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851 B124

8065-4

Druck von Zürcher & Furrer in Zürich.

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage (1892).

Mein mhd. Lesebuch will in erster Linie ein Schulbuch sein und von diesem Gesichtspunkt aus beurteilt werden. Der Lesestoff ist so ausgewählt, dass er nicht nur einen möglichst umfassenden Einblick in die litterarischen Erzeugnisse der mhd. Zeit gewährt, sondern vor allem auch das Interesse des Schülers zu wecken und zu fesseln vermag. Daher z. B. im epischen Teil die Zurückdrängung der höfischen Kunstdichtung zu gunsten der Volksepik und kleinerer Erzählungen mehr realistischen Charakters. Von einigen aufgenommenen Stücken kehrt Stoff oder Motiv in nhd. Dichtungen wieder, was zu fruchtbaren Vergleichen zwischen älterer und neuerer Kunstübung Anlass geben mag. Vieles von dem Gebotenen wird sich mit Vorteil im Geschichtsunterricht verwerten lassen. Von verknüpfender Erzählung und litterargeschichtlichen Einleitungen habe ich durchaus abgesehen, um nicht dem Lehrer die Hände zu binden, auf dessen kräftige Mitwirkung überhaupt in jeder Beziehung abgestellt ist. Über die dem Texte zu Grunde gelegten Ausgaben gibt das Inhaltsverzeichnis Auskunft. Änderungen, die nicht bloss die Orthographie betreffen, habe ich mir nur ganz wenige erlaubt. Für den Ausschnitt aus Reinhart Fuchs sind mir z. B. von Bahders Bemerkungen in Paul und Braunes Beiträgen XVI, 49ff., für Tristan diejenigen Pauls in Pfeiffers Germania XVII, 385 ff. von Nutzen gewesen. Bei Walther weiche ich von Wilmanns darin ab, dass ich in Nr. 15, 10 (Lachm. 124, 10) das handschriftliche bereitet und in dem Liede Nr. 8 (Lachm. 74,20) die überlieferte Form wieder hergestellt habe. Die Partien aus Gudrun sind nach Müllenhoffs Auswahl (Kiel 1845), aber nach dem Texte Martins (Halle 1883) gegeben. Die Anmerkungen sind wesentlich dazu bestimmt, dem Schüler bei der häuslichen Vorbereitung über grammatische, besonders syntaktische Schwierigkeiten hinwegzuhelfen und so den Mangel eines zusammenhängenden Abrisses der Syntax einigermassen zu ersetzen; Sachliches ist mit Absicht wenig in sie aufgenommen worden. - Das Wörterbuch, das sich genau an die Texte anschliesst, bringt nur diejenigen Wörter, die in Form oder Bedeutung vom Nhd. erheblich abweichen, und von ihnen in der Regel nur diejenigen Bedeutungen, die aus dem Texte zu belegen sind. Auf

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dass

etymologische Bemerkungen habe ich verzichtet, weil darin die nötige Gleichmässigkeit schon aus Rücksicht auf den Raum doch nicht durchzuführen gewesen wäre und mit bloss zufälligen Andeutungen weder dem Lehrer noch dem Schüler recht gedient ist. Aus dem selben Grunde bin ich der überall sich aufdrängenden Bezugnahme auf die lebenden Mundarten aus dem Wege gegangen; hier kommt übrigens noch dazu, derartige Zutaten doch nur für ein beschränktes Gebiet zutreffen würden. Der kurze Abriss der mhd, Laut- und Formenlehre, in dem ich mich meist Pauls vortrefflichem Buche (Mittelhochdeutsche Grammatik, 3. Aufl., Halle 1889) angeschlossen habe, verfolgt den doppelten Zweck, einerseits das grammatische Verständnis der gebotenen Texte zu ermöglichen, anderseits als Grundlage für geschichtliche Betrachtung der nhd. Schriftsprache zu dienen; letzterm Zwecke sind die zahlreichen Exkurse über nhd. Sprachverhältnisse gewidmet.

Vorwort zur zweiten Auflage.

Die vorliegende zweite Auflage unterscheidet sich von der ersten nicht wesentlich. Zu einschneidenden Änderungen lag um so weniger Grund vor, als die Anlage des Buches so ziemlich allgemein Beifall gefunden und im Unterricht sich bewährt hat. Vorab die Texte sind dieselben geblieben, abgesehn von einem kleinen Zusatz in dem Stück aus Freidank und einigen Kürzungen im lyrischen Teil, zu denen mich der dringende Wunsch des Verlegers zwang, dass der bisherige Umfang des Buches unter keinen Umständen überschritten werden möchte. In Bezug auf die zu Grunde gelegten Ausgaben ist lediglich anzuführen, dass der Abschnitt aus dem Iwein jetzt nach Lachmann (4. Ausgabe, Berlin 1877) gegeben ist, derjenige aus dem grossen Rosengarten nach G. Holz (Halle 1893), unter Benutzung der Bemerkungen von S. Singer im Anzeiger für deutsches Altertum XXI 65ff. Etwas stärkere Veränderungen haben die Beigaben erfahren. So sind die erklärenden Anmerkungen zum Teil umgearbeitet und erweitert worden. Raum dafür schaffte der Wegfall zahl

*) 1894 in 4. Aufl. erschienen.

reicher Anmerkungen syntaktischen Inhalts, an deren Stelle nunmehr eine knappe Übersicht über die vom Standpunkt des Nhd. aus wichtigsten Erscheinungen der mhd. Syntax am Schlusse der Grammatik getreten ist. Wo es geboten schien, wurde unter dem Text auf die §§ dieser Zusammenstellung verwiesen. Die Darstellung der mhd. Laut- und Formenlehre habe ich, wo immer es ohne Schaden für die Verständlichkeit angieng, noch mehr zusammenzudrängen gesucht, auch in sachlicher Hinsicht ist das eine und andre, namentlich in der Lautlehre, geändert; zu einer wesentlichen Beschränkung des gebotenen Stoffes konnte ich mich im Hinblick auf den im Vorwort zur ersten Auflage ausgesprochenen Zweck des Abrisses nicht entschliessen. Im Wörterbuch sind vorhandene Lücken ergänzt, manche Worterklärungen anders gefasst und bei mehrformigen Wörtern die Verweisungen vermehrt, um dem Schüler ratloses Suchen zu ersparen. Überhaupt war ich bestrebt, den Wünschen und Ausstellungen, die teils in den öffentlichen Besprechungen der ersten Auflage, teils brieflich oder mündlich geäussert worden waren, tunlichst gerecht zu werden. Von grossem Nutzen war mir u. a. die eingehnde Rezension, die A. Leitzmann im Literaturblatt für germ. und roman. Phil. 1894 Nr. 2 dem Buche gewidmet hat.

Meinem Freunde Prof. S. Singer in Bern bin ich aufs neue zu Dank verpflichtet für den ungemein fördernden Anteil, den er auch an der Herstellung dieser neuen Auflage genommen hat: er hat wiederum die Korrekturbogen durchgesehn und zu den Anmerkungen eine grosse Zahl wertvoller Beiträge beigesteuert.

Zürich, im April 1898.

A. Bachmann.

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