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Einleitung zu den Briefen des Paulus; an ihrer Echtheit zu zweifeln ist kein Grund. Dagegen lässt sich diese mit guten Gründen bestreiten bei zwei gereimten Hymnen auf den Apostel Andreas und die heilige Agatha, welche ohne handschriftliche Gewähr Damasus beigelegt werden, jedoch einer späteren Periode angehören. Mit den Epigrammen war indessen die litterarische Thätigkeit des Papstes nicht abgeschlossen: wir hören, dass er über das in den ersten christlichen Zeiten so beliebte Thema der Jungfräulichkeit sowohl in gebundener als in ungebundener Rede geschrieben habe; wir hören weiter, dass er ein Buch über die Laster verfasste; von beiden Werken ist nichts auf die Nachwelt gekommen.

So geringhaltig auch die Poesie des Damasus war, so erzielte sie doch eine grosse Wirkung: Tausende von Pilgern, welche die heiligen Stätten aufsuchten, erbauten sich an den Aufschriften, die schon durch den päpstlichen Verfasser das Interesse erregen mussten, und kopierten sich dieselben; dadurch traten sie auch in die Litteratur ein, und das aufmerksame Auge entdeckt ihre Spuren selbst bei späteren Schriftstellern. Aber noch wichtiger wurden sie für die Litteratur selbst dadurch, dass sie den Anstoss zu einem ganzen Litteraturzweig gaben, den Martyrergeschichten; ein belehrendes Beispiel ist das Gedicht des Prudentius auf den heiligen Hippolytus, das seine Grundlage in einem Epigramm des Damasus hat.1)

Zeugnisse über Damasus. Hieronym. de vir. ill. 103 Damasus, Romanae urbis episcopus, elegans in versibus componendis ingenium habuit multaque et brevia opuscula heroico metro edidit et prope octogenarius sub Theodosio principe mortuus est. Was Suidas s. v. über Damasus hat, ist augenscheinlich von Hieronymus abhängig, und kann daher nicht den Wert eines Zeugnisses beanspruchen.

Damasus und die Bibelübersetzung des Hieronymus. In einem Brief an Damasus sagt Hieronymus (Ausg. der Vulgata von Loch 15 p. XXXVII): Novum opus me facere cogis ex veteri: ut post exemplaria Scripturarum toto orbe dispersa quasi quidam arbiter sedeam, et quia inter se variant, quae sint illa quae cum Graeca consentiant veritate, decernam adversus quam invidiam duplex causa me consolatur: quod et tu qui summus sacerdos es, fieri iubes: et verum non esse quod variat, etiam maledicorum testimonio comprobatur .. de novo nunc loquor testamento.

Die Echtheit der Damasus epigramme wurde zuerst von De Rossi (Bull. crist. 1884-85 p. 15) methodisch untersucht; er legt drei Kriterien zu Grund: das eigene Zeugnis des Damasus, den Stil, endlich den Schriftcharakter. Ihm (p. 200) fügt noch die Prosodie und Metrik hinzu; vgl. auch die Praef. zu seiner Ausg. p. XIII. Bei Ihm ist eine Scheidung der unechten und echten Gedichte durchgeführt; Pseudo-Damasiana bei Buecheler, Carmina epigr. No. 913, 911, 917 und 915. Wir erwähnen hier das Gedicht De salvatore (No. 68), das von Niebuhr dem Merobaudes, von neueren Gelehrten dem Claudian zugeschrieben ist, aber sicher nichts mit Damasus zu thun hat. Ebenso wenig ist das Gedicht 67 von Damasus. Dasselbe wird im cod. Turicensis 78 s. IX einem Silvius, in einem cod. Oporinianus einem Severus beigelegt; vgl. Anthol. lat. ed. Riese No. 689a; L. Müller, Rhein. Mus. 22 (1867) p. 500; Ihm, Praef. p. XXIV. Ein Silvius wird genannt: Vita S. Hilarii Arel. (50 Sp. 1219 Migne) ut eiusdem praeclari auctores temporis, qui suis scriptis merito claruerunt, Silvius, Eusebius, Domnulus admiratione succensi in haec verba proruperint etc.

Zur Composition vgl. Le Blant, Inscriptions chrétiennes de la Gaule 1 (Paris 1856) p. CXXXIII Anm. 3; Stornaiolo, Studi e documenti di storia e diritto 7 (1886) p. 27; M. Amend, Stud. zu den Gedichten des Papstes Damasus, Würzburg 1894, p. 15; Ihm, Die Epigramme des Damasus (Rhein. Mus. 50 (1895) p. 194).

Vorbilder und Nachahmer. Ueber Vergil und Damasus vgl. Manitius, Rhein.

Verwertung des Psalters für die Liturgie vgl. Kayser p. 91.

1) Achelis, Hippolytstudien (Texte und

Untersuchungen N. F. 1, 4 (Leipz. 1897) p. 43);
Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und
Untersuchungen 2 (Paderborn 1899) p. 188.

Mus. 45 (1890) p. 316; Stornaiolo p. 23; M. Amend p. 6; Ihm, Rhein. Mus. 50 (1895) p. 194. Eine Nachahmung des Horaz liegt so gut wie nicht vor; vgl. M. Hertz, Analecta ad carminum Horat. hist. 4 (Ind. lect. Bresl. 1880 p. 19 Anm. 1). Dagegen finden sich einige Ovidreminiscenzen; vgl. Amend p. 10 und gelegentlich Weyman. Auch eine Benutzung des Cento der Proba durch Damasus wird von Ihm (p. 195) angenommen. Ausführlich geht Weyman, De carminibus Damasianis et Pseudodamasianis observationes (Revue d'histoire et de littérature religieuses 1 (1896) p. 58) den Parallelen nach und kommt zu folgendem Ergebnis (p. 73): „Elucet ni fallor ex eis quae congessi poetis quos Damasus imitatus est Lucretium, poetis qui Damasiana (et Pseudodamasiana) in suum usum converterunt Dracontium (vgl. Amend p. 10 und dagegen Ihm, Rhein. Mus. 53 (1898) p. 165), Aratorem, Eugenium Toletanum, Aldhelmum, Vualtherum Spirensem esse adnumerandos." Ueber Damasus und Prudentius vgl. Puech p. 121; Couret p. 61; über das Hippolytusepigramm (No. 37) als Quelle des Hymnus des Prudentius auf Hippolytus vgl. De Rossi, Bullettino crist. 3, 6 p. 34. Ueber Beziehungen zwischen dem jüngeren Arnobius, Paulinus von Périgueux und Damasus vgl. Weyman, Notes de littérature chrétienne 5. Diffusion des poésies Damasiennes (Revue d'histoire et de littérature religieuses 3 (1898) p. 564).

Prosodie und Metrik des Damasus. Ueber metrische und prosodische Verstösse vgl. Manitius, Rhein. Mus. 45 (1890) p. 316; Birt, Praef. seiner Claudianausg. p. LXVII; Amend p. 18; Ihm (Rhein. Mus. 50 (1895) p. 200) sucht diese Verstösse möglichst einzuschränken.

Zur Erläuterung einzelner Epigramme. Zu No. 1 Mercati, Note di letteratura biblica e crist. ant., Rom 1901, p. 113 (Studi e Testi 5); zu No. 18 und 48 A. Harnack, Zeitschr. für Theol. und Kirche 1 (1891) p. 129; zu No. 26 C. Erbes, Die Todestage der Apostel Paulus und Petrus und ihre röm. Denkmäler (Texte und Unters. N. F. 4, 1 (Leipz. 1899) p. 71); H. Grisar, Analecta Romana, Rom 1899, p. 259; G. Ficker, Bemerkungen zu einer Inschr. des Papstes Damasus (Zeitschr. für Kirchengesch. 22 (1901) p. 333); zu No. 29 P. Crostarosa, Nuovo Bullettino di arch. crist. 3 (1897) p. 117; O. Marucchi, Ebenda 4 (1898) p. 137; zu No. 40 Pio Franchi de' Cavalieri, Röm. Quartalschr. Supplementheft 10 (1899) p. 10; zu No. 49 und 96 M. Armellini, Nuovo Bullettino di arch. crist. 1 (1895) p. 14; G. Bonavenia ebenda 4 (1898) p. 77; Stock, Katholik 79 (1899) p. 312; zu No. 58 u. 59 P. Allard, Études d'histoire et d'archéologie, Paris 1899, p. 159; zu No. 63 L. Delisle, Notice sur un manuscrit de l'église de Lyon du temps de Charlemagne (Notices et extraits 35 (1897) p. 831); zu No. 77, 10 Analecta Bollandiana 16 (1897) p. 17; p. 239.

Die Hymnen auf den Apostel Andreas und die hl. Agatha. B. Hölscher, De Damasi papae et Hilarii episc. Pictav. qui feruntur hymnis sacris, Münster 1858; J. Kayser, Beitr. zur Gesch. und Erklärung der ältesten Kirchenhymnen, Paderborn2 1881, p. 103; Ihm, Praef. p. XXVI. Ediert bei Ihm No. 70 (p. 73) und 71 (p. 75). Der erste Hymnus ist in iambischen Dimetern, der zweite in katalektischen, daktylischen Tetrapodien abgefasst. Ein handschriftliches Zeugnis für die Autorschaft des Damasus fehlt. Die Lesart in Vs. 22 des zweiten Gedichtes pro misero rogita Damaso statt pro miseris suplicet domino beruht auf Interpolation. Auch der Stil spricht gegen Damasus, sowie der Reim, der in beiden Gedichten zur Anwendung gekommen ist, und eine Reihe Verstösse gegen die Prosodie. Die Hymnen gehören in die Zeit nach Ambrosius; jedoch lässt sich dieselbe nicht genauer fixieren. Der Agathahymnus ist übersetzt und trefflich erläutert von Kayser p. 115.

Die Schrift de virginitate. Hieronym. epist. 22, 22 (1 Sp. 104 Vall.) legas Tertullianum ad amicum Philosophum, et de virginitate alios libellos, et beati Cypriani volumen egregium, et papae Damasi super hac re versu prosaque composita.

Der liber de vitiis. Diese ebenfalls verlorene Schrift wurde von L. Delisle (Les manuscrits du comte d'Ashburnham, Paris 1883, p. 87) aufgedeckt. Der einzige Codex, der dieses Werk enthielt, ist leider verloren gegangen.

Ueber die Briefe des Damasus vgl. Rade p. 97; p. 58; p. 124; p. 136; Kayser p. 100; Jaffé, Regesta Pontificum Romanorum 12 (Leipz. 1885) p. 37, No. 232-254. Uebersetzung von L. Wenzlowsky, Die Briefe der Päpste (Bibl. der Kirchenväter 2 (Kempten 1876) p. 265).

Sammlungen der Epigramme des Damasus wurden gemacht von Fabricius, Poet. vet. eccles. rel., Basel 1562, p. 771, von Sarazani, Rom 1638, Rivinus, Leipz. 1652, von Merenda, Rom 1754, abgedruckt bei Migne, Patrol. lat. 13; vgl. über diese Ausgaben De Rossi, Bull. di archeol. crist. Serie 4, Anno 3 (Rom 1884-85) p. 10 u. 31; Rade p. 2. Neueste Ausg. von Ihm, Damasi epigrammata (Anthol. lat. supplementa 1, Leipz. 1895); vgl. dazu Weyman, Wochenschr. für klass. Philol. 1895 Sp. 789 (besonders Parallelen) und L. Traube, Berl. philol. Wochenschr. 1896 Sp. 78 (Ergänzung des handschriftl. Materials). Wir citierten nach Ihm. Ihm, Zu lat. Dichtern. III. Ein verschollenes Gedicht des Damasus? (Rhein. Mus. 52 (1897) p. 212) (vgl. dagegen Weyman, Hist. Jahrb. der Görresges. 19 (1898) p. 89); R. Kanzler, Restituzione architettonica della cripta

dei SS. Felicissimo ed Agapito nel cimetero di Pretestato (Nuovo Bullettino di arch. crist. 1 (1895) p. 172); De Rossi, Inscript. christ. 1, Rom 1861. Vgl. auch F. Buecheler, Carmina lat. epigr. No. 304-10; No. 670-73; No. 759; 761; 852.

Litteratur: Eine Uebersicht der Litteratur bis 1895 gibt Ihm, Praef. zu seiner Ausg. p. XLIX. a) R. Ceillier, Histoire générale des auteurs sacrés et ecclesiastiques 6 (1737) p. 454; M. Rade, Damasus, Bischof von Rom, Freib. u. Tübingen 1882; Ihm, Der Dichter der Katakomben (Röm. Kulturbilder, Leipz. 1898, p. 140); Jülicher, Pauly-Wissowas Realencycl. 4 Sp. 2048; J. Wittig, Papst Damasus I. Quellenkrit. Stud. zu seiner Gesch. und Charakteristik (Röm. Quartalschr. Supplementbd. 14, 1902); F. X. Kraus, Roma sotteranea, Freib. 1873, p. 23; p. 99; A. Puech, Prudence, Paris 1888, p. 113; Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12, Leipz. 1889, p. 127; Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie, Stuttgart 1891, p. 119. ) A. Couret, De sancti Damasi summi apud Christianos pontificis carminibus (Thèse), Paris 1869; G. B. De Rossi († 1894), I carmi di s. Damaso (Bullettino di archeol. crist., Serie quarta, Anno terzo (Rom 1884-85) p. 7; Elogio Damasiano del celebre Ippolito martire (sepolto presso la via Tiburtina), ebenda S. 3, A. 6 (Rom 1881) p. 26; Iscrizione storica dei tempi di Damaso papa nel cimeterio di s. Ippolito (ebenda S. 4, A. 2 (Rom 1883) p. 60); C. Stornaiolo, Osservazioni letterarie e filologiche sugli epigrammi Damasiani (Studi di storia e diritto 7 (1886) p. 13); M. Amend, Studien zu den Gedichten des Papstes Damasus, Würzburg 1894. 7) O. Marucchi, Difesa del pontificato di S. Damaso contro un nuovo attacco dei protestanti. Discorso letto nell' accademia di religione cattolica. Estratto dal periodico La Rassegna Italiana", Rom 1883; G. B. Storti, S. Damaso e la biblia, Rom 1887; H. Grisar, Zeitschr. für kathol. Theol. 8 (1884) p. 190; Gesch. Roms und der Päpste im Mittelalter 1 (Freib. i. Br. 1901) p. 257.

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Das Papstelogium des codex Corbeiensis. F. Buecheler, Carmina epigr. No. 787. Zuerst veröffentlicht von De Rossi, Inscr. christ. Rom. 2, 83, 26; 85, 31, der die Inschrift auf Papst Liberius (352-366) beziehen wollte; vgl. noch denselben, Dell' Elogio metrico attribuito al Papa Liberio (Bullettino di arch. crist. Serie 5, Anno 1 (1890) p. 123). Auf Seite De Rossis stehen C. Caesar, Observationes ad aetatem titulorum lat. christ. definiendam spectantes, Bonn 1896, p. 9; F. X. Kraus, Repertorium der Kunstwiss. 21 (1898) p. 135; vgl. dagegen Funk, Hist. Jahrb. der Görresges. 5 (1884) p. 424; J. Friedrich, Ueber das angebliche Elogium Liberii papae des cod. Corbeiensis (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1891 p. 87); Funk, Hist. Jahrb. der Görresges. 12 (1891) p. 757; Ebenda 13 (1892) p. 489; G. Pfeilschifter, Der Ostgotenkönig Theoderich der Grosse und die kathol. Kirche, Münster 1896, p. 192; Th. Mommsen, Die röm. Bischöfe Liberius und und Felix II. (Deutsche Zeitschr. für Geschichtswiss. N. F. 1 (1897) p. 176); Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und Untersuchungen 1 (Paderborn 1897) Abh. 18 p. 391. Eine Uebersicht der Streitfrage gibt O. Marucchi, Nuovo Bullettino di arch. crist. 3 (1897) p. 132.

4. Die Dichterin Proba und andere christliche Centodichter.

857. Der Vergilcento der heiligen Geschichte. Der grosse Einfluss Vergils auf das gesamte Altertum ist bekannt; er war der Dichter der Dichter, und seine Werke lebten so in aller Gedächtnis, dass aus Versen und Versteilen von ihm neue Gedichte mit ganz anderem Inhalt zusammengesetzt wurden, die sog. Centonen. 1) Auch als das Christentum in die römische Welt seinen Einzug gehalten hatte, blieb die Stellung Vergils unerschüttert. Jetzt musste es grossen Reiz gewähren, sogar Gedichte christlichen Inhalts aus ihm zusammenzufügen. Unter den Werken dieser Art nimmt ein Cento der Proba unser besonderes Interesse in Anspruch. Die Dichterin war eine vornehme Frau, ihr Gemahl war Stadtpräfekt im Jahre 351. Zuerst mass sie ihre Kräfte an einem nationalen Epos; sie schilderte den denkwürdigen Kampf zwischen Constantius und Magnentius, in dem das Germanentum dem Römertum gegenüberstand. Als aber das Christentum in ihrem Herzen feste Wurzeln geschlagen hatte, fasste sie den kühnen Entschluss, die heilige Geschichte

1) Vgl. z. B. den Cento Vergilianus, die Tragoedie Medea des Hosidius Geta § 527.

des alten und neuen Testamentes mit vergilischen Worten darzustellen. Den ganzen Stoff vermochte die Dichterin nicht zu bewältigen; vom alten Testament führt sie die Schöpfungsgeschichte, den Sündenfall, den Tod Abels und die Sündflut vor, die weitere Erzählung will sie andern überlassen. Auch die Geschichte des Erlösers wird von seiner Geburt bis zur Himmelfahrt behandelt, jedoch so, dass nur einzelne Momente herausgehoben werden. So sehr sich auch Proba abgemüht hatte, stand sie doch am Schluss vor einem verfehlten Werk. Der biblische Stoff stellte ihrem Bemühen zu grosse Hindernisse entgegen, sie war gezwungen, die Eigennamen fortzulassen, und das vergilische Material gestattete ihr nicht überall eine klare Schilderung, sie musste sich mit vagen Andeutungen zufrieden geben. Sie rechnete sicherlich auf Leser, denen der darzustellende Stoff bereits bekannt war. Aber auch der ästhetische Sinn wird nicht selten verletzt, die biblischen Dinge erhalten ein Gewand, das nicht zu ihnen passt. Viele Wendungen machen geradezu einen komischen Eindruck. Trotzdem fand der Cento seine Bewunderer; der Kaiser Arcadius liess sich von demselben eine schöne Abschrift herstellen. Die Kirche jedoch verhielt sich kühl gegen das Werk, sie erkannte mit scharfem Blick, dass das göttliche Wort in dieser Behandlung zu Schaden komme. Das decretum Gelasianum verwies deshalb das Flickwerk unter die apokryphen Gedichte. Der modernen Zeit erscheint dieser Cento als ein absurdes Produkt, und wir begreifen es leicht, wenn der Humanist Celtes die Nonne von Gandersheim der Römerin vorzog.')

Zeugnisse über Proba. Montfaucon, Diar. ital. p. 36 las in einer jetzt nicht mehr auffindbaren Handschrift s. X folgende Subscriptio: Proba, uxor Adelphi, mater Olibrii et Aliepii, cum Constantini (Constantii richtig Seeck, Ausg. des Symmachus p. XCV) bellum adversus Magnentium conscripsisset, conscripsit et hunc librum (d. h. den cento). Der Gatte hiess mit vollem Namen Clodius Celsinus Adelphius und war praefectus urbi i. J. 351. Die Söhne hiessen Q. Clodius Hermogenianus Olybrius (cos. i. J. 379) und Faltonius Probus Alypius (praefectus urbi i. J. 391). CIL 6, 1712 Clodius Adelfius v. c. ex praefectis urbis uxori inconparabili et sibi fecit. Im Vaticanus 1753 s. IX/X wird Proba bezeichnet als mater Aniciorum, dann uxor Adelphy expraefecto urbis. Unrichtig ist mater Aniciorum; unsere Proba ist die Urgrossmutter und es liegt eine Verwechslung mit Anicia Faltonia Proba, Gemahlin des Sex. Petronius Probus (cos. 371), vor. Ueber die Familie der Probi vgl. Seeck, Ausg. des Symmachus p. XC; De Rossi, Inscript. christ. urb. Romae 2 p. 1; Traube, Sitzungsber. der Münchener Akad. 1891 H. 3 p. 423. Zusammenfassung bei Schenkl, Ausg. p. 514. Ein Zeugnis kommt noch hinzu aus Pitra, Analecta sacra et classica 1888 p. 127; vgl. jetzt Moysi expositio ed. F. Gustafsson, Helsingfors 1897 (Acta societatis scient. Fennicae tom. 22 No. 3) p. 17.

Das Epos über den Kampf des Constantius gegen Magnentius ist nicht bloss durch die eben erwähnte Handschrift, die Montfaucon gelesen, bezeugt, sondern auch die Dichterin selbst legt ein Zeugnis für dieses Gedicht ab (Vs. 1): Jam dudum temerasse duces pia foedera pacis, | regnandi miseros tenuit quos dira cupido, ¦ diversasque neces, regum crudelia bella | cognatasque acies, pollutos caede parentum insignis clipeos nulloque ex hoste tropaea confiteor scripsi: satis est meminisse malorum. Ueber diesen Kampf vgl. Ranke, Weltgesch. 4 p. 15.

Der Cento. Nachdem Proba in dem Eingang des Gedichtes das weltliche Epos für abgethan erklärt hatte, fährt sie fort (Vs. 9): nunc, deus omnipotens, sacrum, precor, accipe carmen .... arcana ut possim vatis Proba cuncta referre. Die Dichterin nennt sich selbst Vs. 12 Proba, auch die handschriftliche Ueberlieferung spricht für die Verfasserschaft der Proba. Isidor. orig. 1, 39, 26 (82 Sp. 121 Migne) Proba, uxor Adelphi, centonem ex Vergilio de fabrica mundi et evangeliis plenissime expressit. Zur Composition vgl. Vs. 23: Vergilium cecinisse loquar pia munera Christi. Die Dichterin sagt, als sie bei der Sündflut

1) Vgl. Aschbach p. 427.

abbricht (Vs. 331): cetera facta patrum pugnataque in ordine bella | praetereo atque aliis post me memoranda relinquo. Die Geschichte des N. T. leitet sie feierlich ein (Vs. 334): maius opus moveo: vatum praedicta priorum | adgredior. Ueber die Technik des Cento vgl. Schenkl p. 554.

Zur Charakteristik der Proba vgl. Ebert, Allgem. Gesch. der Litt. des Mittelalters 12 (Leipz. 1889) p. 125 und Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie, Stuttgart 1891, p. 124; Aschbach, Die Anicier und die römische Dichterin Proba (Sitzungsber. der Wiener Akad. 64 (1870) p. 420).

Fortleben des Cento. In der Karlsruher und Züricher Handschrift wird mit dem Cento ein Epigramm verbunden, in dem ein Kaiser angeredet wird, auf dessen Befehl der Cento für ihn abgeschrieben wurde. Der Schreiber nennt sich famulus (Vs. 5). Traube (p. 424) hält es für wahrscheinlich, dass dieser Schreiber aus der Familie der Probi stammte. Dass es der Kaiser Arcadius (383-408) war, geht hervor aus Vs. 13: tradas minori Arcadio. Das Dekret des Papstes Gelasius (492-496) führt auf centimetrum de Christo Vergilianis compaginatum versibus apocryphum (Migne 59, 162). Isidor. de vir. ill. 22 Proba uxor Adelphi proconsulis femina idcirco inter viros ecclesiasticos posita sola pro eo quod in laude Christi versata est, componens centonem de Christo Vergilianis coaptatum versiculis. Cuius quidem non miramur studium sed laudamus ingenium. Quod tamen opusculum legitur inter apocryphas scripturas insertum. Vgl. auch Huelsen in Chronica minora ed. Mommsen 3 (1896) p. 425; H. Best, De Cypriani quae feruntur metris in Heptateuchum, Marb. 1892, p. 55.

Ueberlieferung. Die älteste Handschrift ist Parisinus 13048 s. VIII/IX. Weiter sind zu nennen der Parisinus 7701 s. IX; Laudunensis 279 und 273 s. IX; Parisinus 14758 s. XIII; Palatinus 1753 s. IX/X; Caroliruhensis s. IX/X und Turicensis s. X. Hierzu kommen jüngere Handschriften; auch in älteren Bibliothekskatalogen erscheint der Cento.

Ausg. Editio princeps von Bartholomaeus Girardinus, Venedig 1472; von Meibom, Helmstadt 1597; von Kromayer, Halle 1719; Migne, Patrol. lat. 19 Sp. 803; C. Schenkl, Poet. christiani minores (Corpus script. ecclesiast. lat. 16, pars 1 (Wien 1888) p. 568), daraus auch ein Separatabdr. der Proba; vgl. über die Ausg. Aschbach 1. c. p. 426 Anm. 4. Kleinere christliche Vergilcentonen sind folgende: 1) Der von C. Bursian (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1878 Bd. 2 p. 29) herausgegebene Tityrus des Pomponius; vgl. Isidor. orig. 1, 39, 26 (Sp. 121 M.) sic (wie die Proba) quoque et quidam Pomponius ex eodem poeta inter cetera stili sui otia Tityrum in Christi honorem composuit, similiter et de Aeneide; fragmentarisch erhalten im Vaticanus Palatinus 1753 s. IX/X, ediert von Schenkl p. 609. Der Centonar legt die erste Ecloge Vergils zu Grunde und gibt einen Dialog des Tityrus und Meliboeus über christliche Dinge. Bursian (p. 30) hält diese Ecloge für eine Einleitung zum folgenden Cento. Ueber das Verhältnis des Cento zum Cento der Proba vgl. Manitius p. 128. 2) De verbi incarnatione, erhalten im Parisinus 13047 s. IX, zuerst veröffentlicht von Martène und Durand, Collectio ampl. 9 p. 125, von Arevalo in seiner Ausg. des Sedulius p. 384 (Migne 19 Sp. 773), von Riese, Anthol. lat. No. 719, von Huemer in seiner Ausg. des Sedulius p. 310 und Schenkl, Poet. lat. min. p. 615. Der Titel de verbi incarnatione rührt von Martène her; irrtümlich wird der Cento dem Sedulius zugeteilt. Ueber denselben vgl. Schenkl p. 564 und Manitius p. 128. 3) De ecclesia, überliefert durch den Parisinus Salmasianus 10318 s. VII/VIII, zuerst herausgegeben von W. H. D. Suringar, Utrecht 1867, dann von Riese, Anthol. lat. No. 16, von Baehrens, Poet. lat. min. 4 p. 214, von Schenkl p. 621. Auf unsicherem Fundament ruht die Zuteilung des Cento an Mavortius, die Juretus vorgenommen, weil sie sich auf das korrupte abortio (Vs. 111) stützt. Der Cento führt uns einen Gottesdienst mit einer eingelegten Predigt vor. Aus einem Zusatz zu dem Gedicht geht hervor, dass der Centonar seinen Cento öffentlich recitierte und damit grosses Lob erntete.

Allgemeine Litteratur über Vergilcentonen. B. Borgen, De centonibus Hom. et Vergil., Kopenhagen 1828; F. Hasenbalg, De centon. Vergil., Putbus 1846; D. Comparetti, Vergil im Mittelalter, übers. von H. Dütschke, Leipz. 1875.

5. Die Invectivendichter und die Polemiker.

858. Invective gegen Nicomachus. Im Jahre 1867 publizierte der französische Philologe Delisle ein Gedicht, von dem sich zwar die eine oder die andere Spur in der Litteratur nachweisen liess, 1) das aber doch der gelehrten Welt im ganzen unbekannt geblieben war. Das Schriftstück, das aus 122 Hexametern besteht und keine Ueberschrift trägt, 2)

1) Vgl. Morel p. 451; Baehrens, Rhein. Mus. 32 p. 212.

2) Vgl. Krüger bei Mommsen p. 353.

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