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aber nur durch eine Abschrift des Humanisten Parrhasius erhalten ist. Dieselbe ist alphabetisch angelegt und will die verschiedenen Konstruktionen von Substantiven, Adjektiven, Verben und Präpositionen darlegen und durch Beispiele belegen; diese Beispiele werden aus vier Schriftstellern entnommen, wie auch die Ueberschrift besagt, aus Vergil, Sallust, Terenz und Cicero.1) Am Schluss fehlt Einiges. Der Verfasser dieser Beispielsammlung ist Arusianus Messius. Er war ein vornehmer Mann; denn er gehörte zur ersten Rangklasse der comites Augusti und führte den Ehrennamen eines Orator. Seine Schrift widmete er dem Brüderpaar Olybrius und Probinus, welche im Jahre 395 im jugendlichen Alter das Konsulat bekleideten. Damit ist auch die Zeit unseres Autors gegeben; er gehörte dem vierten Jahrhundert an und war ein Zeitgenosse des Symmachus, dem er auch einige Beispiele entlehnt hat. Benutzt wurde die Sammlung von Ambrosius und Cassiodor. Der Wert des Buches ruht in den Beispielen; besonders wertvoll sind die aus den verlorenen Historien des Sallust entnommenen.

Der Autor und sein Werk. Im Codex des Parrhasius heisst die Ueberschrift: Incipit Arusiani Messi v. c. or. comitis primi ordinis exempla elocutionum, ex Vergilio Sallustio, Terentio, Cicerone digesta per litteras. Von derselben Hand stehen über Arusianus die Worte Cornelii frontonis; vor Cornelii scheint noch der Buchstabe a gestanden zu haben. Ueber comes primi ordinis vgl. Mommsen, Mem. d. inst. arch. 2 (1865) p. 307; Hermes 4 (1870) p. 127; Seeck, Pauly-Wissowas Realencycl. 4. Bd. Sp. 635. Ueber den Titel orator vgl. Ruhnken, Ausg. des Rutilius Lupus p. XXVI. In einem Bibliothekskatalog einer Berliner Handschrift Santen. 66 s. IX ist das Werk also betitelt: incipit Messi oratoris de elocutionibus Olybrio et Probino Messius; vgl. G. Becker, Catal. bibl. antiqui, Bonn 1885, 20, 12 (p. 42); M. Haupt, Opusc. 3 p. 425. Die Brüder Olybrius und Probinus waren Konsuln im Jahre 395. Zunächst läge es, anzunehmen, dass dieses Konsulat Anlass war, die Schrift dem Brüderpaar zu widmen, und dies ist die Ansicht M. Haupts. Weiter zurück kommen wir aber, wenn wir eine Beobachtung Buechelers (Rhein. Mus. 43 (1888) p. 293) zu Rate ziehen, nach der Ambrosius de fuga saeculi 3, 16 (2 p. 176, 14 Sch.) bereits den Arusianus Messius (p. 465, 2) gekannt hat; doch vgl. Stiglmayr, Zeitschr. für kath. Theol. 23 (1899) p. 315. Die Schrift des Ambrosius wird ums Jahr 387 angesetzt, aber von M. Ihm, Studia Ambrosiana (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd 17 (1890) p. 19) nicht vor 389/90 gerückt. Noch weiter hinab geht C. Schenkl, Ambrosii opera 2 (Wien 1897) p. XII. (Ueber das damals noch sehr junge Brüderpaar vgl. auch Zarncke, Commentationes in honorem Guil. Studemundi, Strassb. 1889, p. 203; Seeck. Ausg. des Symmach. p. CV.) Dass der Autor dem 4. Jahrhundert angehört, geht daraus hervor, dass er bereits Symmachus anführt (p. 458, 11; 489, 28).

Die Quellenschriftsteller. Schindler, Observ. crit. et hist. in Terent., Halle 1881 (über die Terenzstellen); Nitzschner, De locis Sallustianis, qui apud scriptores et grammaticos veteres leguntur, Göttingen 1884, p. 75 (über die Salluststellen); Ribbeck, Prolegomena p. 208 (über Vergilstellen); H. Karbaum, De origine exemplorum, quae ex Ciceronis scriptis a Charisio, Diomede, Arusiano Messio, Prisciano Caesariensi, aliis grammaticis Latinis allata sunt, Wernigerode 1889, p. 13 (über das Verhältnis zwischen Priscian und Arusianus).

Fortleben des Arusianus Messius. Gelegentlich einer Anführung aus dem Hebräerbrief 7, 26 talis enim“ inquit „nobis decebat" bemerkt Ambrosius de fuga saeculi 3, 16 (2 p. 176, 14 Sch.): recta elocutio, siquidem et apud eos qui verborum et elocutionum dilectum habuerunt, huiusmodi invenitur dicente aliquo locum editiorem quam victoribus decebat". quod ideo non praeterii, ut sciamus quia apostolus naturalibus magis quam vulgatis aut secundum artem utitur verbis. Cassiodor. de inst. div. 25 = Gramm. lat. 7 p. 211, 3 regulas elocutionum latinarum, id est quadrigam Messii, omnimodis non sequaris, ubi tamen priscorum codicum auctoritate convinceris. Dagegen zweifelt Karbaum (p. 14), ob Priscian den Arusianus eingesehen; er nimmt vielmehr eine gemeinsame Quelle an; vgl. Goetz, Quaest. miscell. pars 2 (Ind. lect. Jena 1888/89 p. V); Keil, Gramm. lat. 7 p. 448. Die Ueberlieferung beruht allein (vgl. Keil p. 446) auf dem Codex des Parrhasius (1470-1534), Neapolitanus IV A 11, der eine Abschrift des verloren gegangenen cod.

1) Vgl. Weyman, Philol. 55 (1896) p. 472.

Bobiensis ist; vgl. den Catalog der Bobbio'schen Handschriften bei Peyron, Cic. orat. pro Scauro et in Clod. fragm. inedita, Stuttgart 1824, p. 30. Die Schrift schliesst mit Volutans; Einiges ist verloren gegangen.

Ausg. Arusianus Messius wurde unter dem Namen Frontos zuerst von A. Mai, Mailand 1815, mit vermehrtem handschriftlichen Material, Rom 1823, herausgegeben (vgl. Keil p. 444); in Lindemanns Gramm. lat. 1 (1830) p. 209, endlich bei Keil, Gramm. lat. 7 p. 449.

Litteratur. Suringar, Historia crit. scholiastarum lat. 2 (Leiden 1834) p. 202; F. Osann, Beitr. zur griech. u. röm. Litteraturgesch. 2 (Leipz. 1839) p. 349; Van der Hoeven, De nonnullis locis veterum scriptor. cum append. de Arusiani Messii exemplis elocutionum, Amsterdam 1845; Goetz, Pauly-Wissowas Realencycl. 2. Bd. Sp. 1492.

4. C. Chirius Fortunatianus.

840. Der rhetorische Katechismus des Fortunatianus. Dem vierten Jahrhundert wird auch ein rhetorisches Lehrbuch angehören, das uns unter dem Namen C. Chirius Fortunatianus erhalten ist. Es verrät eine gewisse Selbständigkeit des Urteils und Kenntnis der Materien; der Verfasser hatte seinen Quintilian und Cicero fleissig gelesen. Ein unglücklicher Gedanke von ihm war, die katechetische Form zu wählen; sie dient bei ihm nicht der Gedankenentwicklung, sondern ist rein äusserlich in Anwendung gekommen. Wie unbeholfen der Verfasser ist, möge ein Beispiel darthun. In dem Kapitel über das Gedächtnis lautet eine Frage, wer die Gedächtniskunst erfunden, und die Antwort darauf: Simonides. Die sich daranschliessende Frage heisst aber: Was entnehmen wir aus der Benützung des Gastmahles von Seiten des Simonides? Sein Werk eröffnet der Verfasser mit drei Hexametern, welche eine Einladung an den wissbegierigen Leser enthalten. Es folgen dann drei Bücher; im dritten Buch ist der Stoff durch Ueberschriften gegliedert, es sind folgende: Ueber die Anordnung des Stoffes, über den Ausdruck, über das Gedächtnis, über den Vortrag. Die Schrift fand ihre Leser; Cassiodor zieht sie gerne heran.

Ueber die Quellen vgl. J. Simon, Kritische Beiträge zur Rhetorik des C. Chirius Fortunatianus, Schweinfurt 1872: Julius Victor (p. 3), Cicero de inventione (p. 4), Quintilian (p. 5).

Fortleben des Fortunatianus. Cassiodor. de rhetor. p. 498, 17 (Halm) Fortunatianum doctorem novellum, qui tribus voluminibus de hac re subtiliter minuteque tractavit, in pugillari codice apte forsitan congruenterque redegimus. C. p. 495, 10 civiles quaestiones sunt secundum Fortunatianum artigraphum novellum Fortunat. p. 81, 9 (Halm). C. p. 498, 29 sicut Fortunatianus dicit = = F. p. 118, 33. C. p. 500, 24 memoratus Fortunatianus in tertio libro meminit.

Die Ueberlieferung des Chirius Fortunatianus basiert auf den Handschriften Darmstadiensis 166, olim Coloniensis s. VII, der bekanntlich den Censorinus enthält (vgl. § 632), Parisinus 7530 s. VIII und Bernensis 363 Ende s. IX, der die dialogische Form öfters fallen liess. Ueber diese letzte Handschrift vgl. A. Reuter (Hermes 24 (1889) p. 161), der zugleich (p. 167) Ergänzungen zu der Kollation Halms liefert und das Verhältnis der drei Handschriften zu einander untersucht. Vgl. noch C. Halm, Beitr. zur Berichtigung und Ergänzung der ciceronischen Fragmente (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1862, Bd. 2, p. 13). Ausg. von C. Halm, Rhetores lat. min., Leipz. 1863, p. 81.

Ars rhetorica Clodiani de statibus. So lautet die Ueberschrift eines Traktats im cod. Bernensis 363; über den Traktat vgl. C. Halm, Rhet. lat. min. p. XIV: nec tamen ea habet, quae ex hac praescriptione exspectes. Nam de statibus ipsis perpauca tradita sunt; maiorem libelli partem conficit expositio de loco in Aristotelis praedicamentis sequitur denique in opusculo Bernensi brevis disputatio moralis. Quas partes diversas si respexeris, varia esse excerpta ex diversis scriptoribus facile conicias iisque ob eam causam Clodiani nomen praepositum, quod prima particula ex Clodiani, quisquis ille fuit, de statibus libro desumta erat." Zu bemerken ist noch, dass im cod. Bernensis die Subscriptio zu Buch 1 des Chirius Fortunatianus lautet: Clodiani Chirii Fortunatiani artis rhetoricae lib. expl. Ausg. des Traktats bei Halm p. 590.

5. Sulpitius Victor.

841. Das rhetorische Handbuch des Sulpitius Victor. In einem verlorenen codex Spirensis standen unter anderen rhetorischen Schriften auch die institutiones oratoriae des Sulpitius Victor. Durch die Baseler Ausgabe des Jahres 1521 sind uns auch diese erhalten worden. Dem Handbuch geht ein Brief voraus, der uns über die Entstehungsgeschichte und Composition des Werkchens Aufschluss erteilt. Der Schwiegersohn des Autors, M. Silo, hatte öfters das Verlangen geäussert, sein Schwiegervater möge ein Compendium der Rhetorik verfassen; diesem Wunsche kam Sulpitius Victor nach. Er legte eine Anleitung seines Lehrers Zeno zu Grunde, der gegenüber er jedoch mit Freiheit verfuhr; er liess manches weg, änderte die Anordnung und machte auch Zusätze. Der Gang des Büchleins ist der, dass es zuerst das Wesen der Rhetorik, den bürgerlichen Streitfall, seine Teile, die Aufgaben des Redners, die in der Erkenntnis, Auffindung und Anordnung bestehen, dann die Teile der Rede, endlich sehr ausführlich die Lehre von den Status behandelt. Die Sprache ist korrekt und gefällig.

Zur Gliederung der Schrift. p. 321, 23 reliquum est etiam, ut incipiamus iam de statibus disputare, quando quidem, ut breviter admoneam, executi sumus, quid esset rhetorica, quid civilis quaestio, quae partes civilis quaestionis, quae oratoris officia, quae in intellectu et in inventione et in dispositione servanda.

Zur Charakteristik der institutiones oratoriae des Sulpitius Victor. Der der Schrift vorausgehende Brief lautet: Quod frequenter a me postulabas, videor expedisse. Contuli in ordinem ea, quae fere de oratoria arte traduntur, secundum institutum magistrorum meorum, Zenonis praecepta maxime persecutus, ita tamen, ut ex arbitrio meo aliqua praeterirem, pleraque ordine immutato referrem, nonnulla ex aliis quae necessaria videbantur insererem. Recte an perperam fecerim, tu iudicabis; nec enim volo haec in multorum manus pervenire. p. 315, 13 sed nos a Graecis tradita, ut coepimus, persequamur eamusque per singula. p. 321, 29 hic erat ordo re vera, ut de statibus protinus traderemus, si non esset a Zenonis vestigiis recedendum: sed professi sumus usuros nos nostro esse iudicio, si videbitur res exigere aliquid inserendum esse de meo. p. 338, 28 hoc etsi apud Zenonem positum est, mihi tamen thema huius controversiae non placet. p. 341, 26 haec, quae ad praescriptionem pertinent, quamquam ab instituto Zenonis remota, non tamen alienum fuit persequi ex his quae tradidit Marcomannus, ex cuius commentariis haec prope ad verbum translata sunt. Iam sequitur ut videamus quae attinent ad statum qualitatis et ut ad Zenonem revertamur; vgl. noch p. 338, 35; 339, 1.

Die Ueberlieferung hängt von der Basler Ausg. des Jahres 1521 ab, der ein verloren gegangener cod. Spirensis zu Grunde liegt; vgl. § 837; 838.

Ausg. in Halms Rhet. lat. min. p. 313.

6. C. Julius Victor.

842. Das rhetorische Lehrbuch des C. Julius Victor. Im Jahre 1823 gab Angelo Mai aus einer Handschrift der Vaticana ein rhetorisches Lehrbuch heraus, das von einem C. Julius Victor verfasst wurde. Neues wollte der Rhetor nicht geben; er war sogar so ehrlich, im Titel seiner Schrift seine Quellen zu nennen. Unter den sechs Namen erweckt unser besonderes Interesse Marcomannus, weil hier zum erstenmal ein Deutscher in der Litteratur auftritt. Von diesen sechs Quellen hat er besonders den Quintilian ausgeschrieben, und zwar in so starkem Masse, dass das Lehrbuch fast die Stelle einer Quintilianhandschrift vertreten kann. Neues lernen wir so gut wie nichts aus der Schrift; allein sie verdient doch insofern Berücksichtigung, als sie uns den rhetorischen Schulbetrieb des

vierten Jahrhunderts, dem der Verfasser noch angehören wird, kennen lehrt und das eine oder andere aus verloren gegangenen Autoren durch ihn erhalten ist. Das Lehrbuch des Julius Victor lebte wieder auf in der Zeit Karls des Grossen, in der es Alcuin ausser der Schrift Ciceros de inventione seinem rhetorischen Lehrgang zu Grunde gelegt hat.

Quellen. Der Titel der Schrift lautet: C. Julii Victoris ars rhetorica Hermagorae, Ciceronis, Quintiliani, Aquili, Marcomanni, Tatiani. Für Aquili vermutet A. Mai Aquilae, Orelli Aquilii. Marcomannus wird citiert von Chirius Fortunatianus p. 98, 26 Halm, dann von Q. Fabius Laurentius Victorinus (p. 173, 25) Marcomannus erravit, qui dixit finem oratoris officii non esse persuadere, nec finem medicinalis officii sanare (vgl. p. 299, 15), von Sulpitius Victor p. 341, 27; vgl. § 841. Für Tatiani lesen Titiani Mai und Bergk, Rhein. Mus. 4 (1845) p. 129. Bei Tatiani kann man an den Sohn des Orator Julius Rufinianus denken; vgl. § 838. Wird Titiani gelesen, so hat man wohl den bei Hieronym. z. J. 2361 344 n. Chr. (2 p. 193 Sch.) Titianus vir eloquens praefecturam praetorio aput Gallias administrat genannten Titianus anzunehmen. Er wird identisch sein mit dem Konsul des Jahres 337 Ti. Fabius Titianus. Ueber den Wert des Julius Victor für die Quintiliankritik vgl. § 486 a und F. Meister, Quaest. Quintilianae, Liegnitz 1860, p. 19; C. Halm, Ueber den Redner Julius Victor als Quelle der Verbesserung des Quintilianischen Textes (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1863 p. 389).

=

Fortleben des Julius Victor. In der disputatio de rhetorica et de virtutibus sapientissimi regis Karli et Albini (d. h. Alcuini) magistri (p. 525 Halm) ist Julius Victor als hervorragende Quelle benutzt; vgl. Halm p. XIII: „non nititur Albini compilatio nisi duobus veterum scriptis, Ciceronis libris de inventione et Julii Victoris rhetorica aut eius rhetoris arte, ex quo Victor, qui nihil proprii habet, capita de reliquis oratoris officii partibus descripsit."

Ueberlieferung. C. Julius Victor ist uns nur erhalten im cod. Vaticanus Ottobonianus s. XII.

Ausg. Editio princeps von A. Mai, Rom 1823; in C. Orellis Cicero Bd. 5 p. 195; Halm, Rhet. lat. min. p. 373.

Litteratur. A. Damien, De C. Juli Victoris arte rhetorica, Paris 1852; C. Halm, Rhet. lat. min. p. X.

Andere Rhetoren sind: 1. Patera und Delphidius. Hieronym. z. J. 2352 335 n. Chr. (2 p. 192 Sch.) Patera rhetor Romae gloriosissime docet. Epist. 120 (ad Hedibiam; 1, 812 Vall.) maiores tui Patera atque Delphidius, quorum alter antequam ego nascerer rhetoricam Romae docuit, alter me iam adulescentulo omnes Gallias prosa versuque suo illustravit ingenio. Vgl. das an ihn bei Ausonius (Prof. Burdigal. 5 p. 58 Sch.) gerichtete Gedicht. 2. Attius Tiro Delphidius, der Sohn des genannten Delphidius; über ihn vgl. Ausonius ibid. 6 p. 59 Sch. Als Knabe schrieb er einen Hymnus auf Juppiter, später bethätigte er sich als Epiker, Rhetor und Gerichtsredner. Unter Magnentius (350-353) trat er in den Hofdienst, was ihn in grosse Gefahr brachte; doch erlangte er die Begnadigung von Constantius. Er wirkte alsdann als Rhetor in Burdigala. Vor Julian klagte er den Numerius an; vgl. Amm. Marc. 18, 1, 4 (z. J. 359) Numerium Narbonensis paulo ante rectorem accusatum ut furem inusitato censorio vigore pro tribunali palam admissis volentibus audiebat, qui cum infitiatione defenderet obiecta, nec posset in quoquam confutari, Delphidius orator acerrimus vehementer eum inpugnans. Ueber seinen Tod vgl. Ausonius ibid. 6, 36 (medio aevi raptus es). Ueber seine Witwe Euchrotia und seine Tochter Procula vgl. Sulpicius Severus, Chron. 2, 48, der uns berichtet, dass beide mit dem Sectierer Priscillian in Verbindung traten. Vgl. Seeck, Pauly-Wissowas Realencycl. 4 Sp. 2503.

Nicht nötig dürfte es sein, die einzelnen professores Burdigalenses, welche Ausonius verherrlicht, hier aufzuzählen.

3. Die Juristen.

843. Die vaticanischen Fragmente. In sinkenden Perioden der Kultur werden die reichen Geistesschätze, welche die Vorzeit aufgespeichert, drückend, und es erwacht das Bedürfnis, dieselben zu kürzen und für den handlichen Gebrauch zuzurichten. In der Historiographie legt die Epitome Zeugnis von diesem engherzigen Standpunkt ab. Auch in der Jurisprudenz drängt die Richtung der Zeit dazu, an Stelle der ausgebreiteten Litteratur

die Sammlung ausgewählter Stellen treten zu lassen; eine solche Sammlung liegt uns in den vaticanischen Fragmenten vor. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts stellte nämlich ein uns unbekannter Mann,1) der im Westen des Reiches lebte, aus juristischen Schriften und aus kaiserlichen Constitutionen für die Praxis ein Rechtsbuch zusammen. Von den Juristen benutzt er Papinian, Ulpian, Paulus und einen uns nicht bekannten Autor über die Interdikte; aus den kaiserlichen Constitutionen, die den Zeitraum von 205-372 umspannen, aber grösstenteils aus der Regierung Diocletians stammen, berücksichtigt er in erster Linie die Rescripte; beide Rechtsquellen sind nicht voneinander geschieden, sondern neben einander aufgeführt. Seinen Stoff verteilt er unter bestimmte Titel, die aber ebensowenig wie die ausgehobenen Stellen numeriert werden; es sind uns deren sieben erhalten. Auch von Bucheinteilung findet sich keine Spur; ein bestimmtes System der Anordnung lässt sich aus den Fragmenten nicht gewinnen. Der hohe Wert der Sammlung ruht darin, dass der Urheber derselben seine Quellen unverändert wiedergibt; dieselben werden auch namhaft gemacht, und zwar in der Weise, dass die Schrift des excerpierten Autors da erscheint, wo mit dem ersten Excerpt eingesetzt wird und solange in Geltung bleibt, bis eine neue Schrift herangezogen wird. Dass der Redaktor bei der Auswahl der Constitutionen die Bedürfnisse des Westens im Auge behält und griechische Quellen ausser Acht lässt, ist durch den Entstehungsort bedingt. Von dieser Sammlung sind uns in einem Palimpsest des Klosters Bobbio nur Bruchstücke erhalten, welche, da sich der Codex jetzt in der Vaticana befindet und ein Titel der Schrift aus dem Fragment nicht ersichtlich ist, den Namen Fragmenta vaticana führen. Aus den den Blätterlagen beigeschriebenen Ziffern lässt sich noch erkennen, dass das Rechtsbuch einen bedeutenden Umfang hatte. Die hie und da beigefügten Scholien gestatten die Vermutung, dass dasselbe auch beim juristischen Unterricht gebraucht wurde. Die Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit des Sammlers lässt manches zu wünschen übrig.

Die Zeit der Sammlung. Dieselbe muss vor der Abfassung des cod. Theodosianus (438) entstanden sein, denn sie gibt § 35, 37, 249 nicht den verkürzten Text des cod. Theodos., sondern den durch denselben ausser Kraft gesetzten vollständigeren. Die Sammlung muss nach 372 entstanden sein, denn § 37 findet sich eine Verordnung aus dem Jahre 372; die Sammlung fällt sonach zwischen 372 und 438, aber sie liegt naturgemäss dem ersten Zeitpunkt näher als dem zweiten. Mommsen will dagegen die Sammlung noch zu Lebzeiten Constantins entstanden wissen. Er führt als Gründe dafür an, erstens dass Constantin genannt werde: dominus Constantinus et Caesares oder Constantinus et Caesares oder Augustus et Caesares; zweitens dass die zunächst verstorbenen Kaiser Diocletianus und Constantius als divi bezeichnet werden; drittens dass schon die Tilgung der Kaiser, deren Andenken verflucht wurde, des Maximianus Herculius, des Galerius Maximianus und des Licinius stattgefunden. Allein das Missliche ist, dass Mommsen dadurch gezwungen ist, die Verordnung vom Jahre 372 als Interpolation zu erklären. Vgl. auch noch Huschke p. 713; Karlowa 1 p. 971.

Entstehungsort der Sammlung. Ausser der Berücksichtigung des Westens durch Anführung der Verordnungen Maximians deutet auch der Fundort der Handschrift auf den Westen hin. Auch dass der Autor das griechisch geschriebene Werk Modestins de excusationibus nicht benutzt, ist bezeichnend, wie die Nichtbenutzung der Sammlung in dem justinianischen Gesetzgebungswerk; vgl. Mommsen, Abh. p. 403.

Erhaltene Titel: de empto et vendito; de usu fructu; de re uxoria ac dotibus;

1) Mehrere Autoren anzunehmen, wie Huschke (p. 712) thut, liegt kein Grund vor.

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