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des Geschlechts sich frei verheirathen konnten, ohne einer grundherrlichen Erlaubniss zu bedürfen 1.

Häufig schlossen die Herrschaften miteinander Verträge ab, um Heirathen zwischen den beiderseitigen Hörigen zu erleichtern. Durch derartige Verbrüderungsverträge wurden solche Heirathen allgemein erlaubt, z. B. von Dienstleuten des Bischofs zu Regensburg mit denen des Herzogs von Bayern 3; von Unterthanen des Bischofs von Freisingen mit Unterthanen des Königs von Böhmen und Herzogs von Oesterreich, sowie mit Unterthanen des Bischofs von Augsburg, des Domkapitels zu Freisingen und einiger anderer geistlicher Herrschaften1; von Unterthanen

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§§ 464-469. Hanauer S. 126-129, 134. Osenbrüggen, Stud. S. 93. Pertile Bd. 3 § 89 S. 42, 53. Die bei Pertile Bd. 3 S. 42 abgedruckte Sentenza della M. Corte sui diritti de' nobili di Sorrento vom Jahr 1223 entschied, dass die Bauern der Herren von Sorrent, mit Ausnahme der Soldaten, die Genehmigung des Herrn nachsuchen müssten, wenn sie einen Sohn in den geistlichen Stand treten oder eine Tochter an einen Fremden verheirathen wollten. Nach einem Zinsbuch vom Jahr 1538, bei Mazure S. 171, bedurften die questaux (Schutzhörigen) zu Rivière-Basse der Genehmigung des Grundherrn, um ihre Töchter mit freien Männern zu verheirathen.

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1 Vgl. die Urkunden des Herzogs Friedrich von Lothringen v. 1059 und des Abtes Gerardus von Sanct-Trond v. 1151, bei Piot Nr. 13 und 59, Bd. 1 S. 18 und 82 (worin ein solches Vorrecht einiger Altarhörigen von SanctTrond ausdrücklich festgestellt ist); Urk. v. Juni 1260, Art. 4, bei CassanyMazet S. 285 (wodurch ein derartiges Recht den Bewohnern von Villeneuvesur-Lot durch den Grafen Alphons von Toulouse und Poitiers ertheilt wurde). Vielleicht gehört hierhin auch das Privileg des Erzbischofs Bruno II. zu Köln von 17. Juli 1134, bei Kindlinger Nr. 9, S. 235, 236 und bei Seibertz Nr. 91, Bd. 1 S. 126, 127, worin das Recht einiger Kirchenhörigen erneuert wird, ,,sine mundiburnio“ zu heirathen. (Mundi burnium ist abzuleiten von mundiburnus, d. i. patronus, defensor, tutor, Vogt. Vgl. Ducange unter Mundiburnium und Mundiburnus; Dalloz, Rép. Bd. 1 S. 98 und die Urkunden bei Seibertz Nr. 4, 8, 18, 23, 34 und 90, Bd. 1 S. 5, 9, 21, 25, 39 und 125, bei Mone S. 141 Note 8 und bei Hanauer S. 123.)

2 v. Raumer Bd. 5 S. 25. Häberlin S. 170-172. Mone S. 138, 139. Auch durch schiedsrichterlichen Ausspruch konnten solche Rechtsverhältnisse geordnet werden. Vgl. Urk. v. Juli 1222, bei Kindlinger Nr. 19 S. 255, 256. 3 Vertrag v. Jahr 1213, bei Dumont Bd. 1 S. 145, Nr. 272 (wonach das erste Kind dem Vater folgt).

4 Urkunden vom 4. Dec. 1266, 29. März und 30. Oct 1268, 18. Mai 1277, 30. Jan. 1316 u. a. m. bei Meichelbeck, Instrum. Nr. 84, 94, 95, 133, 240, S. 54, 60, 80 und 153. In diesen Verträgen ist verabredet, dass die Kinder getheilt werden sollten, jedoch ist auffallenderweise über die Art der Theilung Nichts gesagt. Vgl. Häberlin S. 172. Anderwärts war es üblich, nach Analogie von Justinian's Nov. 162 cap. 3 dem Herrn der Frau das erste Kind zuzutheilen. Vgl. die folgende Note, auch Laboulaye S. 329 und den dort erwähnten Prozess vom Jahr 1262 in Olim Bd. 1 S. 164, 165. Die Meinung

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des Pfalzgrafen bei Rhein und Herzogs von Bayern mit denen des Abts von Roth 1; von Hörigen des Stifts Trier mit Hörigen des Stifts Sanct-Maximin 2; von Hörigen des Domkapitels zu Konstanz mit denen des Klosters Petershausen 3; von Hörigen des Klosters SanctGeorgen mit denen der Herren von Homburg 4; und von Hörigen der verbündeten Abteien Zürich, Reichenau, Sanct-Gallen und Einsiedeln untereinander 5. Die Abteien Sanct-Gallen und Pfeffers schlossen sogenannte „Raub- und Wechselverträge" mit zahlreichen Stiftern und Klöstern. Danach waren die Heirathen unter den beiderseitigen Hörigen im Voraus genehmigt, und die Frau wurde Hörige derselben Grundherrschaft, zu welcher der Mann gehörte, sofern der Bräutigam vor der Hochzeit an den Grundherrn der Braut für deren „Raub" drei Pfennige und ein Paar Handschuhe gab.

Wo die Heirath zwischen einer freien und hörigen Person verboten war, konnte eine Aushülfe dadurch geschaffen werden, dass entweder die unfreie Person losgekauft oder sonst freigelassen wurde 7, oder die freie Person in die Hörigkeit eintrat. Wo ein Verbot gegen Heirathen von Hörigen verschiedener Herrschaften bestand, konnte dadurch geholfen werden, dass der Bräutigam oder die Braut durch Verkauf 9,

Häberlin's (S. 172), dass seit dem vierzehnten Jahrhundert Heirathen zwischen Hörigen verschiedener Herren, unter Vorbehalt der Theilung der Kinder, völlig frei gewesen seien, ist in ihrer Allgemeinheit nicht richtig.

1 Pactum Ottonis ill. Baj. Ducis cum Abbate Rotensi circa Mancipia mutua, vom 19. Jan. 1233, Mon. Boica Bd. 1 S. 377, Nr. 20. Vgl. v. Raumer Bd. 5 S. 25. In diesem Vertrage ist bestimmt, dass die Kinder aus solchen Ehen unter den beiden Herrschaften „equaliter dividantur, ita tamen, quod ab eo incipiat particio liberorum, de cujus familia mater est".

2 Kindlinger § 45 unter f.

3 Vertrag vom 22. Oct. 1297, bei Mone S 153.

4 Vertrag vom Jahr 1450, bei Mone S. 154.

5 Liber mancipiorum monasterii Thuricensis in der Zeitschr. f. schweiz. R. Bd. 4 Abth. 2 B, S. 98, 99; Oefnung von Hirslanden und Stadelhofen, daselbst S. 79 und bei Grimm, Weisth. Bd. 4 S. 321, 322. Osenbrüggen, Stud. S. 95, 96. Vgl. auch Kyburger Oefnung aus der Zeit vor 1506, Art. 3, bei Grimm, Weisth. Bd. 1 S. 22.

6 v. Arx Bd. 2 S. 167, 168. Osenbrüggen, Stud. S. 94. Vgl. auch Oefnung von Tannegg und Fischingen von 1432, bei Grimm, Weisth. Bd. 1 S. 282.

7 Vgl. Urk. v. 1081-1105, bei Lacomblet Bd. 1 S. 172, Nr. 266; von 1443 und 1478, bei Mone S. 169-171; aus der Zeit um 1037, bei Guérard Bd. 2 S. 354. * Urk. v. 12. Nov. 1020, bei Lacomblet Bd. 1 S. 97, Nr. 157. Urk. v. 1079, bei Dronke 1850 Nr. 766, S. 372. Urk. v. 1101-1131 bei Seibertz Nr. 39, Bd. 1 S. 44, 45. Urk. v. 1462, 1466, 1472 und 1476 bei Mone S. 148-150. 9 Urk. v. 1247, 1280, 1337, 1339, 1356, 1388, 1395 und 1410 bei Mone S. 161-166. Kindlinger §§ 29, 45.

Tausch oder Schenkung in die andere Hörigkeit überging, oder dass die beiderseitigen Grundherren sich über eine solche Heirath anderweitig verständigten 3.

So weit und so lange zur Heirath von Hörigen eine grundherrliche Genehmigung erforderlich war, bestand die Möglichkeit, diese Genehmigung von Gegenleistungen abhängig zu machen1; doch ist anzunehmen, dass nur solche Gegenleistungen gefordert werden durften, die dem Herkommen und der Billigkeit entsprachen. Obwohl es nicht undenkbar ist, dass einzelne Grundherren die Gewalt über ihre Hörigen missbrauchten und die Ertheilung der Heirathserlaubniss von unsittlichen Zumuthungen abhängig machten, so spricht doch für derartige Missbräuche keine Vermuthung, und die einzelnen Fälle müssten streng bewiesen werden. Geschichtlich festgestellt ist meines Wissens kein einziger Fall dieser Art.

G. Heirathsabgaben (im Allgemeinen).

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Kapitel 13. Dass alle Heirathsabgaben, die im Mittelalter oder in neuerer Zeit von Hörigen (Leibeigenen) an deren Grundherren zu entrichten waren, oder wenigstens viele dieser Abgaben, durch Ablösung des Herrenrechts der ersten Nacht entstanden seien und insofern die frühere Herrschaft desselben bewiesen, wird von vielen Schriftstellern des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts entweder für möglich gehalten, oder als bestimmte Vermuthung ausgesprochen, oder ausdrücklich behauptet, oder als bekannte Thatsache behandelt. Die En

1 Sachsenspiegel Thl. 1 Tit. 52 § 1. Zobel Fol. 131. Die oben (S. 61, Anm. 6) erwähnte Urk. v. 1120. Urk. v. 1290, 1296, 1297, 1328 und 1348, bei Mone S. 156-161 und S. 312. Kindlinger §§ 28, 45. Potgiesser lib. 2 cap. 2 § 22. Hurter Bd. 3 S. 495, 496. Laboulaye S. 328, 330.

2 Urk. von 1081—1105, bei Lacomblet Bd. 1 S. 172, Nr. 266. Urk. v. 1273 und 1300, bei Mone S. 167, 168.

3 Urk. v. 1242 bei Saint-Foix Bd. 2 S. 133, 134 und bei Dulaure, Adel S. 233. Urk. v. 1290, 1294, 1401 und 1462 bei Mone S. 151–153. Bd. 2 S. 167.

4 Ueber Heirathsabgaben s. Kap. 13-25.

5 Vgl. Delisle S. 75.

v. Arx

6 Grand Vocab. unter Culage und Marquette, Bd. 7 S. 308, Bd. 17. S. 236. Diss. S. Claude, Anh. S. 133, 134. Collin de Plancy Bd. 1 S. 172. Ewers S. 72. Pastoret, Ord. Bd. 18 S. XVI. Raynal Bd. 2 S. 209. S. 160. Bonnemère Bd. 1 S. 59, 60. Laferrière Bd. 5 S. 457. cuissage, cullage, marquette und prélibation. Scherr 1858, S. 1865, S. 131. Post S. 38. Vgl. auch Voltaire, éd. Beaumarchais, Bd. 29 S. 460, und gegen jene Meinung: Grupen §§ 2-10, S. 4-20; Berger de Xivrey S. 24, 25.

Noordewier Littré, unter 211, 212, und

cyklopädisten stellen diese Begründung der Heirathsabgaben nur als möglich hin1. Zöpfl meint, diese Entstehung der Heirathsabgaben sei wenigstens für Deutschland nicht nachweisbar“ 2. Jakob Grimm hält für erwiesen, dass in Schottland und einigen Theilen Frankreichs die Heirathsabgaben aus jenem Recht hervorgangen seien, was sich aus deutschen Urkunden kaum nachweisen lasse 3. Noordewier meint, aus niederdeutschen Urkunden lasse sich nicht beweisen, dass die Heirathsteuer (Trowgeld), gleichwie in Schottland und in einigen Theilen Frankreichs, dort unter einem verächtlichen Namen, aus dem Recht des Herrn auf die erste Brautnacht entstanden sei1. Pertile spricht von „Abgaben für Loskaufung des jus primae noctis“ 3. Chaudruc de Crazannes behauptet, dies Recht sei fast immer in eine willkürliche Abgabe umgewandelt worden, deren Höhe sich nach Alter, Stand und Vermögen der Neuvermählten und nach der Schönheit der jungen Frau gerichtet haben möge 6. Labessade bemerkt, es sei in den meisten Fällen nicht in Natur ausgeübt, sondern durch eine Abgabe in Geld oder Lebensmitteln ersetzt worden, zu einer Zeit, als die Ausübung in der ursprünglichen Form unmöglich wurde 7. Jules Delpit meint, die unter dem Namen „formariage" bekannte Geldabgabe sei in vielen Fällen eine Entschädigung für das Herrenrecht der ersten Nacht gewesen 8.

Daneben ist auch die entgegengesetzte Meinung in der Neuzeit vertreten, dass nämlich das jus primae noctis aus den Heirathsabgaben sich entwickelt habe 9. Kolb meint, der Grundsatz, dass die Leibeigenen nicht ohne ausdrückliche Zustimmung ihres Herrn heirathen durften, habe als Erpressungsmittel zur Einführung von Heirathsabgaben geführt; daraus habe sich, als die Zeiten „noch finsterer" wurden, das jus primae noctis entwickelt; später, als die Cultur ein wenig wieder stieg, seien an Stelle des jus primae noctis die Heirathsabgaben wieder hergestellt worden 10.

Sowohl die eine als die andere Meinung ist haltlos. Die Heirathsabgaben erklären sich als Gegenleistungen für die grund

1 Encycl. unter Culage, von Boucher d'Argis, 1. Ausg. Bd. 4 v. J. 1754

S. 548. Encycl. méth. Bd. 3 v. J. 1783 S. 434.

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9 Laboulaye S. 331, 332. Kolb 1843, Bd. 2 S. 72, 73. Scherr 1865, S. 129

10 Kolb 1842, S. 495-498, und 1843, Bd. 2 S. 72–74. .

Schmidt, Jus primae noctis.

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herrliche Heirathserlaubniss 1. Wie die Vorschrift, eine solche Erlaubniss zur Heirath einzuholen, eine mehr oder minder ausgedehnte Geltung hatte, so erklärt sich auch die Verschiedenheit der Grundsätze, die in den einzelnen Ländern und Herrschaften über Heirathsabgaben bestanden. In vielen Herrschaften waren solche Abgaben unbekannt; in andern waren sie durch Verträge oder Herkommen festgestellt 2. Es würde denkbar sein, dass anfänglich die Grundherren nach freiem Ermessen entschieden, ob und unter welchen Bedingungen sie ihren Hörigen die Einwilligung zur Heirath ertheilen wollten, und dass erst später eine Garantie gegen Missbrauch dieses Rechts gefordert, und dadurch die Einführung bestimmter Heirathsabgaben veranlasst sei3; auch ist die Möglichkeit nicht zu bestreiten, dass in einzelnen Fällen die Drohung, ein Herrenrecht der ersten Nacht auszuüben, Erpressung von Abgaben diente. Doch fehlt ein genügender Grund zur Vermuthung derartiger Missbräuche, und mir ist kein geschichtlich bewiesener Fall dieser Art bekannt geworden.

zur

Freilassungen erfolgten häufig unter dem Vorbehalt, dass die Freigelassenen gewisse Abgaben, darunter auch bei Heirathen, an ihren frühern Herrn zu entrichten hatten; dies geschah insbesondere im zwölften Jahrhundert, als in den Städten selbständige Gemeindeverfassungen geschaffen und von den bisherigen Grundherren bestätigt wurden. Alsdann waren jene Abgaben ein Zeichen früherer Unfreiheit, also gewissermassen eine Bestätigung der erlangten Freiheit 5.

Heirathsabgaben bestanden entweder nur für Heirathen mit Ungenossen (forismaritagium), oder auch für Heirathen unter Genossen (maritagium), im letztern Fall zur Anerkennung der Unfreiheit; sie waren im Fall des forismaritagium (formariage) entweder an den Herrn der Braut, oder an den des Bräutigams, oder an beide Herren zu entrichten 6. In den meisten Fällen

1 Vgl. oben Kap. 12 S. 64.

2 Sie sind keineswegs, wie Ernst Joachim Westphal (§ 13 S. 41, 42) meint, durch Einführung des kanonischen Rechts aufgehoben, sondern stehen mit demselben in keinem Widerspruch und haben sowohl im Mittelalter wie in neuerer Zeit in anerkannter Geltung bestanden.

3 Vgl. Raepsaet 3. Ausg. S. 14, 20.

Barthélemy S. 122.

5 Bouthors Bd. 1 S. 476. Louandre S. 79. Raepsaet 3. Ausg. S. 17-20. Laboulaye S. 329, 330.

6 Spelman, unter Maritagium. Laurière, unter Formariage und Cullage. Westphal § 12. Heineccius, Elem. lib. 1 tit. 1 § 46 und Antiquit. Bd. 2 lib. 2 cap. 9 § 14 und § 29. Kindlinger § 45 S. 184. Pertile Bd. 3 S. 53. Osenbrüggen, Stud. S. 93. Zöpfl Bd. 2 S. 167, 168.

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