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Menschengestalt selbst, die dort gleichsam nur die leere Tafel war, auf welcher man die Lehre von der Gottheit in hieroglyphischen Zügen eintrug, zur Trägerin der Gottesidee werden. Auch bei ihnen mochte, wie bereits oben in der Einleitung gezeigt worden ist, die Anwendung der idealschönen Menschenformen ursprünglich auf dem richtigen Grundsay: „das wahrhaft Gute ist auch das wahrhaft Schöne" beruhen. Aber es gehörte ganz zu der vorherrschend sinnlichen Natur des Griechischen Volkes, bei der Sünde nur ihre äußerliche Häßlichkeit hervorzuheben, und bei der Tugend die äußere, Schönheit als wesentlichstes Merkmal anzusehen und demgemäß auch für die ethische Vollkommenheit der göttlichen Natur nur die sinnlich schönen Formen der Menschengestalt als symbolischen Ausdruck zu brauchen, was natürlich zur unausbleiblichen Folge hatte, daß das Gefühl der Andacht und Verehrung, mit welchem man dem Gott nahen sollte, und das Gefühl der Bewunderung und des Wohlgefallens, mit dem man das Menschenwerk des Künstlers betrachtete, auf so untrennbare Weise in Eins zusammenschmolzen, daß die ästhetisch Gebildeten oft selbst nicht wissen mochten, ob sie andächtig gebetet oder im Kunstgenuß geschwelgt hatten. Und in der That mag die religiöse Erhebung des Gemüthes bei ihnen oft eben nur darin bestanden haben, daß sich das Steinbild für den schweigend und unverwandt zu ihm empor Blickenden nach und nach belebte, und in dieser Weise den auf Erden erscheinenden Gott, wenn nicht eigentlich darstellte, so doch wenigstens träumen ließ.

Insofern aber die zahlreichen Bildwerke seit dem Perikleischen Zeitalter das Volk in einer Götterwelt heimisch werden ließen, welche vom Kind bis zum Greise, von der Jungfrau bis zur Matrone in den mannigfaltigsten Formen das Ideal menschlicher Schönheit darstellte, sah sich zugleich der Mensch selbst in jeder Periode und auf jeder Stufe seines Lebens vergöttert, und dies war, wie in künstlerischer Hinsicht die Zeit der höchsten Blüthe, so in Beziehung auf religiöse Erkenntniß die des tiefsten Verfalls. Eben darum aber auch der entscheidende Wendepunkt in dem religiösen Leben der Völker.

Das Heidenthum hatte seinen Entwicklungsgang beendigt und war zu dem Resultate gekommen, zu welchem es auf dem hier eingeschlagenen Wege überhaupt kommen konnte. Durch die Sünde aus dem Leben in Gott und der Gemeinschaft mit ihm herausgetreten, mußten die Menschen, je deutlicher sie sich einerseits ihrer Entfremdung von Gott bewußt wurden, und je lebendiger ste andrerseits erkannten, daß ste die wahre Ruhe und den wahren Frieden nur in der Wiedervereinigung mit ihm finden könnten, diese zur Hauptaufgabe ihres ganzen Strebens machen. Sie fühlten sich innerlich entfremdet von ihm und glaubten daher ihn entfernt von sich. Um ihn also näher zu haben, nahm man im Heidenthum,

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das in ihm immer nur den objectiv gewordenen, fernstehenden Gott sah, zu äußeren Zeichen seine Zuflucht, welche ursprünglich nur dazu dienten, die Vorstellung von seiner unsichtbaren Nähe an sie anzuknüpfen, bis sie späterhin selbst als die sichtbaren Repräsentanten der unsichtbaren Gottheit angesehen wurden. Von da an war man bemüht gewesen, diesen Bildern mehr und mehr eine dem Begriff von der Gottheit entsprechende Gestalt zu geben, und die verschiedenartigen Formen, in denen sie bei den verschiedenen Völkern im Gebrauch waren, gaben sich überall als die Resultate bestimmter religionsphilosophischer Theorien kund, durch die sie hervorgerufen waren. Wie früh man aber auch darauf gekommen war, bei diesen Götterbildern die menschliche Gestalt zu Grunde zu legen, so sehr hatte man sich doch, je mehr man den unermeßlichen Abstand zwischen der Gottheit und dem Menschen erkannt hatte, gescheut, sie allein und ohne Weiteres zur Darstellung des Göttlichen zu benußen, bis endlich die Griechische Kunst den entscheidenden Schritt that, die Gottheit als Mensch erscheinen zu lassen. Liefer aber konnte ste in dem religiösen Bewußtsein des Menschen in der That nicht sinken, als wenn er, ohne Anstoß daran zu nehmen, fie als Seinesgleichen sich gegenüber sah. Und doch stellt sich das, was hier als Profanation und Carricatur des Heiligen erscheint, in der Menschwerdung des Logos als das wirklich Geschehene dar. Denn wie hier in effigie, so wurde dort Gott in Wahrheit Mensch. Auf der andern Seite aber konnte auch der Mensch sich in seinem Uebermuth nicht höher versteigen, als wenn er, indem er Gott zum Menschen machte, sich selbst zum Gott erhob. Gleichwohl ist auch diese hier übermüthig erzwungene Gemeinschaft mit dem Göttlichen im Christenthum in der That realisirt. Denn der Menschgewordene Gottessohn ist dem Christen zugleich Bürge, daß er durch ihn wieder zu der uranfänglichen Gemeinschaft mit Gott kommen und somit das Endziel seines Strebens die Wiedervereinigung mit ihm - erreichen werde.

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Das Heidenthum stellt sich also auf dieser legten Entwickelungsstufe seines von der göttlichen Wahrheit sich immer weiter entfernenden Strebens, jene Hauptaufgabe der Menschheit zu lösen, wesentlich nur als das genau entsprechende, aber widerlich verzerrte Gegenbild des Christenthums dar. Sein Resultat ist: „Soll der Mensch zu der verlorenen Gemeinschaft mit Gott wieder gelangen, so muß dieser ihm gleich und Mensch werden," und hiermit ist zugleich ausgesprochen, was die sinnliche Natur des Menschen denn eben diese ist es, welche durch das Heidenthum repräsentirt wird fordert, um jene Aufgabe gelöst zu sehen.

Den geraden Gegensaß hierzu bildet das Judenthum, welchem sich demgemäß die Betrachtung zunächst zuwenden muß.

II. Das Bilderverbot im Judenthum.

Wenn irgend einem Volke, so lag dem Jüdischen die Versuchung nahe,

menschenähnliche Figuren als Abbilder der Gottheit zu gebrauchen. Gleichsam als sollte die Menschwerdung des Gottessohnes schon auf den ersten Seiten der heiligen Schrift bevorwortet werden, heißt es bald im Anfang: Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei," und bald darauf: „Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn." Ebenso heißt es 1. Mos. 5, 1: „Da Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem Gleichniß Gottes," und in dem Noachischen Gebote über den Todtschlag 1. Mos. 9, 6: „Wer Menschenblut vergießt, deß Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht."

Während demnach bei andern Völkern die Frage entstehen kann, wie fte eigentlich darauf kamen, ihren Gözenbildern die menschliche Gestalt zu geben, würde hier die Antwort darauf in der heiligen Urkunde selbst ge= geben sein.

Um so merkwürdiger und entscheidender war daher das strenge Verbot im Mosaischen Gesez: „Du sollst dir kein Bildniß machen, noch irgend ein Gleichniß, weder deß, das oben im Himmel, noch deß, das unten auf Erden, oder deß, das, im Wasser unter der Erde ist. Bete ste nicht an, und diene ihnen nicht, denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied, die mich hassen, und thue Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die mich lieb haben und meine Gebote halten." (2. Mos. 20, 4. 5).

Wie aus der Stelle selbst hervorgeht, bezieht sich dies zunächst auf den Aegyptischen Thierdienst und die dabei gebräuchlichen Bilder. Aber das Mosaische Gesez verbot nicht nur diese, sondern auch jedes andere äußere Symbol der Gottheit. "Ihr sollt euch, heißt es 3. Mos. 26, 1., keine Gößen machen, noch Bild, und sollt euch keine Säule aufrichten

und keine Maalsteine sehen in eurem Lande, daß ihr davor anbetet "; und selbst in Betreff des bilderlosen Sonnen- und Sterndienstes heißt es 5. Mos. 4, 19: „daß du auch nicht deine Augen aufhebest gen Himmel und sehest die Sonne und den Mond und die Sterne, das ganze Heer des Himmels, und fallest ab und betest ste an und dienest ihnen."

Ja der Parsische Mithrasdienst wurde von den Propheten der späteren Zeit für die gräulichste von allen Arten des Gößendienstes erklärt. So sieht Ezechiel (C. 8, 5) in einer Vision ein Gößenbild gerade am Thor gen Mitternacht, wo man zum Altar des Herrn hineingeht. Aber wie frevelhaft es auch ist, die ihm geweihte Stätte einem Gögen einzuräumen, so heißt es doch: „Aber du wirst noch größere Gräuel sehen." Der Prophet sieht hierauf die Bilder von kriechendem Gewürm und Thieren des Feldes, denen Rauchwerk dargebracht wird, und auch hier heißt es: Du sollst noch größere Gräuel sehen, die sie thun." Alsdann steht er Weiber, die über den Thammus *) weinen; indeß auch hier heißt es noch: „Aber du sollst noch größere Gräuel sehen, denn diese sind," und darauf sieht er endlich fünf und zwanzig Männer, die der Sonne zugewendet beten, und hier heißt es: Menschenkind, siehst du das? Ist es dem Hause Juda zu wenig, daß fie solche Gräuel hier thun?"

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Der Grund, warum dies als die sträflichste Art der Abgötterei dargestellt wird, läßt sich leicht erkennen. Bei dem Gößenbilder- und Thierdienst lag das Unvernünftige, ein lebloses Werk von Menschenhänden oder ein tief unter dem Menschen stehendes Geschöpf zum Gegenstand der Verehrung zu machen, klar am Tage, und mit der Verehrung war eigentlich immer nur der unsichtbare Gott gemeint, den man sich auf diese oder jene Weise in einer sichtbaren Gestalt näher zu bringen suchte. Nicht so bei dem bilderlosen Sonnendienst, den die dem eigentlichen Gößendienst gemachten Vorwürfe nicht trafen, und der, jemehr er sich dem äußeren Anschein nach von der Erde zum Himmel erhob und einer rein geistigen Gottesverehrung glich, desto verführerischer und ge= fährlicher war.

*) Der Thammus (1199), eine Gottheit der Syrer, für welche auch der Name 197, der Herr, vorkommt, der im Griechischen "Adwves wiederkehrt, gehört mit seinem Cultus, ebenso wie die Adonisfeier, ursprünglich dem Siwadienst an. Es ist der Natur- oder Jahresgott, der in der lezten Hälfte des Jahres sterben muß, aber im Frühling wieder neugeboren seine schöpferische Thätigkeit entfaltet. Wie bei dem Siwacultus und der Griechischen Dionyfienfeier, so waren auch bei dem Thammus- und Adonis cultus vornehmlich, ja an dem Hauptfest ausschließlich Weiber die bei der Feier Betheiligten. Man vergleiche Theokrit's Abeniazusen."

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Wie streng aber auch dem Jüdischen Volk jede Art von Gößendienst und Gözenbildern im Geseg verboten war, und wie ernstlich und unaufhörlich die Propheten dagegen eiferten es war eine fast schwindelnde Höhe, zu der es durch die Forderung einer rein geistigen Anbetung Gottes erhoben worden war, und auf der es, ringsumgeben von dem prunkreichen sinnlichen Cultus der heidnischen Nachbarvölker, nur mit Mühe erhalten werden konnte. Unmittelbar nachdem es das Gesetz empfangen hatte, war es in die Abgötterei mit dem goldenen Kalb verfallen. Ebenso aber geschah es auch späterhin noch oft, und jedesmal mußte es für seinen Rückfall in den Gößendienst schwer büßen. Denn alle Leiden, mit denen es heimgesucht wurde, erscheinen in der Bibel nur als Strafen für die Sünde der Abgötterei und der Buhlerei mit anderen Gögen, die der starke, eifrige Gott, der seine Ehre mit keinem andern theilen will, auf das Strengste ahndet.

So ist denn die ganze Geschichte dieses Volkes mit allen seinen Leiden, eigentlich nichts anderes, als eine Geschichte des menschlichen Geistes und seines Ringens gegen die Sinnlichkeit, von deren Macht er frei werden möchte, um das Geistige rein geistig aufzufassen, und der er doch nur zu oft unterlag.

Die sinnliche Natur des Menschen wollte das Göttliche, um es zu begreifen, in der Sphäre der Sinnlichkeit haben; die geistige Natur mit ihrer Erkenntniß der Wahrheit sträubte sich mit aller Macht dagegen, und sah in jedem Versuche der Art einen Frevel, und in jedem Leiden eine Strafe dafür.

Ganz ließen sich allerdings die Rechte der sinnlichen Natur nicht verleugnen. Daher erhielt schon in der Mosaischen Zeit nicht nur der Gottesdienst überhaupt jenen feierlichen Prunk, sondern auch die Stifts-= hütte jene Zierrathen der bildenden Kunst, welche, ohne der Abgötterei Vorschub zu leisten, das sinnliche Gefühl wohlthuend befriedigen konnten, vielleicht auch sollten. Denn daß mit dem Verbot der Bildwerke nicht die Arbeiten der Holzschneidekünstler und Metallgießer überhaupt, sondern nur eigentliche Gögenbilder gemeint waren, geht schon aus Stellen, wie 2. Mos. 31, 2 ff. hervor, wo es als Rede des Herrn heißt: "Siehe, ich habe berufen Bezaleel, den Sohn Uri, und habe ihn erfüllt mit göttlichem Geist, mit Weisheit und Verstand und Erkenntniß und mit allerlei Werk, künstlich zu arbeiten in Gold, Silber, Erz, künstlich Stein zu schneiden und einzusehen und künstlich zu arbeiten in Holz." Außerdem konnte auch unmöglich ein und derselbe Gesezgeber ein Verbot der Bild= werke gegeben und bald darauf (2. Mos. 25, 18 ff) die Anfertigung der beiden Cherubim anbefohlen haben, wenn jenes Verbot ein unbedingtes hätte sein sollen.

Bildwerke also, die keinen abgöttischen Zweck hatten, waren nach

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