sagen kann, wenn man Mercur oder Gold hat, so hat man jedes einzelne Arcanum ganz. Und das kommt darauf hinaus, dass alle Arcana entweder gleich Mercur oder Gold.

Ausführlich wird in der vorliegenden Interpretation blos exponirt (in der Stelle: Haec est totius fortitudinis etc.), dass in der vorhin gezeichneten Auffassung die Arcana

Mercur, nicht aber dass die Arcana Gold. Dem wird nun in der Schluss Rubrik nachgeholfen. Das Completum est quod dixi de operatione Solis weist darauf hin, dass das Verhältniss, welches; in Bezug auf Mercur statt hat, auch in Bezug auf Gold statt hat, dass also alle Arcana eben so wohl Gold als Mercur sind.

Die Tab. smar. zerfällt nach dieser Interpretation in 8 Rubriken, welche sind:

1. Rubrik: Verum est bis verissimum.

2. Rubrik: Quod est bis adoptione.

3. Rubrik: Pater ejus est Sol bis terra est.
4. Rubrik: Pater omnis telesmi bis inferiorum.
5. Rubrik: Sic habebis bis penetrabit.

6. Rubrik: Sic mundus bis modus est hic.
7. Rubrik: Itaque vocatus sum bis totius mundi.
S. Rubrik: Completum est etc.

Erste Rubrik.

Verum est etc.
Von ihr ist weiter nichts zu sagen.

Zweite Rubrik.

Quod est inferius bis adoptione. Superius ist der rothe Dampf, der sich bei der Darstellung des Hydr. oxyd. rubr. oben bildet.

Inferius ist das Präcipitat, welches sich bei der Darstellung des Hydr. oxyd. rubr. unten bildet. Res una Hydrargyrum oxydatum rubrum. Quod est inferius est sicut id quod est superius. Du hast oben rothen Dampf, unten ein Präcipitat. Was haben beide mit einander gemein? so sollte man auf den ersten Blick sagen. Sage aber nicht so. Sie haben wohl etwas gemein. Gerade das, was du als Präcipitat hast, das ist dasselbe, was du als rothen Dampf sielist. Denn indem sich rother Dampf bildet, geht nicht aller Dampf in die weite Welt, sondern ein Theil dieses Dampfes kehrt um, und verdickt sich zu Präcipitat. Nun, wir kennen diese Auffassung der Sachlage ja bereits von der ersten Redaction der Tab. smar. her. Also quod est inferius, das Präcipitat, est sicut, ist gerade dasselbe, als id quod est superius, als der rothe Dampf.

Et quod est superius, est, sicut id quod est inferius, ad perpetranda miracula rei unius. Und dieser Dampf, dieses Präcipitat dienen nun dazu, das Wunder einer Sache, des Hydr. oxyd. rubr., zu Stande zu bringen. Das Wunderbare bei der Situation ist das, dass man zwei Dinge

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Die res omnes sind alles das, was wir um uns sehen, und dessen Inbegriff die Welt constituirt. Also res omnes fuerunt ab uno: Gott hat die Welt erschaffen. Die Interpretation des Aóyos richtet sich nach dem confessionellen Standpunct, den der betreffende Alchemist, der die Tab. smar. gerade vornimmt, einnimmt. Ist er ein Jude, oder macht er sich von der Gottheit im Jüdischen Sinne eine Vorstellung, so ist der unus der biblische Gott, der am Anfang Himmel und Erde schuf, und dazu einen Plan fasste. Ist er ein Grieche, oder macht er sich von der Gottheit im streng Griechischen Sinne eine Vorstellung, so dass er sagt, ich kenne keinen Ein-Gott im Sinne des Judenthums, es giebt viele Götter, die da heissen: Jupiter, Neptun u. s. w. u. s. w, dann ist der unus, der EinGott, eine willkürliche Vorstellung, und auf diese willkürliche Vorstellung weist das Wort óyos hin, welches, wie bei der Aegyptischen Interpretation der zweiten Redaction der Tab. smar., dann die Mission hat, den Standpunct des Ein-Gottes zu redressiren, so dass also herauskommt: der Ein-Gott hat die Welt erschaffen, dieser Ein-Gott ist aber eine Idealität, welche die Tab. smar. hinstellt, um einen generellen Begriff für die Gottheit zu bekommen.

Die omnes res natae sind die Arcana. Diese sind die sachlichen Kinder der res una. Wie wir nämlich bereits wissen, wird der P. solaris, der doch aus Hydr. oxyd. rubr. und Antimon besteht, so gefasst, als wenn er blos aus Hydr. oxyd. rubr. bestände. Das wird nun so genommen, als wenn das Hydr. oxyd. rubr. der Vater des P. solaris wäre, und der P. solaris selbst das Kind. Wie das Kind nun die Natur des Vaters annimmt, so nimmt der P. solaris die Natur des Hydr. oxyd. rubr. an, wird zu Hydr. oxyd. rubr. Aehnlich liegt es mit den übrigen Arcanis. Man lässt jedes von ihnen in zwei Theile zerfallen, von denen der erste Theil dem Hydr. oxyd. rubr. parallel läuft. Dieser erste Theil absorbirt den anderen Theil, wirft sich ebenfalls zum Vater auf, und dadurch ist eben der Sachverhalt gegeben, dass omnes res natae, alle Arcana, die una res zum Vater haben.

Indem die res omnes fuerunt ab uno, ist Gott der Vater der Welt. Indem omnes res natae fuerunt ab una re, ist die res una der Vater der Arcana. Damit liefe denn in Bezug auf die Vaterschaft Gott mit der res una parallel. Es involvirt aber eine Impietät, Gott mit einer res una auf ein Niveau stellen zu wollen. Darum steht omnes res natae fuerunt ab una re adoptione. Beim Verhältniss zwischen Gott und Welt liegt eine eigentliche Vaterschaft vor, beim Verhältniss zwischen res una und Arcana dagegen eine uneigentliche Vaterschaft, und auf diese uneigentliche Vaterschaft wird durch die Adoption hingewiesen, denn eine Adoptiv - Vaterschaft ist eine uneigentliche Vaterschaft. Die uneigentliche Vaterschaft kann übrigens auch darauf bezogen werden, dass die Zersplitterung der Arcana in zwei Theile, und das in den Vordergrund-Treten des Hydr. oxyd. rubr. ein aneigentliches, ein ideelles Verhältniss ist.

Sicut res omnes fuerunt... - sie res natae fuerunt...: Wie Gott der Vater der Welt ist, so ist die res una der Vater der Arcana.

Woher, fragt man sich, diese Parallele? Das Verhält niss, dass alle Arcana zu dem werden, was die res una ist, wird derartig genommen, dass die res una der Vater der Arcana ist. Gut. Was hat das aber mit Gott zu schaffen, mit Gott, der die Welt erschaffen, und somit der Vater der Welt ist? Die Antwort ist ff. Die Tab. smar. ist der Kanon der Alchemie. Die Alchemie ist aber eine göttliche Kunst, nnd die Arcana göttliche Mittel. Somit ist es wohl passend, dass hierauf in der Tab. smar. hingewiesen wird. Und hierzu passt denn die vorliegende Stelle ganz besonders. Das betreffende Verhältniss mit den Arcanis und der res una bringt uns einen Vater der Arcana. Die Arcana sind göttliche Mittel, und so denkt man, wenn einmal von einem Vater der Arcana die Rede ist, dann ist es naheliegend, dass man Gott

ihren Vater nennt. Das geht aber nicht, weil die res una bereits als Vater rangirt. Weil Gott nun hier, um so zu sagen, keine Stelle mehr findet, so wird er zu den res omnes in Relation gebracht, und diese res omnes mit den omnes res natae parallelisirt. Dann kommt indirect doch heraus, dass die Arcana göttliche Mittel sind, denn etwas, was Gott absolut fern liegt, parallelisirt man nicht mit Gott, Dritte Rubrik.

Pater ejus est Sol bis terra est.

Wie also die vorige Rubrik lehrt, handelt es sich in der res una um das Hydr. oxyd. rubr. Dabei soll nun aber die Sache ihr Bewenden nicht haben. Man soll sich nicht an das Hydrargyr. oxyd. rubrum halten, man soll sich an das Quecksilber überhaupt halten. Hält man sich bei der Stange, so ist res una = Hydrargyr. oxyd. rubr. So ist es aber nicht gemeint, man soll sagen, res una Mercur. Und damit noch nicht genug, man soll auch sagen, res una = Gold. Das ist natürlich

nun auch für die Vaterschaft der res una von Einfluss. Indem omnes res natae fuerunt ab una re adoptione sollen eigentlich die Arcana zu Hydrargyr. oxyd. rubr. werden. Da hier nun aber gelehrt wird, dass die res una Quecksilber überhaupt, Gold, so übt die res una derartig ihre Vaterschaft aus, dass alle Arcana zu Mereur, zu Gold

werden.

Sehen wir nun, wie das Verhältniss, dass Hydrargyr. oxyd. rubr. Mercur und Gold, liegt. Pater ejus est Sol, mater ejus est Luna.

Die auf- und untergehende Sonne hat die Farbe des Hydrarg. oxyd. rubr.

Der Mond hat die Farbe des Mercur.

Dass die Sonne die Farbe des Hydrarg. exyd. rubr. hat, wird bildlich so aufgefasst, als wenn die Sonne der Vater des Hydrarg. oxyd. rubr. wäre.

Dass der Mond die Farbe des Mercur hat, wird bildlich so aufgefasst, als wenn der Mond die Mutter des Mercur wäre.

Hier steht nun, der Vater ejus, der res una, ist die Sonne. Nun das, dessen Vater die Sonne ist, ist Hydrarg. oxyd. rubr.

Hier steht ferner, die Mutter ejus, der res una, ist der Mond. Nun das, dessen Mutter der Mond ist, ist Mercur. Unsere Stelle heisst also:

Die res Mercur. vivus. Das heisst primo loco: Sie ist nicht nur Hydrarg. oxyd. rubr., sondern auch Mercur. vivus.

una ist Hydrarg. oxyd. rubr. und Mercur,

Secundo loco heisst's aber: Sie ist nicht sowohl Hydrarg. oxyd. rubr., als vielmehr Mercur. vivus. Ganz analog liegt nun die Stelle:

Portavit illud ventus in ventre suo; nutrix ejus terra est. Portavit illud ventus in ventre suo. Das Hydrarg. oxyd. trug der Wind im Bauche, der Wind ging damit schwanger, der Wind ist seine Mutter, der Wind hat es geboren. Dieser Wind ist der rothe Dampf. Dieser rothe Dampf hat das Hydrarg. oxyd. rubr. geboren, das Hydrarg. oxyd. rubr. ist ein Product des rothen Dampfes. Also das, was der Wind im Bauche trug, ist das Hydrarg. oxyd. rubr., gerade so wie das, dessen Vater die Sonne ist, Hydrarg. oxyd, rubr. ist.

Nutrix ejus terra est. Der Mercur kommt in der Erde vor, entgegen dem Hxdrarg. oxyd. rubr., welches künstlich dargestellt wird, seine Amme ist also die Erde. Das nun, was die Erde zur Amme hat, ist der Mercur. vivus, gerade so wie das, dessen Mutter der Mond ist, Mercur. vivus ist. Also auch hier haben wir wieder:

Die res una ist Hydrarg. oxyd. rubr. und Mercur. Und das heisst wieder primo loco: Sie ist nicht nur Hydrarg. oxyd. rubr., sondern auch Mercur.

Secundo loco heisst's aber: Sie ist nicht sowohl Hydrarg. oxyd. rubr., als vielmehr Mercur. vivus. Nun wird aber auch noch anders interpretirt.

Die Sonne ist der erste unter den Himmelskörpern, und hat eine gelbe Farbe.

Ganz so ist das Gold das erste unter den Metallen, und hat eine gelbe Farbe. Deshalb sagt man kurzweg Sol ist Gold.

Wenn also steht: Pater ejus est Sol, so heisst das, ihr, der res una, Vater ist das Gold. Oder, die res una

ist ein Kind des Goldes. Nun hat das Kind das Gepräge des Vaters. Ist der Vater ein Mensch, so ist auch das Kind ein Mensch. Ist der Vater ein Thier, so ist auch das Kind ein Thier. Also, sagt man, wo der Vater Gold ist, ist auch das Kind Gold. Pater ejus est Sol heisst also: die res una ist Gold.

Wie nun die Sonne der erste unter den Himmelskörpern ist, und eine gelbe Farbe hat, und damit parallel laufend das Gold das erste unter den Metallen ist, und eine gelbe Farbe, wodurch herauskommt: Sol = Gold so ist der Mond der zweite unter den Himmelskörpern, und hat eine weisse Farbe, und damit parallel laufend ist das Silber das zweite unter den Metallen, und hat eine weisse Farbe. Damit käme denn in analoger Weise heraus: Luna Silber.

Vom Silber abstrahirt aber die vorliegende Interpretation der Tab. smar. Dem Silber gegenüber hält sie sich daher an jene Auffassung der Alten, gemäss der Silber und Quecksilber dasselbe sind. Dieser Auffassung gemäss hat ja der Mercur den Namen υδράργυρος, das ist ὕδωρgyvoos, Wasser-Silber, und ähnlich liegt ja unser Deutsches Quecksilber, das ist Queck-Silber. Demgemäss wird Mater ejus est Luna nicht interpretirt: Ihre, der res una, Mutter ist Silber, die res una ist ein Kind des Silbers, (und damit selbst Silber) sondern es wird interpretirt: Iher, der res una, Mutter ist Quecksilber, die res una ist ein Kind des Quecksilbers. Da nun da, wo die Mutter ein Mensch ist, das Kind ebenfalls ein Mensch ist, da, wo die Mutter ein Thier ist, das Kind ebenfalls ein Thier ist, so wird da, wo die Mutter, wie hier, Quecksilber ist, das Kind auch Quecksilber, und Mater ejus est Luna heisst: die res una ist Quecksilber.

Beim Pater ejus Sol, mater ejus est Luna hatten wir also in erster Interpretation: Die res una ist Hydrarg. oxyd. rubr. und Mercur. In zweiter Interpretation haben wir: Die res una ist Gold und Mercur. Damit haben wir im Ganzen: Die res una ist Hydrarg. oxyd. rubr., Mercur, Gold. Und da in dieser Rubrik das Hydrarg. oxyd. rubr. gegen das Quecksilber zurücktreten soll, so haben wir: Die res una ist Mercur und Gold. Dem schliesst sich dann das Portavit illud etc. an, welches zunächst bringt, die res una ist Hydrarg. oxyd. rubr. und Mercur, wobei indess wieder das Hydrargyr. oxyd. rubr. gegen den Mercur zurücktritt.

Im Ganzen also besagt also die Rubrik: In der res una haben wir Quecksilber und Gold.

Vierte Rubrik.

Pater omnis telesmi bis inferiorum,

Diese Rubrik handelt über die Darstellungsweise des Hydrarg. oxyd. rubr. Man vergleiche, was in dem Abschnitte über die Darstellungsweise der Arcana seitens der Alchemisten in Bezug auf die Darstellung des Hydrarg. oxyd. rubr. gesagt ist. Wir wiederholen das hier nicht weiter. Nur weisen wir darauf hin, dass, indem hier von der Darstellungsweise des Hydrarg. oxyd. rubr. die Rede ist, diejenige Darstellungsweise in's Auge gefasst wird, gemäss der das Präparat auf nassem Wege, das ist unter Anwendung von Acid. nitricum. gewonnen wird, und gemäss der das trockne salpetersaure Quecksilberoxyd nicht für sich weiter erhitzt, sondern zuvörderst mit Quecksilber verrieben, und dann weiter erhitzt wird.

Wir wissen von der ersten Redaction der Tab. smar. her, dass die Stelle Separabis terram ab igne etc. ursprünglich anders entworfen ist, wie sie hier steht, und dass, mit Hintansetzung dieses Entwurfes, das vorangesetzt wird, was eigentlich folgen sollte, das folgt, was eigentlich voranstehen sollte. Dies Voranstehen und Folgen wird hier derartig ausgebeutet, dass im ganzen Passus, wie er hier steht, das virtus ejus integra est, si versa fuerit in terram mehr nach hinten gerückt wird, so dass heraus kommt: 1) Pater omnis telesmi totius mundi est hic. 2) Separabis terram ab igne.

3) (Separabis) subtile a spisso, suaviter magno cum ingenio.

4) Virtus ejus integra est, si versa fuerit in terram. 5) Ascendit a terra in coelum, iterumque descendit in terram,

6) et recipit vim superiorum et inferiorum.

Die Aufstellung, wie wir sie hier geben, zeigt zugleich,

dass man die ganze Rubrik in sechs Theile zerfallen lässt. Diesen sechs Theilen zu Liebe sagte man, die Darstellung des Hydrarg. oxyd. rubr. zerfalle in sechs Acte (vergl. Pelagius). Diese sechs Acte kann man sich nun nach Be lieben herauszählen, in der eigentlichen Natur der Sache liegen sie nicht.

Totus mundus sind die Arcana.

Der telesmus totius mundi ist das, worauf die Arcana am endlichen Ende hinaus kommen, das ist Hydrarg. oxyd. rubr., und zwar deswegen, weil die Arcana alle aufgefasst werden als Quecksilber oder Gold, diese aber in der res una wurzeln, welche ursprünglich Hydrarg. oxyd. rubr. ist, Der pater omnis telesmi totius mundi ist das, was bei der Darstellung des Hydrarg. oxyd. rubr. an der Spitze steht, wie der Vater an der Spitze der Familie steht. Das ist aber die Lösung des Quecksilbers in Salpetersäure, die salpetersaure Quecksilberoxyd-Lösung.

Also Pater omnis telesmi totius mundi est hic: Hier hast du die salpetersaure Quecksilberlösung. Nun ist ferner:

ignis die kaustische Salpetersäure,

terra der Rückstand, der nach Abdampfen der salpetersauren Lösung bleibt.

Demgemäss heisst Separabis terram ab igne: Treibe von der salpetersauren Quecksilberlösung die Säure ab, so dass du einen Rückstand erhältst. Das heisst, mache aus der salpetersauren Quecksilberlösung trocknes salpetersaures Quecksilberoxyd.

Nachdem man nun das trockne salpetersaure Quecksilberoxyd erhalten, vereinigt man es init laufendem Quecksilber. In Bezug auf diese Mengung hat man : subtile, das ist das laufende Quecksilber,

spissum, das ist das salpetersaure Quecksilber (und Linterdrein Hydrarg. oxyd. rubr.)

Nun soll man separare subtile a spisso. Das heisst, man soll das laufende Quecksilber vom salpetersauren Quecksilber trennen. Die Situation wird ähnlich wie vorhin genommen, wo die Salpetersäure separirt wird. Es wird angenommen, dass das Quecksiber abgetrieben wird. Durch das Separiren des Quecksilbers bleibt nun aber nicht: salpetersaures Quecksilber, sondern: Hydrarg, oxyd. rubr. Damit ist denn das spissum nur in erster Reihe salpetersaures Quecksilber, in zweiter Reihe ist es Hydrarg. oxyd. rubr. Es müsste nun eigentlich separirt werden spissum a subtili, und nicht subtile a spisso. Deswegen, und weil spissum hinterdrein: Hydrarg. oxyd. rubr., deswegen steht: suaviter magno cum ingenio.

Das so gewonnene Hydrarg. oxyd. rubr. soll alsdann gerieben werden, und das besagt der Passus Virtus ejus integra est, si versa fuerit in terram. Beim vorangegangenen Processe wird ein spissum erhalten, das ist eine feste Masse. Dies spissum soll in terra verwandelt werden. Es wird also die terra dem spissum derartig gegenüber gestellt, dass mit terra ein feines Pulver gemeint ist.

Hiermit wäre denn nun die Procedur beendet, und die vorliegende Rubrik, welche die Darstellung des Hydrarg. oxyd. rubr. in's Auge fasst, könnte hier abbrechen. Es folgen aber noch der fünfte und sechste Passus, nämlich Ascendit und Recipit. Diese werden nun dazu benutzt, um auf die Quintessenz des Processes hinzuweisen,

Wie wir wissen, sahen die Alten das Hauptcharacteristicum bei der Darstellung des Hydrarg. oxyd. rubr. darin, dass oben die rothen Dämpfe fortgehen, und unten sich ein Präcipitat bildet. Dieses Hauptcharacteristicum schil dert nun der Passus Ascendit a terra in coelum, iterumque descendit in terram. Es, das Substrat der Procedur, steigt auf, es steigt ab, das ist, oben bildet sich Dampf, unten ein Präcipitat. Der Passus besagt also: Vorhin ist speciell gelehrt worden, wie Hydrarg. oxyd. rubr. dargestellt wird, im Allgemeinen aber machen wir dich darauf aufmerksam, dass die Sache darauf hinauskommt, dass oben der rothe Dampf entweicht, und unten sich ein Präcipitat bildet.

Nun haben wir bei der Darstellung des Hydr. oxyd. rubr., wie sie hier gelehrt worden, noch einen BesonderStandpunct, der darin besteht, dass man das erhaltene salpetersaure Quecksilberoxyd mit laufendem Quecksilber zusammenreiben soll. Das ist eben ein Besonder-Standpunct, denn man kann ja auch das Hydr. oxyd. rubr. auf nassem Wege gewinnen (mittelst Salpetersäure), ohne

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