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scher oder religiöser Hinsicht, so fållt der Unterschied beider' sogleich in die Augen. Im N. Testamente erzählen Augenzeugen, die genau beobachtet zu haben in mehreren Fällen versichern, das, was sie selbst erlebten; sie erzählen es nach Verfluß von wenigen Decennien; hier erhalten wir Nachrichten, die aus der Vorzeit her sich lange im Munde der Menschen fortgepflanzt, Gegenstand dichterischer Darstellung geworden, dadurch mannichfaltige Ver. ånderungen erlitten und erst in fpåter Zeit, oft an entfernt gelegenen Orten, aufgezeichnet worden sind. Im N. T. konnte durch mythische Auffassung die Begebenheit nicht entstellt und umgestaltet werden, und überhaupt war eine solche Auffassung dem schlichten apostolischen Charakter fremd: denn noch hatte alles geschichtliche Wirklichkeit; noch standen die Orte, wo die Begebenheiten geschehen waren; noch lebten Menschen, die Augenzeugen gewesen waren, und auf deren Zeugniß sich die Apostel öffentlich berufen konnten, und wirklich beriefen: ganz anders dages. gen in den sonstigen Mythen des Alterthums. Erwägt man alle diese Umstände, so muß man darauf verzichten, durch die angegebene Hypothese das Wunderbare im N. T. seiner geschichtlichen Wahrheit berauben zu wollen. Man verwickelt sich dadurch in unübersehbare Widersprüche und Schwierigkeiten.

Das Resultat dieser Untersuchung über den aus den Wundern entlehnten Glaubensgrund (die wir jedoch nur in so weit hier zu verfolgen hatten, als dieß nach den in der Einleitung ausgesprochenen Grundsäßen erfoderlich war) würde sich nun auf folgende Hauptsäße zurückführen lassen. In geschichtlicher, unbefangener Erwägung dessen, was die neutestamentlichen Schriftsteller von Jesu berichten, erscheint es als Thatsache des Evangeliums, daß Jesus wirklich Wunder that, d. h. daß durch ihn außers ordentliche, durch göttliche Kraft und Wirksamkeit bedingte Ereignisse in die Erscheinung traten, um dadurch sein be sonderes Verhältniß zur göttlichen Vorsehung darzuthun. Jede Hypothese, die Wirklichkeit dieser Thatsachen zu be

streiten, erscheint mit dem Ganzen der Geschichte unvereinbar; und da die an eine allwaltende Vorsehung glaubende Vernunft die Möglichkeit solcher Erscheinungen nicht leugnen, das dereinst Geschehene aber nicht ungeschehen machen kann: so bleibt jenen Thatsachen, als factischen, für die größere Menschheit höchst wichtigen Gründen des Glaubens an die göttliche Sendung Jesu Christi, ihre Gültigkeit; denn jedem leuchtet sofort ein, daß weder durch die Natur noch durch eigene Kraft Jesus das zu thun im Stande war, was und wie cs die heilige Schrift von ihm erzählt.

Wir verbinden hiermit noch zwey Bemerkungen, die nach dem Zustande des christlichen Lebens in jeßiger Zeit hier nicht am unrechten Orte stehen werden. Das Christenthum, so wie es überhaupt nur die freye Geistes ́thätigkeit und Entwickelung begünstigt, verlangt auch freye Ueberzeugung, Glauben aus Gründen, der nie blind, nie gezwungen seyn kann: darum verlangt es auch Schonung der Ueberzeugung jedes Anderen; denn nur auf diesem Wege vermag einer den anderen für die Wahrheit zu ge winnen. Auch die Ueberzeugung des Irrenden, des Schwärmers, des Mystikers muß als solche dem Christen heilig seyn, und nur Gründe dürfen über ihren Werth und Unwerth entscheiden. Hätte man diesen Grundsatz vor Augen gehabt (einen Grundsaß, den schon Paulus Röm. 14. em pfiehlt, um durch verschiedene Ansicht Einheit und Frieden des Ganzen nicht zu stören): so würde man nicht gewagt haben und es noch thun, jeden, welcher an die neutestamentlichen Wunder aus Gründen glaubt, die nach feiner Ueberzeugung evident genug sind, sofort für einen nicht rationalen, abergläubigen Menschen, oder, weil man ihn damit noch mehr zu verdächtigen glaubt, für einen ́Mystiker zu erklären. Warum richtest du deinen Bruder? (würde Paulus fragen) Warum seßest du ihn herab? Weißt du nicht, daß wir alle dereinst

dem Herrn Rechenschaft geben müssen? Und wenn wir bedenken, daß selbst die Begründer der höheren Kenntniß der Natur und ihrer Gefeße, daß ein Haller und Newton, andere, åltere und neuere nicht zu nen nen, die Wahrheit der biblischen Wunder nicht allein anerkannten, sondern selbst vertheidigten, so kann es wohl Verwunderung erregen, daß Theologen, deren Name und Verdienst wohl das geringste seyn dürfte in der Erweite rung der Erkenntniß der Natur und ihrer Gesetze, sich gerade auf ihre Kenntniß der Natur und ihrer Gesetze bes riefen, um jeden, der anders von den Wundern denkt, als sie, als einen abergläubigen, dummen, unwissenden Menschen zu verschreien. (Man glaube nicht, daß hier zuviel gesagt werde: die factischen Belege werden an einem anderen Orte geliefert werden.) Ein solches Verfahren war und ist eben so unchristlich, als wenn man im entgegengesetzten Falle demjenigen, der aus Gründen, welche ihm evident genug waren, sich von der Möglichkeit und Wirklichkeit der biblischen Wunder nicht zu überzeugen vermochte, ohne Weiteres Freydenkerey, unchriftliche Gesinnung, Abfall von der Wahrheit u. s. w. Schuld gab: Ueberzeugung trete gegen Ueberzeugung, Gründe gegen Gründe; nach ihnen richte, urtheile man über Unwahrheit oder Wahrheit derfelben; das Gericht aber über den Brus der, der anderer Ueberzeugung ist, bleibe überlassen dem Alwissenden!

Eine zweyte Bemerkung betrifft die Behandlung des Wunderbeweises und der ihm zu Grunde liegenden bi blischen Erzählungen in Kirche und Schule. Was jenen be trifft, so haben wir bereits erklärt, daß nach unserer Ueberzeugung derselbe noch zu unserer Zeit, so aufgeklärt man sich die Menschen denken möge, keinesweges entbehrs lich genannt werden könne. Es wird nicht leicht dahin kommen, daß die Menschen aller Classen und Stände durch bloße Reflexion, durch das Bedürfniß ihrer moralischen Natur allein zur Ueberzeugung von der Göttlichkeit der Erscheinung Jesu in der Weltgeschichte sich überzeugen

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werden, und es zeigt von wenig Menschenkenntniß und Beobachtungsgabe, wenn man wähnt, daß in unserer Zeit, der Zeit allgemeiner Aufklärung, alle Menschen so weit vor, geschritten sind, wie sich einzelne denkende Köpfe unter den Theologen oder Philosophen vorgeschritten zu seyn glauben. Beachteten sie nur ihre nächsten Umgebungen, und sie würden finden, was der größeren Menschheit frommt und noth thut. Zudem lehrt ja auch die neuere Geschichte der Theologie, daß ausgezeichnete Herolde der Aufklärung, einst die eifrigsten Gegner der Wunder, doch später das Bedürfniß der Menschheit erkannten, und zum biblischen Glauben zurückkehrten. Die Wahrheit, durch Thatsachen erwiesen, trifft unmittelbar die Ueberzeugung. Was ferner die Behandlung der Wundererzählungen betrifft, so bleibt es doch bey aller Vorsicht, welche man rathsam finden und anwenden mag, um dem Ansehen der Schrift, dem Charakter Jesu und seiner Apostel nicht zu nahe zu treten, sehr bedenklich, die biblische Lehre von der Natur und dem Zwecke jener Ereignisse zu umgehen. Meh rere jener Erzählungen dienen noch als Text für öffent liche ́ Religionsvorträge. Der wahre Sinn dieser Erzäh, lungen leuchtet dem unbefangenen gesunden Menschenverstande so deutlich ein, daß man, bey mehr oder weniger auffallender umgehung oder Mißdeutung desselben, mehrfachem Anstoß nicht ausweichen kann. Der Mensch im gewöhnlichen Leben, zumal in Hinsicht religiöser Ueberzeus gung, wenn er von Seiten der Lehrer des Evangeliums Widerspruch, Zweifel, Inconsequenz wahrzunehmen glaubt, ohne die Gründe dazu zu wissen, geräth entweder selbst in Zweifel, oder verfällt auf Folgerungen, die aller Ueberzeugung aus anderen Gründen gefährlich werden. Sind die Wundererzählungen so, wie sie in der Schrift erzählt werden, nicht wahr; sind sie erdichtet oder Mährchen aus einer abergläubigen Zeit, geschrieben von leichtgläubigen Männern: wer verbürgt die Wahrheit des Uebrigen, was die Apostel erzählen, was wir glauben, wornach wir leben sollen? Schnell ist dann die Folgerung da, daß die heiligė

Schrift für uns nicht mehr den hohen Werth haben könne, den man ihr beyzulegen pflege; daß man Heuchelen be gehe, wenn man noch von einer Unentbehrlichkeit jener Bücher spreche, oder nicht offen seine Meinung von jenen Begebenheiten an den Tag lege. Man siehet bald, wohin folche Folgerungen führen müssen, und nur dem Mangel an Beobachtung muß man es zuschreiben, wenn man es vernünftig findet, den biblischen Wunderglauben durch. Mißdeutung der erzählten Begebenheiten in den christlichen ̧ Gemeinden auszurotten. Man kann dem Protestantismus, wie überhaupt, so besonders in dieser Hinsicht, keine empfindlichere Wunde schlagen, als wenn man die Würde der heiligen Schrift und das Ansehen ihrer Verfasser her. absetzt und den Christen verdächtig macht: denn damit sinkt auch in ihren Augen die Würde des biblischen Christenthums.,,Handeln wir recht und gut, so gebrauchen wir alles Uebrigen nicht“ dieß ist dann der Ausspruch, der Grundsaß der gegen das biblische Christenthum indifferent gewordenen, aufgeklärten Christen, und leider bestå tigt die Erfahrung, daß bey einem solchen moralischen Dünkel sie gerade am wenigsten Beweise einer rein moralischen christlichen Gesinnung geben. Das Beyspiel eines der aufgeklärtesten Theologen neuerer Zeit, der sich in sei ner Eitelkeit viel darauf einbildete, den alten Wunder. glauben der Schrift bekämpft, und das Licht der Aufklä rung verbreitet zu haben, möge dieß zu seiner Zeit bestå. tigen, wenn persönliche Rücksichten verschwunden seyn und das Thatsächliche nicht mehr verdächtigen werden.

Man wird diese Abschweifung dem Verfasser verzeihen. Er ist der festen Ueberzeugung, daß das biblische Christenthum, vernünftig aufgefaßt und geprüft, das Werk der göttlichen Vorsehung sey, um nach und nach die gesammte Menschheit zur Einheit des religiösen Glaubens und Lebens, zur Seligkeit zu führen, daß sich nie ein anderes besseres Mittel im Laufe der Jahrhunderte dargeboten habe, auch nie darbieten werde, und daß es darum keinem Christen zukommen könne, dünke er sich auch der aufgeklärteste,

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