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die erlaubteste Weise; machten das Volk mit dem Inhalt des A. T. vertrauter; ließen die Christen den innigen Zusammenhang zwischen den Zeiten der Weissagung und der Erfüllung klarer erkennen, und sprachen oft eindringlicher und beredter zu den Herzen, als der Prediger mit seinen Predigten.

Die Heiden aber hatten außer ihren Götterstatuen auch noch eine Menge Bildsäulen berühmter und verdienter Männer. Sollte die chriftliche Kirche ihnen hierin nachstehen? Hatte sie nicht, so gut wie das Heidenthum, ihre Heroen, und zwar größere, da der Feind, gegen den ste stegreich gekämpft hatten, ungleich mächtiger und der Kampf bei weitem schwerer war? Dort waren es nur irdische Feinde gewesen, hier der Fürst der Finsterniß selbst; dort hatte der Kampf nur kurze Zeit, hier aber das ganze Leben hindurch gedauert. War es ein Wunder, daß auch die Christen nach und nach anfingen, das Andenken der Apostel, der Märtyrer und anderer um die Kirche hochverdienter Christen nicht durch Bildsäulen, denn damit hätte man sich zu sehr dem Heidenthum genähert — wohl aber durch Bildnisse auf die Nachkommen fortzupflanzen?

Daher prangten schon gegen Ende des vierten Jahrhunderts die größeren Kirchen mit mannigfachem Bilderschmuck. Man hatte außer dem Kreuz und andern christlichen Symbolen mancherlei Scenen aus dem A. T., ferner die Bildnisse der Apostel und einzelner Märtyrer. Aber all diesem Bilderschmuck fehlte immer noch die Krone; das, was man am liebsten gehabt hätte, war immer noch nicht da ein Bild Christi. Niemand hatte sich bisher an ein solches gewagt; ja selbst die Frage, ob so etwas überhaupt gewagt werden dürfe, war noch lange nicht beantwortet, und man wäre auch mit der Antwort schwerlich sobald ins Reine gekommen, wenn nicht mit einem Male Niemand wußte, woher? - alte Christusbilder zum Vorschein gekommen wären, mit der Tradition, daß sie nicht auf gewöhnliche Weise gemalt seien, sondern daß Christus selbst sein Antlig auf die Leinwand abgedruckt habe.

Sollten diese Bilder von der Kirche anerkannt werden? Die Gegner derselben sagten: „Nein! denn sollen sie Christum nur nach seiner menschlichen Natur und Gestalt darstellen, so sind sie Beförderungsmittel der Kezerlehre des Nestorius, der gegen die Lehre der Kirche die beiden Naturen in Christo trennt. Sollen ste dagegen Christum nach seiner göttlichen und menschlichen Natur zugleich darstellen, so sind sie Beförderungsmittel der Reßerei des Eutyches, der beide, nach der Lehre der Kirche wohl zu trennende Naturen zu Einer, gottmenschlichen Mischnatur vermengt."

,,Aber, entgegneten die Vertheidiger der Bilder, ist Christus in Wahrheit Mensch gewesen, so muß er auch in der Darstellbarkeit seiner äußeren Gestalt allen andern Menschen geglichen haben. Leugnet

ihr diese, so leugnet ihr damit zugleich, daß Christus wahrer Mensch gewesen, und macht euch selbst der Eutychianischen Keßerei schuldig, da der Darstellung Christi nach seiner menschlichen Natur in der That nichts im Wege stehen kann."

So wurde denn die Anerkennung der Christusbilder ein entscheidendes Kennzeichen, daß man nicht der Eutychianischen Keßerei zugethan sei.

Ganz ähnliche Bewandtniß hatte es mit den ziemlich gleichzeitig zum Vorschein gekommenen Marienbildern. Der oben erwähnte Nestorius hatte, um die beiden Naturen in Christo zu erklären, die Ansicht aufgestellt, daß man dabei nicht an eine physische Vereinigung, sondern nur an ein Nebeneinanderbestehen in vollkommener Eintracht zu denken habe, und demgemäß auch die Maria nur Mutter Christi, nicht Mutter Gottes nennen dürfe, da er nur als Mensch, nicht als Gott von ihr geboren sei. Somit aber hatte er sie der ihr zuerkannten Verehrung großentheils beraubt und die Marienbilder hatten für seine AnHänger keinen Werth mehr. Wer sich also als Gegner dieser Bilder zeigte, galt demnach für einen Nestorianer, und wer ste in den Schuß nahm, legte damit zugleich Zeugniß ab, daß er nicht der Nestorianischen Keßerei zugethan sei.

Auf solche Weise war der Kampf für die Bilder zu einem Kampf für die Rechtgläubigkeit geworden, und die Griechische Kirche feiert daher zur Erinnerung an den auf dem Concil zu Konstantinopel 842 über die Bilderfeinde errungenen Sieg noch jezt alljährlich den ersten Fastensonntag als „Sonntag der Rechtgläubigkeit.“

Hiernach wird man es nur als einen Beweis von mangelhafter Einsicht in die theologischen und kirchlichen Verhältnisse jener Zeit ansehen können, wenn manche Schriftsteller bei der Darstellung der Bilderstreitig= keiten den Eifer, mit welchem die Bilderfreunde für die Bilder stritten, nur aus der Aufheßerei des Pöbels durch die Mönche erklären zu können meinen, die Alles aufgeboten hätten, um nicht der bedeutenden Summen verlustig zu gehen, die sie mit dem Anfertigen von Heiligenbildern verdienten. Es mag dies hin und wieder der Fall gewesen sein, und das Volk häufig nicht gewußt haben, warum es eigentlich für die Bilder kämpfte. Aber es gab auch Theologen, zu redlich, um einem bloßen Beförderungsmittel des Aberglaubens das Wort zu reden, und zu einsichtsvoll, um etwas in Schuß zu nehmen, was ihn nicht verdiente, die sich ent= schieden für die Bilder erklärten, und warum ste es thaten, läßt sich leicht begreifen. Schon im Allgemeinen hatten die Bilder für die Kirche einen gewissen Werth als charakteristisches Merkmal des Christenthums im Gegensah zu der Bilderscheu der Juden und Muhammedaner. Die Altund Neu-Testamentlichen Bilder hatten einen didaktischen Werth; ste

sollten das unwissende Volk auf die leichteste und bequemste Weise mit dem Inhalt der heiligen Schrift vertraut machen und eine biblia pauperum sein. Die Bilder der Apostel und Märtyrer hatten as ketischen Werth; das Volk sollte durch ste zur Nachahmung dieser Vorbilder angespornt werden. Die Christus- und Marienbilder aber und diese waren es vornehmlich, um welche es sich in dem Bilderstreit handelte hatten, wie eben nachgewiesen worden, dogmatische Bedeutung.

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Von einem künstlerischen Werth war und konnte damals noch nicht die Rede sein. Jene, der Tradition zufolge wunderbar entstandenen Christusbilder waren, wie nicht minder das dem Evangelisten Lukas zugeschriebene Original aller späteren Marienbildern die unabänderliche Norm für alle Bilder der Art und für die Maler überhaupt. Man wollte keine Bilder Christi und der Jungfrau Maria, wie sie ausgesehen haben könnten, sondern, wie sie wirklich ausgesehen hatten, und um dessen gewiß zu sein, mußte das vom Maler neugefertigte Bild genau mit dem von der Kirche als echt und authentisch anerkannten Originale übereinstimmen.

Dazu kam außerdem noch der Glaube an die wunderthätige Kraft, die man dem Gebet vor diesem oder jenem bestimmten Bilde zuschrieb, wodurch die Bilder der gnadenreichen und wunderthätigen. Muttergottes allmälig für das Volk zu wunderthätigen Gnadenbildern geworden waren; und daher betete man in dringenden Fällen der Noth nicht gleichviel vor welchem Bild der Jungfrau Maria, sondern wallfahrtete zu einem ganz bestimmten Gnadenbilde, oder suchte sich, wenn das nicht thunlich war, von diesem wenigstens eine ganz treue Copie zu verschaffen.

Die Verchrung der Jungfrau Maria war nach und nach auch auf die Heiligen ausgedehnt worden und hatte, wie dort den Gebrauch der Muttergottesbilder, so hier den der Heiligenbilder veranlaßt und befördert. Bei diesen aber hatten die Maler, um die einzelnen Heiligen von einander zu unterscheiden und ihre eigenthümliche Wirksamkeit oder ihren Märtyrertod speciell anzudeuten, zu bestimmten symbolischen Zeichen ihre Zuflucht nehmen müssen, welche, indem man sie nicht symbolisch, wie sie gemeint waren, sondern historisch deutete, zur Erfindung mannigfacher Wundergeschichten Veranlassung gaben, mit denen die Legenden der Heiligen so überreich ausgestattet sind.

Alles dies, besonders aber der auf die Lehre von dem Verdienst der Heiligen sich gründende Ablaßhandel, war, wie bekannt, für den Evangelischen Protestantismus eine dringende Mahnung gewesen, seine Stimme zum lauten Widerspruch zu erheben, und wie in der Mosaischen Zeit, so ward dem Volke jezt abermals zugerufen: Du sollst Dir kein Bild,

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noch Gleichniß machen!" was in der reformirten Kirche ausdrücklich als das zweite Gebot hervorgehoben und so streng festgehalten wurde, daß man in den alles Schmucks beraubten Gotteshäusern nicht einmal das Kreuz dulden wollte, während Luther den Eifer der Bilder= stürmer entschieden mißbilligte und in dem Mißbrauch der Bilder keinen genügenden Grund zu ihrer gänzlichen Ausrottung sah.

Folgte er hierbei nur einem, auch sonst ihn wunderbar richtig leitenden Takt, oder wußte er darum, daß er auf diesem Gebiet der Kunst außer dem ihm befreundeten Lucas Cranach noch andere sinn und geistesverwandte Bundesgenossen hatte, die sein Schußwort für die Werke der Kunst in der Kirche wohl verdienten? So viel wenigstens ist gewiß: an Tizian, Raphael und Correggio hatte er nicht nur Zeit-, sondern auch Bundesgenossen, die auf dem Gebiet der Kunst ganz dasselbe wagten und nach demselben Ziele rangen, wie er auf dem Gebiet der Wissenschaft. Wie er, so kämpften auch sie für die Freiheit des Geistes, und wie er, so wollten auch sie von den Fesseln des Traditionszwanges nichts mehr wissen. Dort galt es das Freiwerden der Wahrheit, hier das der Schönheit.

Bis auf ihre Zeit war nämlich mit den alten byzantinischen Christus-, Marien- und Heiligenbildern, insofern nur sie kirchlich recipirt waren, für die Maler jener byzantinische Typus als unabänderliche Norm festgestellt. Iedes neugefertigte Bild galt nur dann etwas, wenn es dem durch das hohe Alter oft schon ganz schwarz gewordenen Originale zum Verwechseln glich, und so lange dieser Traditionszwang fortdauerte, der dem Künstler die geringste Abweichung verbot, konnte natürlich die Kunst nicht frei werden. Erst als jene Meister mit kühnem Muth die lästigen und jede künstlerische Fortbildung hemmenden Fesseln von sich geworfen hatten, war es möglich, daß die Schönheit frei hervortrat, und Italien wurde in dieser Beziehung für die Kunst, was Deutschland für die Wissenschaft wurde, das Mutterland der Reformation.

Es war etwas Großes, was jene Künstler unternahmen, und über der Bewunderung ihrer Werke vergißt man nur zu leicht, was fte mit ihnen wagten. Wie Luther, indem er die Schriftforschung frei wissen wollte, damit zugleich auf jeglichen Schuß der kirchlichen Autorität verzichtete, für Alles, was er schrieb und sprach, selbst verantwortlich wurde und sich dem Urtheil jedes Einzelnen preisgab, so auch Jene. Bei ihren Madonnen- und Christusbildern kam ihnen nicht mehr der Schuß der kirchlichen Autorität zu Hülfe; für jeden Pinselstrich waren fie verantwortlich, und während es vormals bei dergleichen Bildern Niemandem einfiel, an eine künstlerische Kritik auch nur zu denken, gaben ste sich dem Urtheil Aller preis. Es fiel günstig aus, auch von Seiten der Kirche; und damit war nicht nur auf dem Gebiet der Kunst das Werk

der Reformation siegreich vollendet, sondern auch auf dem Gebiet der christlichen Bildung ein entscheidender Fortschritt gethan. Denn jene alten Bilder waren gerade durch ihre fremdartige Alterthümlichkeit und ihr mysteriöses Dunkel die Beförderungsmittel eines abgöttischen Wunderglaubens und in der Meinung das Volk zu zauberhaft wirkenden Talismanen geworden. Die Werke jener Meister dagegen erschienen gleich auf den ersten Anblick zu deutlich als Producte der menschlichen Kunst, als daß sie einem abergläubischen Heiligen- und Bilderdienst Vorschub geleistet hätten. Sie waren vielmehr der anschaulichste Commentar zu den Worten des Tridentiner Concils „daß den Bildern an und für sich keine Bedeutung zukomme; daß die äußeren Zeichen der Verehrung, die man dem Bilde beweise, nur der Ausdruck der innern Verehrung sein dürfen, die man dem im Bilde Dargestellten schuldig sei; und daß endlich alle Bilder der Art überhaupt nur ein Mittel sein sollten, das Andenken an die, welche uns Gegenstand der Verehrung oder durch ihr Leben Muster und Vorbilder im christlichen Wandel sind, in uns zu erneuern und lebendig zu erhalten.

Auffallend übrigens, wenn auch nicht gerade unerklärlich, ist das Verhältniß, in welchem Deutschland und Italien seit dem Zeitalter der Reformation in Beziehung auf Wissenschaft und Kunst zu einander standen. In Italien war die Kunst frei geworden; die Kirche selbst hatte das Recht der Protestation gegen den Traditionszwang anerkannt und das Werk der Reformation gebilligt. Um so treuer hielt man dafür in Beziehung auf die theologische Wissenschaft und das kirchliche Leben an dem Ueberlieferten fest, und nirgends fand der evangelische Protestantismus so wenig Anklang, als hier und überhaupt im Süden von Europa.

In Deutschland dagegen war die Wissenschaft frei geworden; hier und weiter hinauf im Norden hatte sich die Nation für das Reformationswerk erklärt, und gerade hier hielt man in Beziehung auf Malerei länger und strenger, als anderwärts, an den traditionell überkommenen Formen fest, und ward, als man ihrer überdrüßig war, gegen die Werke der Malerei, sofern sie einen chriftlichen Inhalt hatten, überhaupt gleichgültig, oder feindete sie mit entschiedener Abneigung an.

Ziemlich um dieselbe Zeit, da das durch die Reformation neugeweckte christliche und kirchliche Leben auf beiden Seiten, bei den Evangelischen wie bei den Katholiken einem Zustand der Erschlaffung wich, indem Jene sich äußerlich durch den Schuß der Obrigkeit, innerlich durch ihre Bekenntnißschriften, in denen sie die reine Lehre schwarz auf weiß hatten, vollkommen sicher glaubten, diese dagegen, bei der in ihrer Kirche herrschenden Gleichförmigkeit durch keine Opposition im Innern angeregt und an die Erscheinung einer ihr gegenüberstehenden protestantischen

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