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fatio dienenden Schreiben aber seiner Hinrichtung gedenkt. Damit stimmt denn auch der Bericht des Chronisten der Bischöfe von le Mans überein: ihm zufolge wurde Heinrich im J. 1134 von dem Erzbischof von Arles 1) gefangen genommen und vor den Papst Innocenz zur Synode nach Pisa geführt; hier widerrief er alle seine Irrlehren, 2) worauf man ihn dem h. Bernard übergab, in dessen Kloster zu Clairvaux er Mönch werden sollte. Er entwich aber bald wieder und betrat nun, wie der Chronist von le Mans sagt, eine neue Laufbahn, indem er einer neuen Sekte sich anschloss, 3) d. h. er trat mit Petrus de Bruys in Verbindung und wurde ein Apostel der gnostisch-manichäischen Doctrin.

Zunächst muss nun nachgewiesen werden, was eigentlich beide lehrten. Petrus de Bruys und Heinrich verwarfen das Alte Testament; nur das Evangelium allein, sagten sie, nähmen sie an; andere Bücher, die sonst zur Bibel gerechnet wurden, erklärten sie theils geradezu für verwerflich, theils für zweifelhaft und unzuverlässig. 4) Der Abt von Cluny verstand diess so, als ob sie nur die vier Evangelisten, selbst mit Ausschluss der Briefe Pauli, gelten liessen; aber der h. Bernard, der durch persönlichen Verkehr mit ihren Anhängern genauer unterrichtet war, bemerkt, dass er diess, nämlich die Verwerfung der Briefe Pauli, nur von einigen vernommen habe, welche den Briefen darum keine Autorität zugestehen wollten, weil ihr Urheber nicht, wie die übrigen Apostel, des persönlichen .Umgangs mit Christus gewürdigt worden

1) Dass statt Arattensi Arelatensi gelesen werden müsse, ist

bereits im Recueil des hist. de Fr. XII, 554 bemerkt.

2) Gaufridi Epist., Bernardi Opp. II, 1192.

3) Nova secta, novo cursu, novum iter assumpsit delinquendi.

Gesta Pontif. Cenom. p. 323.

4) Evangelium vos suscipere, fama consonans est; alias canonis

divini scripturas vos aut renuere aut dubias dicere, certum est. Petrus

Ven.

p.
1132.

sei.') Die Mehrzahl der dortigen Häretiker nahm das ganze Neue Testament an und verachtete das Alte, wesshalb der Abt von Cluny ihnen zeigte, dass das Evangelium dem ganzen Alten Testament Zeugniss gebe, dass das eine mit dem andern stehe und falle.*)

Weiter griffen beide die Taufe der Kinder an; nur der Erwachsene, des Glaubens Fähige solle getauft werden; die Taufe, die den unmündigen Kindern ertheilt werde, könne wohl den Körper von Schmutz, keineswegs aber die Seele von Sünden reinigen, sei daher ein völlig nichtiger und leerer Act, und jeder in seiner Kindheit Getaufte müsse erst noch die wahre Taufe empfangen. Ganz der exoterischen Lehre der neuen Manichäer gemäss, welche zwar überhaupt die Wassertaufe der christlichen Kirche verachteten, aber ihre ersten Angriffe immer auf die Taufe der Kinder richteten, weil sie hiebei am scheinbarsten sich auf die Worte Christi, der ausdrücklich den Glauben bei den zu Taufenden fordert, berufen konnten, und weil dieser Punkt am besten geeignet war, das Vertrauen der Menschen auf die Kirche und ihre Anhänglichkeit an sie gleich von Grund aus zu erschüttern. Denn indem sie dieses erste und stärkste Pfand der Einverleibung in die Kirche für etwas Nichtiges erklärten, zerrissen sie nicht nur das Band, welches den Christen an diese Kirche knüpfte, sondern sie vernichteten geradezu die ganze Kirche, die entweder aus getauften Christen oder gar nicht besteht, wie schon der Abt von Cluny ihnen vorhielt.3) Waren also nur einmal

1) Sed forte non recipis scripturam hanc (Vetus Testamentum)? Ita est: solius evangelii se profitentur aemulatores, et solos. An forte nec Paulum recipitis? De quibusdam ita audivi. Non enim inter vos omnes per omnia concordatis, etsi a nobis omnes dissentiatis. At vero eorum verba et scripta et traditiones, qui corporaliter cum Salvatore fuerunt, pari auctoritate evangelii cuncti, ni fallor, indifferentur recipitis. Sermo 65 in Cant. Opp. I, 1491.

2) 1. c. p. 1135.

3) 1. c. p. 1125.

die Hörer dahin gebracht, dass sie an der Giltigkeit ihrer Taufe verzweifelten, dann fielen sie ihnen von selbst zu; Zweifel und Unglaube hinsichtlich alles dessen, was die Kirche lehrte und hielt, bemächtigte sich ihrer, und um so bereitwilliger liehen sie nun der esoterisch-gnostischen Lehre ihr Ohr. Die Katharer pflegten daher diesen Punkt voranzustellen und mit Vorliebe zu behandeln. So hatten schon jene Häretiker, die im vorigen Jahrhundert zu Arras gefunden worden waren, sich auf die Verwerflichkeit einer Taufe, welche den von allem Glauben und eigenen Willen entblössten Kindern ertheilt werde, berufen. So berichtet auch Ekbert von den Katharern, die bald nach Peters und Heinrichs Zeit am Rheine sich gesammelt hatten, dass sie öffentlich die Nichtigkeit einer des Glaubens unfähigen Kindern ertheilten Taufe lehrten; dass sie aber auch die Wassertaufe überhaupt verwarfen und dafür die Händeauflegung hatten, das hatte er nur von einem in die Geheimnisse der Sekte Eingeweihten erfahren.1)

Petrus de Bruys und Heinrich griffen ferner das Sacrament der Eucharistie und das Opfer der Kirche an. ,Glaubt doch nicht, predigten sie dem Volke, jenen Betrügern, den Geistlichen, die euch, wie in vielem anderen, so auch in ihrer Altarhandlung hintergehen und den Leib Christi zu consecriren und euch zu euerem Seelen

heile

zu reichen vorgeben. Sie lügen. Nur einmal, beim letzten Abendmahle, ist der Leib des Herrn den Jüngern dargereicht worden, seitdem ist es nicht wieder geschehen, und was in den Kirchen an den Altären verrichtet wird, ist ein leeres, nichtiges Schauspiel." 2) Ihre Häresie hielt sich also, wie der Abt von Cluny bemerkt, nicht innerhalb der Grenzen der von Berengar vorgetragenen Lehre;

1) Ecbertus adv. Catharos, Serm. VII. et VIII.,, Colon. 1530. Vgl. Moneta p. 283.

2) Petrus Ven. in der Biblioth. Cluniac. p. 1174.

die Eucharistie sollte nicht eine blosse Figur des Leibes Christi sein, sondern sie leugneten geradezu das Sacrament selbst, d. h. sie huldigten auch hierin den Grundsätzen der neuen Manichäer, und nur ihre Behauptung, dass die Apostel doch einmal den Leib Christi empfangen hätten, scheint ihnen eigen gewesen zu sein.

In der Verwerfung der Eucharistie lag auch die Entwürdigung und Aufhebung des gesammten kirchlichen Gottesdienstes, dessen Mittelpunkt das eucharistische Opfer bildet. Petrus und Heinrich blieben hier nicht auf halbem Wege stehen: den Kirchengesang erklärten sie für eine Verhöhnung Gottes, den man dabei gleichsam durch die musikalischen Töne besänftigen wolle, und kirchliche Gebäude liessen sie, soweit ihr Einfluss reichte, niederreissen; denn Gott, sagten sie, könne ebenso gut im Wirthshause, auf dem Markte oder im Stalle angerufen werden, und der Name Kirche dürfe nicht einer Masse zusammengemauerter Steine, sondern nur der Gemeinschaft der Gläubigen gegeben werden. 1) Auch hierin folgten sie nur den Bogomilen und Katharern, welche die Errichtung und den Gebrauch der Kirchengebäude für sündhaft ausgaben, da die Apostel auch keine gehabt hätten, und Ärgerniss daran nahmen, dass man den Namen, der nur der Gemeinschaft der Auserwählten gebühre, steinernen oder hölzernen Häusern beilege.")

Nicht minder deutlich zeigt sich die Verwandtschaft der beiden Häretiker mit den neu-gnostischen Sekten in der Art, wie sie den Gebrauch und die Verehrung des Kreuzes bestritten und das Volk zur Umhauung und Vertilgung aller Kreuze aufforderten. Das Holz, das die Glieder Christi gequält habe, zu verehren, sei die grösste

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1) Petrus Ven. 1. c. p. 1119. 1153; p. 1132: Vos dicebatis idcirco ecclesiarum aedificia destruere, quod nomen ecclesiae non structuram parietum, sed congregationem fidelium signaret.

2) Moneta 454, 455.

Thorheit, vielmehr müsse man die Liebe und Verehrung Christi durch Zerstückung und Verbrennung dieses seines Marterwerkzeugs an den Tag legen. Wenn Jemand, sagten sie, dir den Strick, mit welchem dein Vater erdrosselt worden, oder das Schwert, das deinen Freund durchbohrt hat, brächte und dir zumuthete, diese Dinge zu ehren, würdest du nicht von gerechtem Unwillen gegen ihn entbrennen?1) Genau dieselbe Sprache führten die Paulicianer und Bogomilen im Orient, die Katharer im Occident, und sie war gut berechnet, auf den grossen Haufen Eindruck zu machen. Der Abt von Cluny schildert, wie solche Ergüsse, die sie auf dem Rathhause in Gegenwart der versammelten Senatoren mit volksmässiger Beredsamkeit und heftigen Geberden vorzutragen pflegten, einen Beifallssturm erregten und die Hörer sich sofort mit Schwertern und Fackeln zur Vertilgung aller Kreuze und zur vermeintlichen Rächung der dem Erlöser angethanen Unbild bewaffneten.")

Hiezu kam endlich die Verwerfung der Gebete und Oblationen für die Verstorbenen, worin indess nicht bloss die Katharer, sondern auch die späteren Valdesier mit ihnen übereinstimmten.

Ist nun schon in der Lehre des de Bruys und seines Verbündeten, so weit der Abt von Cluny sie beschrieben, der Zusammenhang mit dem neuen Manichäismus unverkennbar, so wird diess zur völligen Gewissheit erhoben

1) Petrus Ven. 1. c. p. 1161, 1162.

2) 1. c. p. 1162: Ista cum in capitolio senatorum, quales vos congregare soletis, de consulari vel regio tribunali . . . . proferre

wie Ein Capi

moris sit etc. Dies scheint sich auf Toulouse zu beziehen, auch Vaissette, Hist. de Languedoc II, 472, annimmt. tolium hatten übrigens damals mehrere südfranzösische Städte, z. B. Narbonne, Nîmes; Hist. de Languedoc II, Preuves p. 299, 352. Man sieht aber hier, wie weit sich der Einfluss dieser Lehre bereits erstreckte und wie auch die Vornehmen in den Städten wenigstens dem negativen und exoterischen Theile derselben geneigt waren.

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