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Das Grundprincip der Institution erheischt strenge genommen so lange Dauer, als die Qualität vorhanden ist, worauf die Stelle sich gründet. Um neben der Regel der Dauerhaftigkeit auf Lebenszeit auch die Möglichkeit ausnahmsweiser Entartung zu berücksichtigen, hat bei den Römern das Censoramt vortrefflich gedient. Die Erneuerung der Senatslisten war zugleich Reinigung derselben. Sie dient dazu, die Institution vor Altersschwäche zu bewahren und die Harmonie mit der Volksvertretung herzustellen.

6. Einen völlig andern Grundcharakter haben die Senate oder Bundesräthe in den zusammengesetzten Staten. Sie stellen nicht die Aristokratie in der Nation dar, gegenüber der Vertretung der groszen Volksclassen, sondern sie gewähren den verbündeten Länderstaten, oder den Regierungen der verbündeten Länder eine Vertretung in dem Gesammtstat und ergänzen auf diese Weise die gemeinsame Volksvertretung durch einen zweiten repräsentativen Körper. Von der Art sind der Senat der nordamerikanischen Union und der schweizerische Ständerath. In beiden Körpern sind die einzelnen verbündeten Staten je durch zwei Mitglieder repräsentirt, welche von den gesetzgebenden Körpern der Länderstaten gewählt werden. Von der Art ist auch der Bundesrath des deutschen Reiches, der aber eher den Charakter einer Zusammenfassung der verbündeten Landesregierungen, beziehungsweise ihrer Gesandten (Collectivregierung) als den eines wirklichen repräsentativen Statenhauses hat, aber doch auch die Function eines solchen in der Gesetzgebung besorgt.

Siebentes Capitel.

Befugnisse.

A. Des gesammten Gesetzgebungskörpers.

Der Gesetzgebungskörper stellt das ganze Volk in Haupt und Gliedern gleichsam in verkürztem Maszstabe und im Auszuge dar. Seine Macht ist daher eine innerlich vollkommene, nationale, deszhalb aber nicht eine „absolute," noch ,, despotische." Blackstone freilich schreibt dem englischen Parlament auch eine solche zu, und spricht von politischer „Allmacht (omnipotence) desselben; und manche neuere Publicisten stimmen ihm hierin bei, indem sie eine absolute Statsmacht für unentbehrlich oder für unvermeidlich, und immerhin für ein geringeres Uebel halten, wenn sie dem genannten gesetzgebenden Körper, als wenn sie nur einem Individuum zugeschrieben wird.

Aber der moderne Stat kennt keine absolute Macht, weil er menschlich ist und dem Menschen in seiner Beziehung zum Menschen eine solche weder vergönnt ist noch zusagt. Auch die höchste Statsmacht des Parlaments hat in dem natürlichen Verhältnisse, in welchem es zu dem englischen Volke steht, und in der Existenz anderer Gewalten im State, ferner in der politischen Bestimmung der es dient, endlich in den verfassungsmäszigen Formen seiner Verhandlungen und Beschluszfassung vielerlei sittliche und rechtliche Schranken, welche sie vor Willkür und Miszbrauch bewahren. Die letzteren formellen Beschränkungen werden gewöhnlich anerkannt, aber mindestens für die Gesetzgebung selbst wird Allmacht des Parlaments verlangt. In der Regel gibt es in dem Statsorganismus keinen Körper und kein Organ, welche demselben übergeordnet oder auch nur, soweit seine Bestimmung reicht, gleichgeordnet wären, und die Regel musz das Statsrecht anerkennen, dasz seine gesetzgeberische Autorität die höchste,

und dasz sie für alle andern Glieder und Angehörigen des States eine verpflichtende ist, der sie sich auf ordentlichem Wege nicht entziehen können. Aber wenn das Parlament sein Verhältnisz zu dem Volke grob miszachten und wirklich eine offenbar despotische Gewalt wider das wahre Recht ausüben sollte, so würde das Uebermasz des Miszbrauchs seiner Macht den auszerordentlichen Widerstand einer freien Nation hervorrufen, und es bald klar werden, dasz jene „Allmacht eine Fiction sei, die nicht Stand hält. Man denke sich, dasz ein corrumpirtes Ober- und Unterhaus von einem despotisch gesinnten Könige bestimmt würde, die Parlamentsverfassung in England aufzuheben, und dem König allein alle gesetzgebende Gewalt zu übertragen. So lange das englische Volk noch nicht völlig entartet und verdorben ist, würde es sich eine solche Parlamentsacte sicher nicht gefallen lassen. 1

In folgenden Richtungen äuszert sich die Thätigkeit des gesetzgebenden Körpers hauptsächlich:

1. Ihm steht es zu, die dauernde Ordnung des States selbst festzustellen, die Statsverfassung auszubilden, zu verbessern, umzuändern, bleibende Institutionen zu begründen oder aufzuheben, mit einem Worte, ihm gebührt voraus die organische Gesetzgebung.

Diese Befugnisz ist in den meisten neueren Verfassungen anerkannt. In Nordamerika aber concurrirt mit dem Congresz, wenn es sich um Zusätze zu der Bundesverfassung oder Ab

1 Mit dieser letzteren Auffassung stimmen auch die englischen Com. mentatoren Blackstone's zu I. 2, 3 überein. Sie verweisen einmal auf das „angeborene Volksrecht," und anderseits darauf, dasz die Macht des Parlaments ihrem Wesen nach eine „anvertraute," nicht eine ursprüngliche sei. Eine ganz entgegengesetzte und auch in unsern Tagen noch wahrnehmbare Gefahr ist die der Ohnmacht des Gesetzes, die der skythische Fürst Anacharsis schon in einem Gespräche mit Solon (Plutarch, Solon 5) scharf genug bezeichnet hat: „Die geschriebenen Gesetze gleichen Spinngeweben, welche die Schwachen und Kleinen, die hineingerathen, festhalten, aber von den Reichen und Mächtigen zerrissen werden."

änderung derselben handelt, ein auszerordentlich gewählter Convent. In einzelnen schweizerischen Republiken ist die Abänderung der Verfassung geradezu dem gewöhnlichen groszen Rathe, der sonst die gesetzgebende Gewalt ausübt, entzogen, und einem eigens für diesen Zweck zu ernennenden Verfassungsrathe vorbehalten. Erhöhte Vorsicht und strengere Erfordernisse für diese wichtigste Function der Gesetzgebung haben guten Grund, aber die Begründung besonderer Organe für dieselbe neben dem gesetzgebenden Körper macht einen unorganischen Eindruck und bringt leicht Störung und Verwirrung in die bestehende Statsordnung.

2. Er übt auch in allen übrigen Beziehungen das Recht der Gesetzgebung in vollem Umfange aus, und ordnet sowohl das öffentliche als das Privatrecht.

Er allein spricht das Gesetz (loi) aus. Die Regierung dagegen, unter Umständen auch andere Verwaltungsbehörden, erlassen die Verordnung (ordonnance, décret). Auf diesem organischen Gegensatz der Autoritäten beruht zunächst der Unterschied zwischen Gesetz und Verordnung. Jenes ist der Willensausdruck des Gesetzgebers, diese der Verwaltung. In der Regel kann daher das Gesetz nur durch die Uebereinstimmung aller Factoren der gesetzgebenden Gewalt (König und Kammern, Congresz u. s. f.) zu Stande kommen. Kein Gesetz ohne Zustimmung der Volksvertretung. In der Verordnung dagegen spricht sich die Autorität der Regierung oder einer andern obrigkeitlichen Behörde aus.

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Offenbar ist die Autorität des Gesetzes die höhere, weil sich in ihm der Wille der Gesammtrepräsentation des

2 In mehreren deutschen Staten steht dem König auch das Recht zu, in dringlichen Fällen sogenannte provisorische Gesetze zu erlassen, die aber nur insofern ihre Rechtsgültigkeit behaupten können, als die beiden Kammern in nächster Versammlung zustimmen und hinfällig werden, wenn eine derselben die Zustimmung verweigert. Vgl. v. Rönne in Aegidis Zeitschr. f. D. Statsrecht. Bd. I. H. 3.

ganzen Stats ausspricht, die der Verordnung die mindere, weil sie nur auf der Autorität eines einzelnen Gliedes der Statsgewalt, wenn auch vielleicht der obrigkeitlichen Gewalt beruht. Daher musz die Verordnung sich innerhalb der gesetzlichen Schranken halten und gesetzmäszig sein. Aus demselben Grund wird das Gebiet der Verordnung durch den Fortschritt der Gesetzgebung näher begrenzt und eingeengt.

Dem Inhalte nach treffen die beiden Gebiete keineswegs zusammen. Vielmehr dürfen eine Reihe der wichtigsten Verhältnisse nach den meisten Verfassungen nur durch die Gesetzgebung nicht durch die Verordnung geregelt werden. Dahin gehören zumeist :

a) die wichtigeren statlichen Institutionen und die Grundrechte,

b) das gesammte Privatrecht und die Civilproces zordnung,

c) das Strafrecht und die Ordnung des Strafverfahrens,

d) alle Auflagen von Steuern und die Feststellung des Statshaushalts,

e) die Grundbestimmungen über die Militärpflicht. Ueberdem musz, soweit die Gesetzgebung die Verhältnisse ordnet, die Verordnung das beachten und wird demgemäsz der Bereich der Verordnung eingeschränkt.

Die Gesetze selber machen unter Umständen weitere Verordnungen nöthig, theils zum Behuf des Vollzugs (Vollzugsverordnungen), theils zur Ergänzung der Lücken der Gesetze, besonders in den Verhältnissen, die einem öftern Wechsel unterworfen sind.

Daneben bezieht sich eine dritte und die zahlreichste Classe der Verordnungen auf einzelne statliche Richtungen, z. B. die Finanzverwaltung, polizeiliche Beziehungen, Vorschriften für die Heeresordnung und nicht auf die Verhältnisse der gesammten Nation, welche vorzugs

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