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Delphine, die den Einsiedler St. Martinian ans Land trugen, fromme, christliche Fischer oder Schiffer waren, oder ob wir auch hier eine Nachbildung der Arionsage haben. Der Legende zufolge hatte sich nämlich der Heilige, um vor Versuchungen, mit denen ihn ein schönes lüfternes Weib bedrohte, auf einen Felsen im Meere geflüchtet und dort bereits sechs Jahre lang als Einsiedler gelebt. Da scheiterte einst ein Schiff in seiner Nähe, und Alles ertrank, bis auf eine schöne Jungfrau, die sich auf den Felsen rettete. Martinian leistete ihr alle nöthige Hülfe, stürzte sich aber bald darauf ins Meer, um keiner neuen Verführung ausgesezt zu sein, und alsbald erschienen Delphine, die ihn wohlbehalten ans Land trugen.

vi. Der Hirsch.

Wie in der Ueberschrift des 22. Psalms „die Hindin, die frühe gejagt wird," so ist in dem Korachitischen Psalm „Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, Gott, zu dir; meine Seèle dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott 2." (Ps. 42, 2 ff.) der Hirsch das treffende Bild eines Schuldlosen, der Niemandem etwas zu Leide gethan, und gleichwohl vor seinen Verfolgern nirgend Ruhe und Raft findet, bis er endlich nahe daran ist, vor Erschöpfung zu erliegen und vor Durst zu verschmachten. Konnte es für die Christen in den ` Verfolgungszeiten ein passenderes Bild geben, als dieses? Scheu und schüchtern, wie der Hirsch, dachten sie nicht daran, auch nur den geringsten ihrer Feinde zu reizen oder herauszufordern, und doch mußten sie ihr ganzes Leben hindurch wie auf der Flucht sein und selbst in den abge= Legensten Schlupfwinkeln noch die Nachstellungen ihrer Verfolger fürchten.

War aus diesem Grunde der Hirsch schon im Allgemeinen für alle frommen Christen ein passendes Symbol denn wenn auch die eigentlichen Christenverfolgungen späterhin aufhörten, so waren doch damit die Drangsale und Verfolgungen, welche die Frommen aller Zeiten von boshaften und hinterlistigen Feinden zu erdulden haben, nicht für immer beseitigt, und namentlich ließ sich das in der angeführten Psalmenstelle erwähnte „Schreien des Hirsches nach frischem Wasser" sehr leicht von der Sehnsucht nach dem Wasser der Taufe oder nach dem lebendigen Wasser verstehen, von welchem Chriftus einst zu der Samariterin gesagt hatte, daß den, der es trinke, ewiglich nicht mehr dürften werde (Joh. 4, 14) specieller noch charakterisirte dieses Symbol jene frommen Einsiedler, die dadurch, daß sie sich ihren Aufenthalt in dem tiefen Dickicht eines Waldes gewählt hatten, den Hirschen auch äußerlich ähnlich geworden waren.

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Hält man diese symbolische Bedeutung fest, so wird man sich auch die mittelalterlichen Waldlegenden und den fast regelmäßig in ihnen

wiederkehrenden weißen Hirsch mit einem Kreuz oder Crucifix zwischen den Hörnern leicht deuten können. Gewöhnlich ist es nämlich ein wüster, leichtsinnig in den Tag hineinlebender und leidenschaftlich der Jagd ergebener Edelmann, der von Gottesfurcht und christlichem Gottesdienst nichts wissen will, und nicht selten absichtlich gerade den Sonntag oder wohl gar die heilige Woche wählt und seine Luft daran findet, wenn die feierliche Stille der christlichen Andacht durch die Klänge des Hifthorns und das Bellen der Hunde gestört wird. Gerade da aber tritt ihm entweder ein Hirsch mit dem Kreuz entgegen, oder die Verfolgung des Wildes führt ihn in die Klause eines frommen Eremiten, und von Stund an entsagt er seinem weltlichen und fündlichen Treiben und wird Einsiedler, oder geht in ein Kloster.

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So berichtet die Legende von St. Hubertus dargestellt als Jäger; vor ihm ein weißer Hirsch mit einem Crucifir zwischen dem Geweih daß er von vornehmer Herkunft gewesen, am Hofe Pipins gelebt habe und höchst weltlich gesinnt, insbesondere ein leidenschaftlicher Jagdliebhaber gewesen sei. Einst jagte er, heißt es weiter, in der Charwoche im Ardennerwalde, als sich ihm mit einem Male ein schneeweißer Hirsch mit einem Crucifir zwischen dem Geweih zeigte, der unbeweglich vor ihm stehen blieb. Dies machte einen so tiefen Eindruck auf ihn, daß er alsbald in fich ging. Der fromme Bischof Lambert bestärkte ihn in der Sinnesveränderung, und vollendete seine Bekehrung, worauf er längere Zeit als Einsiedler im Ardennerwald lebte und späterhin in Rom zum Bischof von Lüttich geweiht wurde.

Aehnliches berichtet die Legende von St. Eustachius — dargestellt als römischer Feldherr, der neben sich auf der einen Seite einen Hirsch mit dem Crucifix, auf der andern einen feurigen Ofen hat, oder auch nur diesen lezteren, und statt des Hirsches ein Hirschgeweih mit dem Crucifix in der Hand. Er war, wie es heißt, Soldat im römischen Heere, diente unter Vespastan und Titus und hatte sich bei der Eroberung Jerusalems vor Andern ausgezeichnet. Einst auf der Jagd zeigte sich ihm ein weißer Hirsch mit einem Crucifir, der sich willig fangen ließ, wobei von dem Crucifir die Worte heraustönten: „Placidus warum verfolgst du mich?" Placidus dies war sein bisheriger Name - erschüttert durch dieses Ereigniß, ließ sich alsbald mit Frau und Kindern taufen, wobei er den Namen Eustachius erhielt. Bald darauf aber kam ein Leiden nach dem andern über ihn. Er verarmte, lag mit den Seinen lebensgefährlich krank, und endlich wurde auch seine Frau ihm entführt. Er wanderte hierauf mit seinen beiden Kindern aus. An einem reißenden Wasser angekommen, trug er zuerst das eine hinüber; inzwischen wird ihm, ohne daß er es merkt, das zurückgelassene von einem Löwen geraubt, und während er zurückkommt, um dieses zu holen,

entführt ein Wolf ihm das andere. Der kinderlose Vater, von Kummer und Gram niedergebeugt, und in Folge seiner gänzlichen Verarmung nahe daran, Hungers zu sterben, findet endlich bei einem reichen Herrn ein Unterkommen, dem er fünfzehn Jahre lang als Tagelöhner dient. Der Kaiser Trajan, sich seiner vormaligen Kriegsthaten erinnernd, läßt ihn aufsuchen, ernennt ihn zum Feldherrn und in einem glücklichen Kriege findet Eustachius seine entführte Frau und die geraubten Kinder wieder. Triumphirend zieht er in Rom ein, aber standhaft weigert er sich, den heidnischen Göttern die herkömmlichen Opfer darzubringen. Daran als Christ erkannt, wird er aller seiner Würden entsegt, und endlich, da er sich durch nichts zur Verleugnung des Christenglaubens bewegen läßt, mit Frau und Kindern in einem glühenden Ofen verbrannt.

Von St. Aegidius oder St. Gilles dargestellt als Einsiedler; neben sich eine durch einen Pfeil verwundete Hirschkuhberichtet die Legende, daß er gegen Ende des VII. Jahrhunderts an der Mündung der Rhone als Einstedler gelebt und von einer Hirschkuh ernährt worden sei. Der Gothenkönig Flavius traf auf der Jagd einst das Thier mit seinem Pfeil, und wurde von diesem, das sich nach der gewohnten Klause flüchtete, zu dem Eremiten geführt und auf solche Weise mit ihm bekannt.

Ganz ähnlich heißt es von St. Procopius von Böhmen gleichfalls als Einsiedler dargestellt, einen Hirsch neben sich daß er in seiner Waldeinsamkeit von dem böhmischen Fürsten Ulrich dadurch entdeckt wurde, daß sich ein Hirsch, den dieser auf der Jagd verfolgte, zu dem frommen Klausner flüchtete.

Unverkennbar sollen diese und andere ähnliche Legenden zugleich den Gedanken veranschaulichen, daß diese von Natur sonst so scheuen und furchtsamen Thiere gleichsam durch ihren Instinct wissen, wie wenig ste von jenen frommen Eremiten zu fürchten haben und wie sicher sie in ihrem Schuge seien. Daher nähern sie sich diesen in den Legenden immer furchtlos und zutraulich; fte lassen fich willig melken, und oft find fie es allein, die das Leben derselben fristen. Man hat zwar keinen Grund, zu leugnen, daß dies wirklich ganz so, wie es berichtet wird, geschehen sein kann; indeß wird man immer dabei nicht vergessen dürfen, daß es dem Legendenerzähler zugleich darauf ankam, darzuthun, wie sicher sich der Fromme auf den göttlichen Schuß verlassen darf, indem ihm, sei es, daß er um seine Sünden abzubüßen, oder um ganz ungestört der Andacht zu leben, oder weil boshafte Feinde ihm keine andere Wahl ließen, in der tiefsten Einsamkeit des Waldes und fern von aller menschlichen Hülfe gerade die Thiere, die sonst so menschenscheu sind, zur Unterstügung ge= sandt werden.

So wird dies namentlich von St. Macrtna berichtet, die mit zwei Hirschkühen abgebildet wird, weil sie von diesen ernährt wurde.

Ebenso ist es in der bekannten Legende der St. Genoveva von Brabant eine Hirschkuh, die ste und ihr Kind ernährte, als sie von ihrem Gemahl, dem Herzog Siegfried auf den ungegründeten Verdacht der Untreue hin, verstoßen, in der Einsamkeit eines Waldes Jahre lang leben mußte, und eben diese Hirschkuh war es auch nachher, durch deren Verfolgung der Herzog wiederum seiner Gemahlin zugeführt wurde.

Auch von St. Maximus v. Turin, der gegen Ende des V. Jahrhunderts in einem Walde unfern von Turin als Einsiedler lebte, und als solcher mit einem Reh zur Seite abgebildet wird, heißt es, daß er einzig und allein von diesem ernährt worden sei.

Bei St. Katharina von Schweden, von der das Nähere weiter unten zu berichten ist, deutet die ihr zur Seite stehende Hirschkuh auf die Errettung hin, die sie dieser verdankte. Denn als sie, ihrer bezaubernden Schönheit wegen ein Gegenstand vielfacher Nachstellungen, in denen man um so eifriger war, je entschiedener ste jeglichen Heirathsantrag zurückgewiesen hatte, in eine Grotte geflüchtet und schon nahe daran war, ihren Nachstellern in die Hände zu fallen, wurden diese durch eine vorbeispringende Hirschkuh von der rechten Spur abgeleitet.

Bei St. Echenus (Ecianus), der als Bischof dargestellt wird, einen mit Hirschen bespannten Pflug neben sich, soll zunächst nur an das in der Legende berichtete Wunder erinnert werden, daß er wirklich einst in dieser Weise gepflügt habe. — Ob der Legendenerzähler mit dieser Geschichte nur seine Luft an der Erfindung abenteuerlicher Wunder bes friedigen, oder den allgemeinen Saz: daß dem wahrhaft Gläubigen nichts unmöglich sei, dadurch veranschaulichen wollte, mag unentschieden bleiben.

VIII. Das Schiff.

Schon der Apostel Petrus vergleicht das Wasser der Sündfluth mit dem Wasser der Laufe, die durch jenes bedeutet ist" (1. Petr. 3, 20. 21). Demnach lag es nahe, in der Arche Noahs eine vorbildliche Hindeutung auf die christliche Kirche zu finden, und man verglich beide um so lieber mit einander, weil sich dabei auch noch andere Punkte hervorheben ließen. Nur die in der Arche Befindlichen waren dem allgemeinen "Ver= derben entronnen; wer außerhalb derselben war, hatte seinen Untergang gefunden. Wie passend ließ sich dies auf die Kirche Christi anwenden, um den Saz zu erläutern, daß man nur in ihrem Schoße sicher, außer derselben aber kein Heil sei. *) Die Arche, auf den wildbewegten Fluthen

**) Cyprian. de unitate eccles. c. 5. Si potuit evadere quisquam, qui extra arcam Noë fuit, et qui extra Ecclesiam foris fuerit, evadet.

sicher dahinschwimmend, erinnerte ferner an das Schifflein Chrifti, in welchem er mit seinen Jüngern auf dem stürmischen Galiläischen See fuhr; und wie er hier den Ungestüm des Sturmes und der Wellen durch sein Wort beschwichtigte, und das Schiff sicher ans Ufer gelangen ließ, so konnte er auch in Beziehung auf die Kirche als ihr Steuermann und fte als sein Schiff dargestellt werden, das er durch alle Stürme des Lebens hindurch sicher in den Hafen seliger Ruhe bringt.

Daher gab man auch den Gotteshäusern gern die Form eines Schiffes, und der Gebrauch, den für die Zuhörer bestimmten Raum das Schiff zu nennen, hat sich bis auf unsere Zeit erhalten.

Besonders aber kehrt im Mittelalter in Gedichten, wie auf Gemälden das Schiff als Symbol der Kirche häufig wieder, und die Graalssage enthält eine ausführliche Beschreibung desselben. Am Vordertheil hat es die Warnung: Niemand möge eintreten, der nicht glaubt. Denn unter dem Zweifler spaltet es sich, so daß er durchfällt. Es hat drei Masten, einen weißen (Jungfräulichkeit), rothen (chriftliche Liebe) und grünen, vom Baum des Lebens im Paradiese genommen (chriftliche Hoffnung und Geduld). Das Bett mitten im Schiff bedeutet den Altar, auf dem Christus geopfert worden. Alle Heiligen, heißt es weiterhin, von Noah und seinem Geschlecht, Abraham, David und Salomo an bis in die Zeiten des neuen Bundes sind in diesem Schiff gefahren, und nur auf ihm gelangt man durch das stürmische Meer des Lebens hindurch glücklich in den sicheren Port.

Was die Schiffe auf den Heiligenbildern betrifft, so find fte den Legenden zufolge natürlich immer auf ein Wunder zu beziehen. Wahrscheinlich aber hat auch hier der Legendenerzähler die Heiligen häufig ein Wunder thun lassen, weil er aus dem, was ursprünglich nur symbolische Bezeichnung der Kirche war, ein eigentliches Schiff gemacht hatte.

Bei St. Castor, einem Priester, der in einer wüsten Gegend an der Mosel lebte, und in der Mitte des IV. Jahrh. starb, liegt die Vermuthung nahe, daß er, wenn er dargestellt wurde, wie er ein sinkendes Schiff rettet, damit zunächst nur als Retter der Kirche in einer Zeit großer Noth bezeichnet werden sollte, wenn nicht vielleicht hier der Name, der an die Zwillingsbrüder Castor und Pollur in der Mythologie erinnette, die bei Stürmen von den Schiffern angerufen wurden, zu der Erzählung von der wunderbaren Rettung eines Schiffes die Veranlassung war.

Ebenso mag auch bei dem Bischof St. Nikolaus v. Myra oder Bari, der gleichfalls auf dem Bilde ein Schiff neben sich hat, und von dem die Legende berichtet, daß er Schiffern in der Noth erschienen sei und troß alles Sturmes ihre Fahrzeuge sicher in den Hafen gesteuert habe

weshalb er auch noch gegenwärtig für den Schußpatron der Schiffer

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