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unbemerkbar bleiben muß. Und es bedarf wohl keiner be sonderen Beweisführung, daß diese Lehren, durch dogma, tische Consequenz des theologischen Scharfsinnes aus fal schen Principien und inißverstandenen Schriftlehren gebil det, dem biblischen Lehrbegriffe nicht allein völlig fremd, sondern sogar entgegengesetzt sind. Um nur eins zu be merken, ist es z. B. Schriftlehre, daß die höhere Macht vollkommenheit, welche Christus von Gott erhielt, ihm als Belohnung für den auf Erden in seinem Berufe geleisteten Gehorsam in einer höheren Ordnung der Dinge zu Theil wurde: er spricht dieß selbst Matth. 28, 18. durch das deutliche dón por aus, und Paulus zeigt die Wichtigkeit dieser Lehre in ihrem Einflusse auf unser sittliches Ver halten (Phil. 2, 2 fg.) nach ihrem ganzen Umfange, mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß Christus wegen sei nes Gehorsams bis zum Tode am Kreuze von Gott erhöhet worden sey. Die Bedeutsamkeit dieser Lehre ver schwindet, wenn wir glauben sollen, daß Christus von Ewigkeit Gott, und mithin jener Machtvollkommenheit vermöge seiner göttlichen Natur theilhaftig war: sein Beruf ist nicht mehr ein ihm von Gott übertragener, da er selbst eine Person der Gottheit ist; sein Gehorsam nicht mehr das Muster wahrer religiöser Gesinnung und leber, zeugung, sein Beyspiel nicht mehr ein menschlich vollkom menes Beyspiel, uns zur Nachahmung aufgestellt, da die menschliche Vernunft einerseits die Idee eines Doppelwe sens, eines Gottmenschen, undenkbar findet, andererseits aber das Beyspiel eines Gottes, der Menschennatur an genommen, dem bloßen Menschen unnachahmlich und un erreichbar erscheinen muß. Mochten auch die Dogmatiker das Verhältniß der beiden Naturen noch so genau zu stimmen suchen, die hohe Wichtigkeit der Schriftlehre, daß Jesus wahrer Mensch war, in allen ihren Beziehungen zu den Lehren und Vorschriften des Evangeliums, wie nicht weniger in den Thatsachen desselben, verliert ihren Einfluß auf unsere Belehrung, Beruhigung und hoffnung, wenn wir in dem Stifter unseres Glaubens eine Person der

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Gottheit erblicken. Die Lehre von seinem erhöheten Stan de bey Gott wird ein Widerspruch mit sich selbst: wozu bedurfte es einer Erhöhung Christi, da er von Ewigkeit her Gott selbst war? Behauptet man mit der kirchlichen Dogmatik, daß er sich, da er Menschennatur annahm, erniedriget und sich des Gebrauchs der Eigenschaften seiner göttlichen Natur entäußert, dann aber im Stande seiner Erhöhung diese Eigenschaften wieder angenommen habe, so verschwindet die Idee der Vergeltung, die für den religiösen Glauben so wichtig ist, um alle Zweifel an Got tes Vorsehung und Gerechtigkeit bey der Betrachtung der Uebel des Erdenlebens zu beseitigen, und es wird und kann diese Lehre nicht durch den Glauben ersetzt werden, daß Jesus als Gott und Mensch für unsere Sünden ge. büßt und durch sein Leben und seine Leiden genuggethan habe der göttlichen Gerechtigkeit: denn weder sind die Leiden der Menschheit, noch ist die Sündhaftigkeit derselben durch ihn aufgehoben, sondern nur der Weg ist den Menschen gezeigt worden, wie sie von der Sündhaftigkeit sich befreyen und durch christlichen Glauben und chriftliches Leben, aller Uebel ungeachtet, doch der ewigen Seligkeit gewiß seyn können. Diese Beruhigung kann uns der Glaube an Jesu stellvertretendes keiden und Sterben nicht gewähren: denn noch bleibt der Christ den Leiden aller Urt unterworfen; und wie konnte Gott den Unschuldigen statt der Schuldigen strafen?

Einer ausführlichen Beleuchtung und Widerlegung der kirchlich-symbolischen Lehre von den beiden Naturen in Chrifto und dem danach aufgefaßten Dogma von dem doppelten Stande desselben bedarf es um so weniger, als aus dem bisher nach den Lehren der Schrift über die Perfon Jesu Christi Gesagten sich mit Gewißheit folgern läßt, daß die Apostel unmöglich an ein solches Dogma gedacht haben können; und die Geschichte der Dogmen weist bestimmt nach, in welchem Zeitpuncte und aus welchen Ur fachen sich jenes Dogma entwickelt habe. Nach der Ueberzeugung der Apostel war Christus Mensch, und alle

Stellen, in denen ihm ein übermenschliches Wesen, vors züglich bey Paulus und Johannes, beygelegt zu werden fcheint, beziehen sich entweder auf seine höhere Persönlichkeit durch den von Gott ihm übertragenen Beruf, oder auf seinen erhöheten Zustand bey Gott, wodurch er an der Leitung aller Dinge, zur Ausbreitung des Reiches Gottes, Antheil genommen und für den religiösen Glau ben und das Leben der Menschen, sowie aller geistigen Wesen, eine neue Schöpfung zu seyn begonnen hat. Denn daß Paulus in der Stelle Col. 1, 16. nicht an die Weltschöpfung, die Schöpfung der Elemente durch Christus, gedacht habe, geht schon aus dem Vorhergehenden, wo von dem Erlösungswerke Jesu die Rede ist und er nicht Θεός, fondern εἰκὼν τοῦ Θεοῦ τοῦ ἀοράτου μηὁ πρωτότο xos пάons nτioεws genannt wird, hervor*); und dasselbe gilt von Hebr. 1, 2. 3., wo ausdrücklich gesagt wird, daß Gott ibn eingefeft babe sum κληρονόμον πάντων μηδ δαβ er, der Abglanz der Herrlichkeit Gottes, nach Vollendung feines Erlösungswerkes, size zur Rechten Gottes. Eben fo 1 Cor. 8, 6.**) - Daß aber diese Lehre von dem erhd. heten Zustande Christi bey Gott, sowie von seiner erha benen Würde, schon im zweyten Jahrhunderte im Streite mit den Gnostikern, durch Einmischung des alexandrinischen Philosophems vom 2óyos u. s. w. und Uebertragung desselben auf den Prelog des Johanneischen Evangeliums, die Veranlassung wurde des Dogma's vom Gottmenschen, und daß dieses Dogma theils anfangs durch die Streitig keiten über die Dreyeinigkeit, theils nachher durch die Feststellung der Lehren von der Erbsünde, Rechtfertigung und Genugthuung, bis zu jenem Umfange ausgesponnem wurde, in welchem cs Lehre der symbolischen Bücher der evangelischen Kirche geworden***) ist - ließe sich, wenn dieß hier der Ort dazu wåre, auf historischem Wege bald

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*) S. Noesselt. Dissert. ad Scr. S. interpretat, p. 194.

**) S. Krause z. d. St.

***) August. Conf. Art. III, Formul, Conc. Art. VIII

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darthun. Das apostolische Zeitalter kannte die Lehre noch nicht, daß Christus die zweyte Person in der Gottheit sey, daß er zwey Naturen, eine menschliche und eine göttliche, in sich vereinige. Die Ebionder, oder die ursprünglichen, von Palästina aus sich im ersten Jahrhunderte ausbrei tenden Judenchristen, hielten Jesus von Nazareth für einen bloßen Menschen, aber als Christus geboren aus dem Stamme Davids, und ausgezeichnet von Gott durch die Kräfte des Geistes, erhaben dadurch über alle Propheten*), der aber (und hierin wichen sie von den Pauli ner-Christen ab, welche übrigens, wie aus den früher angeführten Stellen der Paulinischen Briefe gezeigt worden ist, von der Natur und Person Christi dieselbe Anficht hatten) bald sichtbarer Weise in seiner Herrlichkeit wieder erscheinen, und dann sein jüdisch-messianisches Himmelreich zu Jerusalem cröffnen werde. Bey den apostolischen Våtern treten die drey Grundbegriffe des chriftiden Glaubens: Θεὸς ὁ πατήρ, ὁ υἱὸς τὸ πνεῦμα - in ihrer biblischen Bedeutung hervor**), und von der späteren Kirchenlehre ist noch keine Spur vorhan den außer in den interpolirten Stellen bey Ignatius u. a. Nach und nach im Kampfe mit der Geefis bildete sich zwar, namentlich von Alexandrien und Rom aus, die Grundlage des Nicänischen Glaubensbekenntnisses: allein Das Symbolum apostolicum, möge es auch späterhin in der Form, wie es auf uns gekommen, erst zusammenge stellt worden seyn, seine Bestandtheile galten schon in dem

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*) Tertull. de carne Chr. c. 14.: Hebion qui Jesum constituit tantum ex semine David plane Prophetis aliquo gloriosiorem. Iren. adv. Haer. 1, 25.: Jesum.... plus potuisse justitia et prudentia et sapientia prae omnibus. Epiphan. haer, 139.: Boúhovtaι τὸν μὲν Ἰησοῦν ὄντως ἄνθρωπον εἶναι – καὶ αὐτὸν Χριστὸν ἐκ σπέρ ματος 1. f. 1. Origen. adv. Cels. HI, 1.: Εβιωναῖοι χρηματίζουσιν οἱ ἀπὸ Ἰουδαίων τὸν Ἰησοῦν ὡς Χριστὸν παραδεξάμενοι. Conf. Euseb. hist. eccles. III, 27. Theodoret. haer. fab, I, 2.

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**) Clement. Rom. Ep. I. cap. 46. Barnab. Ep. p. 16. edit. Coteler, Tom. I. Ignatii Ep. ad Magnes., ad Smyrnaeos 1. a.

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zweyten Jahrhunderte als regula fidei in den meisten Kir. chen, enthält in seinem zweyten Artikel die Grundlehre von Christus, wie sie in den Lehren und Thatsachen des Neuen Testamentes festgestellt erscheint: Credo in Jesum Christum, Filium ejus unicum, Dominum nostrum crucifixus, mortuus et sepultus [descendit ad inferna]: tertia die resurrexit a mortuis. Ascendit ad coelos. Sedet ad dexteram Dei Patris omnipotentis. Inde venturus est judicare vivos et mortuos. An diese einfachere, mit der Schrift übereinstimmende Lehre hielten sich die soge nannten 'Antitrinitarier oder Unitarier des zweyten und dritten Jahrhunderts, ohne sich in tiefere philosophische Speculationen über Natur und Persönlichkeit Chrifti nach Art der antignostischen Väter einlassen zu wollen, wiewohl fie auch die biblische Lehre von der Einheit Gottes und seiner dreyfachen Offenbarung (véoyaa, Wirksamkeit dúvamis), als Vater, im Sohne und durch den Geist, vers nünftigerweise aufzufassen und zu begründen suchen. Daß dieß das Bestreben aller jener, spåter verkeßerten Männer, als Prareas, Theodotus, Noetus, Beryllus, Sabellius, Paulus von Samosata, war, und daß denselben nur durch Mißverständniß und absichtliche Verdrehung ihrer Lehren von den sogenannten orthodoxen Våtern wunderliche Irrthümer (Patripassianismus u. a.), an welche sie gar nicht gedacht hatten, schuld gegeben worden, hofft der Verfasser recht bald an einem anderen Orte zu zeigen. Entfernen wir die Mißdeutungen und verleumderischen Verdrehungen ihrer Gegner, so ergiebt sich als Grundlehre dieser Parteyen, die in allen einzelnen Ansichten derfelben, natürlich oft mehr oder weniger umgestaltet, wie derum hindurchblickt, das Dogma: es ist nur Ein Gott (alle beriefen sich auf Deuteron. 6, 4.), der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, der Vater aller Menschen; die Schöpfung ist seine erste Wirksamkeit = Offenbarung. Jesus ist Christus, wahrer Mensch, mit dem sich Gottes Wort, Weisheit, Geist (ewig in Gott - λόγος, σοφία, vεupa), verbunden, in und durch ihn wirkte seit seiner

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