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in das Gebiet der Stilistik und Metrik über. Von den drei ersten Büchern, welche der Grammatik gewidmet sind, behandelt das zweite die 8 Redeteile, das dritte gibt einen Anhang zur Lehre vom Verbum. Eigentümlich gestaltet ist das erste Buch; es beginnt nach hergebrachter Weise mit der Erörterung der allgemeinen grammatischen Begriffe, die jedoch am Anfang verstümmelt ist, schreitet aber dann zu einer Darstellung der Nominalverhältnisse, welche eigentlich im zweiten Buch hätten behandelt werden sollen. Mit dem vierten Buche beginnen die stilistischen und metrischen Erörterungen; von beiden Teilen sind uns Stücke erhalten. Das Werk des Charisius ist, wie aus der Vorrede hervorgeht, im wesentlichen eine Compilation aus verschiedenen Grammatiken; um selbständige Durchdringung des Stoffes ist es ihm so wenig zu thun, dass er seine Auszüge aus verschiedenen Autoren einfach neben einander stellt. Der Wert des Lehrgebäudes ruht also in den verlorenen Werken, welche Charisius ausgeschrieben. Diese aufzudecken, hat sich eine Reihe von Gelehrten bemüht; selbstverständlich sind diese Untersuchungen mit grossen Schwierigkeiten verbunden, und die Abtrennung der verschiedenen Bestandteile wird immer mehr oder weniger Zweifeln unterworfen sein. Charisius selbst nennt als Quellen Palaemon, Cominianus und Julius Romanus.

Die Vorrede. H. Keil, Gramm. lat. 1 p. 1 Fl. Sosipater Charisius v. p. magister urbis Romae filio karissimo salutem dicit. Amore latini sermonis obligare te cupiens, fili karissime, artem grammaticam (vielleicht war dies auch der Titel seines Werks; vgl. H. Keil 1. c. p. LVII) sollertia doctissimorum virorum politam et a me digestam in libris quinque dono tibi misi. qua penitus inspecta cognosces quatenus latinae facundiae licentia regatur aut natura aut analogia aut ratione curiosae observationis aut consuetudine, quae multorum consensione convaluit, aut certe auctoritate, quae prudentissimorum opinione recepta est. erit iam tuae diligentiae frequenti recitatione studia mea ex variis artibus inrigata memoriae tuisque sensibus mandare, ut quod originalis patriae natura denegavit virtute animi adfectasse videaris. Zu bemerken ist, dass wir bei der Verstümmlung der Handschrift zum Teil auf die editio princeps angewiesen sind, in der die Worte urbis Romae bis dicit fehlen.

Der Name des Grammatikers erscheint vollständig in der Ueberschrift des vorausgeschickten Briefes und bei Rufinus, Gramm. lat. 6 p. 572, 18; doch bietet die handschriftliche Ueberlieferung des Rufinus Flu. statt Fl. Sosipater Charisius wird der Grammatiker genannt bei Rufinus, Gramm. lat. 6 p. 565, 4. Gewöhnlich heisst er nur Charisius. H. Keil, Gramm. lat. 1 p. XLVIII: „fuit hic posterioris aetatis mos ut Cominiani nomine libros Charisii nuncuparent"; vgl. auch noch Hagen, Anecdota Helvet. p. CLVI. Diese Verwechslung rührt wahrscheinlich daher, dass der verlorene Teil der ars den Namen des Cominianus an der Spitze trug; vgl. H. Keil p. XLVIII: dagegen W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 123. Ueber Excerpta Cominiani, die A. Mai (Classici auctores 5 (1883) p. 150) mitgeteilt hat, vgl. H. Keil p. XXII und p. 180, 27.

Flavianus. Es findet sich eine Reihe von Stellen, wo ein Grammatiker Flavianus citiert wird; da alle diese Stellen sich auch bei Charisius fast wörtlich finden, ziehen H. Keil (Hermes 1 (1866) p. 333) und Hagen (Anecdota Helvet. p. CLXIII) den Schluss, dass ein Grammatiker Flavianus nicht existiert habe und seine Existenz nur einer irrtümlichen Auflösung des Vornamens des Charisius verdanke, während A. Riese (Heidelberger Jahrb. 1871 p. 585) vielmehr die Schlussfolgerung gezogen wissen will, dass Flavianus dem Charisius als Vorname beizulegen sei. Im Gegensatz zu dieser Anschauung hält L. Müller (Fleckeis. Jahrb. 93 (1866) p. 561) an der Existenz eines in späterer Zeit lebenden Grammatikers Flavianus fest. Schwer ist ein Urteil zu gewinnen über liber I Flaviani de consensu nominum et verborum, der in Katalogen von Bobbio bei Muratori, Ant. Ital. tom. 3 p. 820 und von Michelsberg erwähnt wird; vgl. G. Becker, Catalogi bibl. antiqui, Bonn 1885, Nr. 32, 425 (p. 69); 80, 196 (p. 193). Wohl unrichtig identifiziert Reifferscheid (Rhein. Mus. 16 (1861) p. 23) den Flavianus mit Nicomachus Flavianus, den wir oben als als einen Anhänger der heidnischen Religion kennen gelernt haben.

Zeit und Heimat des Grammatikers. Da Charisius von Servius citiert wird (Verg. Aen. 9, 329), kann Charisius nicht nach dem 4. Jahrhundert geschrieben haben. Der terminus post quem bestimmt sich durch die Benutzung des Julius Romanus, Comi

=

nianus und Marcius Salutaris. Da der letztere vir perfectissimus von Charisius genannt wird (1 p. 229, 19), scheint derselbe im 4. Jahrhundert gelebt zu haben; doch vgl. A. Kiessling, De person. Horatian., Greifswald 1880, p. 6 Anm. 6. Darnach müsste man den Grammatiker dem 4. Jahrhundert zuweisen. Viel bestimmter ergibt sich die Zeit des Charisius, wenn eine Conjektur Useners (Rhein. Mus. 23 (1868) p. 492) richtig ist. Wir lesen nämlich Hieronym. z. J. 2374 358 (2 p. 195 Sch.): Euantius eruditissimus grammaticorum Constantinopoli diem obit. in cuius locum ex Africa Charistus (so der Bernensis, während Amandinus chrestus hat; Usener: Charisius) adducitur. Damit wäre auch die Heimat des Grammatikers gegeben. Dagegen spricht nicht 215, 22 hodieque nostri per Campaniam sic locuntur (vgl. Froehde, De C. Julio Romano Charisii auctore, Leipz. 1892, p. 672), wohl aber dafür die Worte der Vorrede: ut quod originalis patriae natura denegavit virtute animi adfectasse videaris.

Excerpta Bobiensia. Aus einem cod. Vindob. 16 s. VII/VIII gaben Eichenfeld und Endlicher in den Anal. gramm., Wien 1837, p. 75 eine grammatische Schrift (de nomine, de pronomine, de verbo) heraus, welche, da die Handschrift, aus der sie publiziert wurde, aus Bobbio stammt, von H. Keil excerpta Bobiensia genannt wurde, jetzt auch mit Anonymus Bobiensis bezeichnet wird. Massgebende Ausgabe von H. Keil, Gramm. lat. 1 p. 533. Die excerpta Bobiensia zeigen eine auffallende Verwandtschaft mit Charisius; diese Verwandtschaft ist aber nicht so zu deuten, dass die exc. Bob. aus Charisius geflossen sind, wie H. Keil früher angenommen (Gramm. lat. 1 p. XVIII), sondern so, dass die Exzerpte und Charisius auf dieselbe Quelle zurückgehen. W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 136; H. Keil, Gramm. lat. 7 p. 369; F. Boelte, De artium script. lat., Bonn 1886, p. 51, p. 17; H. Nettleship, Journal of philol. 15 (1886) p. 27; L. Jeep, Rhein. Mus. 44 (1889) p. 41. Ueber die Exzerpte und Cominian vgl. Jeep, Redeteile p. 13. Auch mit Dositheus zeigen diese Exzerpte enge Verwandtschaft; über diese Verwandtschaft vgl. H. Keil, Gramm. lat. 7 p. 369; Jeep, Redeteile p. 16. Im allgemeinen vgl. noch Goetz, Pauly-Wissowas Realencycl. 1 Sp. 2333.

Ueber die Excerpta Parisina des cod. Parisinus 7530 s. VIII vgl. H. Keil, Gramm. lat. 1 p. XVIII. Ueber die Excerpta des cod. Bernensis, Leidensis und Sanctamandinus vgl. Keil I. c. p. XIX.

Quellen des Charisius. Die Quellenuntersuchung hat von den Stellen auszugehen an denen Charisius seine Autoren ausführlich nennt; diese Autoren sind folgende: a) Palaemon p. 225, 5 Palaemon autem ita definit (de coniunctione); 231, 1 de praepositionibus Palaemon ta definit; 232, 11 apud Palaemonem; 238, 23 Palaemon ita definit (de interiectione); B) Cominianus 147, 18 ablativus casus singularis, ut ait Cominianus grammaticus . . . . terminatur; 175, 29 de coniugationibus, quas nos ordines praediximus, Cominianus disertissimus grammaticus ita disseruit; 180, 11 Cominianus grammaticus ita de participio breviter refert; 181, 15 et haec quidem (de adverbio) breviter Cominianus grammaticus disseruit; 224, 24 de coniunctione, ut ait Cominianus; 230, 4 de praepositione, ut ait Cominianus; 238, 19 de interiectione, ut ait Cominianus; 265, 2 de barbarismo, ut ait Cominianus; 266, 15 de soloecismo, ut ait Cominianus. y) Julius Romanus c. 17 (p. 116, 29) de analogia, ut ait Romanus; 190, 8 G. Julius Romanus ita refert de adverbio; 229, 3 (de coniunctione); 236, 16 Gaius Julius Romanus de praeposi tionibus libro aqoquv ita refert; 239, 1 G. Julius Romanus ita refert; es folgt die Definition der Interiectio; vgl. H. Keil, Gramm. lat. 1 p. XLV. Es ist aber nicht zweifelhaft, dass Charisius auch ungenannte Autoren benutzt hat, z. B. 12, 4 aliis ita de syllaba placuit definire; 14, 10 aliis ita placuit de syllabis communibus definire; 114, 30 aliis ita placuit definire (de comparationibus); vgl. L. Jeep, Zur Gesch. der Lehre von den Redeteilen bei den lateinischen Grammatikern, Leipz. 1893, p. 7. Bei der Feststellung der Quellen sind auch die Autoren heranzuziehen, die aus denselben Quellen schöpften wie Charisius, so Dositheus und Marius Victorinus. Ueber die Bedeutung der excerpta Bob., welche hier besonders in Betracht kommen, vgl. Jeep, Redeteile p. 11; p. 13; p. 2; p. 4. Die Quellen des Charisius wurden eingehend untersucht, wobei besonders die Kapitel 15 und 17 des 1. Buchs herangezogen wurden; die gewonnenen Resultate ruhen naturgemäss auf unsicherem FundaA. Schottmüller, De Plinii libris grammaticis, Bonn 1858, p. 7; W. Christ, Charisius (Jahresber.), Philol. 18 (1862) p. 112; F. Clausen, Ueber einen Abschnitt (vom Verbum) aus der ars grammatica des Charisius, Berl. 1873; C. v. Morawski, Quaestionum Charis. specimen (Hermes 11 (1876) p. 339); H. Kummrow, Symbola ad grammaticos lat., Greifswald 1880, p. 9; H. Neumann, De Plinii dubii sermonis libris Charisii et Prisciani fontibus, Kiel 1881; F. Boelte, De artium scriptoribus lat., Bonn 1886; Die Quellen von Charisius 1, 15 u. 17 (Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 401); C. Marschall, De Q. Remmii Palaemonis libris grammaticis, Leipz. 1887; J. W. Beck, Zur Quellenanalyse des Charisius (Philol. 48 (1889) p. 255); O. Froehde, De C. Julio Romano Charisii auctore (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 18 (1892) p. 567); L. Jeep, Redeteile p. 1. Auch hat Jeep, Die jetzige Gestalt der Grammatik des Charisius (Rhein. Mus. 51 (1896) p. 401) die Quellenfrage be

ment.

handelt; er stellt dabei die Hypothese auf (p. 424), „dass die Auszüge aus Romanus erst nach der Benutzung der Grammatik des Charisius durch Diomedes derselben einverleibt wurden. Im Anschluss hieran will Jeep beobachtet haben, dass, wenn zwei Quellen neben einander gereiht wurden, stets der kürzeren Darstellung der ersteren Quelle die längere und eingehendere der zweiten folgt (p. 425), und schreitet alsdann zu der neuen, aber unwahrscheinlichen Hypothese fort, dass Charisius sozusagen zwei Kurse neben einander stellte, einen kürzeren für den Anfang und einen höheren und umfassenderen für die Repetition nach Aneignung des kürzeren, eine Darstellungsweise, die bekanntlich Donat in zwei ganz getrennten artes gleichfalls anwendete und Diomedes wiederum in einem Werke in anderer Form durchzuführen versuchte."

Zum Fortleben des Charisius vgl. oben den Absatz Quellen". Oefters wird Charisius von Priscian citiert (vgl. Gramm. lat. 3 p. 531). Von Charisius ist auch abhängig ars grammatica accepta ex auditorio Donatiani; dieselbe wird gewöhnlich Donatiani fragmentum genannt, zuerst herausgegeben von Parrhasius aus einem codex Bobiensis, Mailand 1504, jetzt von H. Keil, Gramm. lat. 6 p. 275. Donatianus ist vielleicht identisch mit Tiberius Claudius Maximus Donatianus, dem Sohn des Vergil commentators Tib. Claudius Donatus (§ 248, 2). Ueber das Fragment vgl. L. Spengel, Münchener gel. Anz. 10 (1840) p. 525; H. Keil, Gramm. lat. 6 p. 254; ebenda 1 p. XXIV; F. Boelte, Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 438; O. Froehde, Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 18 (1892) p. 573; Jeep, Redeteile p. 5; Rhein. Mus. 51 (1896) p. 440.

Ueberlieferung. Die einzig vollständige Handschrift des Charisius ist der codex Neapolitanus IV A 8 s. VII/VIII; genaue Beschreibung bei H. Keil, Gramm. lat. 1 p. VII. Sie bildet daher allein das Fundament der Recension. Neben derselben hat das fragmentum Parisinum 7560 s. XI nur geringen Wert. Von grösserer Wichtigkeit sind die excerpta Bobiensia, wozu sich noch gesellen die Excerpte aus Charisius; vgl. H. Keil p. XVIII; Hagen, Anecdota Helvetica p. CLV. Ueber die Unsicherheit der Ueberlieferung gegen Ende des Werks vgl. H. Keil p. XIII und dazu noch Boelte, Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 429 Anm. 76.

Ausg. Von den älteren Ausg. nennen wir die editio princeps des Jo. Pierius, Neapel 1532; vgl. H. Keil p. XV. Die von G. Fabricius, Basel 1551; vgl. H. Keil p. XXVIII. Massgebend ist die von H. Keil, Gramm. lat. 1 p. 1. Separatausgaben des Abschnittes de versu saturnio von F. W. Schneidewin, Göttingen 1841; H. Keil, Philol. 3 (1848) p. 90; De idiomatibus generum ist publiziert von H. Keil, Gramm. lat. 4 p. 573; Corpus glossariorum lat. 2 p. 537; de latinitate im Corpus glossariorum lat. 5 p. 660.

Litteratur. M. Hertz, Rhein. Mus. 20 (1865) p. 319; R. Westphal, Griechische Metrik 12 p. 131; Goetz, Pauly-Wissowas Realencycl. 3 Sp. 2147.

6. Diomedes.

834. Die Grammatik des Diomedes. Neben der Grammatik des Charisius ist für die Geschichte der Sprachwissenschaft auch die des Diomedes von grosser Wichtigkeit. Beide Werke unterscheiden sich aber nicht unerheblich von einander. Während die Grammatik des Charisius uns mit grossen Lücken überliefert wurde, ist uns das Werk des Diomedes vollständig erhalten. Seinen Stoff hat Diomedes gedrängter behandelt, indem er statt der fünf Bücher des Charisius nur drei gibt. Eigentümlich ist die Art und Weise, in der Diomedes sein Werk aufgebaut hat. In dem ersten Buch werden die acht Redeteile behandelt, erst im zweiten Buch beginnt er mit den Elementarbegriffen der Grammatik und schliesst mit den Mängeln und Vorzügen der Rede, d. h. er erörtert die Stilistik; das dritte Buch endlich ist der Metrik gewidmet. Durch wissenschaftliche Rücksichten ist, wie jedermann sieht, diese Gliederung nicht bestimmt, massgebend erschien hier das Interesse des praktischen Unterrichts. Dieser ging von den acht Redeteilen aus, um auf dieser Grundlage zur Stilistik und Metrik überzugehen. Dass auch die grammatischen Grundbegriffe in das zweite Buch verwiesen wurden, ist eine tadelnswerte Inkonsequenz, durch welche die Einheit dieses Buchs vollständig zerstört ist. Auch in

der Composition hebt sich die Grammatik des Diomedes merklich von der des Charisius ab; bei Diomedes ist die Darstellung eine einheitliche, Charisius dagegen hat sich oft damit begnügt, die Quellen einfach nebeneinander zu stellen. Die Quellenfrage ist daher bei Diomedes weit komplizierter als bei Charisius. Das wichtigste Problem, das hier vorliegt, ist das Verhältnis zwischen Charisius und Diomedes. Dasselbe hat viele Lösungen gefunden; die verbreitetste war die, dass beide Grammatiker da, wo sie übereinstimmen, aus derselben Quelle schöpfen und daher von einander unabhängig sind. Doch scheint bei genauerem Zusehen die Annahme gerechtfertigt zu sein, dass Diomedes bereits den Charisius gekannt hat; ist dies richtig, so gewinnen wir für die Zeitbestimmung des Diomedes das wichtige Moment, dass er nach Charisius gelebt. Sonst ist seine Persönlichkeit in tiefes Dunkel gehüllt, nur aus der Vorrede erfahren wir noch, dass Diomedes sein Buch dem Athanasius gewidmet hatte.

Titel der Schrift. Im Parisinus 7494 lautet die Subscriptio zum 2. Buch: feliciter explicit ars Diomedis Grammaticae; im Paris. 7493 feliciter explicit ars Diomedis Grammatici. Rufinus, Gramm. lat. 6 p. 568, 12 Diomedes sic dicit in II libro artis suae. Daraus wird man wohl auf den Titel ars grammatica schliessen müssen.

Zeit des Diomedes. Hier sind wir noch schlimmer daran als bei Charisius, da wir lediglich auf Schlussfolgerungen angewiesen sind. Wenn es richtig ist, wie Jeep behauptet, dass Diomedes den Charisius und Donat benutzt hat, so kann Diomedes nicht vor der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts angesetzt werden. In die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts rückt ihn W. Christ (Philol. 18 (1862) p. 131) hinauf, da er von der Anschauung ausgeht, dass Diomedes (und Charisius) vor Donat geschrieben haben; allein diese letzte Schlussfolgerung scheint doch nicht zwingend zu sein. Dagegen ist es richtig, wenn Christ (1. c. p. 130) aus p. 318, 5 schliesst, dass dem Diomedes die Bedeutung des sacerdos als Eigenname nicht bekannt war, und er geraume Zeit nach dem Grammatiker Claudius Sacerdos gelebt haben muss.

Ziel und Gliederung der Schrift des Diomedes ergibt sich aus der Vorrede (Gramm. lat. 1 p. 299) artem merae Latinitatis puraeque eloquentiae magistram sub incude litteraria dociliter procudendo formatam humanae sollertiae claritas expolivit. hanc cum cognovissem excellentem facundiam tuam (Athanasii) plurimi facere, desiderio tuo libenter indulgens summo studio, quantum mediocris admodum ingenii mei qualitas capere patiebatur, trino digestam libello dilucideque expeditam censui esse mittendam, quia ipsos aurium meatus audita scientia complere absentia denegatum est. sane, ne quid esset incognitum, vitanda fuit nimium constricta brevitas. est enim lucubrationis industria studiique collatio tripertita, ut secundum trina aetatis gradatim legentium spatia lectio probabiliter ordinata crimen prolixitatis evadat taediumque permulceat. quae quidem in tribus divisionibus quamvis patula sit, tamen in singulis suam continet brevitatem. quam ob rem, ut mea fert opinio, spero tibi aliisque legentibus magno usui fore. igitur totius operis prima pars universi sermonis membra continet; altera non solum observationes quae arti grammaticae accidere solent sed etiam structuram pedestris orationis uberrime planeque demonstrat; tertia pedum qualitatem, poematum genera metrorumque tractatus plenissime docet. superest ut singula recolendo memoriae tenaci mandentur, ne frustra cum tempore evanescat labor, quo tanto maxime rudibus praestare cognoscimur, qui rusticitatis enormitate incultique sermonis ordine sauciant, immo deformant examussim normatam orationis integritatem politumque lumen eius infuscant ex arte prolatum, quanto ipsi a pecudibus differre videantur. Ferner kommen in Betracht die einleitenden Worte zu dem 2. und 3. Buch; der Verfasser hat nämlich die Gewohnheit, auf das Abgehandelte hinzuweisen und das Neue anzukündigen. So heisst es im Eingang von Buch 2 (p. 420): in primo libello sermonis universi membra, quae prima legentibus artis grammaticae studia praecipua esse videbantur, pro qualitate ingenii puto me satis exposuisse, nec ullius fugere scientiam arbitror totam loquendi materiam disputandique substantiam partibus orationis administrari; in hoc vero quid sit grammatica et quibus aliis adminiculis instruatur explicabimus und in dem vom 3. Buch (p. 473): in libro [quoque] secundo quantum ad officium observationis grammaticae structuraeve orationis prosae probabilem cognitionem spectat prudentiae tuae sensibus interim explanasse sufficiat. in hoc vero tertio libro, qui summam totius operis implebit, metra quae sunt tortuosis obscuritatibus implicata ac multarum quaestionum numerosa diversitate perplexa, quibus pedum qualitatibus conpositionisve metricae ob

servationibus regantur, certis rationibus edocebo. Ueber die Latinität des Werks vgl. C. Paucker, Kleinere Studien (I Die Latinität des Diomedes), Berl. 1883.

Quellen des Diomedes. Als Quellenautoren citiert Diomedes folgende: a) Terentius Scaurus p. 300, 19 Scaurus sic, oratio est ore missa et per dictiones ordinata pronuntiatio; nach Aufzählung der Redeteile fährt Diom. fort (p. 300, 27): Scauro videtur et appellatio; 318, 14 ut Scaurus retulit; 320, 13 sed ex hac (des Nomen) definitione Scaurus dissentit; 403, 20 Scaurus ita definit (das Adverbium); 421, 16 Scaurus sic eam (litteram) definit; 444, 29 hypozeuxis est, ut Scaurus ait etc.; 449, 26 Scaurus ita definit (macrologiam); 456, 27 tropus est, ut ait Scaurus etc. 8) Probus 364, 30 ideoque Probus negat recte dici piscem vel aliud tenerum quid manduco, sed potius edo, quod significat odio; 365, 9 praefoco praefocavi Probus quasi novam vocem miratur. y) Sueton 365, 19 Tranquillus quoque his adsentiens in libello suo plenissime edere incohata disseruit; 491, 31 uti adserit Tranquillus (im Abschnitt de poematibus). Vgl. H. Keil p. LI. Ueber Sueton als Quelle des Diom. vgl. noch Körtge, In Suetonii de vir. illustr. libros inquisitionum capita tria, Halle 1900; vgl. dazu Wessner, Berl. philol. Wochenschr. 1900 Sp. 877. Oft hat aber Diomedes seine Quellen nicht genannt; so führt eine Vergleichung des Diomedes mit Priscian auf Probus als ungenannte Quelle einer Partie bei Diomedes; vgl. H. Keil p. LII. Was Sueton anlangt, so wurde der Abschnitt de poematibus von O. Jahn (Rhein. Mus. 9 (1854) p. 629) auf Suetons ludicra historia und von Reifferscheid (Suetonii reliquiae, Leipz. 1860, p. 371) auf die Einleitung zum Abschnitt de poetis in Suetons litterarhistorischem Werk de viris illustribus zurückgeführt. Allein beide Annahmen führen auf Schwierigkeiten; weder passt der Traktat über die gesamte Poesie zur ludicra historia, noch stimmt die Art und Weise desselben zu einer Einleitung, wie sie sich uns aus den Fragmenten des litterarhistorischen Werkes darbietet. Mit Recht hat daher bereits W. Christ (Philol. 18 (1862) p. 162) Einwände gegen diese Hypothese erhoben und möchte auch in diesem Abschnitt mehrere Quellen annehmen; vgl. auch Steup, De Probis grammaticis, Jena 1871, p. 190. Kürzlich hat A. Buchholz, Ueber die Abhandlung de poematibus des Diomedes (Fleckeis. Jahrb. 155 (1897) p. 127) die Frage behandelt und ist dabei zu dem Resultat gekommen, dass nur das letzte Stück der genannten Abhandlung Eigentum Suetons sei, und dass der Hauptteil dem Valerius Probus angehört, der auch in den zwei anderen Büchern den durch Zusätze bereicherten Grundstock bilde. Gegen die Abhängigkeit von Probus spricht sich mit Recht Wessner (Bursians Jahresber. 113. Bd. 2. Abt. (1902) p. 163) aus. Ueber den gleichen Abschnitt handeln noch Usener, Ein altes Lehrgebäude der Philologie (Sitzungsber. der Münchener Akad. 1892 p. 582; bes. p. 614) und Kaibel, Die Prolegomena 7ɛoi xwuwdias (Abh. der Gött. Ges. der Wissensch. 2, 1898). Von besonderer Wichtigkeit ist für die Quellenfrage noch das Verhältnis zwischen Charisius und Diomedes; alle Möglichkeiten wurden hier erschöpft. Bald wurde Charisius zum Ausschreiber des Diomedes, bald Diomedes zum Ausschreiber des Charisius gemacht, bald wurde und dies ist die verbreitetste Ansicht für beide Grammatiker eine gemeinsame Quelle angenommen; vgl. H. Keil p. XLIX. Die zweite bereits von Georg Fabricius verfochtene Ansicht hat in neuester Zeit einen Vertreter in Jeep, Bemerkungen zu den lat. Grammatikern (Rhein. Mus. 44 (1889) p. 51); Redeteile p. 56; Die jetzige Gestalt der Grammatik des Charisius (Rhein. Mus. 51 (1896) p. 401) gefunden; vgl. auch Tolkiehn, Wochenschr. für klass. Philol. 1902 Sp. 1156. Auch Abhängigkeit von Donat wird von Jeep (Redeteile p. 58; Rhein. Mus. 51 (1896) p. 402 u. a.) angenommen. Es lassen sich noch Spuren anderer Quellen verfolgen, z. B. 321, 11 sicut Arruntius Claudius asserit (de nomine), wobei Celsus statt Claudius von H. Keil (Gramm. lat. 5 p. 334) conjiciert wird; vgl. Froehde, De C. Julio Romano Charisii auctore (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 18 (1892) p. 637). Ueber Terentianus Maurus als Quelle vgl. Lachmann, Zu Terent. Maur. p. XIII; vgl. H. Keil 1. c. 1 p. LV. Ueber Caesius Bassus als Quelle vgl. H. Wentzel, Symbolae criticae ad historiam scriptorum rei metricae lat., Breslau 1858, p. 63; W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 129. Ueber das Verhältnis des Diomedes zu den griechischen Technikern vgl. Christ 1. c.; O. Hense, De Juba artigrapho (Acta societatis Lipsiensis 4 (1875) p. 103; p. 121).

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Zum Fortleben des Diomedes. Citiert wird Diomedes bei Rufin (vgl. oben), oft bei Priscian (vgl. den Index in Gramm. lat. 3 p. 534) und bei Cassiodor (Gramm. lat. 7 p. 213, 1): Diomedem quoque et Theoctistum aliqua de tali arte scripsisse comperimus. Ueberlieferung des Diomedes. Alle Handschriften gehen auf einen Archetypus des 8. Jahrhunderts zurück; vgl. H. Keil, Gramm. lat. 1 p. XXXVII. Zur Herstellung dieses Archetypus zog H. Keil 3 Handschriften heran, Parisinus sive Puteanus 7494, Parisinus 7493, Monacensis 14467, alle aus s. IX. Ausserdem verwertete Keil noch die Exzerpte

des Parisinus 7530 s. VIII und die Lesarten eines Fuldaer Codex.

Ausg. des Diomedes. Massgebender Text der Recension bei H. Keil, Gramm. lat. 1 p. 299; über ältere Ausg. handelt in sorgfältiger Weise Keil 1. c. p. XLIII; vgl. W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 131. Buch III caput de poematibus in der Recension Leos bei Kaibel, Comicorum graecorum fragm. 1 (Berl. 1899) p. 53.

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