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Augenzeugen vorlägen, verfehlte nicht seinen Eindruck auf jene kritiklose Zeit. Auch gefiel der nüchterne Ton und der Ausschluss der homerischen Götterwelt bei Septimius.

Die Vorrede. L. Septimius Q. Aradio s. d. Ephemerida Belli Troiani Dictys Cretensis ... conscripsit litteris punicis dein post multa saecula conlapso per vetustatem apud Gnoson, olim Cretensis regni sedem, sepulchro eius, pastores cum eo devenissent, forte inter ceteram ruinam loculum stanno affabre clausum offendere ac thesaurum rati mox dissolvunt, non aurum nec aliud quicquam praedae, sed libros ex philyra in lucem prodituri. at ubi spes frustrata est, ad Praxim dominum loci eos deferunt, qui commutatos litteris Atticis, nam oratio Graeca fuerat, Neroni Romano Caesari obtulit, pro quo plurimis ab eo donatus est. nobis cum in manus forte libelli venissent, avidos verae historiae cupido incessit ea uti erant Latine disserere, non magis confisi ingenio, quam ut otiosi animi desidiam discuteremus. itaque priorum quinque voluminum, quae bello contracta gestaque sunt, eundem numerum servavimus: residua quinque (Dederich nach Suidas: quatuor) de reditu Graecorum in unum redegimus atque ad te misimus: tu, Rufine mi, ut par est, fave coeptis.

Das Verhältnis des Prologs und der Epistel. Bezüglich der Ueberlieferung ist zu bemerken, dass (vgl. p. 79) der Brief in dem besten Codex Sangallensis und auch im Bernensis fehlt Die Angaben beider Berichte über die Geschichte des griechischen Werks differieren von einander. So ist, um die wesentlichen Diskrepanzen vorzuführen, in dem Prolog das Grab des Dictys mit seinem Schatze durch ein Erdbeben geöffnet worden, in der Epistel durch das Alter. Im Prolog brachten Hirten den Schatz, den sie zufällig aufgefunden, zu ihrem Herrn mit Namen Eupraxides, in der Epistel bringen die Hirten ihren Schatz zum Besitzer des Grundstücks Praxis. Nach dem Prolog liess Nero das Werk ins griechische Alphabet umsetzen, nach der Epistel wird die Umsetzung durch Praxis vorgenommen. Eine falsche Schlussfolgerung ziehen aus diesen Diskrepanzen W. Greif, Neue Unters. zur Dictys- u. Daresfrage, Berl. 1900, p. 7 und L. Havet, Revue de philol. 3 (1879) p. 86.

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Zur Fiktion. 5, 17 haec ego Gnosius Dictys comes Idomenei conscripsi oratione ea, quam maxime inter tam diversa loquendi genera consequi ac comprehendere potui, litteris Punicis ab Cadmo Danaoque traditis. I, 13 eorum (Idomenei et Merionis) ego secutus comitatum ea quidem, quae antea apud Troiam gesta sunt, ab Ulixe cognita quam diligentissime retuli: et reliqua, quae deinceps insecuta sunt, quoniam ipse interfui quam verissime potero exponam. Ueber die verschiedenen Erfindungen, die Dictys machte, um dem Leser die Kenntnis von Vorgängen erklärlich erscheinen zu lassen, deren Augenzeuge er nicht mehr gewesen sein kann", vgl. E. Patzig, Byzantin. Zeitschr. 1 (1892) p. 149; F. Noack, Philol. Supplementbd. 6 (1891/93) p. 445. 6, 10 haec ego cuncta ab Neoptolemo cognita mihi memoriae mandavi. Ebenda: haec de Memnone eiusque sorore comperta mihi per Neoptolemum; vgl. noch 6, 3; 6, 4; 6, 5. Ausser dem Prolog und der Praef. vgl. über die Fundgeschichte noch Suidas s. v. ἐπὶ Κλαυδίου τῆς Κρήτης ὑπὸ σεισμοῦ κατενεχθείσης, καὶ πολλῶν τάφων ἀνεωχθέντων, εὑρέθη ἐν ἑνὶ τούτων τὸ σύνταγμα τῆς ἱστορίας Δίκτυος, τὸν Τρωικὸν περιέχον πόλεμον, ὅπερ λαβὼν Κλαύδιος ἐξέδωκε γράφεσθαι.

aus.

Die Zeit des Septimius ist nicht völlig sicher zu bestimmen, da es an festen Daten hiefür fehlt. Noch am besten geht man von dem Adressaten Q. Aradius Rufinus Wir kennen einen Mann dieses Namens, der Stadtpräfekt in Rom im Jahre 312 und 313 war, später im Jahre 316 auch das Konsulat bekleidete; vgl. CIL VIII Suppl. 14688; 14689 10602; Mommsen, Chronica minora 1 p. 67; Symmach. epist. 1, 2, 3. Auf diesen Q. Aradius Rufinus möchte man am liebsten den Brief des L. Septimius beziehen. Weiterhin möchte man an die Worte des Prologs Rutilio Rufo, illius insulae (Cretae) consulari anknüpfen. Bezüglich der Titulatur vir consularis bemerkt nämlich Marquardt (Röm. Staatsverwaltung 12 (Leipz. 1881) p. 549): „Der Titel Consularis ist im zweiten Jahrhundert genau zu verstehen und bezeichnet einen Statthalter, welcher erst nach der Bekleidung des Konsulates das Kommando erhält; allmählich aber verliert er die ursprüngliche Bedeutung und wird im vierten Jahrhundert ein offizielles Prädikat einer bestimmten Klasse von Provinzialstatthaltern, welche niemals Konsuln gewesen waren." Im Anschluss hieran bemerkt Havet, Sur la date du Dictys de Septimius (Revue de philol. 2 (1878) p. 239): Si la substitution du titre de consularis au titre de proconsul date de Constantin (nach einer Bemerkung von L. Renier), l'oublie de cette substitution doit être notablement postérieur. L'anachronisme commis par Septimius ne permet guère de croire qu'il ait écrit dans la première moitié du quatrième siècle." Havet will ihn daher mit dem Aradius Rufinus identifizieren, von dem Amm. Marc. 23, 1, 4 (zu 363) sagt: Rufinum Aradium comitem orientis in locum avunculi sui Iuliani recens defuncti provexit. Die Schlussfolgerungen, die sich aus dem Anachronismus für die Chronologie ziehen lassen, können zunächst nur auf den Prolog bezogen werden; ihre Bedeutung erhalten sie, je nach

dem man das Verhältnis der Epistel und des Prologs zu einander auffasst. Ist der Prolog eine Uebersetzung aus dem Griechischen, so ergeben sich Schlussfolgerungen für die Zeit des Originals und der Uebersetzung; wird ein griechisches Original geleugnet, so fragt es sich, ob dasselbe von dem Verfasser der Ephemeris herrührt; in diesem Falle gewinnen wir ein Moment für die Zeitbestimmung desselben. Rührt der Prolog nicht von dem Autor der Ephemeris her, so beweist er natürlich nichts für die Zeit desselben. Mit dem vierten Jahrhundert stimmt auch die Sprache der Schrift, welche trotz der Nachahmung alter Autoren doch schon Spuren der sinkenden Latinität zeigt; vgl. die fleissigen Zusammenstellungen Dederichs vor seiner Ausg. p. XXXVIII. Auch Dunger (Dictys-Septimius 1878, p. 53), der als Grenzen Philostrat einerseits und Syrianus anderseits ansetzt und so die Grenzen 250-400 gewinnt, entscheidet sich für das vierte Jahrhundert.

Zeugnisse. Walz' rhetores graeci 4, 43, 3 ὡς Δίκτυς ἐν ταῖς ἐφημερίσι φησίν (= Dictys 5, 17). A. Sonny teilt (Byzantin. Zeitschr. 1 (1892) p. 590) uns ein Scholion des Erzbischofs Arethas (um 917) zu Dio Chrysostomus or. XI § 92 mit, welches also lautet: Δίκτυς δὲ ὄνομα Κρὴς ὃς παρατυχῶν τῷ Τρωικό πολέμῳ γράφει τε τὰ πραχθέντα ἐκεῖ χαλκοῖς πίναξι καὶ ἑαυτῷ συνθάπτει· οἳ καὶ εὑρέθησαν χρόνῳ μακρῷ ὕστερον ἐπὶ Νέρωνος, ἐξ ὧν καὶ βιβλίοις κατετέθησαν συμφώνοις κατὰ πάντα Ὁμήρῳ. Suidas sub voce: Δίκτυς ἱστορικός . ἔγραψεν ἐφημερίδα (ἔστι δὲ τὰ μεθ' Ὅμηρον καταλογάδην ἐν βιβλίοις 9'), Ιταλικά, Τρωϊκού διακόσμου, οὗτος ἔγραψε τὰ περὶ τῆς ἁρπαγῆς Ἑλένης καὶ περὶ Μενελάου καὶ náoŋs 'làiazýs vnо9éσεws; vgl. über diese Stelle G. Körting, Dictys u. Dares p. 56 und Patzig, Byzantin. Zeitschr. 1 (1892) p. 140. Ueber das wertlose Zeugnis im Violarium der Eudokia vgl. Pulch, Zu Eudokia, Constantinus Palaeocappa, der Verfasser des Violariums (Hermes 17 (1882) p. 177); Patzig 1. c. p. 132; Noack, Philol. Supplementbd. 6 p. 463; vgl. ein Zeugnis des Cod. Vindob. 133 fol. 155 bei Fürst, Philol. 60 (N. F. 14, 1901) p. 231 Anm. 5. Vorbilder. Die Nachahmung des Sallust ergibt sich dem Leser auf den ersten Blick. Sie erstreckt sich auf Wörter und Wortverbindungen, auf Phrasen, ja ganze Sätze, auf grammatische Eigentümlichkeiten und auf die historische Kunst, z. B. die Einschaltung von Reden; vgl. H. Pratje, Quaest. Sallust. ad Lucium Septimium et Sulpicium Severum Gai Sallusti Crispi imitatores spectantes, Gött. 1874 und besonders die eine viel bessere Methode zeigende Abhandlung von W. Brünnert, Sallust und Dictys Cretensis, Erfurt 1883. Auch F. Meister (Praef. zu seiner Ausg. p. VIII) gibt eine Sammlung von Stellen und bemerkt: „quid quod haud raro quasi quaedam huius (Sallusti) imitationes reperiuntur atque in Agamemnonem Ulixem alios ea transferuntur quae ille de Iugurtha Mario Catilina dixit? Vgl. auch C. Wagener, Fleckeis. Jahrb. 121 (1880) p. 510. Auch mit Vergil zeigt Septimius sowohl sachliche als sprachliche Konkordanzen, wie dies H. Dunger (De Dictye-Septimio Vergilii imitatore, Dresden 1886, p. VIII) nachweist.

Quellen des Dictys. Dunger (Ueber die ursprüngl. Abfassung u. die Quellen der Ephemeris belli Troiani p. 38) kommt nach einer genauen Quellenuntersuchung zu folgendem Resultat: Seine Hauptquellen sind Homer, Apollodor, Lykophron, Ptolemaeus Chennus, Philostratus, Virgil und ein geographischer Autor, wahrscheinlich Plinius; vielleicht hat er auch Hygin und Ovid benutzt. P. 51: Nicht benutzt hat er die kyklischen Dichter und die tragische Litteratur im grossen Ganzen mit Ausnahme etwa der Andromache des Euripides oder Ennius." Vgl. auch R. Hercher, Ueber die Glaubwürdigkeit der Neuen Gesch. des Ptolemaeus Chennus (Jahns Jahrb. Supplementbd. 1 (1855/56) p. 284). In ganz anderer Weise behandelt die Quellenfrage Greif, Untersuchungen p. 33 und 35.

Geschichte der Dictysfrage. Einen Abriss gibt uns Dunger im Eingang zu seiner Abhandlung, De Dictye-Septimio Vergilii imitatore, Dresden 1886, ferner Fürst p. 230. Der wesentliche Punkt in dieser Frage ist, ob die Angabe des L. Septimius richtig ist, dass er seine Schrift nach einem griechischen Original verfasste, und ob es demnach einen griechischen Dictys gegeben hat oder nicht. Für das griechische Original ist J. Perizonius (De Dictye Cretensi et eius interprete Septimio, abgedruckt in Dederichs Ausg., Bonn 1833) eingetreten, ohne jedoch die Angabe von der Autopsie und der Wiederauffindung der Schrift als einkleidende Momente zu verkennen. Ein philologisches Problem wurde die Frage erst durch die Abhandlung Dungers, Die Sage vom troian. Kriege in den Bearbeitungen des Mittelalters und ihre antiken Quellen, Dresden 1869 und durch Körting, Dictys und Dares. Ein Beitr. z. Gesch. der Troja-Sage in ihrem Uebergange aus der antiken in die romantische Form, Halle 1874. Dunger leugnete den griechischen Dictys und betrachtete demnach die Schrift des Septimius als Originalarbeit; Körting dagegen nimmt an, dass es wirklich einen griechischen Dictys gegeben und dass demnach das Buch des Septimius eine Uebersetzung sei. Vor dem Erscheinen der Körting schen Abhandlung hatte sich bereits A. Joly, Benoît de Sainte More et le roman de Troie, Paris 1870/71 auf Seite Dungers gestellt; Meister vor seiner Ausg. p. VII. Im Jahre 1878 griff nochmals Dunger, Dictys-Septimius. Ueber die ursprüngliche Abfassung und die Quellen der Ephemeris belli Troiani (Progr. d. Vitztumsgymnasiums in Dresden) in die Frage ein, indem

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. VIII, 4.

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er sich gegen die Ausführung Körtings wandte. Seitdem wurde der griechische Dictys als abgethan betrachtet; man vgl. z. B. Wagener, Beitrag zu Dares Phrygius (Philol. 38 (1879) p. 108); Havet, Revue de philol. 2 (1878) p. 238; Lehrs, Königsberger wiss. Monatsbl. 1878 p. 131; vgl. jedoch noch Dunger, De Dictye 1886 p. VII; H. Haupt in seiner Besprechung des Dungerschen Aufsatzes 1878 (Philol. Anz. 10 (1879/80) p. 539); Zu Jordanes u. Dictys Cretensis (Philol. 43 (1884) p. 546); Pratje, Quaest. Sallust., Gött. 1874, p. 6; Brünnert, Sallust u. Dictys Cretensis, Erfurt 1883 p. 18; R. Peiper, Anz. für deutsches Altertum und deutsche Litt. 6 (1880) p. 76; W. Greif, Die mittelalterlichen Bearbeitungen der Troianersage, Marb. 1886; Collilieux, Étude sur Dictys de Crète et Dares de Phrygie, Grenoble 1886; vgl. dazu Dunger, Berl. philol. Wochenschr. 1887 Sp. 1505. Nur hie und da erhoben sich Stimmen für den griechischen Dictys, z. B. Th. Mommsen, Hermes 10 (1876) p. 383; Jordanis Romana et Getica 1882 (Monum. Germ. hist. Auct. antiquissim. Tom. 5 p. 1) prooem. p. XXXI; E. Rohde, Kl. Schr. 1 (Tübingen 1901) p. 349 Anm. 2; vgl. dagegen C. Wagener, Fleckeis. Jahrb. 121 (1880) p. 509; Wilamowitz, Homerische Unters. (Philol. Unters. H. 7 (Berl. 1884) p. 192 Anm. 34); Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12 (Leipz. 1889) p. 609 Anm. 2. Vgl. noch K. Tümpel, Achilleus u. die lesbische Hierapolis (Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 831). Die Frage ruhte längere Zeit, bis sie 1892 wiederum in Fluss kam. Zugleich, aber unabhängig von einander griffen in das Problem ein E. Patzig, Dictys Cretensis (Byzantin. Zeitschr. 1 (1892) p. 131) und F. Noack, Der griechische Dictys (Philol. Supplementbd. 6 (1891/93) p. 403). Im Hinblick auf diesen Aufsatz geht E. Patzig, Die Hypothesis in Dindorfs Ausg. der Odysseescholien (Byzantin. Zeitschr. 2 (1893) p. 413) näher auf die Quellenfrage ein. K. Krumbacher (Gesch. der byzantin. Litt., München 1897, p. 845) nennt den Nachweis der beiden Gelehrten, dass es einen ausführlicheren griechischen Dictys gegeben habe, unanfechtbar; vgl. auch denselben Byzantin. Zeitschr. 2 (1893) p. 162. Für das Hauptresultat, dass es einen griechischen Dictys gegeben, tritt auch J. Fürst, Unters. zur Ephemeris des Dictys von Kreta (Philol. 60 (1901) p. 236) ein, jedoch im einzelnen an den Resultaten seiner Vorgänger bessernd. Dagegen bleibt auf dem Dungerschen Standpunkt W. Greif (Neue Unters. zur Dictys- und Daresfrage. I.: Dictys Cretensis bei den Byzantinern, Berl. 1900) stehen. Er fasst seine Untersuchungen in folgende Sätze zusammen (p. 40): „Die Ephemeris des Dictys, deren Verfasser Septimius ist, war den Byzantinern schon bald nach ihrer Abfassung bekannt geworden; vom 5.-7. Jahrhundert wurde sie nachweislich von ihnen verwertet. Nach diesem Zeitraum aber ist keine Spur mehr einer selbständigen Benutzung derselben bei ihnen zu konstatieren."

Fortleben des Dictys. Auch hier spielt die Frage, ob es einen griechischen Dictys gegeben oder nicht, herein. Je nach der Beantwortung der Frage handelt es sich um das Fortleben des griechischen und des lateinischen Dictys oder des lateinischen Dictys allein. Die Frage, ob die Byzantiner aus einem griechischen oder aus einem lateinischen Dictys schöpften, hat die Vorfrage zur Voraussetzung, inwieweit die lateinische Sprache denselben geläufig war. In erster Linie kommt hier Malalas in Betracht; vgl. G. Körting, De vocibus latinis, quae apud Ioannem Malalam chronographum Byzantinum inveniuntur (Ind. lect. Münster 1879); Noack, Philol. Supplementbd. 6 (1891/93) p. 448; Fürst, Philol. 60 (1901) p. 242. Dass die Bekanntschaft des Malalas mit der lateinischen Sprache für die Quellenfrage ohne Bedeutung ist, haben die beiden letzten Gelehrten gezeigt. Noch ein zweites Problem muss hier berührt werden, ob nämlich noch ein ausführlicher, lateinischer Dictys existiert habe, wie A. v. Gutschmid angenommen. Durch die Annahme eines griechischen Dictys dürfte dieses Problem in Wegfall kommen; die Personalbeschreibungen sprechen eher für einen griechischen, als einen ausführlicheren lateinischen Dictys (Fürst, Philol. 61 (N. F. 15, 1902) p. 377). Die Dictysfrage ist für die byzantinische Litteratur noch mit ungelösten Schwierigkeiten verknüpft, da hier weitläufige Quellenuntersuchungen erforderlich sind. Ausser den in der „Geschichte der Frage" citierten Hauptabhandlungen citieren wir noch folgende: H. Haupt, Dares, Malalas nnd Sisyphos (Philol. 40 (1881) p. 107); E. Patzig, Unerkannt und unbekannt gebliebene Malalasfragmente, Leipz. 1891; Johannes Antiochenus und Johannes Malalas, ibid. 1892; Die Troica des Johannes Antiochenus (Byzantin. Zeitschr. 4 4 (1895) p. 23); A. Heinrich, Die Chronik des Johannes Sikeliota der Wiener Hofbibliothek, Graz 1892; C. E. Gleye, Beitr. zur Johannesfrage (Byzantin Zeitschr. 5 (1896) p. 422). Ueber das Fortleben des Dictys Septimius im Mittelalter handeln die ebenfalls in der Geschichte der Frage" citierten Abhandlungen von Joly, Körting und Greif. Eine kurze Zusammenfassung siehe bei Meister, Ausg. p. XI. Vgl. noch E. Gorra, Testi inediti di Storia Troiana, Turin 1887 und dazu Greif in Kochs Zeitschr. f. vergl. Litt.-Gesch. N. F. Bd. 2 (1889) p. 118; M. Gaster, Die rumänische Version der troianischen Sage (Byzantin. Zeitschr. 3 (1894) p. 528).

Ueberlieferung. Der zuverlässigste Zeuge ist der Sangallensis 205 s. IX/X, und ihm ist Meister vorwiegend in seiner Ausg. gefolgt. Ausser demselben hat er noch

herangezogen Bernensis 367, den verstümmelten Vratislaviensis IV Q 47 und einen Berolinensis 71, alle s. XIII, hie und da auch einen Argentoratensis und einen zweiten Sangallensis, beide s. XV. Eine methodische Darlegung der handschriftlichen Ueberlieferung fehlt noch.

Ausg. Von den älteren Ausg. sind namhaft zu machen die editio princeps, Köln 1470 oder 1475; eine Mailänder 1477; die Baseler oder die sog. Cratandrina 1529, meist übereinstimmend mit der editio Veneta 1499; die ausgezeichnete Ausg. des Jos. Mercerius, Paris 1618; dann die Obrechts, besorgt von Samuel Artopoeus, Strassb. 1691 und die Amsterdamer Ausg. von L. Smids 1702. Die neueren Ausg. sind die von A. Dederich mit der Dissertatio Perizonii (p. LVII) und einem reichhaltigen Glossar, Bonn 1833 (vgl. G. F. Hildebrand, Jahns Jahrb. 23 (1838) p. 276) und die von F. Meister, Leipz. 1872; vgl. dazu Philol 38 (1879) p. 373; H. Dunger, De locis aliquot Dictyis-Septimii (Commentat. Fleckeisen. 1890 p. 205).

9. Virius Nicomachus Flavianus und die anderen Nicomachi.

806. Die Annalen des Nicomachus. Zu den wärmsten Anhängern der alten Religion gehörte neben der Familie der Symmachi die mit ihr verschwägerte der Nicomachi. Aus dieser Familie greift Virius Nicomachus Flavianus mit starker Hand in das öffentliche Leben ein. Unter Theodosius hatte er es zur Quaestura sacri Palatii gebracht und diesem Kaiser ein historisches Werk, seine Annalen, dediciert; sie trugen ihm in einer Inschrift den Titel eines sehr beredten Historikers ein. Doch der ehrgeizige Mann blieb seinem kaiserlichen Herrn nicht treu; als im Jahre 392 Arbogastes den Eugenius zum Kaiser des Westens ausrufen liess, schlug er sich auf die Seite des Usurpators und erlangte unter ihm im Jahre 394 das Konsulat. Damals setzte ihm der Sohn des berühmten Redners Symmachus, Q. Fab. Memmius Symmachus, der die Enkelin des genannten Nicomachus zur Frau hatte, ein inschriftliches Denkmal, das noch erhalten ist. Allein die Herrschaft des Eugenius, von dem die nationale Partei einen Umschwung der Verhältnisse erwartet hatte, dauerte nicht lange; schon im Jahre 394 wurde er von Theodosius aufs Haupt geschlagen und hingerichtet. Aber bereits früher hatte auch Nicomachus Flavianus seinen Abfall mit dem Leben büssen müssen. Der Fall des einflussreichen heidnischen Mannes kam den Christen sehr gelegen; unter dem frischen Eindruck der Ereignisse schrieb ein Christ in mangelhafter Prosodie und mangelhafter Rede eine Invective gegen die gestürzte Grösse. In den christlichen Kreisen war man sich klar, dass der Fall des Nicomachus auch eine Niederlage der heidnischen Partei bedeute; denn Nicomachus hatte alles gethan, um die alten religiösen Institutionen wieder aufzurichten, und sogar Christen wieder in das nationale Lager zurückgebracht. Im Zusammenhang mit diesen Bestrebungen stand gewiss auch seine Beschäftigung mit Apollonius von Tyana. Es ist bekannt, dass die Heiden gern diesen Wunderthäter Christus gegenüberstellten. Nicomachus bearbeitete daher das Leben des Apollonius von Philostratus in lateinischer Sprache; sein Werk wurde von Victorianus einer Durchsicht unterzogen. Dass die Bildung des Nicomachus ganz auf nationaler Grundlage ruhte, ist nach dem Gesagten selbstverständlich; er war nicht nur in der Philosophie bewandert, sondern hatte sich auch in der Auguraldisziplin umgesehen. In der Familie der Nicomachi scheint das tragische Geschick ihres berühmten Vorfahren einen Stachel zurückgelassen zu haben; sein Andenken wieder zu Ehren zu bringen, musste das Bestreben derselben sein.

Das Ziel wurde auch erreicht; im Jahre 431 erwirkte der Enkel dieses Nicomachus, Appius Nicomachus Dexter, einen Erlass der Kaiser an den Senat, in dem gestattet wurde, dass dem Nicomachus wieder ein ehrendes Andenken gewidmet werde. Der Enkel liess daher eine neue Inschrift errichten, in der er wiederum die Ehren des Nicomachus verzeichnete, aber begreiflicherweise das von Eugenius verliehene Konsulat wegliess; auch das anerkennende Schreiben der Kaiser an den Senat wurde der Inschrift beigegeben. Wie der Vater, so standen auch Sohn und Enkel auf nationalem Boden. Die vaterländische Richtung prägte sich auch darin aus, dass man die alten Autoren hervorsuchte und korrekte Exemplare herzustellen bemüht war; auch auf diesem Gebiet finden wir die Nicomachi thätig. Der Sohn und der Enkel des Virius Nicomachus Flavianus, der jüngere Nicomachus Flavianus und Appius Nicomachus Dexter, haben sich mit der Revision des Livius beschäftigt; von ihrer Thätigkeit legen Subscriptionen zu einzelnen Büchern der ersten Dekade Zeugnis ab.

Der Historiker Virius Nicomachus Flavianus, der Vater. Ueber seine amtliche Laufbahn erteilt Aufschluss die Inschrift CIL 6, 1782; Willmanns, Exempla inscriptionum lat. 645'; Dessau, Inscr. lat. selectae 1 No. 2947: Virio Nicomacho Flaviano v. c. quaest., praet., pontif. maiori, consulari Siciliae, vicario Africae, quaestori intra Palatium, praef. praet. iterum, cos. ord., historico disertissimo, Q. Fab. Memmius Symmachus v. c. prosocero optimo. Ueber diese Inschrift vgl. Rossi p. 291; Seeck, Ausg. des Symmach. p. CXII. Als Konsular leitete er Sizilien im Jahre 364; vgl. Seeck p. CXIV. Vicarius Africae war er im Jahre 377. Zur Quaestura sacri Palatii wurde er durch Theodosius befördert kurz vor 383. Zum erstenmal war er praefectus praet. 383, zum zweitenmal 391 und 392, vielleicht schon 389. 394 war er cos. ord. unter Eugenius. Da die Inschrift das Konsulat erwähnt, das Nicomachus von dem Usurpator Eugenius erhielt, wird sie kurz vor dem Tode des Eugenius (394) und des Nicomachus gesetzt sein. Ueber die amtliche Laufbahn des Nicomachus gibt auch eine zweite Inschrift CIL 6, 1783; Willmanns 645; Dessau 2948 Aufschluss; durch diese Inschrift, in welcher der in den Fall des Eugenius hineingezogene Nicomachus im Jahre 431 wieder in seine Ehren eingesetzt erscheint, werden zwei Aemter genauer bestimmt; statt quaestori intra Palatium lesen wir quaest. aulae divi Theodosi, statt praef. praet. iterum steht hier praef. praet. Ital. Illyr. et Afric. Das Konsulat dagegen ist in der zweiten Inschrift, weil von Eugenius verliehen, in Wegfall gekommen. Aus dem Schreiben der Kaiser Theodosius II und Placidus Valentinianus an den Senat, welches der zweiten Inschrift beigegeben ist, heben wir folgendes aus: intellegitis profecto, quidquid in restitutionem pristini honoris inlustris et sanctissimae aput omnes recordationis Flaviani senioris adimus, divi avi nostri (sc. Theodosii maioris) venerationem esse, si eum quem vivere nobis, servarique vobis quae verba eius aput vos fuisse plerique meministis optavit, sic in monumenta virtutum suarum titulosque revocemus, ut quidquid in istum caeca insimulatione conmissum est, procul ab eius principis voto fuisse iudicetis; cuius in eum effusa benivolentia, et usque ad annalium, quos consecrari sibi a quaestore et praefecto suo voluit, provecta, excitavit livorem inproborum. Seine Gelehrsamkeit berührt Macrob. sat. 1, 5, 13 Flavianum qui, quantum sit mirando viro Venusto patre praestantior, non minus ornatu morum gravitateque vitae quam copia profundae eruditionis adseruit; vgl. 1, 24, 17 post hunc Flavianus,,apud poetam nostrum", inquit,,,tantam scientiam iuris auguralis invenio ut, si aliarum disciplinarum doctrina destitueretur, haec illum vel sola professio sublimaret“; vgl. auch Sozom. 7, 22 p. 307 Val.; Nikeph. Hist. eccl. 12, 39 (Migne, Patrol. gr. 146 Sp. 880). Bezüglich der Uebersetzung von Philostratos' Leben des Apollonius von Tyana vgl. Apollin. Sid. epist. 8, 3 p. 173 Mohr: Apollonii Pythagorici vitam, non ut Nicomachus senior e Philostrati, sed ut Tascius Victorianus e Nicomachi schedio exscripsit, quia iusseras, misi, wozu Mommsen in der Ausg. des Sidonius Apollinaris von Luetjohann p. 420 bemerkt: significatur opinor Nicomachi senioris cura Philostrati Graeca Latine versa esse, Victorianum eam versionem recognovisse." Bei Johannes Saresberiensis policr. 2, 26; 8, 11 wird die Schrift de vestigiis sive de dogmate philosophorum eines Flavianus erwähnt; da bei Symmachus epist. 2, 61 dem Flavianus philosophische Kenntnis zugesprochen wird, ist es nicht unmöglich, dass Flavianus eine solche Schrift geschrieben; vgl. A. Reifferscheid, Rhein. Mus. 16 (1861) p. 23. (Ueber den Grammatiker Flavianus vgl. unten bei Charisius). Ueber das gegen unsern Nicomachus gerichtete Gedicht adversus paganos werden wir später handeln.

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