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konnte auf einige Beachtung Anspruch erheben; denn es stammt aus der Zeit, in der das Heidentum zum letztenmale mit dem Christentum um die Herrschaft rang. In unserem Gedichte erhebt ein fanatischer Geist seine Stimme gegen den alten Kultus; es geschah dies, als den Kaiserthron Eugen inne hatte, auf den, obwohl er Christ war, die nationale Partei die grösste Hoffnung gesetzt hatte. An der Spitze derselben stand Virius. Nicomachus Flavianus (§ 806). Als dieser an dem alten Römertum so zähe festhaltende Mann im Kampf gegen Theodosius noch vor Eugen den Tod gefunden hatte, machte sich der Dichter daran, über die gestürzte Grösse und über das Heidentum herzufallen. Da Eugens Tod in dem Gedichte nicht erwähnt wird, dürfen wir vermuten, dass derselbe noch auf dem Throne sass. Das Gedicht ist also in der kurzen Zeit geschrieben, welche zwischen dem Tod des Nicomachus und des Eugenius liegt. Genannt ist Nicomachus in dem Gedichte nicht, allein er ist so genau bezeichnet, dass ein Zweifel über die Persönlichkeit nicht aufkommen kann. Das Verfahren des Fanatikers ist einfach: aus allen Winkeln sucht er heidnische Kultusgebräuche und Anschauungen, welche der christlichen Gottesidee widerstreiten, zusammen und knüpft daran die Frage, wie man solche Götter verehren und wie man von ihnen in der Not Hilfe erwarten könne. Dasselbe Spiel wiederholt sich, nachdem der Verfasser zu Nicomachus übergegangen war; ihm wird sein Sündenregister vorgehalten, wobei ausser seiner öffentlichen Wirksamkeit namentlich sein religiöses Leben in allen Verzweigungen geschildert wird. Hier ist der Dichter in der Lage, sein Triumphgeschrei mit besonders starker Stimme ertönen zu lassen, da er auf das tragische Ende des frommen Heiden hinweisen kann. Der Ton des Produkts ist aufgeregt, der Relativsatz wird zu Tode gehetzt; auch die Frageform drängt sich im Einklang mit dem exaltierten Wesen in den Vordergrund. Die Prosodie ist mangelhaft, doch finden manche Verstösse in dem Gebrauche gleichzeitiger Dichter ihre Entschuldigung. Der Eindruck, den das ganze Machwerk auf den Leser macht, ist ein unbefriedigender. Seinen Vergil hatte übrigens auch dieser Mann studiert.1)

Die Zeit des Gedichts und die Persönlichkeit des Verspotteten lassen sich aus dem Gedicht sicher ermitteln. Es wurde im J. 394 oder spätestens 395 geschrieben, und der Verspottete ist Virius Nicomachus Flavianus. Die Indicien sind zusammengestellt bei Mommsen p. 360; es sind folgende: Vs. 25 erscheint der Verspottete als praefectus; Vs. 112 heisst er consul. Vs. 26 ist der Unbekannte drei Monate hindurch in einen Krieg verwickelt und dabei ums Leben gekommen; auch das kleine Grab des Mannes wird Vs. 111 erwähnt. 114 wird allem Anscheine nach als sein heres Symmachus bezeichnet. Aus Vs. 32 und 33 ergibt sich die Anspielung auf eine gefahrvolle Zeit, in der der tumultus proklamiert wurde. Dass das Gedicht noch vor der Katastrophe Eugens" geschrieben ist, macht Schenkl (p. 73) wahrscheinlich.

Zur Charakteristik des Gedichts. Mommsen nennt das Gedicht (p. 350) „non minus pium et Christianum quam ineptum et barbarum." Den Dichter charakterisiert er (p. 351) also: „poeta ipse sensus imperfecte et implicate expressit saepissimeque ad res alludit quotidianis suae aetatis sermonibus magis quam rerum notitia celebratas hodieque plane obscuratas." Weiter nennt er den Dichter ineptum sententiis, sermone rudem, versuum faciendorum syllabarumque metiendarum imperitum." Vgl. A. Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12 (Leipz. 1889) p. 312;

1) Vgl. Dobbelstein p. 21 und besonders M. Ihm, Das Carmen contra Flavianum (Rhein. Mus. 52 (1897) p. 208). Auch Spuren von anderen Autoren hat Ihm nachgewiesen,

M. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie,

z. B. des Petron, des Nemesianus. Ferner scheint der Dichter einige Epigramme des Damasus gelesen zu haben.

Stuttgart 1891, p. 146; V. Schultze, Gesch. des Untergangs des griech.-röm. Heidentums 1 (Jena 1887) p. 288.

Zur Prosodie und Metrik vgl. Baehrens, Rhein. Mus. 32 (1877) p. 212. Wir erwähnen einige Verstösse: Endsilben werden in der Arsis verlängert z. B. Vs. 44 membrā; 50 cultor Etruscis. Schlusssilben mit s werden so gemessen, dass s nicht gerechnet wird, z. B. Vs. 111 donatus sepulcro. Vs. 41 wird daret gemessen, 44 collăribus. Schluss-i wird verkürzt, z. B. 52 nocendi. Bei Eigennamen wird die Prosodie besonders lax behandelt.

Die Ueberlieferung des Gedichts beruht lediglich auf dem cod. Parisinus 8084 s. VI, der Gedichte des Prudentius enthält. Eine Beschreibung der Handschrift gibt Krüger bei Mommsen p. 352. Eine Abschrift des Gedichts liegt vor im Parisinus 17904; vgl. Baehrens, Rhein. Mus. 32 p. 212.

Ausg. Das Gedicht wurde zuerst herausgegeben von L. Delisle, Bibliothèque de l'école des chartes, Série 6, tom. 3 (1867) p. 297; dann von C. Morel, Revue archéologique 1868, 1 p. 453; 2 p. 44: Recherches sur un poème latin du quatrième siècle, Paris 1868; vgl. dazu Revue critique d'histoire et de littérature 1869 p. 300. Abgedruckt auch in Anthol. lat. ed. Riese No. 4 und bei Baehrens, Poet. lat. min. 3 p. 287; vgl. auch Rhein. Mus. 32 p. 222 (mit vorhergehenden Erläuterungen). Beste Ausg. ist die von M. Haupt bei Mommsen, Hermes 4 (1870) p. 354.

Zur Erläuterung. Trefflicher Commentar von Morel 1. c.; De Rossi, Bull. di arch. crist. 1868 p. 49; p. 61; R. Ellis, Journal of philol. 2 (1869) p. 66; Th. Mommsen, Hermes 4 (1870) p. 350; J. Mähly, Zeitschr. für österr. Gymn. 22 (1871) p. 584 (Kritisches); K. Schenkl, Wien. Stud. 1 (1879) p. 72; G. Dobbelstein, De carmine christiano cod. Paris. 8084, Löwen 1879 (p. 49 französ. Uebers.); Seefelder, Ueber das carm. adv. Flav., Gmünd 1901.

859. Invective gegen einen abgefallenen Senator. Ein Senator, der früher das Konsulat bekleidet hatte, war auch dem Christentum näher getreten, aber dann, als ihn dasselbe nicht befriedigte, wieder zu den Kulten der Magna Mater und der Isis übergegangen. Der Senator gehörte also zu den Männern, bei denen der Synkretismus verschiedener Religionen Platz gegriffen. In der christlichen Welt scheint der Rückfall der vornehmen. Persönlichkeit grossen Anstoss erregt zu haben; ein Christ richtet daher ein Mahnwort an ihn und zwar, da der Abtrünnige ein Freund der Poesie war, in gebundener Rede; das Gedicht besteht aus 85 Hexametern. Der Dichter setzt erst mit dem Spott ein, indem er das Ungeheuerliche der heidnischen Kulte, denen der Senator jetzt zugethan ist, mit lebhaften Farben schildert; besonders die Priester der grossen Mutter werden scharf gegeisselt. Der Autor findet es sonderbar, dass der ehemalige Konsul es mit der Ehre seines Hauses vereinbar finde, sich durch die geschilderten Kulthandlungen lächerlich zu machen. Doch auch dem Synkretismus des Abtrünnigen rückt er zu Leibe: er meint, dass, wer alles verehre, im Grunde genommen nichts verehre, und dass das Allzuviel in jeder Beziehung verwerflich sei. Doch den Hauptschlag führt er gegen Ende des Gedichts, indem er ihn auf den Lohn und die Strafe im anderen Leben aufmerksam macht; hierbei unterlässt er es nicht, mit anzuführen, dass das Vergehen des Senators um so schwerer in die Wagschale falle, weil ihm die Wahrheit bekannt geworden sei.

In die Tiefe geht, wie man sieht, das Gedicht nicht; es ist ein leicht hingeworfenes Produkt, das aber durch die Lebhaftigkeit des Tones ein gewisses Interesse erregt. In der Ueberlieferung wird die Invective mit Cyprian in Verbindung gebracht; allein sie passt nicht zu dessen Individualität. Geschrieben wurde das Gedicht allem Anschein nach in Rom;1)

1) Dies kann wohl erschlossen werden, da er Vorgänge schildert, die in der urbs sich zugetragen; vgl. Vs. 11.

Zeitanspielungen enthält es keine, doch spricht nichts dagegen, es dem vierten Jahrhundert zuzuteilen, in dem auch die Philosophie, zu der sich der Senator ausdrücklich bekennt (Vs. 48), die religiösen Bedürfnisse zu befriedigen suchte.

Der Titel des Gedichts lautet in der Ueberlieferung: Ad quendam senatorem ex christiana religione ad idolorum servitutem conversum. Es wird dem Cyprian, der martyr und episcopus genannt wird, beigelegt.

Ziel des Gedichts. Vs. 3 quia carmina semper amasti, | carmine respondens properavi scribere versus, ut te corriperem tenebras praeponere luci.

Die Ueberlieferung basiert auf drei Handschriften: Parisinus 2772 s. X, Parisinus 2832 s. IX, Vaticanus Regin. 116 s. IX/X; vgl. Peiper, Prooem. p. XIX.

Ausg. Cypriani opera ed. Hartel 3 p. 302. Neueste Ausg. ist die von R. Peiper, Cypriani heptateuchus (Corpus script. ecclesiast. lat. 23 (Wien 1891) p. 227).

Litteratur. V. Schultze, Gesch. des Untergangs des griechisch-römischen Heidentums 1 (Jena 1887) p. 290; A. Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12 (Leipz. 1889) p. 313; M. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie, Stuttgart 1891, p. 130.

860. Das pseudotertullianische Gedicht gegen Marcion. Im Jahre 1564 gab Georg Fabricius ein carmen adversus Marcionem heraus.1) Der Buchhändler Oporinus hatte ihm eine Handschrift, welche dieses Gedicht enthielt, aus dem Besitz des Heroldus überlassen. Wahrscheinlich stammte die Handschrift aus der Lorscher Klosterbibliothek oder war eine Abschrift derselben; 2) die Handschrift, die sehr fehlerhaft geschrieben war, ist seitdem verschollen. Nach den Andeutungen, die sich im Commentar des Fabricius vorfinden, muss man annehmen, dass in dem Codex das Gedicht dem Tertullian beigelegt war. Sein dichterisches in Hexametern abgefasstes Werk hat der Verfasser in fünf Bücher geteilt; 3) allein diese Gliederung ist nicht von innen heraus erwachsen, sondern eine rein äusserliche. 4) Im ersten Buch geht der Verfasser von der Sünde aus und meint, dass dem Erlösungswerk der Satan durch die Ketzereien entgegengearbeitet habe; eine solche Ketzerei sei die Marcions, der einen guten und bösen Gott angenommen und jenen dem alten, diesen dem neuen Testament zugewiesen habe. Im zweiten Buch beweist er die Einheit in den Grundlehren des alten und neuen Testaments. Im dritten Buch bespricht er die Väter, die auf den neuen Bund hinweisen, und legt die Uebereinstimmung der Lehren der römischen Kirche mit den Lehren Christi und der Apostel dar. Im vierten Buch geht der Verfasser zur Widerlegung der einzelnen Lehren Marcions über, bleibt aber im wesentlichen bei einem Punkt stehen. Im fünften Buch werden die Antithesen Marcions zurückgewiesen.5) Die Zeit und die Autorschaft bilden ein Problem, das verschiedene Lösungen fand. Von Tertullian kann das Gedicht nicht herrühren; dies darf als eine ausgemachte Wahrheit gelten. Was die Zeit der Entstehung anlangt, hatte sich bislang ziemlich die Meinung festgesetzt, dass das Gedicht in das vierte Jahrhundert und zwar in die zweite Hälfte desselben gehöre. Neuerdings ist aber die Ansicht verfochten worden, dass das carmen noch dem dritten Jahrhundert angehöre; der Beweis hierfür liegt in der noch mangelhaften Theologie, welche mit dem im vierten Jahr

1) Jetzt bei Oehler, Tertull. Bd. 2 p. 781. | aus 236, das fünfte endlich aus 253 Hexa2) Vgl. Waitz p. 76.

3) Das erste Buch besteht aus 242, das zweite aus 269, das dritte aus 302, das vierte

metern.

4) Vgl. Hückstädt p. 12.
5) Vgl. § 695.

hundert erzielten Fortschritt dieser Disciplin nicht in Einklang zu bringen ist. Dieses Resultat darf auch der den theologischen Fragen fernstehende Litterarhistoriker als ein zureichend gesichertes aufnehmen; dagegen darf er den Behauptungen, dass unser Werk in Afrika entstanden sei und den Commodian zum Verfasser habe, noch keinen Einfluss auf seine Darstellung einräumen. Das Gedicht bietet überhaupt weniger aesthetisches als kirchenhistorisches Interesse dar.

Quellen und Beziehungen zu anderen Autoren. Die hauptsächlichsten Quellen waren eine römische antihäretische Schrift mit einem römischen Bischofskatalog, aus dem sowohl Irenaeus als Epiphanius geschöpft haben (vgl. Waitz p. 55 und dagegen A. Harnack, Die Chronologie der altchristl. Litt. bis Eusebius 1 (Leipz. 1897) p. 190), und eine Schrift des Theophilus xarà Magziwvos, die auch Tertullian und Irenaeus benutzten (p. 69). Ueber die Beziehungen des carmen zu den Testimonien Cyprians vgl. Waitz p. 69. Ueber Commodian und das carmen vgl. Oxé p. 40; über Benützung Vergils vgl. Oxé p. 32 Anm. 2; über das Verhältnis des Juvencus und des carmen vgl. Oxé p. 33; Waitz p. 71; über das des Ausonius und des carmen vgl. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie p. 152 Anm. 3; über Sedulius und das carmen vgl. Manitius, Beitr. zur Gesch. frühchristl. Dichter (Sitzungsber. der Wiener Akad. 117 (1889) p. 22); über Dracontius und das carmen vgl. Manitius 1. c. Das Verhältnis des carmen zu diesen Autoren kann nur dann richtig gewürdigt werden, wenn zuvor die Abfassungszeit bestimmt ist. Ueber Benutzung des Henochbuches vgl. H. J. Lawlor, Early citations from the book of Enoch (Journal of Philol. 25 (1897) p. 164); über die Benutzung des Barnabas vgl. Oxé p. 12 Anm. 9, über die des Hirten des Hermas Waitz p. 31.

Abfassungszeit. Bisher war ziemlich die Ansicht verbreitet, dass das Gedicht der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts angehöre; diese Ansicht wurde besonders von Oxé (Prolegomena p. 37) und Hückstädt vertreten; der letztere (p. 51) nimmt als Abfassungszeit das Jahr 362 oder 363 an. Diesem Ansatz gegenüber hat zuerst Hilgenfeld (Zeitschr. für wissenschaftl. Theol. 19 (1876) p. 159) das Gedicht dem 3. Jahrhundert zugewiesen. Auch Waitz kommt in ausführlicher Darlegung zu dem Satz, dass das Gedicht nicht über das 3. Jahrhundert hinabverlegt werden dürfe (vgl. p. 18 und p. 32); diesem Ansatze stimmen zu Jülicher p. 632, Pfeilschifter Sp. 1289 und Grützmacher Sp. 499. (Für eine spätere Ansetzung als das 4. Jahrh. spricht sich Brandes (p. 313) aus.)

Die Heimat des Verfassers. Rom als Abfassungsort statuiert Hückstädt p. 39; vgl. auch Harnack, Beitr. zur Gesch. der marcionitischen Kirchen (Zeitschr. für wissenschaftl. Theol. 19 (1876) p. 113); dagegen hat Oxé Afrika als Heimat des Dichters hingestellt und darin bei Waitz (p. 5) Zustimmung gefunden. Doch sind die Ermittelungen ganz unsicher. Gegen Rom als Abfassungsort vgl. Oxé p. 38. Aber auch Afrika als Ursprungsort kann aus der Sprache nicht mit Sicherheit bestimmt werden; vgl. Waitz p. 85.

Der Verfasser. a) In der Ueberlieferung wird das Gedicht dem Tertullian zugeschrieben, und die meisten älteren Gelehrten halten an ihm als Autor fest. Allein die Autorschaft Tertullians ist eine unmögliche. Schon die Widersprüche zwischen dem Gedicht und dem echten Werke Tertullians legen hiergegen Protest ein. 8) Ausser der Ueberlieferung wurden auch folgende Worte eines Anonymus (J. A. Fabricius, Bibl. eccl., Hamb. 1718, p. 69) herangezogen: Victorinus episcopus composuit et ipse versibus duo opuscula admodum brevia, unum adversus Manichaeos, reprobrantes veteris testamenti deum, veramque Christi incarnationem contradicentes; alium autem adversus Marcionitas, qui duo principia id est duos deos fingunt, unum malum, iustum, creaturarum conditorem et retributorem factorum, alterum bonum, animarum susceptorem et indultorem criminum. Hückstädt (p. 55) stellt darnach die Hypothese auf, dass der Verfasser des pseudotertullianischen Gedichts der Rhetor C. Marius Victorinus Afer (§ 828) sei. Doch schon der Unterschied in der Theologie lässt diese Hypothese als unwahrscheinlich erscheinen; vgl. G. Koffmane, De Mario Victorino philosopho christiano, Bresl. 1880, p. 35. Auch anderes spricht dagegen, wie Waitz (p. 84) zeigt; vgl. zur Frage noch A. Harnack, Beitr. zur Gesch. der marcionitischen Kirchen (Zeitschr. für wiss. Theol. 19 (1876) p. 113). y) Haussleiter, Die Commentare des Victorinus, Tichonius und Hieronymus zur Apokalypse (Zeitschr. für kirchl. Wissensch. und kirchl. Leben 7 (1886) p. 254) glaubt nach dem Vorgang Tillemonts, dass der Verfasser unseres Gedichts Victorinus von Pettau (§ 748) sei; vgl. auch G. Krüger, Herzogs Realencycl. 6 (1899) p. 407. Das Hauptargument besteht darin, dass zwischen dem Gedicht und dem Commentar des Victorinus zur Apokalypse Beziehungen bestehen; allein diese Beziehungen nötigen uns nicht, die Autorschaft des Victorinus für das Gedicht anzunehmen; vgl. Waitz p. 89. d) Endlich Waitz selbst (p. 112) tritt für

Commodian als Verfasser des Gedichts ein; doch sind die Beweise methodisch nicht einwandfrei. Die Verskunst des Commodian ist eine andere als die des Gedichts.

Ueberlieferung. Nach einem Catalog der Klosterbibliothek von Lorsch (G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885, 37, 446 p. 111) standen in einer Handschrift die Werke: metrum Tertulliani de resurrectione. eiusdem lib. V adversus Marcionem. Die Zusammenstellung der libri V adversus Marcionem mit einem Gedicht des Pseudotertullian lässt darauf schliessen, dass auch die Bücher adversus Marcionem nicht die echte Prosaschrift Tertullians, sondern das pseudotertullianische Gedicht bezeichneten. Da nun G. Fabricius mit dem antimarcionischen Gedicht auch das andere im Catalog stehende publizierte, so wird seine Handschrift entweder der Lorscher Codex selbst oder eine Abschrift desselben gewesen sein; vgl. Waitz p. 76. Dieser Codex ist leider verloren gegangen, und wir waren daher bis in die neueste Zeit hinein nur auf die editio princeps angewiesen, welche den Text, um ihn der klassischen Rede zu nähern, äusserst willkürlich gestaltete. Allein jetzt hat sich noch eine neue Textesquelle erschlossen: A. Mai (Classici auctores 5 p. 382) hat aus dem Vaticanus Regin. 582 s. IX/X ein_carmen Victorini de nativitate, passione et resurrectione Domini publiziert; dem von Mai veröffentlichten Gedicht ging aber in der Handschrift noch ein anderes auf das alte Testament bezügliches und daher mit ihm wohl eine Einheit bildendes Gedicht voraus mit dem Titel versus Victorini de lege Domini. Die Mehrzahl der Verse dieses zweiten, von Mai nicht publizierten Gedichts ist aus unserem pseudotertullianischen Gedicht adversus Marcionem entnommen; auch in dem von Mai veröffentlichten finden sich Entlehnungen aus unserem Gedicht; vgl. Brandes, Zwei Victoringedichte des Vatic. Regin. 582 und das carmen adversus Marcionitas (Wien. Stud. 12 (1890) p. 310), der zuerst den Wert der neuen Textesquelle dargelegt. Im Anschluss an ihn erörtert den Cento A. Oxé, Victorini versus de lege Domini. Ein unedierter Cento aus dem carmen adversus Marcionitas, Crefeld 1894.

Litteratur. E. Hückstädt, Ueber das pseudotertullianische Gedicht adversus Marcionem, Leipz. 1875; vgl. dazu A. Harnack, Theol. Litteraturzeitung 1876 Sp. 265; A. Hilgenfeld, Zeitschr. für wissenschaftl. Theol. 19 (1876) p. 154; A. Oxé, Prolegomena de carmine adversus Marcionitas, Leipz. 1888; vgl. dazu A. Harnack, Theol. Litteraturzeitung 1888 Sp. 520; A. Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12 (Leipz. 1889) p. 312 Anm. 1; M. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie, Stuttgart 1891, p. 148; H. Waitz, Das pseudotertullianische Gedicht adversus Marcionem, Darmstadt 1901; vgl. dazu A. Jülicher, Gött. gel. Anz. 1901 p. 628; G. Pfeilschifter, Wochenschr. für klass. Philol. 1901 Sp. 1287; Grützmacher, Theol. Litteraturzeitung 1901 Sp. 498. G. Koffmane, Entstehung und Entwicklung des Kirchenlateins, Bresl. 1879, p. 155; vgl. auch § 831; Ziehen, Zur Gesch. der Lehrdichtung in der spätröm. Litt. (Neue Jahrb. für das klass. Altertum 1 (1898) p. 409); G. Krüger, Gesch. der altchristl. Litt., Freib. 1898, p. 409.

6. Hilarius von Poitiers.

861. Das Hymnenbuch des Hilarius. Dass Hilarius der älteste Hymnendichter der lateinischen Kirche sei, stand seit langem fest; Hieronymus kannte einen liber hymnorum von Hilarius; auch liefen Hymnen unter dem Namen desselben um, allein bei keinem einzigen war eine sichere historische Beglaubigung gegeben. Es fehlte daher der Beurteilung des Hilarius als Hymnendichter aller Boden; subjektiven Vermutungen war reicher Spielraum gegeben. Die Sachlage schien sich zu ändern, als Gamurrini in einer Handschrift von Arezzo ausser dem Mysterientraktat auch verstümmelte Hymnen fand, für welche die Autorschaft des Hilarius handschriftlich bezeugt war. Es sind drei Hymnen, von denen keiner unversehrt geblieben ist; dem ersten fehlen die vier letzten Strophen, dem zweiten die fünf ersten, von dem letzten ging der Schluss verloren, dessen Länge natürlich unbestimmbar ist. Der erste und der zweite Hymnus sind Abecedarien. Was das Metrum der drei Hymnen betrifft, ist der zweite Hymnus in jambischen Senaren, der dritte in trochäischen Tretrametern geschrieben. Der erste Hymnus ist in dem zweiten Asklepiadeum gedichtet, d. h. dem glykoneischen Verse folgt eine Zeile im Asklepiadeus minor, die Strophe besteht aus vier Zeilen. In dem zweiten und dritten

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