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Theilen des Occidents herrschte, musste es den Anhängern der Sekte leicht machen, ihre Verbindungen zu bewahren und selbst auszubreiten. Im J. 526 entsagte ein gewisser Prosper in Gallien dieser Lehre mit Verwerfung der einzelnen Hauptdogmen. 1) Im J. 557 wurden die Manichäer zu Ravenna, wo sie sich erst kürzlich eingeschlichen hatten, von den dortigen Bürgern vor die Stadt geführt und gesteinigt.) In Sicilien waren sie gegen Anfang des 7. Jahrhunderts ziemlich zahlreich, wesshalb der Papst Gregorius der Grosse den Diakon Cyprian, der die dortigen Patrimonien der römischen Kirche verwaltete, wiederholt ermahnte, sie auf alle Weise zur Annahme des katholischen Glau`bens zu bringen.3) Dass seitdem die Manichäer, wenn auch im Verborgenen und lange Zeit hindurch unbemerkt, sich erhielten, ist um so weniger zu bezweifeln, als noch im J. 1060 Papst Nikolaus II. den Klerus von Sisteron ermahnte, die zahlreich zu den geistlichen Weihen sich drängenden Afrikaner zurückzuweisen, weil sich häufig Manichäer unter ihnen fänden.4)

Indessen waren die Lehren jener späteren Sektirer, welche man seit dem elften Jahrhundert Manichäer nannte, keineswegs die eigenthümlichen und unterscheidenden Dogmen der alten Manichäer; nur in jenen Artikeln, in welchen diese mit den gnostischen Hauptparteien einhellig lehrten, stimmten die neuen Manichäer mit den alten zusammen. Es müssen demnach fremde Einflüsse stattgefunden haben, durch welche der manichäische Lehrbegriff

1) Die Formula abjurationis steht bei Sirmond, Conc. gall. I, 209. Bis auf einige beigefügte Artikel stimmt sie mit der unter dem Namen des h. Augustinus vorhandenen (Opp. VIII, App. p. 33) überein.

2) Agnelli Lib. pontif. T. II p. 98.

3) Epist. V, 8 (Opp. ed. Paris. II, 733). Joh. Diaconi Vita Greg. (Opp. IV, 80): Haeresim Manichaeorum penes Siciliam . . . a corpore sanctae matris ecclesiae sequestrarat.

1) Sammarthani Gallia christ. Tom. I., Instrum. p. 89.

wieder allmählich modificirt und in die allgemein gnostische Anschauungsweise umgesetzt wurde. Offenbar waren es die orientalischen Sekten der Paulicianer und Bogomilen, welche einen derartigen Einfluss auf die Reste des Manichäismus im Occident ausübten; es lässt sich aber auch mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass in diesem selbst schon früher ähnliche Entwickelungen eingetreten seien, und zwar mittelst des Priscillianistischen Lehrbegriffs. Schon der h. Augustinus bezeichnet den Charakter dieser Doktrin, die sich am Ende des vierten Jahrhunderts in Spanien und im südlichen Gallien verbreitete, richtig als eine Mischung gnostischer und manichäischer Lehren,1) und die Hauptdogmen der Priscillianisten finden sich fast alle wieder in dem Systeme der Katharer: Annahme eines bösen Urwesens, welches die Körperwelt hervorgebracht, Verwerfung der Auferstehung, der Ehe und des Fleischgenusses, doketische Leugnung der Körperlichkeit Christi. Gleich den Katharern glaubten die Priscillianisten, dass die menschlichen Seelen gottverwandte, der göttlichen Natur theilhafte Wesen seien, die vor ihrer Einschliessung in irdische Körper eine überweltliche Existenz gehabt; und es ist sehr beachtungswerth, dass sich bereits bei diesen Häretikern derselbe dogmatische Gegensatz findet, der zwischen den dualistischen und den monarchischen Katharern eintrat. Nach der Angabe des h. Augustinus und des Orosius ) lehrten sie nämlich, dass die Menschenseelen Engel seien, die freiwillig aus ihrem höheren Wohnorte zur Bekämpfung des Fürsten dieser Welt auf die Erde herabgestiegen, hier aber in die Gewalt des Weltbildners ge

1) Maxime Gnosticorum et Manichaeorum dogmata permixta sectantur (Priscillianistae), quamvis et ex aliis haeresibus in eos sordes tanquam in sentinam quandam horribili confusione confluxerint. De haeres. c. 70 (Opp. VIII, 17).

2) Aug. de anima ad Renat. 1. 2, c. 7. Orosius apud Aug. Opp. VIII, 401.

fallen und von diesem in die Körper eingeschlossen worden seien. Diess lehrten auch die monarchischen Katharer. Dagegen geben der Papst Leo und die Synode von Braga als Lehre der Priscillianisten an,1) dass die Menschenseelen, in Folge einer Sünde, die sie als Engel in ihrer vorweltlichen Existenz begangen, aus dem Himmel gestossen worden und auf die Erde herabgesunken und hier von den Dämonen in die Kerker der Leiber gebannt worden seien. Gerade diess war auch die Lehre der dualistischen Katharer. Hiemit dürfte nun erklärt sein, wie es gekommen, dass die monarchischen Katharer, die sonst fast durchaus das System der Bogomilen angenommen hatten, doch in diesem wichtigen Punkte der Präexistenz der Seele von dem Dogma der Bogomilen abwichen.

Nach Augustins Zeugniss unterschieden sich die Priscillianisten von den Manichäern vorzüglich auch dadurch, dass sie, neben einer Anzahl apokrypher Schriften, alle Bücher der heil. Schrift annahmen, deren Inhalt sie dann, gleich den Katharern, durch die willkürlichste allegorische Auslegung mit ihrem Lehrbegriffe in Einklang zu bringen suchten. Demnach sind die Priscillianisten auch hinsichtlich der Annahme und Behandlungsweise des neutestamentlichen Kanons die Vorgänger oder Stammväter der Katharer gewesen. In Betreff des Alten Testaments scheinen sie zwar, Augustins Angabe zufolge, in der ersten Zeit ihrer Entstehung von den letzteren sich unterschieden zu haben; aber es ist höchst wahrscheinlich, dass nach Priscillians Tode die Consequenz der Lehre und der Einfluss gnostisch-apokrypher Schriften sie zur Verwerfung der historischen Bücher des Alten Testamentes führte. Denn da die Priscillianisten nicht umhin konnten, den Mosaischen Jehovah für Eins mit dem bösen Urwesen zu halten, 2) so drängte sich ihnen, bei aller

1) Leo M. Ep. 15, 10. (Opp. ed. Ball. I, 702.) Conc. Bracar. I, can. 6. Harduin, Coll. Conc. III, 348.

2) Nur diesen Sinn konnte ihre Behauptung haben, dass der

allegorischen Interpretation, die Verwerfung der Mosaischen Bücher doch zuletzt mit zwingender Nothwendigkeit auf. Dazu kam später noch der Gebrauch des apokryphischen Buches „Gedächtniss der Apostel", welches Christum die ganze Mosaische Gesetzgebung und überhaupt den Inhalt der Mosaischen Bücher geradezu verwerfen liess. Dieses Buches bedienten sich die Priscillianisten um das J. 450 als einer Hauptautorität zur Erweisung ihrer Lehre,1) was offenbar voraussetzt, dass sie damals bereits von der Ansicht Priscillians hinsichtlich des Alten Testamentes abgewichen waren und mindestens den historischen Theil desselben, wie eben auch die Katharer, verwarfen. Endlich spricht auch für einen Zusammenhang der Priscillianisten und der Katharer die Thatsache, dass die apokryphe Schrift „Himmelfahrt des Jesaias" von den einen wie von den anderen 2) gebraucht und hochgehalten wurde, die letzteren sie also wahrscheinlich von jenen empfangen hatten.

Gewiss ist, dass die Sekte der Priscillianisten sich in Spanien und wohl auch im südlichen Gallien sehr lange erhielt; sie konnte sich um so leichter im Stillen fortpflanzen, als ihre Glieder sich, nach Augustins Bemerkung, von Anbeginn an durch listige Verschlagenheit und die Künste gewandter Täuschung vor allen anderen Häretikern auszeichneten und die Lüge und Verstellung, zur Geheimhaltung ihrer Doctrin, zum Grundsatz erhoben hatten. Die Apokryphen, welche in der Form von Evangelien, von prophetischen und apostolischen Visionen die Hauptpunkte ihrer Lehren enthielten, dienten dabei als wirksames Mittel zur Erhaltung der Sekte und zur Fortpflanzung ihrer Dogmen; daher noch im J. 561 die Synode

Gott des alten Gesetzes ein anderer sei als der Gott der Evangelien. Lübkert, De haeresi Priscill. Havniae 1840, p. 29.

') Turibius bei Leo M.

Opp. ed. Ballerin. I, 714.

2) Hieron. in Is. Opp. ed. Martianay III, 473. Moneta, Adv. Catharos et Waldenses 11. V, ed. Ricchini, Rom 1743, p. 218.

zu Braga in Portugal die Irreleitung der Christen durch diese Apokryphen als ein häufig vorkommendes Ereigniss erwähnte,1) und neuerdings das ganze Priscillianistische System mit dem Anathema belegte. Auch hatte noch im J. 531 der Bischof Montanus in einem Schreiben an die Einwohner des Gebiets von Palencia geklagt, dass die nichtswürdige Sekte der Priscillianisten dem Namen wie der That nach von ihnen geehrt und hochgehalten werde,) und einige Jahre später hatte der Bischof Eucherius dem Papste Vigilius über die fortdauernde Sitte dieser Sektirer, sich alles Fleisches zu enthalten, berichtet.

Jene anstössigen, ganz die gnostische Anschauungsweise athmenden Stellen, welche um das J. 830 der Erzbischof Agobard von Lyon in dem Antiphonarium seiner Kirche fand, sind wahrscheinlich auch durch Priscillianistischen Einfluss oder durch den Gebrauch der von dieser Sekte empfohlenen und in Umlauf gesetzten Apokryphen hineingekommen. So hiess es hier im Officium des Weihnachtsfestes: Gesandt aus der festen Burg des Vaters (dem Pleroma), ist er herabgestiegen vom Himmel; das Licht und die Zierde des ganzen Weltbaues, angethan mit purpurnem Gewande, ist durch das Ohr der Jungfrau eingegangen in unsere Region und ausgegangen durch die goldene Pforte."3) Diess war offenbar aus der doketischen Lehre geflossen, welche die Priscillianisten mit den meisten älteren Gnostikern, wie auch mit den Paulicianern, den Bogomilen und den Katharern ge

1) Nequis... aliquibus, ut assolet, scripturis apocryphis aliqua adhuc ipsius erroris pestilentia sit infectus. Harduin III, 347. 2) Harduin II, 1143.

3) Agobardi 1. de correctione antiphonarii in der Biblioth. PP. Lugd. XIV, 322. Er rügt auch die Worte: Dum ortus fuerit sol de coelo, videbitis regem regum procedentem a Patre tanquam sponsum de thalamo suo. Diese Antiphone mag allerdings auch aus gnostischer Quelle geflossen sein; da sie aber auch eine gute, katholische Deutung zuliess, wurde sie beibehalten.

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