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mentum. Es fiel auf, dass auch ganz rohe und unwissende Menschen, sobald sie nur der Sekte einverleibt waren, die Irrlehren mit seltener Beredsamkeit zu vertheidigen und zu beschönigen wussten, so dass selbst die bestunterrichteten Katholiken nicht gegen sie aufzukommen vermochten. Dabei hatte sich das Gerücht verbreitet, dass in ihren geheimen Versammlungen gewisse unzüchtige Handlungen vorfielen. Das Volk war dort bereits So argwöhnisch geworden, dass, wie ehemals zur Zeit des h. Hieronymus, ein ungewöhnlich blass aussehender Mann sofort für einen Manichäer galt und selbst einige Katholische dadurch um's Leben kamen. Desshalb mahnte der verehrte Bischof Wazo von Lüttich, den Roger um Rath gefragt hatte, zur Schonung, da, wie er sagte, die ohnediess zum Blutvergiesse geneigte Leidenschaftlichkeit der Franken gezügelt werden müsse.1)

Im ferneren Verlauf des elften Jahrhunderts wird die Sekte wenig mehr erwähnt; sie zog sich, scheint es, durch die Härte der gegen sie ergriffenen Massregeln erschreckt und vorsichtiger gemacht, mehr in's Verborgene zurück; auch wurde durch die grossen kirchlichen und politischen Zerrüttungen, welche die zweite Hälfte jenes Jahrhunderts bezeichnen, die Aufmerksamkeit von diesen Häretikern und ihrem Treiben abgelenkt. Gegen das Jahr 1090 zeigten sie sich wieder im südlichen Frankreich, in der Provinz Agennois. Wie sie Radulf Ardens (der im J. 1101 starb) beschreibt, hatten sie alles

das,

was an den anderen verwandten Genossenschaften

bemerkt wurde: Dualismus, Bildung der sichtbaren Weltdurch den Satan, Verwerfung des Alten Testaments und der Sacramente, Leugnung der Auferstehung; ihre Handauflegung sollte das einzige Mittel zum Heil sein; von der Ehe sagten sie, wer seiner Frau beiwohne, begehe eine ebenso grosse Sünde, als ob es seine Mutter oder

1) Gesta episc. Leod. bei Martene, Ampliss. Coll. IV, 898.

In

Tochter wäre; für schwere Sünde hielten sie auch das Schwören und das Fleischessen. Radulf gibt noch zwei Züge von ihnen an, wodurch sie als eine von der Mehrzahl der sogenannten Manichäer unterschiedene Sekte erschienen sie nahmen nämlich nur einen Theil des Neuen Testaments an und beteten insgeheim den Satan an. Ist das letztere richtig, so gehörten sie zu der Sekte der Luciferianer.')

Zu derselben Sekte gehörten wohl auch jene Manichäer, deren Guibert von Nogent um das J. 1115, wo sie in der Diöcese Soissons wahrgenommen wurden, gedenkt. Sie behaupteten doketisch, die irdische Erscheinung Jesu sei ein blosses Truggebilde gewesen, verdammten Ehe, Kindertaufe und jede animalische Nahrung, verabscheuten die Eucharistie so sehr, dass sie wegen des täglichen Genusses derselben den Mund eines Priesters den Rachen der Hölle nannten. Sie selber liessen sich indess zuweilen, um nicht so leicht erkannt zu werden, öffentlich die Communion reichen, pflegten aber dann an jenem Tage nichts mehr zu essen.") Ihr Anhänger war der wilde und ausschweifende Graf Johann von Soissons, der, gleich den späteren Katharern, in dieser Schule die Menschwerdung Christi zu verhöhnen gelernt hatte. Man müsse, sagte er, ein Thor sein, um zu glauben, dass Gott sich in den Leib eines Weibes herabgelassen, dass er darin, wie ein anderes Kind gewachsen, von einer Jungfrau geboren worden und dann menschlichen Bedürfnissen und Gebrechen unterworfen gewesen sei.3)

1) Radulf. Ard., Hom. III. in Dom. VIII. post Trin. bei d'Argentré, Collectio judiciorum I, 9.

2) Guibertus de vita sua. Opp. p. 519 (Paris 1651).

3) Gegen ihn zunächst, zur Vertheidigung der Incarnation gegen seine Blasphemien, ist das Buch Guiberts geschrieben, welches den Titel Tractatus contra Judaeos führt, weil Guibert darin auch auf die Einwendungen der Juden antwortet. Opp. p. 264.

Sechstes Kapitel.

Peter von Bruys und Heinrich von Toulouse.

Bisher hatte sich unter den Verbreitern der neumanichäischen Lehre kein Mann gefunden, dessen Persönlichkeit so bedeutend und dessen Wirksamkeit so auffallend gewesen wäre, dass dadurch auch die Aufmerksamkeit der Katholischen auf ihn gelenkt worden wäre. Aber in der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts traten im südlichen Frankreich zwei Männer auf, Petrus de Bruys und Heinrich, von denen der letztere zu seiner Zeit als einer der gefährlichsten Irrlehrer, die seit langem gegen die Kirche sich erhoben, betrachtet wurde. Beide sind schon zu ihrer Zeit und auch neuerlich als Häupter oder Stifter einer eigenen, nach ihnen Petrobrusianer oder Henricianer genannten Partei bezeichnet worden, und die meisten Neueren sind von der Ansicht ausgegangen, dass diese Partei und ihre Urheber mit den neuen Manichäern in keiner Verbindung gestanden, dass sie vielmehr eine völlig für sich bestehende und zu verschiedenen Dogmen sich bekennende Sekte gewesen, deren Richtung hauptsächlich nur gegen die Hierarchie sich gekehrt und die als Vorläuferin der Waldesier gewirkt habe.) Hier muss nun, da wir von dem Gegentheil überzeugt und die Gründe dafür vollständig vorzulegen gehalten sind, unsere Erzählung sich zur Untersuchung erweitern.

Von Petrus de Bruys ist nur wenig bekannt: ausser der kurzen Erwähnung bei Abälard,2) ist es nur der Abt von Cluny, Petrus der Ehrwürdige, der in dem Werke, worin er dessen Lehren, so weit sie zu seiner Kenntniss

1) So Füsslin, Neander, Gieseler, Engelhardt, Guericke u. a.,

auch C. Schmidt, Hist. des Cathares I, 38, und J. J. Herzog, Abriss der Kirchengesch. II, 261.

2) Introd. ad theol., Opp. p. 1066.

gekommen, widerlegt, auch in kurzem des Mannes und seines Schicksals gedenkt. Alle Chroniken und Geschichtsschreiber jener Zeit schweigen über ihn; auch der von dem Abte gebrauchte Name „Petrobrusianer" kommt sonst nirgends vor, zum Theil freilich auch deshalb, weil die Sekte dadurch, dass Heinrich nachher an die Stelle des Petrus trat, zuweilen nach diesem die „Henricianer" genannt wurde. Im Ganzen aber zeigt schon dieses Schweigen, dass man den Petrus und seine Anhänger nicht als eine eigenthümliche, besondere Erwähnung verdienende. Erscheinung ansah, sondern sie eben mit unter den Manichäern, Poplikanern oder Katharern, die seitdem so häufig erwähnt werden, begriff.

Petrus de Bruys war ein Priester, der man weiss nicht aus welchem Grunde seiner Stelle entsetzt worden war und seitdem als Gegner der Kirche und Verkündiger einer neuen Lehre in den Gebirgen des Dauphiné auftrat. Zwanzig Jahre lang verbreitete er seine Lehre, ohne auf bedeutende Hindernisse zu stossen, bis er endlich, durch seine Erfolge dreister gemacht, nach Saint Gilles in Languedoc sich wandte und auch hier seiner Gewohnheit nach die Kreuze umhauen und einen zusammengeschleppten Haufen derselben öffentlich verbrennen liess. Diese freche That erbitterte die dortigen Katholiken so sehr, dass sie nun auch einen Scheiterhaufen errichteten, den abtrünnigen Priester ergriffen und in die Flammen warfen. Nach der Versicherung des Abtes von Cluny war es den Bischöfen von Embrun, Gap und Die gelungen, im Dauphiné die ausgestreute Irrlehre grossentheils wieder zu unterdrücken; aber ein Schüler des Petrus, der ehemalige Mönch Heinrich, setzte das von jenem Begonnene in Languedoc fort.

'Heinrich war schon als sehr junger Mann aus seinem Kloster entwichen; theils aus Neigung zu einer unstäten, herumwandernden Lebensweise, theils um seinen Unterhalt zu erwerben, war er, im Besitze eines grossen

rednerischen Talents und aller den Erfolg eines religiösen Demagogen sichernden Eigenschaften, als wandernder Volksredner aufgetreten. Zwei seiner Anhänger, welche zum Zeichen ihres Berufs lange Stäbe mit daran befestigten eisernen Kreuzen trugen, erwirkten ihm von dem Bischof Hildebert von le Mans, der unvorsichtiger Weise dem Rufe des ihm persönlich unbekannten Mannes traute, die Erlaubniss, in der Diöcese Busse zu predigen. Der Bischof, der gerade, im J. 1101,1) eine Reise nach Rom antrat, empfahl noch besonders seinen Archidiakonen, den Prediger auf seinen Missionen zu beschützen; er ahnte nicht, dass vielmehr diese bald des Schutzes gegen den Empfohlenen bedürfen würden. In kurzer Zeit wusste sich Heinrich in ausserordentliches Ansehen zu setzen; vor allem wurden die Weiber dem jungen, wohlgebildeten, sich gerne und viel mit ihnen beschäftigenden Manne leidenschaftlich zugethan; bald hielt ihn das Volk für

einen

gottgesandten Propheten, der auch die geheimen

Gesinnungen und verborgenen Thaten der Menschen zu entdecken vermöge. Dieses Ansehen benützte nun Heinrich, um das Volk mit Hass und Erbitterung gegen den Klerus zu erfüllen; die Laster, die Anmassungen, die falsche Lehre der Geistlichen, diess wurde jetzt das Lieblingsthema seiner auf öffentlicher Strasse gehaltenen Reden, und er brachte es so weit, dass die Geistlichen und ihre Diener sich kaum mehr sehen lassen durften; man wollte ihre Häuser niederreissen und sie selbst so dass der Graf von Maine mit Gewalt ein

steinigen, schreiten musste. Drei Priester unternahmen es, öffentlich mit Heinrich zu disputiren, wurden aber von dem seinem neuen Propheten blind ergebenen Pöbel so misshandelt, geschlagen und in den Koth getreten, dass sie

1) Dass dieses erste Auftreten Heinrichs schon so früh, nicht

erst, wie Pagi meinte, in das J. 1116 zu setzen ist, hat Brial, im Recueil des hist. fr. XV, 281, Note e, gezeigt.

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