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Der Anlass des Liedercyclus. 14, 116 hunc, precor, aeterna nobis cum pace serenum posce diem, hoc iterum liceat gaudere reverso | annuaque hic et vota tuis et carmina festis reddere placati tranquillo numine Christi. 16, 12 hunc etiam oris | obsequio celebrare per annua carmina sanctum | fas mihi. Ueber die Gedichte vgl. Buse 1 p. 230. Zum christlichen Charakter der Dichtung. 15, 30 non ego Castalidas, vatum phantasmata, Musas | nec surdum Aonia Phoebum de rupe ciebo; | carminis incentor Christus mihi, munere Christi | audeo peccator sanctum et caelestia fari. 16, 3 omnia praetereunt, sanctorum gloria durat | in Christo, qui cuncta novat, dum permanet ipse. 18, 25 Christe deus Felicis, ades, da nunc mihi verbum, | sermo deus, da perspicuam, sapientia, mentem. 20, 28 non adficta canam, licet arte poematis utar. | historica narrabo fide sine fraude poetae; | absit enim famulo Christi mentita profari.

882. Epigrammatische Dichtungen. Durch Damasus war auch dem Epigramm seine Verwendung zu christlichen Zwecken zu teil geworden; seitdem fand dasselbe unter den christlichen Dichtern eifrige Pflege. Die Gräber der Heiligen verlangten eine Aufschrift, bildlichen Darstellungen konnten durch Epigramme Erläuterungen hinzugefügt werden. Auch an den Eingängen der Kirche, an der Apsis, an den Altären konnten gut Aufschriften angebracht werden. Als daher Paulinus seine grossartigen Bauten zu Ehren des hl. Felix aufführte, dichtete er auch eine Anzahl von Epigrammen, die dort Verwendung fanden.1) Dieselben scheinen berühmt geworden zu sein; als Sulpicius Severus eine Reihe von Bauten, besonders zu Ehren des hl. Martin, darunter auch ein Baptisterium errichtete, erbat er sich ausser einem Bildnis des Paulinus, das er neben dem des Martinus aufmalen lassen wollte, auch Epigramme. In einem ausführlichen Schreiben (epist. 32) verbreitet sich Paulinus über diese Angelegenheit; 2) er stellt in dem Brief dem Severus eine Anzahl Epigramme zur Verfügung und gibt ihm auch eine Kollektion der für seine eigenen Bauten gedichteten. 3) Wie das Dittochaeon des Prudentius, so erheben sich auch die Epigramme des Paulinus nicht zu einer bemerkenswerten Höhe. Mehr Interesse kann beanspruchen ein Gedicht No. 33, das zwar namenlos überliefert ist, aber doch mit guten Gründen dem Paulinus zugeteilt wird. Dasselbe ist schon wegen der Form beachtenswert, indem es polymetrisch gestaltet ist. Es handelt sich um einen Baebianus, der zuerst nur dem Namen nach Christ war, dann aber sich in einer Krankheit zu einem begeisterten Christen bekehrte. Mit den Sakramenten versehen verfällt er in einen todesähnlichen Schlaf, während dessen seine Seele zum Himmel aufsteigt; aus dem Todesschlaf wieder erwacht, erzählt er seine Erlebnisse und stirbt dann eines wirklichen Todes. Das Gedicht war bestimmt, zur Erläuterung eines Wandgemäldes im Hause der Witwe zu dienen. Es ist beachtenswert, dass damit die christliche Kunst aus der Kirche auch in das Privathaus eindringt.

De obitu Baebiani (No. 33) ist im Parisinus 7558 s. IX überliefert unter der Ueberschrift: Incipit Bebiani obitus diverso modo et metro dictus. Das Gedicht ist polymetrisch und besteht aus fünf Teilen: der erste Teil umfasst 20 jambische Trimeter, der zweite 20 Hexameter, der dritte 20 Asklepiadeen, der vierte 40 Hexameter (die aber wieder gegliedert sind als zweimal 20), der fünfte 15 bezw. 16 elegische Distichen. Bezüglich des Baebianus weist L. Havet, Revue de philol. 24 (1900) p. 144 auf die Worte in Symmach. epist. 3, 41

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Baebiani viri clarissimi hin. Ueber die Bestimmung des Gedichts vgl. Vs. 4 en iste, celsi quem sub auro culminis pictura veris exprimit miraculis, wozu Brandes, Studien zur christl.-lat. Poesie. I. Obitus Baebiani, ein unerkanntes Gedicht des Paulinus von Nola (Wien. Stud. 12 (1890) p. 286) bemerkt: „Es ist der erklärende Text zu einem Wandgemälde, welches einige Zeit nach dem Tode des Baebianus denn inzwischen war ihm bereits ein Sohn nachgestorben (Vs. 103 f.) — im Hause der Witwe, und zwar als Fries wahrscheinlich einer Längswand des Atriums angebracht wurde." Brandes hat den Nachweis geliefert, dass das Gedicht so viele Berührungspunkte mit Gedanken und dichterischen Eigentümlichkeiten des Paulinus hat, dass wir dasselbe ihm zuteilen müssen, da für eine Nachahmung die dichterische Individualität zu stark hervortritt. Weiterhin bemerkt Brandes (p. 297): „Der Zeit nach wird unser Gedicht .... der Uebergangsperiode des Dichters, und zwar der ersten Hälfte derselben, die er noch in Aquitanien verlebte, angehören. Dazu stimmt aufs beste die Frische und realistische Lebendigkeit der Erzählung, die poetisch ungleich höher steht als die endlosen doktrinären Ausführungen der meisten späteren Gedichte." Vgl. auch Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie, Stuttgart 1891, p. 298.

Die Appendix. Mit den Gedichten des Paulinus werden noch vier Gedichte in einer Appendix vereinigt, deren Echtheit jedoch bestritten ist. Es sind folgende:

1. Carmen ad coniugem. Für dieses Gedicht benutzte Hartel den Reginensis 230 s. X und den Casinensis 226 s. XI. Im Reginensis lautet die Ueberschrift: Versus Prosperi ad coniugem suam, im Casinensis dagegen: incipit tetrametron. Rosweyd hat zuerst das Gedicht, das in den Ausg. Prospers stand, unter die Werke des Paulinus eingereiht. Das frisch geschriebene Gedicht, das aus 16 anakreontischen Versen und aus 53 Distichen besteht, enthält eine Aufforderung an seine Frau, mit ihm ein christliches Leben zu führen, zu dem die Nichtigkeit alles Irdischen dränge. Die Situation würde auf Paulinus passen; allein die Vs. 27 f. geschilderte Zeitlage lässt sich mit der Zeit, in der Paulinus der Welt Lebewohl sagte, nicht vereinigen; auch sticht der Ton merklich ab von den Poesien des Paulinus. Ueber das Gedicht handeln Muratori Sp. 792; Buse 1 p. 165; Manitius p. 211.

2. Carmen de nomine Jesu. Dieses Gedicht wurde von C. Barth aus einem verschollenen Codex herausgegeben und dem Paulinus vindiziert. Es enthält ein Lob Christi.

3. Carmen ad Deum post conversionem et baptismum suum. Das Gedicht, das aus 120 Distichen besteht, ist im cod. Urbinas 533 s. XV überliefert, aus dem es A. Mai mit der angegebenen Ueberschrift, die im Codex fehlt, herausgegeben und dem Paulinus zugeteilt hat (S. episcoporum Nicetae et Paulini scripta ex Vatic. codicibus edita, Rom 1827, p. 63; wiederholt in Classici auctores 5 p. 369). Hier spricht ein Dichter, der einerseits von der gewaltigen Macht Gottes, andererseits von seiner Sündhaftigkeit überzeugt ist und der sich zu einem gottgefälligen Leben entschlossen hat. Vs. 37 finden wir eine Anspielung auf die unruhigen kriegerischen Zeiten zu Anfang des 5. Jahrhunderts. Ferner lehnt sich das Gedicht an das Commonitorium des Orientius an; vgl. Vs. 45 || Comm. 1, 41 (p. 206 Ellis). Vgl. Manitius p. 300. Buse (1 p. 141 Anm. 19) will das Gedicht dem Paulinus zuschreiben; vgl. dagegen Ebert p. 307 Anm. 2.

4. De domesticis suis calamitatibus. Auch dieses Gedicht in 14 Distichen ist ohne Ueberschrift in demselben Urbinas überliefert und daraus von A. Mai mit dem angegebenen Titel veröffentlicht und ebenfalls dem Paulinus zugeteilt worden. Der Verfasser spricht von seinem häuslichen Elend, von seinem in der Gefangenschaft weilenden Bruder und dessen Gattin, von einer sich über ihr Elend die Augen fast ausweinenden Schwester und von seinem Unvermögen, ihnen zu helfen. Dieses Familiendrama passt nicht zu den Verhältnissen des Paulinus; vgl. Buse 1 p. 157 Anm. 25. Dass das Gedicht hiernach nicht von Paulinus sein kann, steht fest. Ueber die Autorschaft bestehen verschiedene Meinungen; Buse sagt: Gewiss ist es, dass der Enkel des Ausonius, Paulin, der Verfasser des Eucharisticon de poenitentia, das Gedicht angefertigt hat"; vgl. auch 1 p. 73. Nach Bethmann, Pertz' Archiv 10 p. 295 (vgl. auch Ebert p. 307 Anm. 2) ist das Gedicht dem Paulus Diaconus zuzuteilen; vgl. auch E. D(uemmler), Neues Archiv 21 (1895) p. 594.

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883. Die prosaischen Briefe des Paulinus. Das Ansehen des Paulinus reicht über die Mauern Nolas hinaus; in der ganzen abendländischen Christenheit war der hl. Mann bekannt. Die Pilger, die nach Rom wallfahrten, machten gern einen Abstecher nach Nola, um dort Paulinus von Angesicht kennen zu lernen. Auch führte das Fest des hl. Felix, das stets mit grossem Prunk gefeiert wurde, viele Gläubige nach Nola; es kamen noch hinzu die Freunde, deren Bekanntschaft Paulinus noch in seiner

Heimat gemacht hatte. Ein umfangreicher Briefwechsel war die notwendige Folge dieser ausgedehnten Beziehungen und der grossen Berühmtheit, deren sich die Person des Paulinus erfreute. Es ist uns eine Briefsammlung erhalten; sie umfasst etwa ein halbes Hundert Briefe. Auch eine Predigt hat sich merkwürdigerweise in die Sammlung eingeschlichen; sie führt den Titel „Ueber den Opferkasten" und behandelt das Thema der Wohlthätigkeit. Die Briefsammlung bietet ein grosses Interesse dar. Wenn wir die Adressaten durchmustern, stossen wir auf manchen glänzenden Namen, z. B. auf Augustin, auf den Bischof Delphinus von Bordeaux, auf den Biographen des hl. Martin, Sulpicius Severus u. a.) Noch mehr erregt der Inhalt unsere Aufmerksamkeit; das religiöse Leben und Empfinden, wie es sich in jener merkwürdigen Zeit abspielt, stellt sich uns in lebhaften Farben dar: bald ist es ein Kirchenbau, über welchen sich der Briefschreiber Rat von Paulinus erholt, 2) bald wird eine dogmatische Frage aufgegriffen, z. B. die leibliche Auferstehung,3) bald ist es eine Stelle oder ein Abschnitt der Bibel, über welche man Auskunft verlangt,4) bald ist es eine litterarische Novität,5) über welche die briefliche Unterhaltung sich ergeht. Selbstverständlich spielt auch Persönliches in den Briefwechsel hinein, und manche Individualität 6) wird so gezeichnet, dass uns ihr Charakter lebhaft vor Augen tritt. Merkwürdig ist die Sprache der Briefe; es ist ein Latein, das ganz von der Bibel durchtränkt ist, schwungvoll, geziert) und geschraubt.) In der Demut) und der Verleugnung der eigenen Persönlichkeit, womit eine unnatürliche Emporhebung des Adressaten 10) Hand in Hand geht, leisten die Briefe das Unglaublichste. Der, welcher das Wehen des Zeitgeistes an der Grenzscheide des vierten und fünften Jahrhunderts fühlen will, wird in diesen Briefen die reichste Belehrung finden.

1) Vgl. den Index alphabeticus bei Muratori Sp. CXXXVII.

2) Vgl. den Brief 32 an Severus.

3) Epist. 45, 4 (an Augustinus) quae vero post resurrectionem carnis in illo saeculo beatorum futura sit actio, tu me interrogare dignatus es. Ueber die Erlösung vgl. epist. 12.

4) Epist. 10, 1 (an Delphinus) accepimus litteras sanctae affectionis tuae, quibus iubes nos in epistolis, quas ad te facimus, aliquem praeter officii de scripturis adicere sermonem. Vgl. epist. 21; 43, 3.

5) Epist. 11, 11 (an Severus) benedictus tu homo domino, qui tanti sacerdotis (sancti Martini) et manifestissimi confessoris historiam tam digno sermone quam iusto affectu percensuisti. In epist. 5, 6 (an Severus) spielt Paulinus mit den Worten verus factor legis et evangelii non surdus auditor auf die vita Martini c. 2, 8 p. 112, 26 iam tum evangelii non surdus auditor de crastino non cogitabat an, d. h. er macht ihm mit dem Citat ein feines Compliment; vgl. C. Weyman, Rhein. Mus. 53 (1898) p. 317.

6) Wir erinnern an Cardamas, den Briefträger zwischen Delphinus und Paulinus; vgl.

Buse 2 p. 44.

7) Vgl. epist. 20, 7 (an Delphinus) donet orationibus tuis dominus, ut monetae tuae nummus, ut hami tui piscis, ut vitis tuae sarmentum, ut uteri castitatis tuae filius sim.

8) Vgl. epist. 19, 1 (an Delphinus) expectabamus ut area sitiens refrigeria litterarum tuarum, et anima nostra sicut terra sine aqua sitientibus in tua verba praecordiis anhelabat.

9) Eine erträgliche Wendung ist es noch, wenn es z. B. heisst (epist. 12, 1): sed bonorum meorum non indiges, et me aequius est a te locupletari, quia dives pauperi conferre debet, ut fiat aequalitas. Schon stärker sind die Worte (epist. 12, 2): solvat linguam meam in verbum bonum, qui et asinae os in sermonem laxavit humanum etc. Vgl. auch epist. 43, 3 et ideo malitiae meae conscius non potui divinae revelationis habere fiduciam, cum prudentiae lucem tenebroso corde non caperem.

10) Epist. 5, 2 (an Severus) quid ab insipiente sapiens, rectus a pravo, beatus a misero, ab infirmo fortis, ab inopi dives in domino capere potuisti?

Der Bestand der Briefe. Neu hinzugekommen ist epist. 25*, der mit 25 in innigem Zusammenhang steht. Er ist an Crispinianus gerichtet und bezweckt, diesen, der Militär ist, für die Fahne Christi zu gewinnen. Bardenhewer fand denselben im cod. Monacensis 6299 s. VIII/IX (vgl. C. P. Caspari, Briefe, Abhandlungen und Predigten, Christiania 1890, p. 223) und veröffentlichte ihn in der Zeitschr. „Katholik" 57 (1877), 1 p. 498. Später wurde derselbe als vermeintlich unediert von Caspari (Tidskr. f. d. evang. luth. Kirke 10 (1885) fasc. 2 p. 225) publiziert. Beide Gelehrte erwiesen den Brief als Eigentum des Paulinus. Später wurde der Brief auch im cod. a VII 5 des Benediktinerstifts St. Peter in Salzburg s. IX/X aufgefunden; vgl. Caspari, Briefe etc. p. 224. Nach beiden Handschriften wurde dann der Brief herausgegeben von C. Weyman, Hist. Jahrb. 1895 p. 92; vgl. auch denselben, Zeitschr. für österr. Gymn. 40 (1889) p. 107. Das Fragment des Briefes 48 ist aus Gregor von Tours übernommen. Weggelassen sind in der Hartelschen Ausg. die von Muratori eingeschalteten Briefe des Augustinus an Paulinus (nach epist. 4 Sp. 16; nach epist. 6 Sp. 32; nach epist. 45 Sp. 269; nach epist. 50 Sp. 297) und ein Brief des Severus an Paulinus (nach epist. 22 Sp. 116) mit der Aufschrift: Severus Paulino mittit coquum ad praeparandos monachorum cibos aptum. Endlich findet sich noch eine Predigt in der Sammlung, epist. 34 de gazophylacio. Nach den Briefen findet sich in der Hartelschen Ausg. noch die passio S. Genesii Arelatensis, welche zuerst von Rosweyd unter die Schriften des Paulinus zwar aufgenommen, aber in ihrer Echtheit bestritten und einem Paulinus, Bischof von Beziers (Biterrensis), zugeschrieben wurde; vgl. Muratori Sp. 927; Buse 2 p. 117 Anm. 14. Für die Herausgabe ist neu herangezogen Parisinus 5271 s. XIII.

Unechte Briefe. Auch zu den Briefen werden in den Ausg. unechte Stücke hinzugefügt. Es sind folgende:

1. Ad Marcellam. Da Marcella in Rom lebte und Paulinus in Nola (an die spanische Zeit des Paulinus wird nicht zu denken sein), machen schon die Worte talis ... fama processit, ut ad nos quoque in longinquo positos penetraverit Schwierigkeiten; über andere Bedenken vgl. Muratori Sp. 791.

2. Ad Celanciam. Muratori Sp. 792: „Inest in hac stili suavitate gravitas quaedam nimis a Paulini alacritate et volubilitate in dicendo aliena et locorum S. Scripturae diversa expressio, quam ut ei possit adiudicari isthaec epistola." Eine methodische Untersuchung der Echtheitsfrage mit Rücksichtnahme auf Hieronymus wäre erwünscht.

Excerpta Bobiensia. Aus dem Ambrosianus F. 60 sup. s. VIII/IX hat Muratori Fragmente verlorener Schriften des Paulinus herausgegeben unter dem Titel: Ex operibus S. Paulini deperditis excerpta (Sp. 867); abgedruckt auch bei Hartel 1 p. 459.

884. Charakteristik. Prudentius und Paulinus sind unstreitig die grössten Dichter nicht bloss unserer Epoche, sondern auch des christlichen Altertums überhaupt. Beider Bildung wurzelt ganz im nationalen Boden; von Paulinus ist bekannt, dass er aus der Schule des Ausonius hervorgegangen ist. Beide haben erst nach einem weltlichen Leben das Christentum voll auf sich wirken lassen, Paulinus schon ziemlich früh, Prudentius erst in späteren Jahren. So sehr auch beide den christlichen Geist in ihren Werken erkennen lassen, so ist doch ihre Stellung zum Christentum eine verschiedene. Prudentius ist ein spekulativer Kopf; sein Inneres drängt ihn daher, sich in die Grundlehren des Christentums zu vertiefen. Paulinus ist eine praktische Natur und infolgedessen fühlt er sich zur praktischen Bethätigung des Christentums hingezogen, er ist ein Mann der Askese. Von einem Eingreifen des Prudentius in das kirchliche Leben hören wir nichts, während Paulinus der christlichen Gemeinde in Nola hervorragende Dienste geleistet hat. Die Christianisierung der nationalen Litteratur wird von beiden angestrebt; Paulinus entwirft sogar ein Programm für die christlichen Dichter; klar und unumwunden spricht er sich gegen die weitere Behandlung der verbrauchten mythologischen Stoffe aus und verweist die Dichter auf die grossen Probleme, welche mit den Lehren des Christentums gegeben sind, mit anderen Worten, er verlangt das christ

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liche Lehrgedicht, dessen negative Seite die Zurückweisung des Heidentums ist. Dieses Programm ist aber von Prudentius in genialer Weise durchgeführt worden; er hat einerseits Grunddogmen des Christentums in ihrer Reinheit darzustellen gesucht, andererseits den nationalen Kultus mit allen Waffen der Dialektik niedergeworfen. Bei Paulinus ist das christliche Lehrgedicht nicht vertreten; in verlorenen prosaischen Schriften hatte er zwar auch theologische Probleme erörtert, allein die Titel Ueber die Busse“ und „Ueber das Lob der Martyrer" zeigen genugsam, dass es sich auch hier nicht um spekulatives, sondern um praktisches Christentum handelte. Aber nicht bloss das wahre christliche Lehrgedicht hat Prudentius geschaffen, sondern noch andere neue Bahnen der christlichen Dichtung erschlossen: er hat das kirchliche Lied zum Lesegedicht umgestaltet; er hat mit seinen Martyrergesängen das christliche Epyllion, die christliche Legende geschaffen; er hat mit kühnem Geiste ein christliches allegorisches Epos gewagt. Wenn wir damit die Leistungen des Paulinus vergleichen, so tritt der gallische Dichter dem spanischen gegenüber sehr in Schatten. Gewiss war auch er bestrebt, die verschiedenen Gattungen der nationalen Poesie dem christlichen Geiste dienstbar zu machen: er hat das Epithalamium, das Propempticon, die Consolatio zu christlichen Litteraturgattungen erhoben, er hat mit der Versifizierung der Psalmen einen sehr glücklichen Griff gethan, der für die Entwicklung der christlichen Litteratur von Bedeutung wurde; allein den Leistungen des Prudentius gegenüber wollen diese Versuche doch nicht viel besagen. Nach einer Seite hin verengert sich sogar die christliche Poesie bei Paulinus; der reiche Kronenkranz des Prudentius zieht sich zu einem Kranz auf den hl. Felix zusammen und vermindert damit das Interesse der Leser. Fassen wir dagegen die formale Seite der Dichtungen beider ins Auge, so senkt sich die Wagschale zu Gunsten des Galliers. Bei Prudentius wird oft die Klarheit durch den Hang des Verfassers getrübt, überall Symbole und Typen zu finden; Paulinus dagegen verirrt sich nur selten in mystische Andeutungen und Spielereien. Während also bei Prudentius die Gedankenwelt oft mit dichtem Nebel überzogen ist, lagert auf den Gedichten des Paulinus überall heller Sonnenschein. Die Klarheit der Gedanken wird durch die Leichtigkeit der Darstellung gehoben; die Schule des Ausonius hatte bei Paulinus reiche Früchte getragen; die Worte fliessen unserem Dichter glatt und mühelos dahin, nur verleitet die Formgewandtheit mitunter den Gallier, seine Gedanken zu verflachen und ins Breite verfliessen zu lassen. Diese elegante Formgebung des Paulinus ist um so anerkennenswerter, als sie im Gegensatz zum Prosastil desselben steht, der wegen seiner Gelehrsamkeit und Gesuchtheit die Geduld stark herausfordert. Allein auch die Kehrseite ist nicht ausser Acht zu lassen; steht der Stil des Prudentius an leichtem Fluss dem des Paulinus nach, so entschädigt auf der anderen Seite die Kühnheit des Ausdrucks und die produktive Kraft, die sich in der Handhabung der Sprache zeigt. Diese produktive Kraft gewahren wir auch bei Prudentius in der metrischen Composition; der Gallier schreibt gewiss einen leicht dahinfliessenden Vers, aber Prudentius ist viel reicher in seinen metrischen Bildungen und versteht besonders, das Metrum in Einklang

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