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Die Hypothese Dessaus. Dieser Gelehrte (Ueber Zeit und Persönlichkeit der Scriptores historiae Augustae, Hermes 24 (1889) p. 337) hat scharfsinnig zu zeigen gesucht, dass die Kaiserbiographien auf einer Fälschung beruhen, dass dieselben nicht der constantinisch-diokletianischen, sondern der valentinianisch-theodosischen Zeit angehören und dass die 6 Historiker keine wirklichen Persönlichkeiten waren, sondern vom Fälscher erfunden wurden, um seiner Arbeit grösseren Reiz zu verleihen. Lebhafte Zustimmung fand Dessau bei Habel, Wochenschr. für klass. Philol. 1890 Sp. 418 und Seeck, III. Die Entstehungszeit der Hist. Aug. (Fleckeis. Jahrb. 141 (1890) p. 609), der (p. 631) den Satz ausspricht, dass alle Biographien auf eine einheitliche, überall durch die gleichen anachronistischen Anschauungen bestimmte Fälschung zurückgehen. Seeck wandte sich in seinem Aufsatz besonders gegen Mommsen, Die Script. hist. Aug. (Hermes 25 (1890) p. 228) und in einem Anhang gegen Klebs, Die Sammlung der Script. hist. Aug. (Rhein. Mus. 45 (1890) p. 436); Die Script. hist. Aug. (Rhein. Mus. 47 (1892) p. 1). Beide hatten gegen Dessau Stellung genommen, allerdings in verschiedener Weise. Mommsen stellt folgende Hypothese auf: Die Sammlung ist zwar im grossen Ganzen ein Werk der diokletianisch-constantinischen Zeit, von verschiedenen Verfassern herrührend, hat aber eine doppelte Diaskeuase erfahren, einmal in der constantinischen Zeit, um 330, wo die Sammlung in der Form, in der sie uns vorliegt, ihren Abschluss fand (p. 270 und p. 273), dann in der valentinianischtheodosischen Zeit. Klebs dagegen kommt zu einer gänzlichen Verwerfung der Dessauschen Hypothese und formuliert seine Ansicht also (p. 464): Unsere Sammlung ist durchaus ein Erzeugnis der diokletianisch-constantinischen Zeit; sie stellt sich dar als eine rein äusserliche Zusammenfügung verschiedener Arbeiten, bei der für uns Spuren einer einheitlichen Redaktion nicht erkennbar sind." Seine Hypothese verteidigt gegen Mommsen und Klebs Dessau, Hermes 27 (1892) p. 561. Als Gegner Dessaus erscheint auch Wölfflin, Die Script. hist. Aug. (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1891 p. 465), der zumeist von sprachlichen Gesichtspunkten aus der Frage näher trat. Durch eingehende Untersuchungen wird die Individualität des Trebellius Pollio (p. 480) und des Flavius Vopiscus (p. 492) festgestellt; über Spartianus gibt er gewagte Combinationen. Ueber Capitolinus und Lampridius versprach Wölfflin in einem zweiten Aufsatze zu handeln; allein dieser ist noch nicht erschienen. Ueber die Entstehung des Corpus äussert er sich also (p. 526): Auf Wunsch des praefectus urbis Tiberianus hatte sich Vopiscus zunächst nur entschlossen, den Biographien des Trebellius Pollio eine weitere des Aurelian anzufügen, und er that dies auch, indem er sich den Trebellius zum Vorbilde nahm. Er setzte dann aber seine Arbeiten fort, widmete dieselben verschiedenen höher gestellten Personen und gedachte auch noch ein ausgeführteres Bild des Diocletian zu entwerfen, doch gelangte der Plan nicht mehr zur Ausführung.“ Weiterhin will Wölfflin gezeigt haben, dass Vopiscus ein ganzes Kaiserbuch von Hadrian an herausgab, indem er die vorhandenen Biographien des Spartian durch Noten und Anhänge erweiterte, auch solche von Caesaren und Gegenkaisern neu einschob." Eine Verschiedenheit der Autoren glaubt auch Frankfurter, Zur Frage der Autorschaft der Script. hist. Aug. (Eranos Vindobonensis, Wien 1893, p. 218) aus Inhalt und Stil einzelner ausgewählter Stücke (p. 232) zu erkennen und stimmt Mommsen darin zu (p. 220), dass die Sammlung in der diokletianisch-constantinischen Zeit entstanden ist und eine Ueberarbeitung erfahren hat. Ganz auf konservativem Standpunkt steht auch Peter (Die Script. hist. Aug., Leipz. 1892, p. 242), der die Sammlung als ein Produkt der diokletianisch-constantinischen Zeit betrachtet und sie mit dem Jahr 330 abgeschlossen sein lässt. Nochmals griff Seeck, Zur Echtheitsfrage der script. hist. Aug. (Rhein. Mus. 49 (1894) p. 208) in die Debatte ein, indem er den einen Punkt, ob die Sammlung von einem oder mehreren Fälschern herrühre, als einen nebensächlichen ansieht und den ganzen Schwerpunkt seiner Argumentation auf den Satz legt, dass die Sammlung nicht in der diokletianisch-constantinischen Zeit entstanden sein könne; dies ergebe sich aus den Anachronismen. Zuletzt hat unserem Problem gegenüber Leo Stellung genommen; er erblickt (p. 286 Anm. 1) für Spartianus Severus 17, 5 (I p. 148)—19, 4 (p. 150) die Vorlage in Victors Caesares 20, 1-31. Daraus folgert er zwar nicht, dass das ganze Corpus von einem Fälscher der valentinianisch-theodosischen Zeit herrühre, da er den Nachweis, dass in den Scriptores verschiedene Individualitäten stecken, als von Klebs, Wölfflin und Peter erbracht ansieht, zieht aber daraus Folgerungen für die Redaktion des Corpus (p. 303). Was nun das Hauptargument Leos anlangt, so möchte ich doch Spartianus Severus 17,5 quod non optinuit eher als einen Irrtum der Quelle, d. h. der Kaiserchronik ansehen, als mit Leo (p. 286 Anm. 1) annehmen, dass Spartianus die von Victor begangene Verwechslung des Kaisers und des Juristen Julianus richtig erkannt, trotzdem aber Victor 20, 1 quod unum effici nequivit durch sein quod non obtinuit in ganz anderem Sinne verwendet habe.

Ueberlieferung. Lange war die Meinung herrschend, dass für die Textkritik der scriptores zwei Handschriften, der Bambergensis E III 19 und der Vaticanus-Palatinus 899, der einst im Besitze des Gianozzo Manetti († 1459) und wahrscheinlich auch im Besitze Petrarcas war (vgl. Nolhac, Pétrarque et l'humanisme, Paris 1892, p. 252), massgebend

seien, da beide unabhängige Abschriften des Archetypus wären. Auf dieser Anschauung ruht z. B. die Ausg. Peters. Neuerdings wurde von Mommsen (Hermes 25 (1890) p. 281) auf Grund eines grösseren neu verglichenen Stücks die Behauptung aufgestellt, dass der Bambergensis eher eine Abschrift des Palatinus sei. Diese Behauptung Mommsens wurde auf Grund einer neuen Vergleichung des Palatinus von Dessau, Die Ueberlieferung der script. hist. Aug. (Hermes 29 (1894) p. 393) in umsichtiger Weise bestätigt. Damit scheidet der Bambergensis als selbständiger Faktor aus der Textkritik der Hist. Aug. aus und dient nur zur Sicherstellung der ursprünglichen Lesarten, welche in dem Palatinus später, nachdem der Bambergensis abgeschrieben war, korrigiert wurden, und der Lesarten, welche nach dieser Zeit in den Text gesetzt wurden. Irreführend war die Zeitbestimmung der beiden Handschriften, nach der der Bambergensis ein höheres Alter hatte als der Palatinus; allein wie der Bambergensis, so wird auch der Palatinus in s. IX gehören; vgl. Dessa u 1. c. p. 398. Auch der Vaticanus 5301, welcher die Vorlage für die editio princeps wurde, ist aus dem Palatinus abzuleiten; vgl. Dessau p. 399. Ueberhaupt glaubt Dessau, dass die übrigen jüngeren Handschriften aus dem Palatinus geflossen sind (p. 399). Auch die Excerpta Palatina des Codex Palatinus 886, die neben Auszügen aus andern Schriftstellern auch Auszüge aus der ersten Hälfte der Hist. Aug. bis zur Vita des Maximinus darstellen, stehen in Abhängigkeit vom Palatinus 899. Dagegen liegen Spuren einer vom Palatinus unabhängigen Ueberlieferung in den von J. Klein (Eine Handschrift des Nikolaus von Cues, Berl. 1866, p. 95) publizierten Excerpta Cusana vor; die Quelle, aus der sie stammen, war aber dem Palatinus sehr ähnlich, und dieses Florilegium lag auch bereits dem Sedulius vor; vgl. M. Haupt, Hermes 1 (1866) p. 43 opusc. 3 p. 339. Ueber die ganze Frage vgl. Mommsen, Hermes 13 (1878) p. 298 und Dessau p. 414. Auch der verschollene Codex Murbacensis der Abtei Murbach, dessen Lesarten bis zur Vita des Diadumenus incl. in der Baseler Ausg. 1518 mitgeteilt werden, war dem Palatinus nahe verwandt. Auch H. Peter (Berl. philol. Wochenschr. 1897 Sp. 814) hat sich übrigens dieser durchaus einleuchtenden Ansicht Mommsens und Dessaus angeschlossen, nachdem ihm der handschriftenkundige Rühl auf Grund einer Untersuchung bestätigt hatte, dass der Bambergensis s. XI angehöre, während Palatinus in s. IX/X zu setzen sei. Im Codex Durlac. 36, Ricc. 619, Ottob. 1303 ist eine moderne Umarbeitung der Rede des Nicomachus bei Vopiscus Tacitus 6 (II p. 188) enthalten; sie hat für die Ueberlieferung wenig Wert; vgl. G. Suster, Rivista di filol. 17 (1889) p. 247.

Ausg. Editio princeps von B. Accursius, Mailand 1475; vgl. darüber Peter (Ausg. p. XVIII), der zeigt, dass derselben der Vaticanus 5301 s. XV zu Grunde liegt; Aldina, Venedig 1516 und 1519; von D. Erasmus, Basel 1518; J. Gruter, Hannover 1611; von J. Casaubonus, Paris 1603, cum notis Salmasii 1620. Sammelausg. Leiden 1671; rec. H. Jordan und F. Eyssenhardt, Berl. 1864; rec. H. Peter, Leipz. 1884. Seine eigenen Konjekturen begründet Peter, Fleckeis. Jahrb. 129 (1884) p. 75. Dazu vgl. Spartiani vita Hadr. comm. ill. J. Centerwall 1, Ups. 1869. Durch die Feststellung der Thatsache, dass der Bambergensis aus dem Palatinus stammt, wird der kritische Apparat eine wesentliche Umgestaltung erfahren. Es ist daher eine neue Ausg. ein Bedürfnis. Ausserdem brauchen wir, wie Mommsen (Hermes 25 (1890) p. 281) sagt, einen Commentar, welcher für jede einzelne Notiz die in der Sammlung selbst sowie ausserhalb derselben auftretenden Parallelstellen vor die Augen führt oder auch deren Mangel constatiert, und wir brauchen ein wenigstens die sachlich wichtigen Ausdrücke vollständig zusammenfassendes und chronologisch kontrolierendes Wortverzeichnis." Der letzten Forderung Mommsens wird auf Grundlage des Palatinus Lessing nachkommen, der bereits zwei Fascikel eines Lexicons (Leipz. 1901/02) erscheinen liess.

Uebersetzung von C. Aug. Closs, Metzlerische Sammlung Stuttgart 1856.

3. Der Chronograph vom Jahre 354.

796. Kalender und andere Verzeichnisse. Ein ausserordentlich wichtiges Büchlein ist ein Kalender, dem noch andere Verzeichnisse beigegeben sind. Es ist für den täglichen Gebrauch des Lebens bestimmt und zwar zunächst für Rom; dieses Handbüchlein ist auch mit Bildern ausgestattet. Auf der ersten Seite nennt sich ein Furius Dionysius Philocalus; er bezeichnet seine Thätigkeit mit „titulavit". Wir kennen diesen Furius Dionysius Philocalus auch als einen bei Inschriften 1) thätigen Kalligraphen.

1) Es kommen zwei Inschriften der Stadt Rom in Betracht, beide publiziert von De

"

Nimmt man das titulare im strengen Wortsinn, so müsste man die Thätigkeit des Kalligraphen auf das Titelblatt beschränken; allein möglicherweise hat Philocalus das ganze Handbüchlein geschrieben. Das Werkchen stammt aus dem Jahre 354, denn hier brechen manche Verzeichnisse ab; es wird daher von Mommsen der Chronograph von 354" genannt. Allein leicht begreiflich ist es, dass man späterhin manche Verzeichnisse weiterführte; auch lag nahe, eine Erweiterung des Büchleins durch Aufnahme anderer Dokumente eintreten zu lassen. Die einzelnen Bestandteile des Chronographen sind: 1. Der Kalender; derselbe hat einen offiziellen Charakter und ist in Bezug auf das Christen- und Heidentum neutral gehalten, d. h. es sind die heidnischen Feste und Ceremonien ausgemerzt, dafür aber nicht die christlichen eingesetzt. 2. Annalen, von denen unter Nr. 8 die Rede sein wird. 3. Die Konsularfasten; dieselben haben als die vollständigsten und zuverlässigsten aller Fasti consulares einen hohen Wert. 4. Eine Ostertafel. 5. Ein Verzeichnis der Stadtpräfekten, ebenfalls ein sehr wichtiges Dokument. 6. Es folgen zwei Verzeichnisse christlichen Charakters, ein Verzeichnis der Todestage und Begräbnisstätten a) der römischen Bischöfe, b) der Martyrer. Die beiden Verzeichnisse sind die Quelle eines ganzen Litteraturzweigs, der Martyrologien, geworden, die sich im Laufe der Zeit immer mehr erweiterten und schliesslich zur Legende führten. 7. Das Verzeichnis der römischen Bischöfe; aus diesem Verzeichnis ist der liber Pontificalis erwachsen. 8. Annalen; dieselben liegen uns im Chronographen in zwei Recensionen vor, von denen keine vollständig ist, die eine aber die andere an Reichhaltigkeit übertrifft. Für die spätere Zeit ist diese Chronik nicht ohne Wichtigkeit. Da dieselbe auf ganz anderem Fundamente ruht, gehörte sie nicht ursprünglich zu der Sammlung, sondern wurde erst später mit ihr verbunden. 9. Eine im Jahre 334 abgefasste Weltchronik. 10. Eine Stadtgeschichte Roms. 11. Ein Regionenverzeichnis von Rom. Diese drei Werke gehören allem Anschein nach zusammen und werden als gleichzeitige Ergänzung zu dem ursprünglichen Bestande zu betrachten sein.

Ueber die einzelnen Bestandteile ist im besonderen folgendes zu bemerken: I. Der Kalender. Er besteht aus zwei Teilen, einem astronomisch-astrologischen und einem bürgerlichen Teil. Der Kalender hat Illustrationen und Beilagen, z. B. die Monatsbilder mit Tetrastichen und die natales Caesarum. Die letzten schliessen mit Constantius II. (337--361). Der Kalender muss zwischen 350 und 361 entstanden sein; vgl. Mommsen p. 571. Der ursprüngliche Bestand desselben wird von Mommsen 1. c. zwischen 340 und 350 gesetzt. Am besten herausgegeben von Mommsen, CIL 1 p. 334 und verbessert CIL 12 p. 256. Die Bilder sind publiziert von Strzygowski, Die Kalenderbilder des Chronographen vom J. 354 (Jahrb. der deutschen archäol. Inst. 1. Ergänzungsheft, Berl. 1888). Ueber die Epigramme vgl. Baehrens, Poet. lat. min. 1 p. 203. Ueber die Ueberlieferung vgl. Mommsen, CIL 12 p. 254.

III. Die Konsular fasten reichen vom Beginn des Konsulats bis zum Jahre 354 n. Chr. und führen auch den Namen Anonymus Norisianus nach dem Herausgeber Norisius, Florenz 1689. „Dies Konsularverzeichnis ist das vollständigste und zuverlässigste aller handschriftlich erhaltenen" (Mommsen p. 572). Dasselbe geht mit den fasti capitolini auf eine Quelle zurück; vgl. § 14 p. 26; vgl. dazu Mommsen, CIL 12 p. 81; Hermes 9 (1875) p. 279. IV. Einen Anhang zu III bildet eine Ostertafel vom Jahre 312 auf 100 Jahre berechnet. Die ursprüngliche Aufzeichnung reichte bis 354. Die Ostertage von 359-411 sind durch Berechnung gewonnen und fehlerhaft. Dagegen sind die Jahre von 355-358 richtig bestimmt; vgl. Mommsen, Chronica 1 p. 62.

Rossi, Roma sotterranea 1 p. 120; 2 tab. III; vgl. noch p. 198. In der zweiten wird gelesen: Damasi sui pappae cultor atque amator

Furius Dionysius Filocalus scribsit; vgl. auch
Mommsen, Chron. min. 1 p. 15.

V. Verzeichnis der Stadtpräfekten von 254-354. Die Ueberschrift ist: ex temporibus Gallieni quis quantum temporis praefecturam Urbis administraverit. Wichtig ist das Verzeichnis durch die Konsularfasten, die es mitenthält; seit 288 erscheinen auch Antrittstage vermerkt.

VI. Depositio episcoporum. Item depositio martyrum, ein Verzeichnis der Todestage und Begräbnisstätten der römischen Bischöfe und Martyrer, das für die Christen Roms bestimmt war. Beide Verzeichnisse gehören zusammen. Das Verzeichnis der römischen Bischöfe beginnt mit dem Begräbnistage des Lucius 255, folgt dem Kalender (wie auch die depositio martyrum) und reicht bis Silvester 335; es folgt ein Nachtrag von zwei Päpsten, Marcus 336, Julius 352. Ueber die beiden Verzeichnisse als Grundstock der Martyrologien vgl. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen 15 (Berl. 1885) p. 58; Achelis, Die Martyrologien, Berl. 1900, p. 6. Im allgemeinen vgl. Rossi, Roma sotterranea 1 (Rom 1864) p. 116; 2 (Rom 1867) p. III.

VII. Ein Verzeichnis der röm. Bischöfe, von Christi Tod bis auf Liberius (352-366). Es wurde unter Liberius redigiert, da es seinen Todestag nicht enthält. Der Quelle und der Behandlung nach zerfällt es in zwei Teile, von denen der erste bis 230 reicht, der zweite die Zeit von 231 bis Liberius umfasst. Dem zweiten Teil liegen kirchliche Aufzeichnungen zu Grunde. Viel schlechter steht es mit dem ersten Teil, der auf die Chronik des Hippolytus zurückgeht (vgl. dagegen Döllinger, Hippolytus und Kallistus (Regensb. 1853) p. 67) und zum Teil auf Combinationen beruht. Ueber den Katalog vgl. Lipsius, Chronologie der röm. Bischöfe, Kiel 1869, p. 40; G. Waitz, Neues Archiv für ältere deutsche Gesch. 4 (1879) p. 217; 9 (1884) p. 459; 10 (1885) p. 455; 11 (1886) p. 217; Harnack, Chronol., Leipz. 1897, p. 149. Ueber das Bischofsverzeichnis als Grundstock des liber pontificalis vgl. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen 15 p. 57. Treffliche Ausg. von Duchesne, Le liber pontificalis 1 (Paris 1886); 2 (1892); vgl. Bd. 1 p. 2.

VIII. Ursprünglich nicht im Zusammenhang mit dem Chronographen stand eine Chronik. welche uns in demselben in zwei Recensionen (II u. VIII) überliefert ist. Die eine unter No. II reicht von Caesar bis 539 n. Chr., ist lückenhaft und versetzt". Die vollständigere Recension (VIII) behandelt nach einem Verzeichnis der Könige die Annalen von Caesar bis 403 und dann wieder von 455-496. Diese Chronik heisst nach dem ersten Herausgeber Anonymus Cuspiniani. Da sie auf Ravenna als Entstehungsort hinweist, heisst sie auch consularia Ravennatia; vgl. Frick, Chronica min. 1 p. 375. Ueber die verschiedenen Teile der Kompilation vgl. Kaufmann, Die Fasten von Constantinopel und die Fasten von Ravenna (Philol. 42 (1884) p. 474). Ausserdem vgl. Pallmann, Gesch. der Völkerwanderung 2 (1864) p. 196; G. Waitz, Nachr. der Gött. Ges. der Wissensch. 1865, p. 81; Kaufmann, Philol. 34 (1876) p. 398 und p. 729; Seeck, Idacius und die Chronik von Constantinopel (Fleckeis. Jahrb. 139 (1889) p. 601). Zur Ergänzung des Anonymus Cuspiniani dient das Excerptum Sangallense, welches die Jahre 390-573 umfasst; abgedr. von Rossi, Bulletino di Archeologia Cristiana 1867, p. 17 und Kaufmann, Philol. 42 (1884) p. 484. Gegen den Versuch Holder-Eggers (Neues Archiv für ältere deutsche Gesch. 1 (1876) p. 345), die Ravennater Fasten von 379-577 wiederherzustellen, wendet sich Kaufmann, Philol. 1. c. IX. Es folgt eine Weltchronik unter dem Namen chronica Horosii, welche sich an die Bibel anschliesst und im Jahre 334 abgefasst ist. Der Grundstock ist, wie man bisher allgemein angenommen hat, eine lateinische Bearbeitung des Chronicon von Hippolytus; vgl. Harnack, Gesch. der altchristl. Litt. 1 (Leipz. 1893) p. 626; Mommsen, Hermes 21 (1886) p. 142. Diese Ansicht wird aber neuerdings von Frick (Chronica minora 1 (Leipz. 1892) p. XXX) bestritten, es wird vielmehr behauptet, dass eine Kompilation aus Clemens Alex. Strom. I, 21, 109–136 und Hippolyts Chronik vorliege; vgl. dazu Harnack p. 645. Daneben existiert noch eine selbständige ältere Uebersetzung desselben Werks im sog. liber generationis. Ueber die beiden Uebersetzungen vgl. Mommsen, Chronica minora 1 p. 81. Eine dritte Form der Uebersetzung liegt vor in dem Chronicon Alexandrinum; sie findet sich in dem im Parisinus 4884 s. VII VIII überlieferten Barbarus Scaligeri. Eine Handschrift vertritt auch die Kompilation Fredegars (vgl. Mommsen, Chronica 1 p. 78), über welche zu vergleichen B. Krusch, Neues Archiv für ältere, deutsche Gesch. 7 (1882) p. 249 u. 423 und H. Gelzer, Africanus 2 (1885) p. 2. Die Völkertafel wurde publiziert von Riese, Geographi lat. min. p. 160.

X. Eine Stadtgeschichte Roms. Diese Chronik schliesst mit Licinius' Tod (325) ab; sie umfasst die fabelhafte Königsgeschichte. Eingestreute Notizen werden aus Suetons Buch de regibus stammen. Für die republikanische Zeit begnügt sich die Chronik damit, eine Reihe von Persönlichkeiten ohne alle Ordnung anzuführen. Die Regierungszeit der Kaiser, die mit Julius Caesar beginnen, ist genau bestimmt. Die Ereignisse, die mitgeteilt werden, sind die für die Stadt Rom interessanten. In der Darstellung der alten Zeit ist ein euhemeristischer Zug bemerkbar. Die Chronik bildet gewissermassen einen Teil der Weltchronik und ist vielleicht in demselben Jahre (334) verfasst; vgl. Seeck Sp. 2480.

XI. Das Regionenverzeichnis von Rom. Es wurde in der constantinischen Zeit ein offizielles Verzeichnis der von Augustus eingeführten 14 Regionen der Stadt Rom, worin zugleich Umfang, Bauten u. s. w. angegeben waren, angefertigt; über die Anhänge vgl. Klügmann, Hermes 15 (1880) p. 211. Dieses Verzeichnis ist auf uns in zwei Recensionen gekommen, in der sog. notitia regionum und dem Curiosum urbis Romae regionum XIV cum breviariis suis. a) Notitia regionum ist überliefert in den Handschriften der notitia dignitatum sowie in unserem Chronographen. Ihre Abfassung fällt in die Jahre 334-357, wahrscheinlich in das Jahr 334; vgl. Mommsen, Abh. p. 603. Die Ueberlieferung des Chronographen bietet den besten Text der ganzen Familie. ) Das Curiosum fällt zwischen 357 (vgl. Mommsen p. 603) und 403. Es gibt die gemeinsame Vorlage in treuer Gestalt; vereinigt sind beide Recensionen im Laurentianus 89, 67. Ferner wurde durch Zusätze aus der basis capitolina und Humanisten des 15. Jahrhunderts ein Kompendium der römischen Topographie hergestellt. Auch unter dem Namen Sex. Rufus erscheint das Curiosum; diese Zuteilung ist wohl dadurch zu erklären, dass das Curiosum auch in Handschriften des Breviarium des Festus vorkommt; vgl. H. Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum 2, Berl. 1871; Forma Urbis Romae regionum XIV, Berl. 1874; Urlichs, Codex urbis Romae topographicus, Würzburg 1871; Otto Richter, Handb. der klass. Altertumsw. Bd. 32, Abt. 3, 2. Hälfte (München 1901) p. 6 u. 371.

Ueberlieferung. Der Chronograph ist uns durch keine Handschrift vollständig überliefert, sein Bestand muss vielmehr aus mehreren Handschriften gewonnen werden. In der Geschichte der Ueberlieferung laufen alle Fäden in einen Codex Luxemburgensis zusammen, der in den Besitz von Peiresc kam und seit 1627 verschollen ist. Es besteht grosse Wahrscheinlichkeit, quidquid ex corpore chronographi a. 354 hodie superest, proficisci ex uno exemplari Luxemburgensi" (Mommsen, Chronica min. p. 33). Die Ableitung der Handschriften musste auch in zwei Schichten erfolgt sein; die erste Schicht wurde aus dem Luxemb. abgeschrieben, als er noch vollständig war. Es gehören hieher besonders der Vindobonensis 3416 s. XV, die Excerpta des Sangallensis 878 s. IX, der Bernensis 108 -128 s. X, bei dem wohl ein verstümmeltes Mittelglied anzusetzen ist. Die andere Schicht setzt bereits eine Verstümmelung des Luxemb. voraus; hieher gehören der Bruxellensis 7524-55 s. XVI und die in der Barberina XXXI 39 in Rom aufbewahrten Bilder, welche Peiresc aus ihnen anfertigen liess; vgl. Mommsen, Chronica 1 p. 19; Duchesne, Le liber pontificalis 1 (Paris 1886) p. VI.

Litteratur. Ueber die älteren Ausg. vgl. Mommsen, Chronica p. 34. Grundlegend ist die Mommsens, Ueber den Chronographen v. J. 354 (Abh. der sächs. Ges. der Wissensch., Leipz. 1850), die der Abhandlung (p. 549) beigegeben ist (p. 611); neueste Ausg. von Mommsen in den Chronica min. 1 (Berl. 1892) p. 15. Vgl. jetzt auch Seeck, Pauly Wissowas Realencycl. 3 Sp. 2477.

4. Aurelius Victor.

797. Historia tripertita. Mannigfach, besonders in den Epochen der sinkenden Litteratur stellt sich das Bedürfnis geschichtlicher Uebersichten ein. Diesem Bedürfnis kann in zweifacher Weise entsprochen werden. Man exzerpiert die Werke, welche die verschiedenen Perioden der Geschichte behandeln und verschmilzt dieselben zu einer einheitlichen Darstellung. Dieser Weg ist der gangbarste. Daneben gibt es aber noch ein zweites Verfahren, jenes Bedürfnis zu befriedigen; es ist dies die Zusammenstellung von historischen Werken, welche verschiedene Zeiten behandeln, zu einem Ganzen; damit erhalten wir neben der Epitome das Corpus. Unsere Periode weist ein solches Corpus auf, das wir, da es drei Teile in sich schliesst, vielleicht passend als historia tripertita bezeichnen können. Die Grundlage dieses Corpus waren die Caesares des Aurelius Victor, welche die Kaisergeschichte von Augustus bis 360 darstellen. Die Aufgabe des Redaktors bestand zunächst darin, dem Werke des Aurelius Victor eine Geschichte der Republik und der Königszeit vorauszuschicken. Er wählte ein Büchlein mit dem Titel de viris illustribus, das in der Form der Biographie gehalten war und daher sich gut der Kaisergeschichte anpasste. Aber damit hatte sich der Sammler noch nicht genug gethan; es gab eine reiche Litteratur über die Anfänge Roms und der italischen

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