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aber dahin kam und zu predigen begann, entfernten sich die Vornehmeren und ihnen folgend das ganze Volk aus der Kirche. Bernhard ging ihnen nach und wollte nun auf der Strasse predigen; jene aber machten ein solches Geräusch, dass niemand seine Worte verstehen konnte.') Der Fluch, den Bernhard damals über Verfeuil aussprach, soll im Laufe eines Jahrhunderts durch die Verarmung und das Erlöschen der zahlreichen Adelsfamilien dieses Ortes sichtlich in Erfüllung gegangen sein. Sicher ist, dass die manichäische Häresie in Verfeuil seitdem herrschend blieb, so dass der Bischof von Osma, der im Anfange des folgenden Jahrhunderts mit Dominicus und anderen als Glaubensprediger nach Languedoc kam, dort noch immer einen Sammelplatz der Katharer fand, wesshalb auch eine der ersten Disputationen zwischen den Missionären und den Häretikern in Verfeuil gehalten wurde.2) Unter den grösseren Städten fand Bernhard Albi mehr als alle übrigen von der Irrlehre angesteckt, und obgleich seine Predigt dort bei den Anwesenden die Mehrzahl der eigentlichen Häretiker kam wohl nicht in die Kirche einen momentanen Aufschwung zu Gunsten des katholischen Glaubens bewirkte, so reichte diess doch noch lange nicht hin, eine Lehre, die so viel Verführerisches hatte und die durch den Zustand des Landes so sehr begünstigt wurde, aus den Mauern von Albi zu verbannen; vielmehr findet sich, dass auch in späteren Zeiten die Häresie hier noch eine Menge von Anhängern zählte.

Da sich in Bernhards Geschichte keine Spuren oder Angaben finden von ferneren Berührungen, die zwischen ihm und den Häretikern seiner Zeit eingetreten wären, so sind wir zu dem Schlusse genöthigt, dass er die Kennt

1) Guilelmus de Podio Laurentii c. 1, im Recueil des hist. de Fr. XIX, 196.

2) Guilelmus de Podio Laurentii 1. c. p. 200.

niss der Häresie, die er in seinen Schriften darlegt, auf jener Missionsreise in Languedoc erworben, und dass die Sekte, die er schildert, eben jene sei, welche er auch mündlich mit aller Anstrengung bekämpfte, nämlich die der Henricianer, Arrianer oder Manichäer. Eine solche Schilderung enthalten zwei Reden Bernhards über das Hohe Lied1); doch hat er hier nicht ausschliesslich das Ergebniss seiner eigenen Erfahrungen mitgetheilt, er hat auch die Züge benützt, die ihm der Propst Everwin von Steinfeld in einer Beschreibung derselben Sekte, wie sie in der Kölner Diöcese damals zum Vorschein gekommen, darbot. Man hat behauptet, Bernhard habe jene beiden Reden nur auf diesen Brief Everwins hin und ohne eigene Kenntniss verfasst; aber eine Vergleichung derselben mit dem Briefe zeigt sogleich, dass er die Häretiker, die Everwin ihm beschrieb, genauer kannte als dieser selbst, und daher manchen Zug in das Bild, das er von ihnen entwarf, aufnahm, den man in Everwins Schilderung vergeblich suchen würde.

Die bei Köln entdeckten Häretiker behaupteten, als ächte Nachfolger Christi und der apostolischen Armut, die, auf jedes Eigenthum verzichtend, ein unstätes, der Verfolgung preisgegebenes Leben führten, im Alleinbesitz der wahren Kirche zu sein, während unter den Katholischen keine wahre Armut sei, und auch jene, welche für die vollkommensten gälten, die Mönche und Kanoniker, doch wenigstens gemeinschaftlich besässen. Sie enthielten sich jeder animalischen Nahrung, hatten das Consolamentum, verrichteten täglich die eucharistische Brod

1) Serm. 65, 66, Opp. I, 1490. Die Reden über das Hohe Lied sind zu sehr verschiedenen Zeiten verfasst worden. Die ersten 24 waren schon im J. 1137 vollendet, wogegen die 80., in welcher von der Verurtheilung der Lehre Gilberts de la Porrée die Rede ist, nicht vor dem J. 1148 geschrieben sein kann. In dieses oder eines der beiden vorhergehenden Jahre dürften auch die beiden Reden gegen die Henricianer fallen.

Segnung und verdammten die Ehe. Everwin drückt sich so aus, als ob sie bei ihrer täglichen Feier des Brodbrechens eine wirkliche Verwandlung des Brodes in den Leib Christi zu Stande zu bringen geglaubt hätten; diess widerspricht jedoch der Consequenz des neu-manichäischen Lehrbegriffs und der Ansicht aller Katharer in dieser und der nächstfolgenden Zeit, und beruht auf einem von den Häretikern selbst absichtlich veranlassten Missverständnisse, dessen Grund zwanzig Jahre später Ekbert, welcher mit denselben am Niederrhein wohnenden Manichäern verkehrte, aufgedeckt hat. Er bemerkt nämlich,1) dass die Katharer allerdings zu sagen pflegten, sie machten bei ihren Mahlzeiten den Leib des Herrn; aber unter diesem Leibe verstünden sie sich selber, und dass sie sich mit den Speisen auf ihren Tischen nährten, das hiessen sie den Leib Christi machen.

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In Bernhards Darstellung finden sich die von Everwin erwähnten Punkte, mit Ausnahme der Handauflegung, wieder er führt aber auch an, - und davon schweigt der Propst von Steinfeld dass diese Häretiker das Alte Testament und den Eid verwürfen, dass sie den Reinigungszustand nach dem Tode leugneten, die Kindertaufe, das Gebet für die Verstorbenen und die Anrufung der Heiligen verhöhnten. Er schildert ihre Bemühungen, ihre Lehre möglichst geheim zu halten, die gleichwohl nichts Neues, sondern nur das von den alten Häretikern (Gnostikern und Manichäern) längst schon Vorgebrachte enthalte, ihre heuchlerische Theilnahme am Gottesdienste und den Sacramenten der Kirche. Bernhard gedenkt ferner ihrer Behauptung, dass die Prälaten und Priester Sünder und desshalb gleich unfähig seien, die Sacramente zu geben und zu empfangen; er hebt hervor, dass diese Sekte, in welcher abtrünnige Geistliche unter einem Haufen von Webern gefunden würden, 2) ungleich den

1) Sermo adv. Catharos in der Biblioth. max. PP. XXIII, 602. 2) Clerici et sacerdotes, populis ecclesiisque relictis, intonsi et

älteren, keinen Stifter aufzuweisen habe; Petrus de Bruys und Heinrich konnten ihm nämlich nicht als solche gelten, weil sie ihre Lehre nicht ersonnen, sondern bereits vorgefunden und einer schon länger bestehenden Sekte sich angeschlossen hatten.

Bernhard macht den Gliedern der von ihm geschilderten Sekte noch zwei, ihre moralischen Grundsätze betreffende Vorwürfe: den einen, dass sie, die das Schwören überhaupt für Sünde erklärten, doch kein Bedenken trügen, falsch zu schwören, wenn es sich um Verheimlichung ihrer Lehre handle, und dann, dass, während sie auf ihre völlige Enthaltsamkeit pochten und das eheliche Leben für etwas Unreines und Schändliches hielten, 1) sie dennoch Weiber, auch solche, die ihren Männern entlaufen, mit sich herumführten und sich mit ihnen einschlössen, so dass keiner unter ihnen sei, der nicht im vertrautesten Umgange mit Personen des andern Geschlechts lebe.

So stellt es sich immer klarer heraus, dass die Sekte der Petrobrusianer oder Henricianer und die der neuen Manichäer eine und dieselbe war. Bernhard verbindet die Lehren des de Bruys mit den gnostisch-manichäischen Dogmen, er weiss nur von einer zu allen diesen Lehrpunkten sich bekennenden Partei, wie denn auch in den Nachrichten über seine Thätigkeit in Languedoc. durchaus nur Einer Sekte, mit welcher er in Berührung gekommen, gedacht wird. Dreissig Jahre später war bereits ganz Languedoc mit Katharern angefüllt; von einer eigenen getrennt bestehenden Gemeinde von Henricianern findet sich nicht die geringste Spur; diese müsste demnach, wenn sie wirklich früher vorhanden gewesen, in der kurzen Zeit von zwanzig oder dreissig Jahren und ohne dass zur Unterdrückung derselben ernste und nach

barbati apud eos inter textores et textrices plerumque inventi sunt. L. c. p. 1492.

1) Turpitudinem in solis existimant reputandam uxoribus. L. c. p. 1492.

haltige Vorkehrungen getroffen worden wären, auf unbegreifliche Weise verschwunden sein. Denn von nun an kannte man im südlichen Frankreich neben den Katharern nur noch die Verbrüderung der Valdesier. Die Namen Arrianer und Henricianer werden zwar zuweilen noch gebraucht, aber als Bezeichnungen der Katharer. So werden in einer Eidesformel, welche die Consuln von Arles dem dortigen Erzbischofe im J. 1236 schworen und in der sie sich zur Austreibung und Bestrafung der Häretiker verpflichteten, die Valdesier und die Henricianer genannt1); ohne Zweifel aber sind unter den letzteren die damals noch so zahlreichen Katharer gemeint, die sonst gewiss eigens erwähnt worden wären. Darum nennt auch die Chronik Alberichs Heinrichs Irrlehre die Häresie der Poplikaner, d. h. der Katharer. Dieselbe Chronik berichtet übrigens über Heinrichs spätere Schicksale. Gaufrid sagt, er sei zuletzt gefangen und gefesselt einem Prälaten übergeben worden; diess ergänzt Alberich durch den Zusatz, dass dieser Prälat ihn nach Rheims (zur Synode im J. 1148) vor den Papst Eugenius geführt habe. Ob er wieder frei geworden oder in der Haft gestorben sei, ist nicht bekannt. Seine Lehre, d. h. die neu-manichäische, zählte aber nicht nur in Languedoc und der Provence, sondern auch in der Gascogne Schaaren von Anhängern; in der letzteren Provinz wurden um das J. 1151 viele durch die Ermahnungen eines ekstatischen Mädchens, welches, drei Tage in jeder Woche in todesähnlichem Schlafe liegend, in diesem Zustande Offenbarungen vom heiligen Petrus zu erhalten glaubte, zum katholischen Glauben zurückgebracht.2)

LXXVIII:

1) Papon, Histoire générale de Provence. II. Preuves p. Exterminare et punire ad mandatum vestrum et ecclesiae Waldenses et Henricos, credentes et fautores, receptatores, defensores, quibuscunque nominibus censeantur.

2) Robertus de Monte, App. ad Chron. Sigeberti Gemblac. in Guiberti Novigentini Opp. ed. d'Achery, Par. 1651, p. 769.

Dollinger, Geschichte der Sekten,

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